Deutsch-israelische Cybersecurity-Kooperationen
Israel ist eine besondere Technologielandschaft mit mehr als 350 multinationalen Unternehmen und einem dynamischen, agilen Startup-Ökosystem. Die sogenannte Startup Nation im Nahen Osten gilt seit Jahrzehnten weltweit als anerkannter Innovationshub für zukunftsrelevante Erfindungen. In nur dreieinhalb Flugstunden Entfernung bietet Israel Hightech Lösungen in Technologiefeldern wie Industrie 4.0, Datenmanagement, digitale Gesundheit, Sensorik, Robotik, Logistik, KI und vieles mehr.
Israel liefert wichtige Waren aus den Bereichen Life Science, Chemie, Optik, Kunststoff und Automobilteile. Der wirtschaftlich wachstumsstärkste Sektor ist die Hightechbranche, die sich auch in Kriegszeiten immer wieder als resilient und hochinnovativ bewiesen hat. Dabei ist das Thema Cybersicherheit die dominierende israelischer Dienstleistungen. Deutsche Konzerne wie Siemens, Merck und die Deutsche Telekom, betreiben bedeutende Scoutingaktivitäten vor Ort. Die bestehenden Kooperationen vertiefen durch den Transfer von Waren, Wissen und Technologien, aber auch durch gemeinsame Forschungsarbeit und akademische Austauschprogramme nicht nur die bestehenden bilateralen Beziehungen. Sie sind auch maßgeblich an der jeweiligen Innovationskraft beider Länder beteiligt und tragen einen Teil zur Diversität, Modernisierung und Weiterentwicklung zentraler Forschungsdisziplinen bei.
Synergien der beiden Märkte
Israelis schätzen deutsche Attribute und Geschäftspraktiken, dabei insbesondere strategische Planungssicherheit, ausreichende Lieferkapazität, präzise industrielle Fertigung, beste Qualitätsstandards und unternehmerische Exzellenz. Insgesamt genießen deutsche Firmenvertreter, vor allem aus dem klassischen Mittelstand, einen Ruf als verläßliche Kooperationspartner.
Für Israel sind die Vielzahl an klein- und mittelständischen Unternehmen in Deutschland sowie die geostrategisch zentrale Position innerhalb der Eurozone attraktive Faktoren für Wirtschaftskooperationen. Die Erreichbarkeit weiterer EU-Nachbarländer und damit verbunden die regulatorische und logistische Vereinfachung ist für Israelis keinerlei selbstverständlich. Denn seit Staatsgründung war das Land geographisch bedingt im handels- und sicherheitspolitischen Kontext komplett isoliert. Der kleine Staat kennt weder das Prinzip des Föderalismus noch der regional engen Kooperation und offenen Grenzübergänge.
Auf der anderen Seite schätzen deutsche Unternehmen das kreative israelische Mindset, was einem ausgeprägten Gründergeist entspricht und keine Scheu vor Risiko zu kennen scheint. Die Fähigkeit, unkonventionelle Lösungen agil zu entwickeln, dabei Herausforderungen als Chance zu begreifen und echte Resilienz an den Tag zu legen, ist eine inspirative Quelle für deutsche Geschäftsreisende.
Vor allem profitieren können sie von der breit angelegten Technologieförderung auf staatlicher und gesellschaftlicher Ebene, die einen Beitrag zur starken Ausrichtung junger Talente in diese Bereiche leisten.
Vor allem profitieren können sie von der breit angelegten Technologieförderung auf staatlicher und gesellschaftlicher Ebene, die einen Beitrag zur starken Ausrichtung junger Talente in diese Bereiche leisten.
Baden-Württemberg und Israel
Sowohl Baden-Württemberg als auch Israel zeichnen sich durch ein innovatives Mindset und einen starken Gründergeist aus. In Baden-Württemberg fördert die Landesregierung gezielt Zukunftstechnologien und unterstützt Start-ups durch strategische Investitionen und Netzwerke. Dieser innovative Geist und die Bereitschaft zur Gründung neuer Unternehmen tragen maßgeblich zur Entwicklung und Implementierung fortschrittlicher Cybersicherheitslösungen bei.
Baden-württembergische Unternehmen arbeiten eng mit israelischen Startups und Innovationen zusammen, darunter Bosch, Mercedes, Schwarz Gruppe und Porsche. Aber auch die mittelständischen Unternehmen haben längst Partner und Dienstleister für sich entdeckt. Die Innovationskraft Israels führte dazu, dass Baden Württembergs politische Vertreter immer wieder mit Delegationsgruppen und spannenden Unternehmen anreisten und Kontakte knüpften.
Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus entschloß sich infolge eines Besuches, die Synergien für Baden Württembergs heimische Wirtschaft zu nutzen. 2020 wurde daher eine eigene Wirtschaftsvertretung in Tel Aviv errichtet, um direkten Zugang zu modernsten Lösungen zu gewährleisten. Gleichzeitig wird so für dauerhafte Vermarktung des Standortes im Wettbewerb mit der Vielzahl internationaler Wirtschaftsförderder vor Ort gesorgt. Dies ermöglicht baden-württembergischen Unternehmen einen direkten Zugang zu innovativen Startups. Durch Angliederung der Wirtschaftsrepräsentanz bei der AHK in Tel Aviv, können so auch weitreichende Erfahrungen in klassischen Außenwirtschaftsfragen vermittelt werden.
