Dienstleistungserbringung im Ausland

Entsendungen nach Brasilien

Für Unternehmen, die Mitarbeiter zur Abwicklung geschlossener Dienstleistungsverträge nach Brasilien entsenden, gibt es verschiedene rechtliche Pflichten. Was im Einzelfall zu tun ist, muss rechtzeitig vor Beginn der Tätigkeit in Brasilien überprüft werden.

1. Aufenthaltserlaubnis

Aufenthalte in Brasilien sind für deutsche Staatsbürger grundsätzlich ohne Visum möglich, wenn die Dauer des Aufenthalts 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen nicht überschreitet und der Aufenthalt nicht durch die brasilianische Seite vergütet wird. Die 90 Tage können nicht verlängert werden.
Für Aufenthalte, die Geschäftszwecken dienen und den Zeitraum von 90 Tagen überschreiten, kann ein Visum (Arbeitsvisum) nur ausgestellt werden, wenn zuvor bereits eine Arbeitsgenehmigung erteilt wurde. Die Arbeitserlaubnis erhält der Arbeitnehmer vom brasilianischen Ministerium für Justiz und Öffentliche Sicherheit, das Visum kann über die Botschaft in Deutschland beantragt werden.
Für Arbeitnehmer können unterschiedliche Arten von Visa ausgestellt werden. Unbefristete Visa gibt es jedoch grundsätzlich nur für Geschäftsführer, Manager und ähnliche Führungskräfte. Pro Visum muss der Nachweis erbracht werden, dass die entsendende Muttergesellschaft mindestens 600 TR$ in die brasilianische Niederlassung investiert hat. Alternativ muss ein Betrag von mindestens 150 TR$ investiert und innerhalb von 2 Jahren 10 Arbeitsplätze geschaffen werden.
„Normalen“ Arbeitnehmern steht zunächst nur das Visum VITEM V offen. Die maximale Aufenthaltsdauer mit diesem Visum beträgt zwei Jahre und kann im Anschluss um weitere zwei Jahre verlängert werden. Damit VITEM V gewährt wird, muss der Arbeitnehmer entsprechende Arbeitserfahrung und / oder eine geeignete Ausbildung nachweisen.

2. Arbeitsrecht

Für die arbeitsrechtliche Einordnung einer Entsendung nach Brasilien ist insbesondere der Zeitraum des Aufenthalts vor Ort ausschlaggebend. Soll der Arbeitnehmer maximal drei Monate in Brasilien verbleiben, kann dies ohne Entsendevertrag im Rahmen einer Dienstreise und ohne Berücksichtigung im deutschen Arbeitsvertrag erfolgen. Das maßgebliche Arbeitsrecht bleibt weiterhin das deutsche.
Bei einem längeren Aufenthalt empfiehlt sich der Abschluss eines Entsendevertrags, dem dann beispielsweise zu entnehmen ist, dass das deutsche Arbeitsrecht weiterhin einschlägig ist. Wird keine gesonderte Vereinbarung in Form eines Entsendevertrags geschlossen, ist das Arbeitsrecht desjenigen Ortes einschlägig, von dem aus die Tätigkeit ausgeübt wird, d.h. bei einem längerfristigen Aufenthalt des Arbeitnehmers vor Ort, Brasilien.
Alternativ zu einer Entsendung ist es möglich, den Arbeitnehmer bei einer lokalen, brasilianischen (Tocher-)Gesellschaft einzustellen. Auch dann ist das brasilianische Arbeitsrecht vollumfänglich einschlägig.
Das brasilianische Arbeitsrecht ist im Vergleich zum deutschen sehr arbeitnehmerfreundlich, da der brasilianische Gesetzgeber davon ausgeht, dass sich der Arbeitnehmer in der schwächeren Verhandlungsposition befindet. So sind Arbeitsverträge grundsätzlich unbefristet; eine Befristung ist nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich. Es ist zwingend, ein 13. Monatsgehalt zu zahlen und die Probezeit beträgt maximal 90 Tage. Die weiteren einzuhaltenden Arbeitnehmerschutzrechte sind in der brasilianischen Bunesverfassung (Constituicao Federal) und im chinesischen Arbeitsgesetzbuch CLT normiert. Darüber hinaus sind Kollektivverträge zu beachten, welche seit der Arbeitsrechtsreform 2017 Vorrang vor dem Gesetz haben. Das bedeutet, dass Gewerkschaften und Unternehmen untereinander Arbeitsbedingungen aushandeln können, die vom Gesetz abweichen, und zwar nicht unbedingt zum Vorteil der Arbeitnehmer. Nicht abdingbar sind jedoch der Anspruch auf Arbeitslosenversicherung, Mindestlohn, Jahresurlaub, Elternzeit, Kündigungsfrist, Ruhestand, Versicherung gegen Arbeitsunfälle und das Streikrecht (Art. 611 CLT).
Deutsche, die einen Teil ihres Entgelts aus Deutschland beziehen, müssen nichtsdestotrotz Sozialabgaben und Einkommensteuer in Brasilien zahlen. Dass ein Teil des Entgelts aus dem Ausland stammt, ist im Rahmen des Antrags auf das Visum anzugeben.
Eine Entsendemeldung ist nicht erforderlich.

