Geschäftsbedingungen im internationalen Handel

Wer im B2B-Bereich Waren verkauft, wird diesen Ablauf kennen: Der Verkäufer sendet ein Angebot mit den eigenen Verkaufsbedingungen, der Käufer nimmt das Angebot mit seinen eigenen Einkaufsbedingungen an und der Verkäufer bestätigt das Geschäft mit einer Auftragsbestätigung und wiederum den eigenen Verkaufsbedingungen.

1. Das “battle of forms”

Die Vertragsparteien produzieren hiermit das sog. "battle of forms". Gemeint ist hiermit der Kampf der Bedingungen - Einkaufsbedingungen gegen Verkaufsbedingungen, und im Streitfall weiß keine der Parteien mehr, was noch gilt.
Das "battle of forms" muss notwendigerweise entschieden werden, wenn es um Haftung, Verjährung oder Lieferbedingungen geht, die sich aus den Geschäftsbedingungen ergeben und sich widersprechen, aber ebenso, wenn es um Gerichtsstandsklauseln geht - Klauseln, nach denen die Gerichte meistens am Sitz des jeweiligen Verwenders der Geschäftsbedingungen zuständig sein sollen.
Die Frage, welche der Geschäftsbedingungen sich durchsetzen, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern muss differenziert werden – nach Gerichtsstandsklauseln, Rechtswahlklauseln und dem sonstigen Inhalt.

2. Welche Gerichtsstandsklausel setzt sich durch?

Im internationalen Kontext kann die Entscheidung dieser Frage gravierende Auswirkungen haben. Ob das heimische Gericht in oder beim Vertragspartner im Ausland zuständig ist, hat Einfluss auf Verfahrensdauer, Kosten, Sprache und damit verbundene Übersetzungen und die möglicherweise notwendige Einschaltung eines weiteren Anwalts im Ausland.
Die einfache Antwort hierauf lautet: Keine der beiden Gerichtsstandsklauseln setzt sich durch – weder die Gerichtsstandsklausel in den Verkaufsbedingungen noch jene in den Einkaufsbedingungen. Die rechtlichen Grundlagen sind dabei jedoch sehr unterschiedlich. Hat ein deutsches Gericht über widerstreitende Gerichtsstandsklauseln zu entscheiden, ist maßgeblich, ob der Beklagte aus einem EU-Staat oder einem Drittstaat kommt. Rein europäische Prozesse bestimmen sich nach der sog. Brüssel Ia-VO, in der u. a. das Zuständigkeitsrecht vereinheitlicht ist. Eine Gerichtsstandsvereinbarung scheidet nach Art. 25 der Verordnung bei einem „battle of forms“ mangels echter Einigung aus.
Ähnlich sieht es gegenüber der Schweiz, Liechtenstein und Island aus, mit denen die EU das sog. Lugano-Übereinkommen geschlossen hat, das der Brüssel Ia-VO nachgebaut ist. Gegenüber Drittstaaten wenden deutsche Gerichte die Zuständigkeitsregeln der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO) analog an. Auch hiernach kommt es bei einem „battle of forms“ nicht zu einer Gerichtsstandsvereinbarung.

3. Welche Rechtswahlklausel setzt sich durch?

Die Frage, welche Rechtswahlklausel sich durchsetzt, ist abstrakt kaum zu beantworten. Es kommt zunächst darauf an, welches Gericht über diese Frage entscheidet, denn die Bestimmung des anwendbaren Rechts – einschließlich der Rechtswahl – ist Sache des Kollisionsrechts, das wiederum nationalen Recht gehört. Innerhalb der EU ist das Kollisionsrecht in der Rom I-VO vereinheitlicht.
Dieses enthält in Art. 3 Regelungen zur Rechtswahl, kommentiert aber nicht explizit das „battle of forms“. Vereinfacht entscheidet die Rom I-VO das „battle of forms“ wie folgt: Die Wirksamkeit jeder der beiden Rechtswahlklauseln wird nach ihrem eigenen Recht beurteilt. Sind beide Klauseln nach ihrem eigenen Heimatrecht wirksam, scheidet eine Rechtswahlklausel aus. Ist nur eine der beiden Klauseln wirksam, ist das Ergebnis umstritten – ein unbefriedigendes Ergebnis, aber eine klarere Regelung existiert nicht.

4. Welche Klauseln setzen sich ansonsten durch?

AGB enthalten natürlich viel mehr als Gerichtsstandsklauseln und Rechtswahlklauseln. Lieferklauseln, Haftung, Verjährung – die Interessenlagen sind aus Käufer- und Verkäufersicht natürlich unterschiedlich.
Anders als bei Gerichtsstandsklauseln und Rechtswahlklauseln ist nun das materielle Recht – also bspw. deutsches Recht, UN-Kaufrecht oder niederländisches Recht ausschlaggebend.
Das deutsche Recht kennt die sog. „knock out rule“, nach der alle Klauseln unwirksam sind, die sich in den AGB beider Seiten widersprechen. Das UN-Kaufrecht dagegen kennt die „last shot rule“, nach der sich die zuletzt übersandten AGB durchsetzen. Und das niederländische Recht wiederum entscheidet das „battle of forms“ sogar nach der „first shot rule“, wonach sich die zuerst übersandten Geschäftsbedingungen durchsetzen.

5. Fazit und Maßnahmen

Das „battle of forms“ ist und bleibt ein Reizthema im internationalen Wirtschaftsrecht. Echte Gewissheit darüber, welche Geschäftsbedingungen sich durchsetzen, lässt sich kaum erlangen. Die Lösung ist relativ einfach: Wenn Gerichtsstands-, Rechtswahl- oder Haftungsklauseln verlässlich gelten sollen, sollten Unternehmen den Ablauf „Angebot – Bestellung – Auftragsbestätigung“ vermeiden und stattdessen Individualverträge abschließen.
Ist das aufgrund der Masse von Vorgängen nicht möglich, sollten Unternehmen ein professionelles Vertragsmanagement schaffen. Das bedeutet, Prozesse und Strukturen zu implementieren, die rechtssicher, effektiv und effizient auch grenzüberschreitende Vertragsschlüsse erlauben. Das "battle of forms" mitzudenken, ist Teil des Vertragsmanagements. Es lässt sich bspw. durch geschulte Mitarbeitende vermeiden, die es erkennen, adressieren und verhandeln oder aber durch gute Individualverträge oder Rahmenverträge, die dann auch Schiedsklauseln enthalten können.
Johannes Brand, LL.M. (Trinity College), BUSE Rechtsanwälte Steuerberater, Düsseldorf