Recht und Steuern

Gewerberaummiete in Krisenzeiten

Viele Fragen bewegen  Mieter und Vermieter gleichermaßen. Nachfolgend soll auf ein paar dieser Fragen in Krisenzeiten eingegangen werden.

1. Muss die Miete weiterhin gezahlt werden?

Der Grundsatz lautet: Ja, Verträge sind weiterhin einzuhalten. Sind alle Möglichkeiten des Dialogs zwischen Mieter und Vermieter ausgeschöpft, sprich es wurde die Möglichkeit einer Stundung oder Mietanpassung in Betracht gezogen, aber ausgeschlossen, fügt sich die nächsten Fragestellungen an.
Im Streitfall muss glaubhaft gemacht werden, dass die Miete aufgrund beispielsweise einer Pandemie nicht gezahlt werden kann. Dies geschieht in der Regel durch entsprechende Nachweise. Sollten etwaige Vereinbarungen getroffen werden, empfiehlt es sich zwingend diese schriftlich festzuhalten.

2. Was kann passieren, wenn die Miete nicht bezahlt wird?

Wenn keine Vereinbarungen über eine Stundung oder Reduzierung der Miete getroffen wurden, die Miete aber trotz Fälligkeit nicht bezahlt wurde, befindet sich der Mieter in Verzug. Der Vermieter kann somit Verzugszinsen geltend machen. Für eine außerordentliche Kündigung genügt es, wenn der Mieter bereits für zwei aufeinanderfolgende Fälligkeitszeiträume mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug gerät.

3. Was hat es mit der „Störung der Geschäftsgrundlage“ auf sich?

Der Bundestag hatte bereits 2020 beschlossen eine Änderung in § 7 zu Art. 240 EGBGB vorzunehmen. In dieser Änderung wurde klargestellt, dass die Corona-Pandemie zu einer Störung der Geschäftsgrundlage im Gewerbemietverhältnis führen kann (Bundesgesetzblatt, Teil I, vom 30.12.2020, Seite 3332). Gleiches ist entsprechend auf Pachtverhältnisse anzuwenden
Folgende Regelung zur Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen wurde in § 7 Abs. 1 zu Art. 240 EGBGB Störung aufgenommen:
Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Die Vermutung ist zum Beispiel in Fällen widerleglich, in denen der Mietvertrag zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, in dem eine pandemieartige Ausbreitung des Coronavirus in der breiten Öffentlichkeit bereits absehbar war.
Die Vermutung gilt nur für ein Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB. Die weiteren Merkmale des § 313 Abs. 1 BGB bleiben unberührt.
Vereinfacht ausgedrückt enthält § 313 BGB einen Rechtsanspruch auf Anpassung eines Vertrags nur dann, wenn alle folgenden vier Voraussetzungen gegeben sind:
  1. Schwerwiegende Veränderung der Umstände nach Vertragsschluss
  2. Die Störung darf nicht in den Risikobereich einer Partei fallen
  3. Die unveränderte Vertragsdurchführung muss unzumutbar sein und
  4. Die Parteien hätten diesen Vertrag so nicht geschlossen, wenn sie diese Konstellation vorausgesehen hätten.
Das Fehlen oder der Wegfall der Geschäftsgrundlage führen nicht zur Auflösung des Vertrages sondern zur Anpassung seines Inhalts an die veränderten Verhältnisse. Maßgebliches Kriterium ist die Zumutbarkeit; eine Interessensabwägung ist erforderlich. Die Anpassung trifft nicht kraft Gesetzes ein. Die Parteien haben zunächst über die Anpassung zu verhandeln. Führen die Verhandlungen zu keinem Ergebnis oder verweigert der andere Teil seine Mitwirkung kann das Gericht angerufen werden. Die Klage setzt voraus, dass der Kläger sich erfolglos um eine vertragliche Anpassung bemüht hat. Die Vertragsauflösung kommt nur in Betracht, wenn die Fortsetzung des Vertrages unzumutbar ist. Dies ist grundsätzlich der Fall wenn eine Anpassung sinnlos oder undurchführbar ist. Die bloße Verweigerung einer Partei genügt hier nicht.
Im Streitfall ist die Krux, dass das Vorliegen aller Voraussetzungen durch diejenige Partei zu beweisen ist, die sich auf die Regelung beruft. Vor Gericht muss also dargelegt und unter Beweis gestellt werden, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Die Beweislage erschwert sich durch die Frage: Ab wann ist das unveränderte Festhalten am Vertrag für eine Partei unzumutbar? Hier muss auf die Risikozuweisung und Zumutbarkeit abgestellt werden.
Zu beachten ist zudem, dass allgemeine und mietrechtliche Gewährleistungs- und Gestaltungsrechte vorrangig gegenüber § 313 BGB gelten – ein Umstand, der nicht geändert werden soll.

