Weitergabe von Wissen weltweit

Technologie und Software in der Exportkontrolle

1. Exportkontrolle: Technologietransfer als Risiko

Die Beschränkungen, die der Gesetzgeber Unternehmen und Forschungseinrichtungen für den Transfer von sensiblem Know-how auferlegt, sind komplex. Um die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und die unkontrollierte Weitergabe von konventionellen Rüstungsgütern zu verhindern, legt das Außenwirtschaftsrecht fest, dass Güter mit bestimmten technischen Eigenschaften beim Export der Kontrolle unterliegen und nur mit Genehmigung ausgeführt werden dürfen. Die Güterlisten enthalten neben den Waren selbst auch Software und Technologie. Denn das Wissen darum, wie kritische Waren entwickelt, hergestellt und verwendet werden, stellt ein Risiko dar, können doch mit dem Wissen um das Wie die gefährlichen Güter tausendfach produziert werden. Die Kontrolle der Weitergabe von sensiblem (gelisteten) Know-how ist deshalb nachvollziehbar und folgerichtig.
Doch was genau wird kontrolliert? Was versteht die Exportkontrolle unter Technologie und welche Formen der Weitergabe gibt es?

2. Begriffsbestimmung Technologie

Für die Frage, ob Technologie in den Güterlisten erfasst ist und damit der Exportkontrolle unterliegt, kommt es darauf an, was genau unter Technologie im Sinne der Exportkontrolle zu verstehen ist. Anhang I der EU-Dual-Use-Verordnung definiert Technologie als spezifisches technisches Wissen, das für die Entwicklung, Herstellung oder Verwendung eines Produkts nötig und unverzichtbar ist. Einschränkungen und Ausnahmen sind ebenfalls dort und zwar in der Allgemeinen Technologie-Anmerkung beschrieben.
In der Systematik der Güterlisten findet sich die Technologie innerhalb jeder Kategorie unter der Kennung E. Zum Beispiel 0E001, 0E002... für Technologie im Zusammenhang mit Kerntechnischen Materialien, Anlagen und Ausrüstung oder 6E001, 6E002... für Technologie im Zusammenhang mit Sensoren und Lasern.
Die Weitergabe gelisteter Technologie kann in Form eines Exports erfolgen oder aber, indem ein Mitarbeiter eines Unternehmens eine Form der technischen Unterstützung erbringt.

3. Technologie-Export

Die Exportkontrolle versteht Technologie-Export als aktive Lieferung von Wissen ins Ausland sowie Bereitstellung von Wissen zur Nutzung im Ausland. Das Recht differenziert dabei zwischen verkörpertem und unverkörpertem Wissen.

3.1 Verkörpertes Wissen

Unter verkörpertem Wissen versteht man Know-how, das sich auf Papier, Plänen, Sticks oder anderen Datenträgern befindet und so verkörpert ins Ausland exportiert wird. Hierbei könnte es sich um Fertigungsunterlagen, Konstruktionspläne, Formeln und ähnliche technische Unterlagen handeln.

3.2 Unverkörpertes Wissen

Beim Technologie-Export von unverkörpertem Wissen werden die Daten oder das Know-how mittels Telefon, E-Mail oder anderen Formen der nicht-gegenständlichen Datenübertragung ins Drittland übermittelt. Aber auch das Bereitstellen sensibler Daten zum Download in einer Cloud zählt als Technologie-Export. Problematisch ist das Cloud-Szenario dann, wenn der Zugriff von überall her (also auch von Drittländern) ohne Zugangsbeschränkung erfolgen kann oder wenn der Cloud-Server, der die Daten hostet, in einem Drittland steht. Ob ein Zugriff auf die kritischen Daten erfolgt oder nicht, ist dabei irrlelevant. Ausschlaggebend ist alleine die Bereitstellung. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Unternehmen sein Intranet auf einer Cloud lagert, auf das Mitarbeiter weltweit einen Zugriff haben.

