Wirtschaftsriese mit Innovationskraft
Südkorea präsentiert sich mit offenem Markt für ausländische Direktinvestitionen nicht nur als innovationsfreundlicher Standort mit Blick auf Zukunftstechnologien, sondern auch als verlässlicher Handelspartner für Deutschland. Vor diesem Hintergrund sprachen wir mit Rechtsanwalt Moritz Winkler darüber, welche Herausforderungen, Fördermöglichkeiten und Erfolgsstrategien sich daraus für deutsche Unternehmen ergeben. Moritz Winkler begleitet deutsche Unternehmen seit vielen Jahren beim Markteintritt in Südkorea.
IHK Region Stuttgart: Sehr geehrter Herr Winkler, viele deutsche Unternehmen testen den koreanischen Markt zunächst über Vertriebspartner. Wie gelingt ein optimaler Markteinstieg?
Rechtsanwalt Moritz Winkler: Ein lokaler Vertriebspartner kann den Markteintritt erleichtern, sofern er sorgfältig ausgewählt und durch klare Vereinbarungen eingebunden wird. Darauf aufbauend empfiehlt sich ein schrittweiser Ausbau eigener Strukturen (zum Beispiel als Niederlassung oder Tochtergesellschaft) sowie die frühzeitige Klärung regulatorischer Anforderungen. Ebenso entscheidend sind kulturelle Sensibilität und Sprachkenntnisse sowie der Aufbau persönlicher Netzwerke, um langfristige Partnerschaften im koreanischen Markt zu etablieren.
IHK: Gibt es regulatorische Hürden oder Marktbesonderheiten, die in Südkorea zu beachten sind?
Rechtsanwalt Winkler: Südkorea ist grundsätzlich ein offener Markt für ausländische Direktinvestitionen. In der Regel genügt hierfür ein einfaches Anmeldeverfahren nach dem Foreign Investment Promotion Act. Das Freihandelsabkommen mit der EU hat zudem den Handel mit Gütern und Dienstleistungen erheblich erleichtert. Herausforderungen bestehen jedoch weiterhin: Vor allem das eher rigide Arbeitsrecht bereitet Sorgen, da es nur geringe Flexibilität zulässt und durch eine konfrontative Mitbestimmungskultur geprägt ist. Zudem kritisieren deutsche Unternehmen insbesondere die nicht-tarifären Handelshemmnisse. So gestalten sich Zulassungsverfahren – etwa im Bereich Pharma oder Medizintechnik – langwierig, und Parallelzulassungen aus der EU werden nur eingeschränkt anerkannt.
IHK: Ein Blick in Ihre Beratungspraxis: Was sind typische Stolpersteine und wie kann man sie vermeiden?
Rechtsanwalt Winkler: Oft können bereits Sprachbarrieren und unzureichende Kenntnisse der lokalen Marktbesonderheiten im Anfangsstadium über Erfolg oder Misserfolg eines Markteintritts entscheiden. Daher empfiehlt sich insbesondere die frühzeitige Einbindung lokaler Berater, wie etwa der AHK-Korea, die wertvolle Unterstützung leisten kann. Als Jurist betone ich zudem stets: Verträge sind wichtig und sollten sorgfältig ausgearbeitet werden – gegebenenfalls unter Hinzuziehung lokaler Anwaltskanzleien. Zuvor sollte jedoch unbedingt geprüft werden, ob der potenzielle Partner vor Ort die Erwartungen tatsächlich erfüllen kann. Deutsche Unternehmen sollten darüber hinaus Geduld aufbringen, um eine vertrauensvolle und langfristige Zusammenarbeit aufzubauen.
IHK: Die Industrie befindet sich weltweit im Umbruch. Dies bietet Chancen für neue Branchen. Wie wird dieser Wandel in Südkorea vorangetrieben und was ergibt sich daraus für deutsche Unternehmen?
Rechtsanwalt Winkler: Der industrielle Wandel in Südkorea wird vor allem durch signifikante Investitionen in Zukunftstechnologien wie Halbleiter, Batterien, Wasserstoff, KI und grüne Energien vorangetrieben. Die Regierung unterstützt diese Transformation mit gezielten Förderprogrammen, hohen F&E-Ausgaben und einer innovationsfreundlichen Regulierung. Daraus ergeben sich für deutsche Unternehmen vielfältige Chancen – sei es als Technologiepartner, Zulieferer oder Investor, insbesondere dort, wo deutsche Stärken wie Maschinenbau, Automatisierung oder Umwelttechnik auf koreanische Zukunftsinitiativen treffen.
IHK: Gibt es staatliche Förderprogramme, die für deutsche Unternehmen interessant sein können?
Rechtsanwalt Winkler: Für deutsche Unternehmen, die in den genannten Zukunftsbranchen investieren, sind staatliche Förderinstrumente wie hohe Cash-Zuschüsse (bis zu 80 Prozent der Projektkosten), langfristige Steuerbefreiungen für Kapitalgüter, Steuervergünstigungen für strategische Investitionen sowie Sonderwirtschaftszonen mit günstigen Mietkonditionen von besonderer Relevanz.
IHK: Herr Winkler, wir danken für das Gespräch.
Das Interview führte Rechtsreferendarin Marie Schwager, Stabsstelle Internationales Wirtschaftsrecht und Handelspolitik IHK Region Stuttgart, mit Rechtsanwalt Moritz Winkler. Winkler ist der neue Präsident der DKJG Deutsch-Koreanische Juristische Gesellschaft e. V. und seit 1998 Mitglied der Gesellschaft. Er ist Partner und Head of German Desk bei der Kanzlei Yulchon LLC in Seoul, Korea, mit den Schwerpunkten Corporate/M&A und Arbeitsrecht.
Kontakt
Verena Zimmer