Saubere Energie bleibt auf der Agenda

Wir Unternehmerinnen und Unternehmer stehen vor einer nie gekannten Situation. Der internationale Rahmen aus Regelwerken und verlässlichen Handelsbeziehungen ist verrutscht. Durch die seit Jahren anhaltende Aggression Russlands in der Ukraine, die Kriege im Nahen Osten und nicht zuletzt durch Donald Trump, der mit seiner Mannschaft in Washington alle Grundsätze des Freihandels und gleichberechtigter Wirtschaftsbeziehungen über den Haufen wirft.
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Keine Frage, die politischen und auch die wirtschaftlichen Prioritäten haben sich verschoben und wir Unternehmer stehen vor der Herausforderung, unsere Investitionsstrategien neu zu bewerten. So erscheint das Engagement für eine Dekarbonisierung zwar noch wichtig, für manchen aber vielleicht nicht mehr ganz so dringlich zu sein.

Den Blick auf die Chancen nicht verlieren

Dies ist ein Trugschluss, der Unternehmen dazu verleiten kann, Chancen nicht wahrzunehmen, die sich Ihnen im Rahmen der Transformation bieten. Viele Betriebe aus der Automotive-Branche denken derzeit darüber nach, wie sie ihr Geschäftsmodell erweitern oder gar ersetzen können. Neben der Luft- und Raumfahrt bietet sich hier der Energiebereich an, denn er ist innovativ wie kaum ein anderer. Wärmebereitstellung aus regenerativen Quellen, Energiespeicher, synthetische Kraftstoffe, Wasserstofftechnologien sind eine Chance für die Unternehmen, die sie entwickeln wie auch für jene, die sie nutzen.
Der Abschied von den fossilen Energieträgern ist längst eingeleitet und lässt sich nicht mehr umkehren.
Auf vielen dieser Felder haben unsere Unternehmen einen technologischen Vorsprung. Deutschland hat das Potenzial, durch die Entwicklung und Implementierung von Lösungen zur CO2-Reduktion neue Märkte zu erschließen und Umwelttechnologien zu exportien. Auch in der Region Stuttgart gibt es viele IHK-Mitgliedsunternehmen, die ihre Chance wahrnehmen (vgl. Titelthema Seite 8).
Machen wir uns nichts vor, nur weil andere Themen den Klimawandel zurzeit aus den Schlagzeilen verdrängen. Der Abschied von den fossilen Energieträgern ist längst eingeleitet und lässt sich nicht mehr umkehren. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) wurden im Jahr 2023 weltweit rund 2,8 Billionen US-Dollar im Energiebereich investiert, wobei mehr als 1,7 Billionen in die Erneuerbaren fließen. Erstmals übertreffen die Investitionen in die Solarenergie die Investitionen in die Ölförderung.

Erneuerbare Energien boomen – und zwar weltweit

Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit setzen Länder und Regionen verstärkt auf erneuerbare Energien. China hat laut BloombergNEF im Jahr 2023 beeindruckende 216,9 Gigawatt an Solaranlagen installiert und damit mehr als die gesamte bisherige Kapazität der USA. Indien plant Investitionen von 386 Milliarden US-Dollar in erneuerbare Energien, um bis 2030 eine Kapazität von 500 Gigawatt zu erreichen. Auch in den USA gibt es Bundesstaaten, die ambitionierte Programme zur Förderung erneuerbarer Energien umsetzen.

Eigeninteresse und Verantwortung

Mit Investitionen in Energieeffizienz und in die Nutzung erneuerbarer Energien tun wir Unternehmer nicht nur etwas für das Klima, sondern auch für die eigene Wettbewerbsfähigkeit. Die jüngsten globalen Ereignisse haben die Anfälligkeit von Volkswirtschaften gegenüber Schwankungen auf den Energiemärkten deutlich gemacht. Unternehmen, die in erneuerbare Energien investieren, reduzieren ihre Abhängigkeit von volatilen fossilen Brennstoffmärkten und stärken ihre Versorgungssicherheit. Sie positionieren sich strategisch vorteilhaft für die Zukunft.
Claus Paal, Präsident der IHK Region Stuttgart