Dienstleistungserbringung in der Schweiz

Entsendung in die Schweiz

In der Schweiz als Drittstaat findet die europäische Entsenderichtlinie keine direkte Anwendung. Allerdings besteht auch in der Schweiz die Erfordernis, vorübergehend entsendete Mitarbeiter bei den Schweizer Behörden anzumelden. Zusätzlich müssen auch die arbeitsrechtlichen und steuerlichen Erfordernisse in der Schweiz beachtet werden.

Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung

Aufgrund des zwischen der Schweiz und der Europäischen Union abgeschlossenen Abkommens über die Personenfreizügigkeit können Personen mit der Staatsangehörigkeit eines EU- oder EFTA-Staates an 90 effektive Arbeitstagen pro Kalenderjahr ohne ausländerrechtliche Bewilligung in der Schweiz arbeiten. Die 90 Arbeitstage pro Kalenderjahr beziehen sich sowohl auf das Entsendeunternehmen als auch auf die entsandte Person.
Bei der Entsendung von Personen mit der Staatsangehörigkeit eines Drittstaates sowie bei Arbeitseinsätzen, die 90 Tage pro Kalenderjahr überschreiten, ist immer und für jede einzelne Person separat eine Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligung mit Erwerbstätigkeit bei der zuständigen kantonalen Arbeitsmarktbehörde einzuholen (Bewilligungsverfahren). Auf die Erteilung der Bewilligung besteht kein Rechtsanspruch. 

Online-Meldung

Die Online-Meldung bietet sich vor allem für Arbeitgeber an, die regelmäßig Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, da dann alle relevanten Daten hinterlegt werden können, was künftige Bearbeitungen vereinfacht. Dabei muss das Unternehmen oder der selbstständige Dienstleistungserbringer einmalig ein Konto im Online-Meldeverfahren eröffnen.
Jeder Arbeitseinsatz in der Schweiz muss danach einzeln und mindestens acht Tage vor Beginn der Erwerbstätigkeit im Meldeverfahren registriert werden. Informationen für Dienstleistungserbringer stellen die Behörden zur Verfügung.

Ausnahmen

Acht Tage im Kalenderjahr bleiben grundsätzlich meldefrei. Dies jedoch nur dann, wenn das Unternehmen bislang noch nie eine Entsendemeldung in die Schweiz getätigt hat und wenn davon auszugehen ist, dass das Unternehmen auch für das restliche Kalenderjahr weniger als acht Einsatztage haben wird. Darüber hinausgehende Tätigkeiten in der Schweiz müssen gemeldet werden.
Vom ersten Tag meldepflichtig bleiben auch weiterhin alle selbstständigen Dienstleistungserbringer und entsandten Arbeitnehmer aus den EU-/EFTA-Staaten mit einer Erwerbstätigkeit  im
  • Bauhaupt- und Baunebengewerbe (der Begriff des Baunebengewerbes wird jedoch relativ weit ausgelegt. Im Zweifelsfall kann bereits die Verwendung von einfachen Bauwerkzeug genügen)
  • Garten- und Landschaftsbau
  • Gastgewerbe (inkl. Hotelgewerbe)
  • Reinigungsgewerbe in Betrieben und Haushalten
  • Überwachungs- und Sicherheitsdienst
  • Reisendengewerbe (Ausnahme: Messen und Zirkusse)
  • Erotikgewerbe
Da zum Teil unklar ist, welche Tätigkeiten in der Schweiz tatsächlich meldepflichtig sind, ist dies zum Juni 2016 vom Staatssekretariat für Migration näher präzisiert worden. Weitere Informationen dazu finden Sie auf den Seiten der Handelskammer Deutschland Schweiz (AHK Schweiz) und in den aktuellen Weisungen des Staatssekretariats nebst Anhängen.

Berechnung der meldefreien Tage (90 Arbeitstage)

Meldefreie Tage und maximale Tätigkeitsdauer von 90 Tagen beziehen sich sowohl auf das Entsendeunternehmen als auch auf die entsandten Arbeitnehmer. Die Anzahl der Arbeitnehmer, die während der Beschäftigungsdauer gleichzeitig entsandt werden, wirkt sich hingegen nicht auf die Gesamtzahl der berechneten Arbeitstage für das Unternehmen aus. 
Entsendet eine Firma an 5 Tagen jeweils 3 Mitarbeiter, so hat die Firma 5 Tage „aufgebraucht“. Für das „Guthaben“ der Firma ist es unerheblich, wie viele Mitarbeiter sie an einem bestimmten Tag gleichzeitig entsendet.
Wurde ein Mitarbeiter bereits für 90 Tage von einem Unternehmen in die Schweiz entsandt, so kann ihn kein anderes Unternhemen für weitere Einsätze im selben Kalenderjahr in die Schweiz entsenden. Der Mitarbeiter hat sein Guthaben von 90 Tagen aufgebraucht.
Weitere Informationen und Berechnungsbeispiele finden Sie auf der Webseite der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

Minimale Lohn- und Arbeitsbedingungen

Ausländische Arbeitgeber müssen die sogenannten flankierenden Maßnahmen berücksichtigen und dabei insbesondere auf die Einhaltung der minimalen schweizerischen Lohn- und Arbeitsbedingungen achten. Die minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen finden sich vornehmlich in allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen (in Deutschland heißen die Gesamtarbeitsverträge Tarifverträge) und betreffen in der Praxis im Wesentlichen den Mindestlohn und die Arbeitszeitvorschriften. Viele Vorschriften sind kantonal.
Lohnvergleichsberechnungen können Sie mit dem Lohnrechner durchführen.

