Dienstleistungserbringung im Ausland

Entsendung nach Hongkong

Für Unternehmen, die Mitarbeiter auf eine Dienstreise oder für längere Zeit nach Hongkong entsenden, gilt es zahlreiche Vorschriften zu beachten. Was im Einzelfall zu tun ist, muss rechtzeitig vor Beginn der Tätigkeit überprüft werden.

1. Arbeits- und Entsendevertrag

Zunächst wird (fast) immer ein lokaler Hongkonger Arbeitsvertrag benötigt, da ansonsten kein Arbeitsvisum erteilt wird. Daneben sollte ein Entsendungsvertrag mit dem entsendenden Unternehmen abgeschlossen werden. Dieser dient zur Synchronisation, zur Konstituierung von eigenen Rechten und Pflichten und als Bindeglied zwischen altem deutschem Arbeitsvertrag und neuem lokalen Vertrag. Hier sollten Dinge geregelt werden wie:  Dauer der Entsendung, Heimflüge, Krankenversicherung, Familieneingliederung, Familien-Heimflüge, Kindergarten, Schule, Umzugskosten, Rückzugskosten, Impfungen, Sprachkurse, Wiedereingliederungshilfe in Deutschland, Rückkehrposition etc.
Darüber hinaus sollte eine Regelung zum ursprünglichen deutschen Arbeitsverhältnis aufgenommen werden. Dieses kann ruhend gestellt oder aber auch (ggf. einvernehmlich) beendet werden. Hierbei ist es ratsam, die Wirksamkeit der Entsendung an die Erteilung des Arbeitsvisums in Hongkong sowie die Bestätigung der Tropentauglichkeit durch einen Betriebsarzt zu koppeln. Dadurch kann vermieden werden, dass Zulagen etc. bezahlt werden müssen, obwohl dem Mitarbeiter eine Tätigkeit in Hongkong faktisch gar nicht möglich ist.
Im Kontext des Arbeitsrechts sollte überdies darauf geachtet werden, dass lokale Arbeitnehmerschutzbestimmung von Hongkong eingehalten werden. Praxisrelevant sind dabei insbesondere die in Kapitel 57 der Verordnung von Hongkong über die Beschäftigung normierten Abfindungsansprüche bei arbeitgeberseitiger Kündigung.

2. Visum und Arbeitsgenehmigung

Für deutsche Staatsbürger wird ein Visum bzw.  eine Einreiseerlaubnis benötigt, um in der SAR Hongkong arbeiten zu dürfen oder, zu studieren, oder um sich dort geschäftlich niederzulassen. Zwar ist eine Einreise für deutsche Staatsangehörige mit einem Visa on Arrival möglich, jedoch kann so keine Tätigkeit legal im Land begonnen werden, da es an der notwendigen Arbeitsgenehmigung mangelt. Es empfiehlt sich also, das richtige (Arbeits)-Visum vor der Einreise zu beantragen.
Das entsprechende Visum oder die Einreiseerlaubnis kann bei der nächstgelegenen diplomatischen und konsularischen Vertretung Chinas beantragt werden. Alternativ kann der Antrag auf ein Visum oder eine Einreisegenehmigung auch direkt bei der Einwanderungsbehörde der SAR Hongkong eingereicht werden, entweder per Post oder über einen lokalen Dienstleister. Per Fax oder E-Mail übersandte Anträge werden nicht angenommen.
Fachkräfte und Spezialisten, die in die SAR Hongkong einreisen möchten, beantragen ein Visum unter der General Employment Policy (GEP). Hierbei ist der Nachweis von Fähigkeiten, Kenntnissen oder Erfahrungen notwendig, die für die SAR Hongkong wertvoll und in dieser nicht ohne Weiteres verfügbar sind. Das GEP ist quotenfrei und nicht sektorspezifisch.
a) Kriterien für die Zulassung
Ein Antrag auf ein Arbeitsvisum/eine Einreiseerlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung im Rahmen der GEP wird wohlwollend geprüft, wenn:
  • Keine Sicherheitsbedenken bestehen und keine schweren Straftaten in Bezug auf den Antragsteller bekannt sind;
  • Der Antragsteller über einen guten Bildungshintergrund verfügt, in der Regel einen ersten Hochschulabschluss in dem betreffenden Fachgebiet; unter besonderen Umständen können jedoch auch gute technische Qualifikationen, nachgewiesene berufliche Fähigkeiten und/oder einschlägige Erfahrungen und Leistungen akzeptiert werden;
  • Es eine freie Stelle gibt;
  • Der Antragsteller ein bestätigtes Beschäftigungsangebot hat und in einem Beruf beschäftigt wird, der seinen akademischen Qualifikationen oder seiner Berufserfahrung entspricht und der nicht ohne weiteres von örtlichen Arbeitskräften übernommen werden kann; und
  • Die Vergütung, einschließlich Einkommen, Unterkunft, medizinischer Versorgung und sonstiger Zusatzleistungen, im Großen und Ganzen dem marktüblichen Niveau für Fachkräfte in der SAR Hongkong entspricht.
b) Einreise von Familienangehörigen
Antragsteller, die im Rahmen des GEP zugelassen werden, können beantragen, dass ihr Ehepartner sowie unverheiratete unterhaltsberechtigte Kinder unter 18 Jahren in die SAR Hongkong im Rahmen der geltenden Bestimmungen für unterhaltsberechtigte Personen einreisen dürfen. Die Aufenthaltsdauer dieser Familienangehörigen ist in der Regel an die Aufenthaltsdauer ihrer Bürgen gebunden.
c) Bearbeitungszeit
Die Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung eines Visums/einer Einreiseerlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit dauert in der Regel vier Wochen, sobald alle erforderlichen Unterlagen eingegangen sind. Die Botschaft / das Konsulat bzw. die Einwanderungsbehörde kann erst dann mit der Bearbeitung des Antrags beginnen, wenn alle erforderlichen Unterlagen und Informationen vorliegen.

