ASEAN

Starkes ASEAN: Wachstumsmarkt voller Kontraste

Von den Regenwäldern Westguineas über das futuristische Singapur durch die belebten Straßenmärkte Thailands bis zu den Ausläufern des Himalaya – die Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) ist ein Schmelztiegel der Kontraste und bietet deutschen Unternehmen ebenso vielfältige Geschäftschancen.

Aufstrebendes ASEAN im Blick

Die ASEAN ist ein Zusammenschluss der zehn Mitgliedsstaaten Brunei Darussalam, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam. Auf einer Fläche so groß wie die EU erbringt sie jedoch nur ein Fünftel der EU-Wirtschaftsleistung. Doch sie verzeichnet ein kontinuierliches Wachstum von über vier Prozent am realen BIP und ist in zahlreiche Handelsabkommen eingebunden. Innerhalb der Freihandelszone der ASEAN Economic Community (AEC) werden Waren zollfrei gehandelt, sofern ihr Ursprung in der ASEAN liegt. Durch die Unterzeichnung der Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) haben sich die ASEAN-Länder mit China, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland zur größten Freihandelszone der Welt zusammengeschlossen.
ASEAN positioniert sich sehr vorteilhaft als alternatives oder zusätzliches Investitionsziel aufgrund der zunehmenden regionalen und globalen Integration, der verbesserten regulatorischen Rahmenbedingungen und wettbewerbsfähigen Kostenstrukturen. Die Region ist ressourcenreich, angefangen bei natürlichen Rohstoffen bis hin zu hochwertigen handgefertigten Produkten, was sie zu einem attraktiven Beschaffungsmarkt macht. Gleichzeitig gewinnt sie als Absatzmarkt mit 670 Millionen Menschen an Bedeutung, bedingt durch eine wachsende Mittelschicht, die vermehrt konsumiert, und eine zunehmende Urbanisierung.
Um erfolgreich in diesem dynamischen Markt Fuß zu fassen und die Wachstumschancen der ASEAN-Länder bestmöglich zu nutzen, sind eine strategische Herangehensweise, lokale Partnerschaften, fundierte Marktanalysen und die kontinuierliche Anpassung an die lokalen Gegebenheiten entscheidend.
Über 3.000 deutsche Unternehmen sind in den ASEAN-Staaten investiert, gerade mal zwei Prozent der deutschen Exporte gehen in die Region. Die Tendenz ist jedoch stark steigend. Umso mehr lohnt ein Blick auf die treibenden Wirtschaftskräfte in Südostasien.

Singapur: Weltoffener Stadtstaat der Superlative

Singapur ist ein Finanz- und Handelszentrum von Weltrang. Zahlreiche internationale Unternehmen haben hier ihr regionales Hauptquartier und bearbeiten so ganz Asien. Als zentraler Umschlagplatz zwischen Ost und West wird der Großteil der Importe reexportiert. Das Land ist voll digitalisiert und es herrscht ein hohes Maß an Rechtsstaatlichkeit mit einer effizienten, korruptionsfreien Verwaltung. 
Singapurs Stärken bedingen auch gleichzeitig seine Schwächen. An Fläche zwar gering, ist die Infrastruktur dafür bestens ausgebaut. Seine begrenzte Größe und teils gesättigte Binnenwirtschaft erfordern eine starke Ausrichtung auf den internationalen Handel, was in volatilen Zeiten zu Risiken führen kann. Singapurs Arbeitskräfte sind hervorragend ausgebildet, aber verlangen auch hohe Gehälter. Die Standortkosten sind astronomisch, die Steuerlast hingegen gering. Aufgrund begrenzter Arbeitskräfte und Produktionsflächen fokussiert sich das Land auf kapitalintensive Wirtschaftsbereiche mit hoher Wertschöpfung sowie forschungsintensiver Produktion. Damit ist der Stadtstaat ein attraktiver Beschaffungsmarkt für Hightech-Elektronik, Präzisionsmaschinen und hochwertige Bauteile. Die Regierung setzt gezielt auf Zukunftstechnologien.

Vietnam: De-Risking beflügelt die Wirtschaft

Geringe Lohnkosten, eine junge Erwerbsbevölkerung, politische Stabilität sowie Freihandelsabkommen, auch mit der EU, machen Vietnam für die exportorientierte verarbeitende Industrie attraktiv. Das Land profitiert von den verändernden globalen Rahmenbedingungen und Diversifizierungsbestrebungen. Es wandelt sich von arbeitsintensiven Sektoren wie Holz- und Bekleidungsproduktion hin zu komplexeren Produktionsbereichen wie Maschinen- und Elektronikherstellung.
Neuartige Technologien sind noch wenig entwickelt, weshalb moderne Industrien unter dem liberalisierten Investitionsregime besonders gefördert werden. Ausländisches Engagement ist entscheidend für das Wirtschaftswachstum, wobei ausländisch finanzierte Firmen fast 75 Prozent der Exporte erwirtschaften. Der starke Zustrom ausländischer Investitionen übt Druck auf die Arbeitskosten und Immobilienpreise aus, besonders an Produktionsstandorten. Infrastrukturelle Probleme und eine ineffiziente Bürokratie sind nach wie vor Herausforderungen, mit denen das Land zu kämpfen hat.

