Apps – Recht und sicher – Teil 3: Der Vertrieb von Apps

Apps sind von Smartphones und Tablets nicht mehr wegzudenken, es gibt jedoch viele rechtliche Voraussetzungen für deren Entwicklung, Vertrieb und Einsatz. Unsere dreiteilige Artikelserie fasst für Sie diese Rahmenbedingungen zusammen. Vor allem Vertragsrecht, Urheberrecht und Datenschutz gemäß der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sind zu beachten. 

Weitere Artikel der Serie:

App-Vertrieb auf etablierten Plattformen

Der Vertrieb von Apps findet in der Regel über zentrale Vertriebsplattformen, wie den App Store von Apple, Google Play oder den Microsoft Store, statt. Um die eigene App auf diesen etablierten Plattformen anzubieten zu können, müssen deren Allgemeinen Vertrags- und Lizenzbedingungen (vergleichbar mit AGB) akzeptiert werden. Diese sehen unter anderem die Anwendung US-amerikanischen Rechts und den Gerichtsstand in den USA vor. Als App-Anbieter befindet man sich hier in einer „take it or leave it“-Situation: Möchte man die App über die Plattform vertreiben, muss man deren Bedingungen akzeptieren. Vor Entwicklungsstart einer App macht es daher Sinn, die Nutzungsbedingungen der Plattform(en) genau zu lesen, um deren technische und inhaltliche Vorgaben zu erfüllen.
Die App-Vertriebsplattformen funktionieren in der Regel als Vermittler. Das heißt, dass die Plattform die App im Namen des Anbieters gegen Provision vertreibt und so als dessen Stellvertreter, möglicherweise als Handelsvertreter, auftritt. Über die Stellung der App-Vertriebsplattformen im deutschen Recht ist bisher nicht entschieden worden. Daher ist derzeit anzunehmen, dass der Vertrag über die App zwischen App-Anbieter und Anwender/Kunde zustande kommt.

Art des Vertrags bei verschiedenen Apps

Für die Einordnung der Vertragsbeziehung zwischen Anbieter und Anwender/Kunde ist zu unterscheiden, auf welche Art die App angeboten wird:
  • Bei kostenlosen Apps handelt es sich um eine Schenkung.
  • Ist die App kostenpflichtig, kommt es auf die Dauer der Überlassung an: Dauerhafte Überlassung ist Kauf, bei Nutzung auf Zeit liegt Miete vor.
  • Bei sogenannten „Freemium-Apps“ handelt es sich um eine Schenkung der kostenlosen Basisversion. Zusätzlichen Funktionen und Extras können per sogenanntem In-App-Kauf erworben werden.
Der Anbieter ist gegenüber dem App-Kunden verantwortlich für Gewährleistung, Support und Haftung.
Achtung: Wenn Sie als App-Anbieter per AGB die Haftung zu stark einschränken, kann die entsprechende Klausel unwirksam werden – dann bewirkt sie das Gegenteil, denn dann greift die gesetzlich unbeschränkte Haftung. Im Einzelfall sind haftungsbeschränkende Klauseln bzw. Haftungshöchstsummen nicht leicht festzulegen. Es empfiehlt sich daher, bei der Formulierung von Haftungsklauseln die Beratung eines Rechtanwalts einzuholen.
Als Vertragspartner muss der App-Anbieter verschiedene gesetzliche Anforderungen nach dem Telemediengesetz (TMG) und Fernabsatzrecht einhalten. Dabei handelt es sich im Grunde um die gleichen Anforderungen, die auch für Online-Shop-Betreiber  gelten.

App-Impressum und Datenschutzerklärung

Das Impressum einer App dient zur Identifikation des Anbieters und als Möglichkeit zur Kontaktaufnahme. Es muss leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar (nicht mehr als zwei Klicks) und ständig verfügbar sein sowie die Angaben aus § 5 Telemediengesetz (TMG) enthalten (u. a. vollständiger Name und Anschrift (kein Postfach), bei juristischen Personen der Firmenname sowie vertretungsberechtigte Personen, Kontaktinformationen).
Impressum und Datenschutzerklärung müssen auf der Startseite der App und auch auf der Downloadseite der Vertriebsplattform auffindbar und abrufbar sein.
Im Impressum und zusätzlich in den AGB (sofern eingesetzt) sind ein Hinweis inklusive klickbaren Link auf die EU-Online-Streitbeilegungsplattform  und auf die Informationspflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz zu geben. Näheres hierzu finden Sie im Leitfaden des Bundesministeriums der Jusitz.
Näheres zur Datenschutzerklärung finden Sie in Teil 2 der Artikelserie „Wichtiges zum Datenschutz“.

