Praxistipps Exportkontrolle

Export zwischen USA und China

Die US-Sanktionslisten verbieten nicht nur US-amerikanischen, sondern auch ausländischen Unternehmen den Handel mit auf der Liste genannten Unternehmen. Das aktuelle chinesische Exportkontrollrecht wiederum verbietet ausländischen Unternehmen, die US-Sanktionen zu befolgen. Unser Praxisratgeber zeigt, wie Sie den Überblick behalten und rechtssicher agieren.

Exportkontrolle in China und USA: Ein unlösbarer Widerspruch?

Pappkartons und durchgestrichener Kreis
© getty images
Im Dezember 2020 ist die neue chinesische Exportkontrolle in Kraft getreten, die sich unter anderem gegen die Exportkontrolle der USA und ihre Sanktionslisten wendet. China will damit verhindern, dass ausländische Firmen wegen der US-Sanktionslisten auf Exportgeschäfte mit chinesischen Unternehmen verzichten. Zu diesem Zweck hat China seinerseits Sanktionslisten erlassen, in die ausländische Unternehmen aufgenommen werden sollen, wenn diese die US-Sanktionslisten befolgen. Auf den ersten Blick erscheint die Kollision für EU-Unternehmen vorprogrammiert: Beachten diese die US-Exportkontrolle mit ihren US-Listen, können sie von China mittels Aufnahme in die chinesischen Sanktionslisten sanktioniert werden. Beachten sie die chinesische Exportkontrolle und ignorieren die US-Listen, können sie von den USA sanktioniert werden. Bei näherer Betrachtung zeigt sich aber, dass ein solches Szenario keineswegs eintreten muss. Vielmehr gilt: Es ist möglich, sowohl die US- als auch die chinesischen Sanktionslisten zu beachten. Dies setzt jedoch eine differenzierte Betrachtung des Konzepts und Inhalts der US- und der chinesischen Exportkontrolle und ihrer jeweiligen Sanktionslisten voraus.

Konzept und Inhalt der US-Sanktionslisten

Im Gegensatz zu den EU-Sanktionslisten verbieten die US-Sanktionslisten nicht pauschal den Handel mit den in den Listen aufgeführten Unternehmen.

I. Handelsverbot für US-Güter

Zunächst differenzieren einige US-Sanktionslisten nach dem Handelsgut. So legen sie fest, dass hinsichtlich der gelisteten Unternehmen Handelsbeschränkungen nur dann gelten, wenn US-Güter geliefert werden sollen. Der Export von Nicht-US-Gütern an gelistete Unternehmen wird nicht untersagt. Nach der US-Exportkontrolle gibt es drei Konstellationen, wann – mit Blick auf ein Auslandsgeschäft außerhalb der USA – ein US-Gut vorliegt:
  • Das Gut wurde in den USA hergestellt.
  • Ein im Ausland produziertes Gut enthält US-Bestandteile mit einer Wertgrenze von mehr als 25 Prozent (10 Prozent bei Embargoländern).
  • Ein im Ausland produziertes Gut basiert auf einer sensitiven US-Technologie (und soll in bestimmte kritische Länder geliefert werden).
Hierzu gehören beispielsweise die US-Sanktionslisten Entity List, Denied Persons List und die Military End-User List.

II. Handelsverbot für US-Personen

Weiterhin differenzieren die US-Sanktionslisten danach, welche Unternehmen die Handelsbeschränkungen mit den gelisteten Unternehmen zu beachten haben und welche nicht. So regeln einige US-Sanktionslisten, dass nur eine US-Person die Handelsbeschränkungen zu beachten hat. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Unternehmen, die keine US-Personen sind, die Vorgaben dieser US-Sanktionslisten auch nicht berücksichtigen müssen.
Nach der US-Exportkontrolle wird eine US-Person definiert als
  • eine natürliche Person mit einer US-Staatsangehörigkeit, unabhängig von ihrem Aufenthaltsort,
  • eine natürliche Person, die sich in den USA aufhält, unabhängig von ihrer Nationalität,
  • nach dem US-Recht gegründete Gesellschaft einschließlich ihrer nichtselbstständigen Niederlassungen im Ausland.
Daraus folgt, dass EU-Unternehmen – da nach EU-Recht gegründet – keine US-Personen sind. Eine Ausnahme gilt gegebenenfalls dann, wenn ein US-Mitarbeiter in verantwortlicher Position (Management) für die Exportgeschäfte des EU-Unternehmens zuständig ist. Zu dieser Kategorie zählen beispielsweise die Sanktionslisten Foreign Sanctions Evaders List und die Non-SDN Iranian Sanctions Act List.

