Anpassung im Vergaberecht

Auswirkungen auf die öffentliche Auftragsvergabe

Um schneller auf die Folgen des Angriffskriegs gegen die Ukraine reagieren zu können, hat die Bundesregierung die Vergaberegeln für die öffentliche Bundesverwaltung vereinfacht. Insbesondere Beschaffungen, die nötig sind, um die aus der Ukraine geflüchteten Menschen angemessen und sicher unterzubringen sowie für ihre Verpflegung und medizinische Versorgung zu sorgen, sollen so erleichtert werden.

Einfachere Auftragsvergabe durch  Bundesbehörden

Die Bekanntmachung der Abweichenden Verwaltungsvorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge zur Beschleunigung von Vergaben im Unterschwellenbereich im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vom 13. April 2022 wurde am 14. April im Bundesanzeiger veröffentlicht. Sie enthält insbesondere Reglungen zu:
  1. Liefer- und Dienstleistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte,
  2. Bauaufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte,
  3. eine Definition, wann ein Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vorliegt,
  4. die Vorgabe, dass die Punkte 1 bis 3 auch für Zuwendungsempfänger gelten, die die UVgO oder die VOB/A gemäß Zuwendungsrecht anzuwenden haben.

Erweiterte Möglichkeiten der Direktvergabe

Wesentlicher Bestandteil der ermöglichten Erleichterungen ist die Heraufsetzung der Wertgrenzen für Direktvergaben. Für die gesamte Bundesverwaltung gelten bei der Beschaffung
  • von Liefer- und Dienstleistungen mit einem voraussichtlichen Auftragswert bis 5.000 Euro netto und
  • für Bauleistungen bis 8.000 Euro netto,
die im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine stehen, die erweiterten Möglichkeiten zur Direktvergabe. Diese Erleichterungen gelten bis 31.12.2023.

EU-Sanktionen bei öffentlichen Vergaben berücksichtigen

Gleichzeitig hat die Europäische Union ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet. Mit der Verordnung (EU) 2022/576 des Rates vom 8. April 2022 ist nun erstmals auch der Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe von den Sanktionen betroffen. Die Verordnung ist am 09.04.2022 in Kraft getreten und gilt in den Mitgliedstaaten unmittelbar.
Gemäß Artikel 1 Nr. 23 der Verordnung (EU) 2022/576 wurde in die Verordnung (EU) Nr. 833/2014 ein Artikel 5k eingefügt. Dieser verbietet es, künftig, öffentliche Aufträge oder Konzessionen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinien über die öffentliche Auftragsvergabe fallen, an bestimmte Personen, Organisationen oder Einrichtungen zu vergeben.
Auch dürfen bestehende Verträge mit diesen Personen, Organisationen oder Einrichtungen nicht weiter erfüllt werden.
Dies betrifft:
  • russische Staatsangehörige oder in Russland niedergelassene natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen,
  • juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen, deren Anteile zu über 50 Prozent unmittelbar oder mittelbar von einer der unter Buchstabe a genannten Organisationen gehalten werden, oder
  • natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung einer der unter dem ersten und zweiten Spiegelstrich genannten Organisationen handeln.
Hiervon sind ausdrücklich auch erfasst:
  • Unterauftragnehmer,
  • Lieferanten oder
  • Unternehmen, deren Kapazitäten in Anspruch genommen werden und auf die mehr als zehn Prozent des Auftragswerts entfällt.
Öffentliche Auftraggeber sind nunmehr bei der Durchführung neuer Vergabeverfahren verpflichtet, den Kreis der beteiligten Unternehmen genauestens zu prüfen und im Rahmen des Verfahrens etwaige Verbindungen – wie oben stehend - bei den beteiligten Unternehmen abzufragen. Zudem sind sie gehalten, auch vor April 2022 bestehende Verträge zu überprüfen und diese bei bestehenden Sanktionen nicht weiter durchzuführen.