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China 30.60: Transformation zur Klimaneutralität

Das Unternehmen Agora Energiewende, Thinktank und Politiklabor mit Sitz in Berlin hat kürzlich im German Centre Beijing sein China-Büro eröffnet. Gemeinsam mit lokalen Partnern unterstützt Agora Energiewende die chinesische Regierung bei der Entwicklung der richtigen regulatorischen Anreize, damit der Strommarkt grüner wird. „Noch ist Kohle wichtigster Energieträger in China“, sagt Kevin Tu, Managing Director von Agoras China-Büro. „Jetzt ist der politische Wille zur Zusammenarbeit da, damit China seine ambitionierten Ziele auch erreichen kann.“ Kurz vor der Weltklimakonferenz im Herbst 2021 in Glasgow hatte China seine aktualisierten Klimaschutzpläne vorgelegt. Das Land plant eine gewaltige Transformation: In 2030 will China den Höchststand bei den CO2-Emissionen erreichen und dann bis spätestens 2060 klimaneutral sein.
Diese Selbstverpflichtung hat auch Auswirkungen auf die deutschen Unternehmen, die in China mit Niederlassungen und Produktionsstätten präsent sind und den Nachhaltigkeitsanforderungen gerecht werden müssen. Gleichzeitig sind die Klimaziele auch Chance für deutsche Unternehmen, mit innovativen Produkten und integrierten Dienstleistungen Teil der Lösung zu sein.
Was das konkret und praktisch bedeutet, beantwortet die Seminarreihe „China 30.60“, die vom German Centre Beijing und der AHK Greater China entwickelt wurde. Hier teilen Praktikerinnen und Praktiker ihre Erfahrungen, Vorgehensweisen und Best Practices. Auf diese Weise ist eine Austauschplattform von Unternehmen für Unternehmen entstanden. Näheres dazu finden Sie auf der Website des German Centre Beijing.

Erneuerbare Energien sind zentral

three businesswomen discussing at an exhibition
© German Centre GmbH
Die Erzeugung von Strom aus Windenergie ist ein vergleichsweise junger, aber schnell wachsender Markt in China. Er wird von vier chinesischen OEMs dominiert, die große Windparkanlagen bauen. Für Markus Schlosser von CRRC Voith, einem deutsch-chinesischen Joint Venture, ergeben sich Potenziale vor allem im Service-Bereich. „Da kommen wir ins Spiel“, sagt Schlosser. „Je mehr Anlagen es gibt, umso mehr Kapazitäten und Kompetenzen werden gebraucht für Instandsetzungen, Nachrüstungen oder die Implementierung smarter und digitaler Lösungen. Schnelle Reaktionszeiten, gute Ingenieure und Technologien, mit denen sich Prozesse optimieren und Kosten signifikant reduzieren lassen, sind Merkmale, mit denen wir uns eine gute Reputation im Markt erarbeitet haben“.
Für Unternehmen, die in China produzieren, stellt sich die Frage, wie von fossilen auf erneuerbare Ressourcen umgestellt werden kann. Beim Strom stehen Unternehmen vor der Entscheidung „make or buy“. Solarstrom zu produzieren beispielsweise ist zwar am aufwändigsten, kann unter den richtigen Voraussetzungen jedoch zu erheblichen Energieeinsparungen und Kostensenkungen führen. Am anderen Ende der Möglichkeiten steht der Emissionshandel, der einfach, aber teuer ist. Wichtig ist, sich mit den lokalen Regularien vertraut zu machen, um wirtschaftlich wie nachhaltig sinnvolle Entscheidungen zu treffen.

Grüne Produktion: deutsche Nachhaltigkeitsgrundsätze in China umsetzen

In den letzten Jahren hat Chinas Produktionssektor einen großen Schub in Richtung Nachhaltigkeit erfahren. Zhao Haina vom Pekinger VDMA-Büro geht davon aus, dass „die Umsätze der Industrie für den Umweltschutz von 7,5 Billionen Renminbi im Jahr 2020 auf 11 Billionen Renminbi im Jahr 2025 steigen werden.“
In der Zwischenzeit haben viele deutsche Unternehmen eine klare Nachhaltigkeitsstrategie, die gerade für produzierende Unternehmen in China die Rahmendaten zur Reduktion von Emissionen vorgeben. Die GEA-Gruppe verfolgt das Ziel, die eigenen Treibhausgasemissionen (THG) entlang seiner gesamten Wertschöpfungskette bis 2040 auf netto null zu reduzieren. Bis 2030 sollen die THG-Emissionen aus eigenen Aktivitäten (Scope 1 und 2) um 60 Prozent und die THG-Emissionen aus Kundennutzung der Produkte (Scope 3) um 18 Prozent gesenkt werden. Klare Empfehlung in China ist, sich die lokalen Produktionsprozesse genau anzuschauen und mit erfahrenen Beratern zusammen zu arbeiten, um alle lokalen regulatorischen Anforderungen und Spezifika zu berücksichtigen.

Green Buildings: Umfassende Standards gelten noch nicht überall

Der Bausektor ist in China für 51 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Würde der Energieverbrauch weiter gehen wie bisher, würde sich der CO2-Ausstoss bis 2050 verdoppeln. Aus diesem Grund hat China in den letzten Jahren umfassende Standards erlassen, um die Treibhausemissionen zu reduzieren. Tatsächlich gelten diese jedoch momentan nicht für Industrie- und Produktionsgebäude, sondern bisher nur für neue Wohngebäude und neue öffentliche Gebäude in Städten und Gemeinden.
Die Delta Immo Tec GmbH, ein internationales Architektur- und Ingenieurbüro, hat für Dräxlmaier in Shenyang eine nachhaltige Fabrik geplant und gebaut. „Bei Planung und Bau einer energieeffizienten Fabrik in China sollte man sich an Vorgaben der Zentrale in Deutschland orientieren, aber gleichzeitig sinnvolle Benchmarks und Standards anwenden, die die Gegebenheiten vor Ort berücksichtigen“, sagt Benedikt Ertl von Delta Immo Tec. „Funktionierende praktische Ansätze sind zum Beispiel Nutzung von Fabrikdächern zur Solarstromerzeugung, effektive Gebäudedämmung, energieeffiziente Pumpen und Kompressoren, tageslichtgesteuerte Beleuchtungssysteme sowie Zähl- und Verbrauchsmesssysteme.“ Am Ende der Bauphase und im Betrieb steht dann in jedem Fall die Evaluation: Wurden die eigenen CO2-Ziele erreicht – und rechnet sich die Investition?
In der Fabrik von Dräxlmaier wurde viel Technologie aus Deutschland verbaut. Top-Technologie „made in Germany“ findet in China also ihre Nische. Benedikt Ertl betont jedoch: „Achten Sie darauf, dass Sie alle notwendigen Zertifizierungen haben, um Ihre Technik nach China exportieren zu können.“  
Ute Papadopoulos, German Centre GmbH, Jochen Tenhagen, German Centre Beijing