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Entsendung nach Frankreich

Für Unternehmen, die Mitarbeiter auf eine Dienstreise oder für längere Zeit nach Frankreich entsenden, gilt es zahlreiche Vorschriften des besonders komplexen französischen Arbeits- und Entsenderechts zu beachten. Was im Einzelfall zu tun ist, muss rechtzeitig vor Beginn der Tätigkeit überprüft werden.

1. Mitarbeiterentsendung

Nicht jedes Tätigwerden eines deutschen Arbeitnehmers in Frankreich stellt notwendig eine Entsendung im rechtlichen Sinne dar. Hierunter fallen nur Tätigkeiten, die zusätzlich die folgenden Kriterien erfüllen:
  • Das Entsendeunternehmen ist außerhalb Frankreichs ansässig und übt dort dauerhaft einen wesentlichen Teil seiner unternehmerischen Tätigkeiten aus. Insbesondere Briefkastenfirmen, die nur eine Repräsentanz oder eine sonstige Niederlassung ohne operatives Geschäft im Ausland besitzen, fallen nicht unter diese Kategorie.
  • Der betroffene Mitarbeiter muss bereits vor der Entsendung bei dem Entsendeunternehmens angestellt gewesen sein. Eine gezielte Einstellung zum Zweck des Tätigwerdens in Frankreich gilt daher nicht als Entsendung im rechtlichen Sinne.
  • Darüber hinaus muss eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
    • Das Entsendeunternehmen erbringt im Rahmen eines Vertragsverhältnisses Leistungen für ein französisches Unternehmen;
    • Das Entsendeunternehmen erbringt Leistungen für eine in Frankreich ansässiges Unternehmen, das zur eigenen Unternehmensgruppe gehört (bspw. eine Tochtergesellschaft);
    • Der betroffene Arbeitnehmer wird von Entsendeunternehmen auf eigene Rechnung entsendet, ohne dass ein Geschäftsvertrag zu einem französischen Unternehmen besteht (bspw. Markterkundung, Arbeitsbesprechungen, Interne Fortbildungen etc.);
    • Bei dem Entsendeunternehmen handelt es sich um eine ausländische, behördlich zugelassene Zeitarbeitsfirma, die Arbeitnehmer an ein in Frankreich ansässiges Unternehmen überlässt.
Eine formelle Höchstdauer für die Entsendung besteht nicht. Allerdings sollte beachtet werden, dass bei Entsendungen innerhalb der Europäischen Union nach Ablauf von 24 Monaten in der Regel Sozialversicherungsbeiträge im Zielland der Entsendung entrichtet werden müssen.

2. Entsendemeldung

Liegt eine Entsendung im rechtlichen Sinne vor, so muss das Entsendeunternehmen eine Entsendemeldung an die zuständige Arbeitsinspektion übermitteln, bevor der entsendete Mitarbeiter seine Tätigkeit in Frankreich aufnimmt. Die Entsendemeldung erfolgt zentral über das Portal SIPSI der französischen Arbeitsverwaltung. Die Sprache des Portals kann am oberen rechten Rand der Homepage auf Deutsch eingestellt werden.
Im Rahmen der Entsendemeldung müssen dabei die folgenden Angaben gemacht werden:
  • Name, Firmenangaben und Rechtsform des Entsendeunternehmens sowie Angaben aus dem deutschen Handelsregister;
  • Benennung eines Vertreters in Frankreich (s.u.);
  • Angaben zu Zeit und Ort der Leistung und zu ihrer voraussichtlichen Dauer, Name und Staatsangehörigkeit des entsandten Arbeitnehmers sowie zu seiner Entlohnung und der Arbeitszeit während der Entsendung.
Ausgenommen von der Pflicht zur Abgabe einer Entsendemeldung und der Benennung eines Vertreters sind:
  • Selbständige & Geschäftsführer
  • Einsätze, bei denen kein Vertragsverhältnis zu einem Kunden aus Frankreich oder aus einem anderen Land besteht. Hierzu zählt beispielsweise der Besuch von Messen oder Kongressen.
  • Bei Anlieferung oder Abholung von Waren, ohne weitere Erbringung von Dienstleistungen.
  • Einsätze von Künstlern, die an nicht mehr als 90 Tagen, während 12 aufeinanderfolgenden Monaten in Frankreichtätig sind.
  • Sportler, Schiedsrichter, Mitglieder des Sportlerbetreuerteams, offizielle Delegierte, die an der Durchführung oder an der Organisation von Sportveranstaltungen für eine Dauer von nicht mehr als 90 Tagen, während 12 aufeinanderfolgenden Monaten beteiligt sind.
  • Auszubildende, die im Rahmen von grenzüberschreitenden Ausbildungsverträgen vorübergehend in Frankreich arbeiten und deren Anwesenheit 12 aufeinanderfolgende Monate nicht überschreitet. Der Auszubildende darf sich jedoch nicht nur zum Zweck der Ausführung von Dienstleistungen in Frankreich aufhalten.
  • Teilnehmer an Symposien, Seminaren und sonstigen wissenschaftlichen Veranstaltungen; Gastprofessoren und Gastforscher, die Lehrtätigkeiten mit einer Dauer von bis zu 12 aufeinanderfolgenden Monaten ausüben
Eine vollständige Liste der Ausnahmen von den Meldevorschriften findet sich in der Verordnung vom 4. Juni 2019. Bei Entsendungen im Baugewerbe (Hoch-/Tiefbau, Ausbau, Innenausbau) muss zusätzlich die Berufsidentifikationskarte „Carte d’Identification Profesionnelle BTP“ beantragt und mitgeführt werden. Der Antrag kann online über das Portal der Union de Caisses de France gestellt werden. Beim Einsatz von Drittstaatsangehörigen muss zudem gegebenenfalls eine Arbeitsgenehmigung beantragt werden.

