Änderung der Verwaltungsauffassung

BMF: Eintrittsberechtigung zu Präsenzveranstaltungen und Onlineseminaren

Mit BMF-Schreiben vom 9. Juni 2021 ändert die deutsche Finanzverwaltung ihre Auffassung zum Leistungsort bei Präsenzveranstaltungen im zwischenunternehmerischen Bereich (sog. B2B):  Unabhängig davon, ob die Veranstaltung öffentlich zugänglich ist oder sich an einen geschlossenen Teilnehmerkreis richtet, gilt nunmehr der Veranstaltungsort als Leistungsort. Online-Seminare werden ausdrücklich von der besonderen Ortsregelung ausgenommen. Seminaranbieter und andere betroffenen Unternehmen aus dem Veranstaltungsbereich sollten daher eine Prüfung ihrer Leistungen vornehmen. Dies betrifft Präsenz- aber auch Online-Veranstaltungen.
Im B2B- Verhältnis bestimmt sich der Ort einer Leistung grundsätzlich nach dem Empfängerortprinzip (§ 3a Abs. 2 UStG). Für den Ort der sogenannten "Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen sowie den damit zusammenhängenden Leistungen" gilt eine der zahlreichen Ausnahmen: diese Leistungen werden dort besteuert, wo die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird (Veranstaltungsort) nach § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG. Bislang war diese besondere Ortsbestimmung bei Veranstaltungen auf dem Gebiet des Unterrichts und der Wissenschaft, wie zum Beispiel Konferenzen und Seminare, aus deutscher Sicht nur anwendbar, wenn diese Veranstaltungen der Allgemeinheit zugänglich waren. Bei sogenannten geschlossenen Veranstaltungen mit einem eingeschränkten Teilnehmerkreis, wie zum Beispiel Inhouse-Seminaren, war hingegen die Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG anzuwenden.
Aufgrund einer EuGH- Entscheidung hat die Finanzverwaltung das Kriterium "der Allgemeinheit offenstehenden" Veranstaltung sowie die zur Unterscheidung dienenden Beispiele aus dem Umsatzsteuer-Anwendungserlass gestrichen. Das Veranstaltungsortprinzip ist mithin auch bei bislang als geschlossen eingestuften Veranstaltungen anzuwenden. Gleichzeitig wurde als neues Kriterium die physische Anwesenheit am Veranstaltungsort für die Anwendung der besonderen Ortsbestimmung aufgenommen.
Online-Veranstaltungen werden ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen. Für diese gelten die allgemeinen Regelungen, das heißt die Besteuerung ist im B2B- Bereich im Mitgliedstaat des unternehmerischen Leistungsempfängers durchzuführen. Insoweit findet regelmäßig das Reverse-Charge- Verfahren Anwendung. 
Die geänderte Verwaltungsauffassung soll in allen offenen Fällen anzuwenden sein. Um den Unternehmen ausreichend Zeit für die Umsetzung zu geben, hat das BMF eine Nichtbeanstandungsregelung für vor dem 1. Januar 2022 ausgeführte Leistungen, die nicht für die Öffentlichkeit allgemein zugänglich sind, mit Schreiben vom 19. August 2021 eingeführt.