3. Aufenthaltserlaubnis

Anders als in der Volksrepublik China, wo neben dem Visum und der Arbeitsgenehmigung noch eine Aufenthaltserlaubnis („Working-purpose Residence Permit“) notwendig ist, ist in Hongkong keine gesonderte Aufenthaltserlaubnis notwendig.

4. Meldepflichten

Anders als beispielsweise in Deutschland (Einwohnermeldeamt) und den USA, wo sich Ausländer, die sich nur vorübergehend im Land aufhalten, alle drei Monate ihre gültige Anschrift dem „Immigration and Naturalization Service“ mitteilen müssen, besteht in Hongkong keine gesonderte Meldepflicht. Es gibt mithin keine dem deutschen Einwohnermeldeamt vergleichbare Einrichtung.

5. Sozialversicherung

a) Deutschland
Grundsätzlich stellt sich neben arbeitsrechtlichen und immigrationsrechtlichen Fragen im Falle einer Entsendung immer das Problem der Behandlung der deutschen Sozialversicherung.
Hongkong hat kein Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland abgeschlossen und ist daher sogenanntes vertragsloses Ausland. Damit entfällt grundsätzlich die Sozialversicherungspflicht in Deutschland. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber einerseits nicht mehr in die deutsche Sozialversicherung einzahlen müssen, andererseits entfällt aber auch der aus Deutschland ausstrahlende Sozialversicherungsschutz des Mitarbeiters.
Anderes gilt nur, soweit eine Entsendung im Sinne der Ausstrahlung gemäß § 4 SGB IV vorliegt. In diesem Fall gelten für einen Arbeitnehmer während seiner Beschäftigung in Hongkong die deutschen Vorschriften über die Sozialversicherung nach § 4 SGB IV weiter.
Eine Entsendung liegt dabei vor, wenn ein Beschäftigter sich auf Weisung des deutschen Arbeitgebers vorübergehend außerhalb des Geltungsbereichs des deutschen Sozialversicherungsrechts begibt und dabei in einem ausländischen Unternehmen eingebunden ist, so dass er im Ausland ggf.  auch  Steuern und sonstige fiskalische Abgaben an die dortigen Behörden zahlt, weil er ggf. eine weiteren lokalen ausländischen, im Regelfall zwingend notwendigen Arbeitsvertrag (zeitweilig bzw. auf eine Dauer begrenzt) hat.
b) Hongkong
Da kein Sozialversicherungsabkommen zwischen Hongkong und Deutschland besteht, ist eine mögliche Befreiung von Beitragszahlungen in Hongkong auch nur nach nationalen Bestimmungen möglich. Es kann daher gegebenenfalls zu einer Doppelversicherung kommen. In Hongkong müssen vor allem in die Rentenversicherung Pflichtbeiträge gezahlt werden. Hinzu kommt eine Abgabe für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschaftsschutz. Hongkong kennt jedoch keine Beitragspflicht in der Kranken- oder Arbeitslosenversicherung. Eine mögliche Befreiung, sofern der Mitarbeiter in Deutschland sozialversichert ist, wird unten aufgezeigt.
Im Unterschied zu europäischen Standards ist das Hongkonger Sozialversicherungsrecht wesentlich arbeitgeberfreundlicher gestaltet und bietet Arbeitnehmern weit weniger Absicherung als in Deutschland. Dennoch ist es unerlässlich, über die bestehenden Pflichten Bescheid zu wissen, wenn man als Arbeitgeber in Hongkong tätig ist. Der Arbeitgeber muss seine Mitarbeiter lediglich in vier Bereichen absichern. So muss zum einen eine Art „Rentenpensionsfond“ (Mandatory Provident Fund (MPF)) und zum anderen eine Unfallversicherung für arbeitsbezogene Unfälle abgeschlossen werden, hinzu kommt die Gewährung eines Erziehungsurlaubs und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Von der Rentenversicherungspflicht ausgenommen sind aber unter anderem Ausländer, die in Hongkong arbeiten, wenn sie in ihrem Heimatland Mitglied in einem Rentensystem sind oder Angestellte der Europäischen Union sind.
Die monatlichen Mindestbeiträge betragen sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer 5 % des Bruttoeinkommens des Arbeitnehmers. Der Maximalbetrag liegt für beide Parteien bei 1.500 HKD (ca. 170 EUR) pro Monat. Sofern der Arbeitnehmer weniger als 7.100 HKD (ca. 800 EUR) verdient, ist dieser von der Beitragszahlung ausgenommen, der Arbeitgeber muss aber dennoch Beiträge zahlen. Die Obergrenze für die Beitragsbemessung liegt bei 30.000 HKD (ca. 3.400 EUR), sodass bei einem monatlichen Einkommen von über 30.000 HKD vom Arbeitnehmer und vom Arbeitgeber je maximal 1.500 HKD (ca. 170 EUR) pro Monat in den MPF einzuzahlen sind. Der gesamte Beitrag ist vom Arbeitgeber abzuführen.
Steuerlich sind die MPF-Beitragszahlungen für den Arbeitgeber bis zu einer Beitragshöhe von 15 % des jährlichen Arbeitnehmergesamteinkommens als Betriebsausgaben abzugsfähig. Auch Arbeitnehmer können ihre Beitragsleistungen bis zu einer maximalen Höhe von 18.000 HKD (ca. 2.100 EUR) steuermindernd geltend machen. Darüber hinaus gezahlte freiwillige Beiträge des Arbeitsnehmers können steuerlich nicht geltend gemacht werden.
Neben dem MPF-System besteht als weitere Pflichtversicherung die Employees Compensation Insurance (ECI). Danach ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, seine Arbeitnehmer gegen Schäden und Verletzungen, die aus einem arbeitsbezogenen Unfall oder aus einem Unfall während der Arbeitszeit resultieren, zu versichern. Für die Zahlung von Entschädigungsleistungen werden Unfälle erfasst, die sowohl Verletzungen als auch den Tod des Arbeitnehmers nach sich gezogen haben. Auch die medizinischen und gerichtlichen Kosten werden entsprechend den Regelungen getragen.
Oftmals wird die ECI von einer Büroversicherung mit umfasst. Die Kosten beginnen ab ca. 500 HKD (ca. 50 EUR) pro Jahr, je nach der Art der ausgeübten Tätigkeit und der Höhe der Büroversicherung pro Arbeitnehmer.