3. Mitzuführende Unterlagen

Folgende Dokumente muss der benannte Vertreter vor Ort während der Entsendung mitführen und den französischen Behörden auf Verlangen aushändigen:
  • A1 Bescheinigung des Sozialversicherungsträgers;
  • Arbeitsvertrag des entsandten Mitarbeiters;
  • Gehaltsabrechnungen oder andere Lohnnachweise;
  • Stundenzettel der Mitarbeiter für jeden Arbeitstag in Frankreich;
  • Gesundheitszeugnis, d.h. ein Beleg, dass der entsandte Arbeitnehmer regelmäßig an medizinischen Kontrolluntersuchungen teilgenommen hat, die der gängigen französischen Praxis entsprechen (ggf. amtsärztliches Zeugnis, Bescheinigung über arbeitsmedizinische Vorsorge des Arbeitgebers, Bescheinigung des Hausarztes etc.).
Dokumente, aus denen das auf den Arbeitsvertrag anwendbare Recht sowie die Anzahl der erfüllten Aufträge und der erwirtschaftete Umsatz in Frankreich ergeben, müssen seit März 2023 nicht mehr mitgeführt werden.
Alle Dokumente müssen grundsätzlich in französischer Sprache bereitgestellt werden müssen. Die AHK Frankreich bietet deutschen Unternehmen sowohl die Vertretung vor Ort als auch die Übersetzung der Dokumente ins Französische an. Es wird empfohlen, die Unterlagen in Papierform bereitzuhalten. Grundsätzlich ist es auch in Ordnung, wenn lediglich eine digitale Kopie vorgezeigt werden kann, diese muss jedoch unmittelbar zugänglich sein (eine gespeicherte Version auf einem mitgeführten USB-Stick genügt nicht). 

4. Benennung eines Vertreters in Frankreich

Das Entsendeunternehmen muss einen Vertreter vor Ort benennen, der die mitzuführenden Unterlagen verwahrt und diese im Fall einer Kontrolle vorlegen und dazu Auskunft geben kann. Der Vertreter muss in der Lage sein, sich in französischer Sprache auszudrücken. Vertreter können sowohl eine juristische Person als auch eine natürliche Person sein. Auch der entsandte Mitarbeiter und sogar der Kunde dürfen als Vertreter benannt werden, wenn sie die geforderten Unterlagen vorlegen können. Auch die AHK Frankreich kann als Vertreter vor Ort fungieren.

5. Tätigkeiten in reglementierten Berufen

Unternehmen, die Mitarbeiter zur Ausübung eines reglementierten Berufs/Gewerbes entsenden wollen, müssen alle Anmeldungen, Genehmigungen, Nachweise oder Zeugnisse vorlegen können, die für die Ausübung der jeweiligen Tätigkeit erforderlich sind. Reglementierte Berufe sind z.B. der des Architekten, Wirtschaftsprüfers, Immobilienmaklers, Anwalts, Heilberufe, Tätigkeiten in der Versicherungsbranche, Wachmann, etc.

6. Einhaltung französischen Arbeitsrechts

Während der Dauer der Entsendung müssen die arbeitsrechtlichen Mindestanforderungen in Frankreich eingehalten werden. Das bedeutet insbesondere, dass der französische Mindestlohn von derzeit 1.709,28 EUR pro Monat bzw. 11,27 EUR pro Stunde (Stand: Juni 2023) nicht unterschreiten werden darf. Im Automobil-, IT-, Telekommunikations- und Bausektor bestehen teilweise deutlich höhere tarifliche Mindestlöhne, an die das entsendende Unternehmen gleichfalls gebunden ist.
Der angegebene Mindestlohn berechnet sich auf der Grundlage der in Frankreich geltenden 35-Stunden-Woche. Arbeitet der entsendete Mitarbeiter mehr als 35 Stunden pro Woche in Frankreich, so ist diese Zeit grundsätzlich als Überstunden zu vergüten. Bestehen keine abweichenden Regelungen in einem anzuwendenden Tarifvertrag, so sind die ersten 8 Überstunden einer Kalenderwoche mit jeweils 25%, jede weitere Stunde mit jeweils 50% zusätzlich zu vergüten.
Die Kosten für Transfer, Unterkunft und Verpflegung können regelmäßig nicht mit dem Lohn verrechnet werden. Auch auf die Einhaltung der absoluten Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche muss geachtet werden. Eine Arbeitszeit von 44 Stunden pro Woche darf nicht länger als 12 Wochen am Stück überschritten werden.

7. Sozialversicherungsrecht (A1-Bescheinigung)

Darüber hinaus wird für entsandte Mitarbeiter eine A1-Bescheinigung benötigt. Diese gilt als Nachweis dafür, dass auf den Arbeitnehmer weiterhin das deutsche Sozialversicherungsrecht Anwendung findet, dass also in Frankreich keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlt werden müssen. Die A1-Bescheinigung muss beim jeweils zuständigen Sozialversicherungsträger für Ihren Arbeitnehmer online beantragen. Weitere Informationen zum Arbeiten in Frankreich und zur Beantragung der A1 Bescheinigung finden Sie in der Broschüre Arbeit in Frankreich – Informationen zur Sozialversicherung der DVKA.