III. Weltweites Handelsverbot für alle Güter

Schließlich existieren auch US-Sanktionslisten, deren Handelsverbote sich ausdrücklich an alle Unternehmen weltweit richten, unabhängig davon, ob sie US-Güter exportieren oder US-Unternehmen sind. Somit dürfen auch EU-Unternehmen keinen Handel mit den dort gelisteten Unternehmen betreiben. Das Handelsverbot gilt gleichermaßen für US- und Nicht-US-Güter. Zu dieser Kategorie zählen beispielsweise die Sanktionslisten SDN List und die Liste der Section 231(e) America‘s Adversaries Through Sanctions Act (CAATSA).

Konzept und Inhalt der chinesischen Sanktionslisten

Aktuell bestehen drei chinesische Sanktionslisten, die sich an ausländische Unternehmen richten: die Restricted List, die Unreliable Entity List und die Anti-Sanctions List.

I. Restricted List

Die Restricted List soll diejenigen ausländischen Unternehmen aufführen, die gegen die Regelungen der chinesischen Exportkontrolle verstoßen haben, indem sie aus China bezogene Güter zweckwidrig bzw. missbräuchlich verwendet haben. Den chinesischen Unternehmen ist es dann verboten, weitere Güter an diese gelisteten Unternehmen zu liefern.
Die Restricted List verbietet somit nicht, die US-Sanktionslisten zu befolgen. Sie zielt allein darauf ab, ausländische Unternehmen für eine missbräuchliche Endverwendung der importierten chinesischen Güter zu bestrafen.