6. Steuerrechtliche Aspekte

a) Für den Mitarbeiter
Hongkong besteuert grundsätzlich nach dem Territorialitätsprinzip. Für die Frage, ob eine Steuerpflicht in Hongkong besteht, ist es maßgeblich, ob das fragliche Einkommen in Hongkong erwirtschaftet wird, oder aus Hongkong gezahlt wird. Bei der Zuordnung der Einkünfte werden folgende Kriterien herangezogen:
  • Wo wurde der Arbeitsvertrag verhandlt und geschlossen?
  • Wird die arbeitsvertragliche Tätigkeit in Hongkong oder außerhalb Hongkongs ausgeführt?
  • Wo ist der Arbeitgeber ansässig (in Hongkong oder nicht)?
  • Wo erhält der Arbeitnehmer sein Gehalt (in Hongkong oder außerhalb)?
Nur wenn alle vier Faktoren außerhalb Hongkongs liegen, dann liegt ein sog. „Non-Hongkong Employment“ vor, d. h. das Einkommen ist in Hongkong nicht steuerpflichtig. Einkünfte für Tätigkeiten in Hongkong sind, da für die Visumserteilung ein Hongkonger Arbeitsvertrag erforderlich ist, im Regelfall auch dort steuerpflichtig.
Falls für den Mitarbeiter auch in Deutschland eine Steuerpflicht besteht (z. B. wenn er weiterhin einen steuerlichen Wohnsitz in Deutschland beibehält und somit der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt), lässt sich eine Doppelbesteuerung nach innerstaatlichem Recht (u. a. §§ 34c, 34d EStG, § 26 KStG) nur durch Anrechnung der ausländischen (Hongkonger Personal Income Tax) Steuer auf die deutsche Steuer oder durch Abzug der ausländischen Steuer von den Einkünften eventuell vermeiden. Zwischen Deutschland und Hongkong gibt es kein Doppelbesteuerungsabkommen, dass diese Problematik lösen würde. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein entsprechendes DBA zeitnah verabschiedet wird.
b) Für das entsendende Unternehmen beim Einsatz des Mitarbeiters in einer Tochtergesellschaft
Erwägenswert ist es in der Konstellation, dass der Mitarbeiter in einer Hongkonger Tochtergesellschaft tätig wird, der Tochtergesellschaft eine Rechnung zu stellen, die in etwa die Kosten des Mitarbeiters zzgl. einem Aufschlag von circa 5 % bis 15 % entsprechen sollte. Diese Servicerechnung für die „Überlassung“ zzgl. Markup ist dann in der Tochtergesellschaft eine abzugsfähige Betriebsausgabe. In der Muttergesellschaft führt dies zu einem (kleinen) steuerpflichtigen Gewinn.
(Artikel angefertigt mit Unterstützung durch Rechtsanwalt Dr. Tim-Werner Linne und Rechtsanwalt Michael Lorenz)