4. Technische Unterstützung

Technische Unterstützung ist immer dann gegeben, wenn ein Mitarbeiter unverkörpertes sensibles Wissen in der Regel mündlich weitergibt. So ist jede Form der technischen Hilfestellung, Beratung, Schulung oder Unterweisung als technische Unterstützung zu werten. Heikel ist, dass bei der technischen Unterstützung der Auslandsbezug nicht immer offensichtlich ist, weil sie ortsunabhängig erbracht werden kann. Technische Unterstützung liegt zum Beispiel vor, wenn ein deutscher Mitarbeiter einer deutschen Firma einen Vortrag vor einem internationalen Fachpublikum hält – unabhängig davon, ob das in Deutschland, in einem Mitgliedsstaat der EU oder in einem Drittland passiert.

5. Technologietransfer im innerbetrieblichen Exportkontrollsystem (ICP)

Wie die betriebsinterne Umsetzung der Prüfschritte und der Kontrolle erfolgt, ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Der Gesetzgeber setzt auf die Eigenverantwortlichkeit der Unternehmen. Er legt lediglich fest, dass keine Verstöße erfolgen dürfen. Deshalb haben die meisten Unternehmen zur eigenen Absicherung innerbetriebliche Exportkontrollsysteme (Internal Compliance Programmes ICP) eingerichtet. Grundsätzliche Informationen zum ICP finden Sie in unserem Artikel Compliance im Export: Innerbetriebliches Exportkontrollsystem.
Mit Blick auf die fortschreitende Digitalisierung sind Unternehmen gut beraten, bei den Mitarbeitern eine Sensibilisierung und Awareness für die Risiken des Technologietransfers zu schaffen und Kontrollmechanismen dafür im ICP zu verankern.

Welche Faktoren sind entscheidend?

Wie in der klassischen Exportkontrolle geht das Risiko des Technologietransfers von folgenden vier Faktoren aus:
1. Handelt es sich um gelistete Technolgie?
2. Habe ich Kenntnis von einer kritischen (militärischen) Endverwendung?
3. Liefere ich die Technologie in ein Embargoland?
4. Ist der Empfänger mit Sanktionen belegt?

Tipps für die Umsetzung in der Praxis

Die innerbetriebliche Kontrolle des Technologie-Exports lässt sich durch Sperr- und Freigabemechanismen weitgehend regeln. So könnten Dateien mit sensiblen Inhalten für den Versand als Anhang in einer E-Mail gesperrt sein und erst nach Prüfung durch den Exportkontrollbeauftragten freigegeben werden. Ebenso ließe sich mit der Einsichtnahme und dem Download von kritischem Wissen aus der Cloud verfahren.
Die Kontrolle der technischen Unterstützung hingegen gestaltet sich viel schwieriger. Denn wer und wie sind reisende Mitarbeiter zu kontrollieren, die sensibles Know-how mit sich herumtragen? Hier hilft nur ein solides, im Unternehmen gelebtes und von der Unternehmensleitung getragenes ICP, das alle Mitarbeiter und Abteilungen sensibilisiert, mit einfachen und nachvollziehbaren Regeln. Denn nur so ist man bei möglichen Verstößen gegen den Vorwurf gefeit, man habe vorsätzlich gehandelt.

6. Exkurs: Grundlagen zum Umgang mit Software in der Exportkontrolle

Eng verknüpft mit den Fragen zum Technologietransfer sind Fragen zum Umgang mit Software aus exportkontrollrechtlicher Sicht. Das Thema gewinnt aufgrund der rasanten technischen Entwicklung an Bedeutung und ist ein wichtiges Element eines ICP.
In einem neuen Praxisleitfaden (Stand März 2023) gibt die IHK Region Stuttgart einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen der allgemeinen EU-Exportkontrolle bei der Ausfuhr und Verbringung von Software: Software in der Exportkontrolle. (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 824 KB)

7. Weitere Informationen

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) informiert in Leitfäden und Merkblättern ausführlich zum Thema: