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EU und China: Einigung über Investitionsabkommen

Seit 2013 verhandeln die EU und China über ein Investitionsabkommen, über welches am 30. Dezember 2020 eine Grundsatzeinigung getroffen wurde. Das Comprehensive Agreement on Investment (CAI) ist bislang der umfassendste Versuch der EU, das wirtschaftliche Verhältnis mit der zweitgrößten Volkswirtschaft auf eine neue Ebene zu bringen. Nach einer erfolgreichen Einigung des Abkommens, folgen nun weitere Verhandlungen über den genauen rechtlichen Text des Abkommens sowie die Ratifizierung. Erwartet wird, dass das Abkommen frühestens 2022 in Kraft treten wird. 
Mittelfristig soll das Abkommen eine Vielzahl von derzeit zwischen den einzelnen EU-Ländern und China bestehenden Investitionsabkommen ablösen, beispielsweise das seit 2003 zwischen Deutschland und China bestehende Investitionsabkommen. Inhaltlich wurde sich darüber geeinigt: Europäische Unternehmen erhalten einen verbesserten Marktzugang, neue Geschäftsmöglichkeiten und faire Wettbewerbsbedingungen in China.
Im Einzelnen:
  • Beim Marktzugang verpflichtet sich China in zahlreichen Branchen, etwa bei Cloud-Diensten, Finanzdienstleistungen, der Automobilbranche, privater Gesundheitsversorgung, Umweltdienstleistungen, internationaler Seeverkehr und Dienste im Bereich des Luftverkehrs zu zahlreichen Erleichterungen. Konkret haben sich die EU und China hier auf die Abschaffung mengenmäßiger Beschränkungen, von Obergrenzen für Beteiligungen oder Joint-Venture-Auflagen geeinigt.
  • Das Übereinkommen sehe auch Garantien vor, die es europäischen Unternehmen erleichtern sollen, Genehmigungen zu erhalten und Verwaltungsverfahren abzuwickeln.
  • Abseits von Marktzugangsbedingungen wurden auch Regelungen bezüglich sozialer und umweltbezogener Standards getroffen: Im Bereich Arbeit und Umwelt verpflichte sich China, keine Schutzstandards zu senken, um Investitionen anzuziehen. Ferner hat China eingewilligt, das Pariser Klimaschutzübereinkommen sowie die von ihm ratifizierten Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) wirksam umzusetzen. Dies umfasst auch Verpflichtungen in Bezug auf Zwangsarbeit sowie die Ratifizierung der einschlägigen grundlegenden Übereinkommen der IAO.
  • Für die Überwachung der Umsetzung der Verpflichtungen wurde ein detaillierter und umfassender Streitbeilegungsmechanismus vereinbart.
  • Außerdem hat man sich auf einen Ad-hoc-Mechanismus für ein rasches Tätigwerden auf politischer Ebene im Fall schwerwiegender und dringender Probleme geeinigt.
Das Ergebnis sieben Jahre langer Verhandlungen ist eines der ehrgeizigsten, die China jemals mit einem Drittland vereinbart hat. Einige Themen wurden bei diesem Abkommen jedoch grundsätzlich ausgeklammert. So gibt es zum Beispiel keine konkrete Regelung der Benachteiligung europäischer Unternehmen bei der öffentlichen Beschaffung in China oder dem Investitionsschutz.
Die Grundsatzeinigung über das Investitionsabkommen sind eine gute Nachricht für Industrie und Handel: Unmittelbar profitieren könnten unter anderem die europäische Auto- und Telekommunikationsbranche, aber auch Banken und Versicherungen sowie Investoren aus dem Gesundheitssektor. Auch Rechtsexperten sehen im Investitionsabkommen eine Verbesserung des Status-Quo: Zahlreiche Punkte, zu welchen sich China im Investitionsabkommen verpflichtet, sind zwar vergleichbar bereits in Chinas neuem Gesetz für Ausländische Investitionen vorgesehen bzw. vom chinesischen Nationalen Volkskongress angekündigt. Im Hinblick darauf, dass sich China im Abkommen jedoch bilateral und ausdrücklich zu den Maßnahmen verpflichtet und einen detaillierten Streitschlichtungsmechanismus akzeptiert hat, können sich EU-Unternehmen über ein zusätzliches Plus an Rechtssicherheit freuen.