Internationale Liefergeschäfte

Anwendbares Recht beim grenzüberschreitenden Vertrag

Verträge, die zwischen in Deutschland ansässigen Unternehmen geschlossen werden, unterliegen deutschem Recht. Für solche Verträge sind vor allem die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und des Handelsgesetzbuches (HGB) von Bedeutung.
Sitzt der Vertragspartner im Ausland, sprechen wir von einem grenzüberschreitenden Vertrag. Hier sind BGB und HGB nicht ohne weiteres anwendbar, denn bei internationalen Verträgen sind unterschiedliche Rechtsordnungen betroffen, die dem jeweils anderen Partner in aller Regel unbekannt sind.
Daher wird in Deutschland ebenso wie in den meisten anderen Ländern der Welt den Vertragsparteien für die Gestaltung von Verträgen zwischen Unternehmen die Wahl zugestanden, welchem Landesrecht der Vertrag unterstellt werden soll. Sogar die Vereinbarung eines „neutralen” Rechts wird von vielen Landesrechten akzeptiert. Erst wenn eine solche ausdrückliche Rechtswahl nicht erfolgt, muss jedes Land selbst im Rahmen sogenannter Kollisionsnormen entscheiden, welches Landesrecht bei Verträgen mit Auslandsberührung zum Zuge kommen soll.
Ist ein Mitgliedstaat der Europäischen Union betroffen, kann man u. a. auf die sogenannte ROM-I-Verordnung zurückgreifen. Maßgeblich ist hiernach bei fehlender Rechtswahl der Aufenthaltsort der Partei, die bei der Vertragserfüllung die hauptsächliche Leistung erbringt. Bei Kaufverträgen beispielsweise kommt dann das das Recht des Landes zur Anwendung, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
In aller Regel macht es Sinn, sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen auf ein anwendbares Recht zu einigen.
Tipp: Achten Sie darauf, dass das materielle Recht und der Gerichtsstand (also der Ort, an dem ein streitiges Verfahren durchgeführt werden soll) korrespondieren. Muss ein Gericht ausländisches Recht ermitteln, ist das in aller Regel sehr kosten- und zeitaufwändig.
Nicht immer ist es möglich, einen Konsens zum anwendbaren Recht zu finden, da jede Vertragspartei auf dem eigenen Landesrecht beharrt. Da es sich bei internationalen Verträgen häufig um Kaufverträge handelt, auf das – unabhängig von der Frage, welchem Recht der Vertrag unterstellt ist – sehr oft das sogenannte „UN-Kaufrecht” anwendbar ist, kann im Einzelfall auch einmal darauf verzichtet werden, das eigene Landesrecht durchzusetzen. Die wesentlichen Fragen des Kaufvertrags werden dann durch die Regelungen des UN-Kaufrechts geregelt. Und wenn der Vertragspartner in einem Land sitzt, das nicht Vertragsstaat des UN-Kaufrechts ist, bleibt immer auch die Möglichkeit, UN-Kaufrecht als „neutrales Recht" im Vertrag zu verankern.
Tipp: Wenn Ihre AGB die Rechtswahl regeln, achten Sie darauf, diese wirksam in den Vertrag einzubeziehen. Anders als im nationalen Geschäftsverkehr, reicht der bloße Hinweis auf Ihre AGB nicht. Import- und Exportbedingungen müssen dem Vertragspartner im internationalen Verkehr in aller Regel in seiner Heimatsprache oder in der Vertragssprache spätestens bei Vertragsschluss in vollständigem Wortlaut vorgelegt werden. Widersprechen sich Ihre AGB mit denen des Vertragspartners, kann es auch sein, dass letztlich keine Rechtswahl getroffen ist. Das führt zur Rechtsunsicherheit der Vertragsparteien, außerdem drohen je nach Konstellation extreme Kosten für die Feststellung des anwendbaren Rechts.
Zu beachten ist letztlich auch, dass, selbst wenn beispielsweise das deutsche Recht wirksam zur Grundlage des Vertrags gemacht wurde, nicht immer alle Problemstellungen nach deutschem Recht bestimmt werden. So sind insbesondere eigentumsrechtliche Fragen immer nach dem Recht des Staates zu beurteilen, wo sich die Sache befindet.