II. Unreliable Entity List

In die Unreliable Entity List sollen ausländische Unternehmen aufgenommen werden, die Exportgeschäfte mit chinesischen Unternehmen aussetzen bzw. beenden. Gegen die ausländischen Unternehmen können unter anderem Bußgelder verhängt werden.
Auf den ersten Blick könnte hier für die EU-Unternehmen eine Kollision mit den US-Sanktionslisten drohen. Denn diese verbieten unter anderem Exportgeschäfte mit bestimmten chinesischen Unternehmen. Ein prominentes Beispiel ist der Handel mit Huawei, das auf der US-Entity List geführt wird. Bei näherer Betrachtung gibt es aber keine Kollision. Denn China will (offenbar) nur dann die Beendigung von Exportgeschäften mit chinesischen Unternehmen sanktionieren, wenn sie grundlos erfolgt.
Für China ist ein Exportstopp aber dann nicht grundlos, wenn die US-Sanktionslisten den ausländischen Firmen tatsächlich ein Exportgeschäft mit dem gelisteten chinesischen Unternehmen untersagen. Grundlos wäre eine Beendigung jedoch dann, wenn die US-Sanktionslisten ein Exportgeschäft mit dem gelisteten chinesischen Unternehmen erlauben, die ausländischen Firmen gleichwohl – ohne differenzierte Betrachtung des Inhalts der jeweiligen US-Sanktionsliste – ihre Exporte an das gelistete chinesische Unternehmen einstellen.
Beispiel: Wie oben ausgeführt, verbietet die US-Entity List „nur“ die Lieferung von US-Gütern. Sofern ein EU-Unternehmen den Export von US-Gütern an Huawei einstellt, liegt ein Grund für den Exportstopp vor. Sollte ein EU-Unternehmen aber auch die Lieferung von Nicht-US-Gütern an Huawei unter Verweis auf die US-Entity List einstellen, wäre dies nach Ansicht Chinas ein grundloser Exportstopp, da die US-Entity List diese Lieferung gar nicht verbietet.
III. Anti-Sanctions List
Die Anti-Sanctions List soll ausländische Unternehmen benennen, die gegen China gerichtete völkerrechtswidrige Rechtsakte befolgen und daher den Handel mit chinesischen Unternehmen beenden. Nach Ansicht Chinas verstoßen die US-Sanktionslisten gegen das Völkerrecht. Chinesische Unternehmen können dann wegen der ausbleibenden Lieferungen Schadenersatz von den gelisteten ausländischen Unternehmen fordern.
Auch hier droht nur scheinbar eine Kollision mit den US-Sanktionslisten. Denn die Eintragung in die Anti-Sanctions List soll (offenbar) nur dann erfolgen, wenn die ausländischen Unternehmen die Aussetzung des Handels mit China ausdrücklich damit begründen, dass sie die US-Sanktionslisten befolgen.
Sofern die EU-Unternehmen also ihre Entscheidung, von bestimmten China-Exporten Abstand zu nehmen, auf andere nachvollziehbare Gründe stützen (Preis, Finanzierung etc.), findet die Anti-Sanc-tions List keine Anwendung. Hinzu kommt, dass bislang noch keine (US-)Rechtsakte benannt wurden, die nicht befolgt werden dürfen.
Zudem gilt auch hier, dass China einen Exportstopp (offenbar) nur dann als unzulässig ansieht, wenn die einschlägige US-Sanktionsliste das konkrete Exportgeschäft mit dem gelisteten chinesischen Unternehmen gar nicht verbietet.

Fazit und Ausblick

Es ist möglich, sowohl die US- als auch die chinesischen Sanktionslisten zu beachten.

Prof. Dr. Philip Haellmigk

Die Reform der chinesischen Exportkontrolle und die Einführung neuer chinesischer Sanktionslisten führen (bislang) nicht zu einer Kollision mit den US-Sanktionslisten. Die EU-Unternehmen können die US-Sanktionslisten befolgen, ohne zugleich eine Eintragung auf einer chinesischen Sanktionsliste zu befürchten. Dies setzt aber voraus, den Inhalt und die Vorgaben der einzelnen US- und chinesischen Sanktionslisten genau zu kennen.
Im Gegensatz zu den EU-Sanktionslisten verbieten nicht alle US-Sanktionslisten den gesamten Handel mit den gelisteten Unternehmen. Es gibt drei Kategorien von US-Sanktionslisten:
  •  Verbot des Handels nur mit US-Gütern
  •  Verbot des Handels nur für US-Unternehmen
  •  Umfassendes Verbot des Handels für alle Unternehmen
Bei der Kategorie „Verbot des Handels mit US-Gütern“ sollten EU-Unternehmen sorgfältig prüfen, ob das Exportvorhaben tatsächlich US-Güter umfasst. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob verwendete US-Bestandteile ihre Produkte zu einem US-Gut werden lassen. Bei der Wertberechnung der US-Bestandteile sind beispielsweise ungelistete US-Bestandteile (EAR99) regelmäßig nicht zu berücksichtigen.
Sofern unternehmensintern festgelegt ist, dass bei einem US-Sanktionslistentreffer ein generelles Exportverbot gilt, sollten „offiziell“ andere Gründe hierfür angeführt werden. Denn die chinesischen Sanktionslisten erlauben nur nicht, dass der Lieferstopp mit den US-Sanktionslisten begründet wird. Das Gleiche gilt für etwaige Sanktionsklauseln in Verträgen. Auch hier sollte nach Möglichkeit auf ausdrückliche Erklärungen verzichtet werden, die US-Sanktionslisten zu befolgen.
Rechtsanwalt Prof. Dr. Philip Haellmigk, LL.M., Kanzlei HAELLMIGK
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