Malaysia: Auf dem Weg zum Hocheinkommensland

Malaysia hat sich innerhalb weniger Jahrzehnte von einer agrar- und rohstoffbasierten Wirtschaft zu einem Produktions- und globalen Dienstleistungszentrum entwickelt. Die Elektroindustrie steht im Fokus der Industriepolitik und zieht die meisten Investitionen an. Laut Weltbank wird es bald zu einem Hocheinkommensland. Mit seinen gut ausgebildeten Arbeitskräften ist Malaysia für arbeitsintensive Erzeugnisse bereits zu teuer geworden. Entsprechend nimmt die Fertigung von höherwertigen, wissensbasierten Produkten und Automatisierung zu.
Der Dienstleistungssektor ist führend, vor allem im Groß- und Einzelhandel sowie in der Informations- und Kommunikationstechnik. Das Land bietet ein unternehmerfreundliches Umfeld mit Anreizen, Rechtssicherheit und einer starken Infrastruktur. Im „Ease of Doing Business“- Ranking der Weltbank belegte das Land 2020 den zwölften Platz.

Thailand: Zwischen Stagnation und Potenzial

Trotz politischer Unruhen bleibt Thailand ein attraktiver Standort in Südostasien. Das Königreich ist kein Niedriglohnland mehr, aber auch noch kein Hochtechnologiestandort. Es mangelt an Forschung und Entwicklung und Arbeitskräfte werden knapp, teurer und älter. Während andere aufstrebende Länder mehr Dynamik und Reformbereitschaft zeigen, droht Thailand auf seinem mittleren Entwicklungsstand zu verharren.
Die Schlüsselindustrien wie die Kfz-, Elektro- und Chemiebranche sind stark exportorientiert und global eingebunden. Sie profitieren von der breiten industriellen Basis mit zahlreichen Zulieferern. Investitionen fließen vor allem in Verkehrs-, Energie- und Umweltinfrastruktur wie den Schienenverkehr, das Abfall- und Wassermanagement. Aufgrund begrenzter lokaler Technologieentwicklung beziehen Unternehmen ihre Produktionstechnik aus dem Ausland. Dies beschert deutschen Maschinen- und Ausrüstungsanbietern gute Geschäfte, da „Made in Germany“ nach wie vor einen exzellenten Ruf hat.
Investoren im verarbeitenden Gewerbe werden gefördert, in anderen Sektoren, wie die
Dienstleistungsbranche, stoßen sie auf erschwerte Zugangsbedingungen. Verhandlungen
über ein Freihandelsabkommen mit der EU wurden 2023 wieder aufgenommen.

Indonesien: Rohstoffe und Reformen auf 17.500 Inseln

Indonesien ist die größte Volkswirtschaft Südostasiens und einziges G20-Mitglied der Region. Trotz globaler Herausforderungen prognostiziert der Internationale Währungsfonds für die kommenden Jahre ein kontinuierliches Wachstum um die Fünf-Prozent-Marke.
Das Land trägt über ein Drittel zur Wirtschaftskraft der ASEAN bei, bleibt jedoch strukturell ein Schwellenland auf niedrigem Niveau mit einer vorwiegend auf Rohstoffen und günstiger Fertigung basierenden Industrie. Zudem ist es stark auf ausländisches Know-how angewiesen. Trotz Reformen im Investitions- und Arbeitsrecht ist die Einbindung in internationale Lieferketten bisher noch gering. Chinesische Firmen dominieren die Technologiebereiche, liefern fast die Hälfte der Maschinenimporte und kontrollieren die Nickel- sowie Stahlproduktion.

Philippinen: Service-Gigant mit noch schwacher Industrie

Die Philippinen profitieren von seiner jungen, gut ausgebildeten englischsprachigen Bevölkerung. Geldüberweisungen in Milliardenhöhe von Overseas Filipino Workers steigern den privaten Konsum beträchtlich. Die Dienstleistungsbranche, insbesondere das Business Process Outsourcing, ist das Zugpferd der Wirtschaft. Im Gegensatz dazu ist die Industrie außerhalb der Elektronikherstellung nur begrenzt wettbewerbsfähig, was zu hoher Importabhängigkeit und Vorteilen für ausländische Lieferanten führt. Die Stromkosten auf den Philippinen gehören zu den höchsten in Asien und belasten lokale und internationale Firmen. Umfangreiche Bürokratie, schwer zugängliche Netzwerke und eine mangelhafte Infrastruktur erschweren zusätzlich geschäftliche Aktivitäten. Die persönliche Beziehungspflege und ein strategischer Marktzugang, vor allem angesichts asiatischer Konkurrenz, sind entscheidend für den langfristigen Erfolg auf den Philippinen.

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Webinar zu Thailand: in Planung Anfang Juni 2024
Thailand ist seit vielen Jahren ein attraktiver Standort in Südostasien. Schlüsselindustrien wie die Kfz-, Elektro- und Chemiebranche sind stark exportorientiert und global eingebunden. Sie profitieren von der breiten industriellen Basis mit zahlreichen Zulieferern.
Stella Metzger, IHK Region Stuttgart