3. Sozialversicherung

Grundsätzlich hat jeder Staat das Recht über den Anwendungsbereich des eigenen Sozialversicherungssystems zu entscheiden. Das bedeutet, Deutschland und Brasilien können eigenständig entscheiden, ob nach Brasilien entsandte Arbeitnehmer in Deutschland oder in Brasilien der Sozialversicherung unterliegen.
Um sicherzustellen, dass es nicht zur Doppelversicherung in Deutschland und Brasilien kommt oder überhaupt kein Versicherungsschutz besteht, haben Brasilien und Deutschland in 2009 ein Abkommen über die soziale Sicherheit abgeschlossen. Entscheidend für die Frage, unter welches Sozialversicherungsrecht ein von Deutschland nach Brasilien entsandter Mitarbeiter fällt, ist der Ort, von dem aus der Mitarbeiter der Tätigkeit tatsächlich nachgeht. Der Ort, an dem der Arbeitnehmer seinen Lebensmittelpunkt hat (bspw. in Fällen, in denen die Familie des entsandten Arbeitnehmers in Deutschland bleibt), ist dahingehend nicht maßgeblich.  
Das Abkommen erstreckt sich vorrangig auf die gesetzliche Renten- und Unfallversicherung. Das bedeutet jedoch im Umkehrschluss auch, dass Kranken- und Pflegeversicherung nicht von dem zwischenstaatlichen Abkommen koordiniert werden, es hier also zur Doppelversicherung kommen kann.
Grundsätzlich verbleibt ein Arbeitnehmer vollständig im deutschen Sozialversicherungssystem, wenn er höchstens 24 Monate von seinem deutschen Arbeitgeber nach Brasilien entsandt wird. Dies gilt jedoch nur, wenn die dort zu erfüllende Tätigkeit im Auftrag und auf Rechnung seines deutschen Arbeitgebers ausgeführt wird.
Überschreitet die Entsendung 24 Monate, greift ab dem 25. Monat das brasilianische Sozialversicherungsrecht, wenn Arbeitgeber und –nehmer nicht Abweichendes vereinbaren. Für eine abweichende Regelung ist eine Ausnahmevereinbarung notwendig, die Arbeitgeber und –nehmer gemeinsam beim GKV-Spitzenverband zu stellen haben. Die Ausnahmevereinbarung greift einheitlich für die Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung. Es gibt hier jedoch keinen Automatismus, sondern es handelt sich stets um eine Einzelfallentscheidung der zuständigen Institutionen.
In Brasilien tätige Arbeitnehmer, die in der deutschen Sozialversicherung erfasst sind, erhalten von der Krankenkasse eine „Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften“ (BR/DE 101). Eine Ausfertigung dieser Bescheinigung ist zusätzlich an das zuständige brasilianische Ministerium zu schicken.
Ist stattdessen das brasilianische Sozialversicherungsrecht einschlägig, muss der Arbeitgeber Beitrage abführen für die Kranken-, Renten- und Sozialversicherung (INSS – 20%), die Arbeitsunfallversicherung (SAT – in der Regel 1% - 3%), je nach Wirtschaftsbereich an die für diesen zuständigen Institutionen (Sistema S – ca. 5% in Abhängigkeit vom Wirtschaftszweig) sowie Einzahlungen auf das Konto des Arbeitnehmers zur Vermögensbildung (Arbeitslosen- und Rentenfonds, FGTS – 8%). Zusätzlich sehen viele Tarifverträge weitere Leistungen verpflichtend vor. Für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge werden die Registrierungsnummer für Ausländer (Registro Nacional de Estrangeiro – RNE) und die Steuernummer (Cadastro de Pessoa Física – CPF) benötigt.