Lohnmeldungen

Ausländische Dienstleistungserbringer aus dem EU/EFTA-Raum sind bei einer Entsendung von Mitarbeitern in die Schweiz verpflichtet, den dort bezahlten Bruttostundenlohn für jeden einzelnen Mitarbeiter anzugeben. Hierdurch sollen die zuständigen Kontrollorgane (kantonale Arbeitsinspektionen) in die Lage versetzt werden, evtl. unzulässig niedrige Löhne und Scheinselbstständigkeit zu bekämpfen.
Deutsche Entsendebetriebe müssen die Lohnweisung "Vorgehen zum internationalen Lohnvergleich" beachten. Maßgeblich für deren Anwendung ist der Beginn des Einsatzes in der Schweiz. Wichtig zu wissen:
  • Bei der Umrechung CHF / EUR ist unabhängig von der Dauer des Einsatzes ausschließlich der Monatsmittelkurs der Eidgenössischen Steuerverwaltung zu Beginn des Einsatzes maßgeblich.
  • Der Auslagen-/Spesenersatz richtet sich nach Schweizer Recht. Kann deren Übernahme oder Vergütung nach Schweizer Kriterien durch den Entsendebetrieb ganz oder teilweise nicht nachgewiesen werden, werden diese Kosten vom deutschen Grundlohn entsprechend abgezogen.
  • Die Bemessungsgrundlage für die Berücksichtigung des 13. Monatslohns bzw. Urlaubs - und Weihnachtsgeld werden geändert. In der Folge müssen Entsendebetriebe bei Nichterreichen des Schweizer Mindestlohn höhere Lohnzuschläge kalkulieren.

Subunternehmer und Solidarhaftung

Selbstständige Subunternehmer müssen ihre Einsätze selbst melden. Maßgeblich ist, dass eine meldepflichtige Tätigkeit in der Schweiz erbracht wird.
Zu beachten ist, dass für den Fall, dass Dienstleistungen in der Schweiz im Bereich des Bauhaupt- und Baunnebengewerbes durch Subunternehmer erbracht werden, diese vertraglich verpflichtet werden müssen, die Vorschriften des Schweizer Entsendegesetzes einzuhalten (Art. 5 Entsendegesetz). Andernfalls kann das auftraggebende Unternehmen sanktioniert werden (Stichwörter: Solidarhaftung und Musterdokumente). Informationen über Sanktionen hält das schweizerische Gesetz über flankierende Maßnahmen bereit.

Weitere Besonderheiten des Schweizer Entsendegesetz

Das Meldeverfahren sowie die Verpflichtung zur Einhaltung der minimalen Schweizer Lohn- und Arbeitsbedingungen sind in der Schweizer Entsendegesetzgebung geregelt. Seit dem 1. Januar 2013 sind wichtige Änderungen des Entsendegesetzes, die sowohl ausländische Dienstleistungserbringer als auch Unternehmen mit Sitz in der Schweiz betreffen, zu beachten.
Für ausländische selbständige Dienstleistungserbringer gelten Dokumentationspflichten. Dadurch soll die Scheinselbständigkeit bekämpft werden. Des Weiteren wurden die Sanktionsmöglichkeiten gegenüber ausländischen Dienstleistungserbingern und Unternehmen mit Sitz in der Schweiz erweitert. Bei Kontrollen müssen auf Verlangen der Kontrollorgane folgende Unterlagen vor Ort nachgewiesen werden:
  • Kopie der Meldebestätigung oder Kopie der erteilten Bewilligungen,
  • Bescheinigung nach Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009, Formular A 1 (Sozialversicherung, bei der DVKA erhältlich) und
  • Kopie des Vertrages mit dem Auftraggeber bzw. dem Besteller. Wenn kein schriftlicher Vertrag vorliegt, eine schriftliche Bestätigung des Auftraggebers bzw. des Bestellers für den in der Schweiz auszuführenden Auftrag oder Werkvertrag.
International eine Besonderheit, ist in der Schweiz die grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung (sog. “Huckepacküberlassung”) gesetzlich verboten.

Kautionspflichten

Unternehmen, die in der Schweiz Aufträge durchführen, müssen außerdem prüfen, ob ggfs. Kautionspflicht besteht. Betroffen sind inbsbesondere Unternhehmen der Bau- und Baunebenbranche.
Die Kaution ist eine Sicherheitsleistung und dient der Deckung von allfälligen Kontroll- und Verfahrenskosten, Konventionalstrafen bei Verstössen gegen die Vorschriften des GAV sowie der Deckung von Vollzugskostenbeiträgen.
Ob Kautionsfplicht besteht und wie eine entsprechende Verpflichtung ordngungsgemäß erfüllt werden kann, können Unternehmen auf der Website der Zentralen Kautions-Verwaltungsstelle Schweiz (ZKVS) prüfen. Die Höhe der Kaution ist abhängig vom Gesamtwert der Auftragssumme pro Kalenderjahr. Die Mindestauftragssumme, welche zur Leistung einer Kaution verpflichtet, beläuft sich in der Regel auf CHF 2.000. Die maximale Kaution beträgt grundsätzlich CHF 10.000.