Informationspflichten nach Fernabsatzrecht

Außerdem muss der Anbieter gegenüber Verbrauchern Informationspflichten nach dem Fernabsatzrecht erfüllen:
Es gibt vorvertragliche Informationspflichten (§312d BGB, Artikel 246a, §1 EGBGB) und Informationspflichten in der vertraglichen Phase (§312f Absatz 2 BGB, 246a, § 1 EGBGB.
Achtung: Verstöße gegen diese Pflichten werden nicht selten wettbewerbsrechtlich abgemahnt.

Wichtigste Informationspflichten vor Vertragsschluss:

  • Wesentliche Eigenschaften der App
  • Identität des Anbieters (Impressum, siehe oben)
  • Gesamtpreis
  • Widerrufsrecht
  • Vertragslaufzeit und Bedingungen für die Kündigung eines sogenannten Dauerschuldverhältnisses (bspw. bei Miete der App im Rahmen eines Abonnements)
Diese Informationen müssen auf der Downloadseite der Vertriebsplattform oder innerhalb der App bei In-App-Käufen unmittelbar zur Verfügung gestellt werden. Sie sind rechtzeitig vor Download bzw. Kauf der App zu erteilen.
Für Apps als digitalem Inhalt sind weitere Informationspflichten zu erfüllen (Artikel 246a, §1 Absatz 1 Nummer 14 und 15 EGBGB):
  • Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte
  • soweit wesentlich: Beschränkungen der Interoperabilität und der Kompatibilität digitaler Inhalte mit Hard- und Software, soweit diese Beschränkungen dem App-Anbieter bekannt sind oder bekannt sein müssen (zum Beispiel Anforderungen an Betriebssystem, Version oder Hardwareeigenschaften, um mit der App kompatibel zu sein).

Widerrufsrecht

Der Verbraucher hat ab Vertragsschluss ein vierzehntägiges Widerrufsrecht. Darüber muss er belehrt werden, was durch einen Hinweis „Widerrufsrecht“ über dem Download-Button auf der Bestellseite auf der Download-Plattform/Website Download-Website eingebunden werden sollte. Den Text zur gesetzlichen Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsformular finden Sie in unserem Artikel zur Widerrufsbelehrung im E-Commerce-Recht.
Achtung: Bei fehlerhafter Belehrung beträgt die Widerspruchsfrist ein Jahr und vierzehn Tage.
Bei Apps als digitalem Inhalt können Sie das Widerrufsrecht vorzeitig ausschließen, wenn mit der Ausführung des Vertrags begonnen wird, nachdem der Verbraucher
  1. ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags (praktisch also mit der Datenübermittlung beim Download der App) vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt,
  2. seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert, und
  3. die Bestätigung des Erlöschens des Widerrufsrechts auf dauerhaftem Datenträger gem. § 312f BGB zur Verfügung gestellt hat.
Die dritte Voraussetzung (Bestätigung des Erlöschens) gilt neu ab dem 28. Mai 2022. Eventuelle Texte des App-Anbieters über das vorzeitige Erlöschen des Widerrufsrechts sind also entsprechend anzupassen.
Praxistipp: Es bietet sich darum an, auf der Download-Seite eine nicht vorangekreuzte Checkbox bereit zu stellen, die der Verbraucher aktivieren muss, und ausdrücklich zustimmt, dass der Download starten soll und er weiß, dass er damit sein Widerrufsrecht verliert. Nur wenn die Erklärung in der Checkbox angekreuzt wird, sollte der Download erfolgreich ausgelöst werden.

Informationspflichten nach Vertragsschluss

Nach Vertragsschluss ist dem Verbraucher innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens bei Lieferung der digitalen Inhalte, eine Bestätigung des Vertragsinhalts auf einem dauerhaften Datenträger in Textform (zum Beispiel per E-Mail oder auf der Rechnungsrückseite) zu übermitteln. Die Bestätigung muss den Hinweis enthalten, dass der Verbraucher vorher ausdrücklich zugestimmt hat, dass mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen wurde, und er seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er dadurch sein Widerrufsrecht verliert.
Achtung: Die oben beschriebenen vor- und nachvertraglichen Informationspflichten und Belehrung über das Widerrufsrecht beziehungsweise dessen Erlöschen muss der App-Anbieter auch bei jedem In-App-Kauf erneut erfüllen.