4. Steuer

Zwischen Deutschland und Brasilien besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen. Ein 1975 zwischen den Staaten abgeschlossenes Abkommen wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2006 durch die deutsche Bundesregierung aufgekündigt.
Wer in Deutschland eine Wohnung unterhält oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Wird ein Arbeitnehmer also nach Brasilien entsandt, behält in Deutschland aber weiterhin seine Wohnung, ergibt sich daraus eine unbeschränkte Steuerpflicht und zwar auch dann, wenn der Hauptwohnsitz für den Zeitraum der Entsendung nach Brasilien verlagert wurde. In Deutschland unbeschränkt Einkommensteuerpflichtige müssen ihr Welteinkommen, d.h. auch Einkünfte aus brasilianischer Quelle, in Deutschland der Besteuerung unterwerfen.
Wer mit einem temporären Visum aber ohne Arbeitsvertrag nach Brasilien einreist, ist ab dem 184 Tagen in Brasilien als steuerpflichtig einzuordnen; nicht relevant ist, ob die 184 Tage an einem Stück in Brasilien verbracht oder (innerhalb eines 12-Monatszeitraums) immer wieder unterbrochen wurden. Wer bereits bei Einreise einen unbefristeten Aufenthaltstitel hält oder einen lokalen Arbeitsvertrag hat, ist ab der Einreise nach brasilianischem Recht ebenda steuerpflichtig.
Die Besteuerung erfolgt, indem eine pauschale Quellensteuer von 25% auf Einkünfte aus brasilianischer Quelle erhoben wird. Auch die Steuer von Arbeitnehmern wird – vergleichbar der Lohnsteuer in Deutschland – durch Einbehalt bei Auszahlung erhoben. Weitere – ausländische Einkünfte wie bspw. Vermietungseinkünfte aus deutschen Wohnungen – müssen im Rahmen einer Jahreserklärung in Brasilien erklärt werden.
Im Normalfall, in dem ein entsandter Arbeitnehmer einen Wohnsitz in Brasilien unterhält und seine Wohnung in Deutschland beibehält, wird sein Welteinkommen entsprechend sowohl in Deutschland als auch in Brasilien der Besteuerung unterworfen. Zwischen Brasilien und Deutschland besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen, d.h. es erfolgt keine Zuordnung des Besteuerungsrechts zu einem einzigen Land: In anderen Worten - Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, wie Löhne und Gehälter, werden in beiden Ländern der Besteuerung unterworfen.
Eine Doppelbesteuerung der Einkünfte entsandter Arbeitnehmer wird dennoch durch nationale Vorschriften verhindert: Brasilien sieht grundsätzlich im Rahmen des Gegenseitigkeitsprinzips vor, dass im Ausland gezahlte Steuern auf die brasilianische Steuer angerechnet werden können. Voraussetzung ist der Nachweis, dass der jeweils andere Staat selbiges Vorgehen auf in Brasilien gezahlte Steuern anwendet.
Dieser Nachweis erfolgt dadurch, dass dem brasilianischen Finanzamt die entsprechend geltenden Gesetze und Vorschriften des anderen Staates vorgelegt werden. Die Quellen sind durch einen zertifizierten Übersetzer zu übersetzen und durch das brasilianische Konsulat in Deutschland zu bestätigen. Alternativ kann eine amtliche Erklärung durch die deutsche Finanzverwaltung erfolgen, die die Anwendung des Gegenseitigkeitsprinzips auch in Deutschland bestätigt.
Da Deutschland ausländische Steuern, die bezahlt und nicht mehr erstattet werden können, ebenfalls anrechnet, kann eine Doppelbesteuerung der Einkünfte in beiden Ländern also vermieden werden. Allerdings führt die gegenseitige Anrechnung dazu, dass das Steuerniveau stets auf die höhere Steuer der beiden Länder hochgeschleust wird.