4. Anpassung des Vertrages – Was sagt die höchstgerichtliche Rechtsprechung?

Wie der Bundesgerichtshof am 12.01.2022 entschied, begründet eine hoheitliche Betriebschließungsanordnung eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB (hierzu mehr unter Punkt 4). Allerdings kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, wie viel Miete zu bezahlen ist. Eine pauschale 50:50-Lösung wurde vom BGH abgelehnt.

Die Maßnahmen im ersten Lockdown 2020 hätten die sog. „große Geschäftsgrundlage“ gestört. Darunter ist die Erwartung der Vertragsparteien zu verstehen, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht ändern. Diese Erwartung sei “schwerwiegend gestört“ worden.

Das Auftreten einer solchen Situation allein berechtige allerdings noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Es kommt auch darauf an, dass den Vertragspartnern unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten an dem unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Bei der Betrachtung der jeweiligen Umstände muss darauf geachtet werden, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um drohende Verluste zu minimieren. Ebenfalls relevant sind ggf. ausgezahlte staatliche Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile. Auch mögliche Leistungen aus Betriebsversicherungen müssen von den Gerichten berücksichtig werden. Außen vor bleiben hierbei jedoch staatliche Unterstützungsmaßnahmen auf Basis eines Darlehens.

Bei einer möglichen Auseinandersetzung muss nun anhand dieser Maßstäbe von den Gerichten geprüft werden, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung für die Mieterinnen und Mieter haben und ob diese dann gegebenenfalls eine Anpassung des Vertrags erforderlich machen.

Die Pressemitteilung finden Sie auf der Webseite des Bundesgerichtshofs. Dort steht Ihnen das Urteil auch als Download zur Verfügung.

5. Welche anderen Möglichkeiten der Vertragsauflösung bestehen?

Dadurch, dass es sich hier um Geschäfte unter Unternehmern handelt, gelten auch besondere Regelungen. Die Grundsätze, die beispielsweise aus der Wohnraummiete Anwendung finden, können teilweise abbedungen werden. Auch hier ist die Devise: Schauen Sie zuerst, welche Regelungen in Ihrem Mietvertrag getroffen wurden.
Die zweite Möglichkeit nach der Anpassung des Vertrages würde im Rücktritt vom Vertrag bestehen. Hier sind jedoch gesetzlich einige Anforderungen zu stellen, die in vielen Fällen nicht erfüllt werden (vgl. §§ 326 Abs. 5, 323 BGB). Es muss zudem für die Vertragsparteien unmöglich sein, über die Krisenzeit hinaus am Vertragsverhältnis festhalten zu können. Hier wird auf die Zumutbarkeit abgestellt. Es wird daher auch teilweise angenommen, dass beispielsweise die Pandemie für beide Vertragsparteien zumutbar war. Hier kommt es wieder auf die Betrachtung des Einzelfalles an. Ein Recht zur Kündigung wird aber vorrangig für die Mietparteien als Möglichkeit in Betracht kommen.
Dementsprechend wäre die dritte Möglichkeit die Lösung durch Kündigung des Mietvertrages. In der Regel kommt die ordentliche Kündigung zur Anwendung. Bitte beachten Sie auch hierzu: Regelungen im Vertrag gehen vor. Bei der Geschäftsraummiete kommt § 580a Abs. 2 BGB zu tragen: Spätestens am 3. Werktag eines Kalenderviertels zum Ablauf des nächsten Kalenderviertels ist die Kündigung zulässig. Bei Pachtverträgen kommt § 584 Abs. 1 BGB zur Anwendung: Die Kündigung ist zum Schluss eines Pachtjahres zulässig; Sie hat spätestens am 3. Werktag des halben Jahres zu erfolgen, mit dessen Ablauf die Pacht enden soll. Von diesen Bestimmungen bleibt das Recht zur außerordentlichen Kündigung unberührt.
Hinweis: Sollten Sie Maßnahmen treffen wollen, sollten Sie sich unbedingt vorab juristischen Rat einholen. Bitte lassen Sie zuvor von einen Rechtsanwalt Ihren Vertrag prüfen, um entsprechende Maßnahmen einleiten zu können.