Die israelische Aussenstelle arbeitet eng mit treibenden Wirtschaftseinrichtungen zusammen. Dazu zählt neben Baden-Württemberg International und den vielen Clustern vor allem auch der regelmäßige Austausch mit Verbänden. Hervorzuheben ist in diesem Kontext die IHK Region Stuttgart, die regelmäßige Informationsrunden, Veranstaltungen und Webinare für ihre Mitglieder anbietet und damit eine wichtige bilaterale Brücke darstellt.
Sicher ist (Cyber)sicher
Cybersicherheit ist seit Jahrzehnten eine existenzielle Notwendigkeit für das Land im Nahen Osten, da es neben militärischen Angriffen auch fortlaufend virtuellen Attacken ausgesetzt ist. Das gilt für sämtliche öffentliche und private Einrichtungen, die ausnahmslos potentielle Angriffsziele darstellen. Daher dominiert IT-Sicherheit und Datenschutz nicht nur bei militärischen Entwicklern, sondern ist auch im zivilen Umfeld ein hochbrisantes Thema.
Dem Militär kommt dabei die besondere Rolle einer Technologieschmiede zu, da bereits mit 18 Jahren bei geltender Wehrpflicht innerhalb spezialisierter Eliteeinheiten modernste Fähigkeiten trainiert werden. Dieses Knowhow nutzen die Alumni nach Militärende oftmals bei eigener Softwareentwicklung im späteren Berufsleben. Das relativ überschaubare lokale Ökosystem wird von internationalen Investoren als unerschöpfliche Quelle von innovativen Ideen und talentierten Spezialisten geschätzt. Vor diesem Hintergrund wurde jüngst die historisch herausragendste Investition in Cybersicherheit getätigt, die Google mit dem Kauf der Cybersicherheitsfirma Wiz in zweistelliger Milliarden Summe abschloß. In Baden-Württemberg stellte die Schwarz Gruppe mit Akquisition von XM Cyber die eigene Cloud mit israelischer Entwicklung sicher. Ebenso nutzen BMW, Bayer, e.on, Continental und viele weitere Großunternehmen die Bandbreite israelischer Cybersicherheit.
Politisch und kriminell motivierte Hackerteams stellen global eine reale und exponentiell wachsende Bedrohung dar. Die Zahl erfolgreicher virtueller Attacken stieg dramatisch und betraf in den vergangenen Jahren die meisten namhaften öffentlichen Einrichtungen westlicher Länder. Die Schadenssummen sind nicht nachvollziehbar und irreparabel. Die Kooperation zwischen Deutschland und Israel im Bereich der Cybersicherheit ist daher ein wichtiger Schritt. Insbesondere bei der Förderung von Forschungsprojekten, die an präventiven und zukünftigen Anwendungen arbeiten.
Gemeinsame Forschungsprojekte sind die Basis für Netzsicherheit und können im Bestfall einen fast hermetischen Schutz bieten oder zumindest nachträglich das Ausmaß eingrenzen. Vor diesem Hintergrund wurde zum Beispiel das Fraunhofer Project Center for Cybersecurity in Jerusalem ins Leben gerufen, ebenso die Deutsche Telekom Labs an der Ben Gurion Uni in Ber Sheva. In privaten Initiativen werden darüber hinaus junge Cybersicherheitsexperten beider Länder in virtuellen Teams mit Lösungsmodellen für akute Herausforderungen beauftragt.
Cybersicherheit für KMU
Der Mittelstand in Deutschland ist besonders anfällig für Cyberangriffe, da weitaus weniger geschützt. Durch gezielte Schulungen, den Einsatz moderner Sicherheitssoftware und die Entwicklung von Notfallplänen können mittelständische Unternehmen ihre Widerstandsfähigkeit gegen Cyberbedrohungen erhöhen. Die EU hat mehrere Richtlinien zur Stärkung der Cybersicherheit verabschiedet, darunter die NIS-2-Richtlinie und die CER-Richtlinie. Diese Vorschriften erweitern die Anforderungen an das Cybersicherheits-Risikomanagement und die Meldepflichten für Vorfälle.
Die enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Israel im Bereich der Cybersicherheit bietet einen enormen Mehrwert, denn Israel ist ein globaler Vorreiter in der Cybersicherheit und beherbergt über 450 Cybersicherheitsunternehmen. Industrie- und Handelskammern und Auslandshandelskammern spielen dabei eine zentrale Rolle in der Förderung der Cybersicherheit und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Israel: Die IHKs unterstützen Unternehmen bei der Umsetzung von Cybersicherheitsmaßnahmen durch Beratung, Schulungen und Informationsveranstaltungen
Insgesamt ist die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Israel im Bereich der Cybersicherheit von großer Bedeutung, um den Herausforderungen der digitalen Welt effektiv zu begegnen und die Sicherheit und Stabilität beider Länder zu gewährleisten.
Autorinnen und Autoren: Charme Rykower (Deutsch-Israelische Industrie- und Handelskammer); Wladimir Struminski (Germany Trade & Invest)