Klimaschutz

Neue Regierung: Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf dem 1,5-Grad-Pfad

„Mehr Fortschritt wagen“ betitelt sich der Koalitionsvertrag der Ampel- Koalition. Die neue Regierung will die Klimakrise gemeinsam bewältigen.  Als Industrie- und Exportwirtschaft steht Deutschland in den kommenden Jahren vor tiefgreifenden Transformationsprozessen zur Dekarbonisierung und zur Einhaltung des 1,5-Grad-Pfads.
Um eine der größten Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen, sieht der Koalitionsvertrag folgende Vorhaben in den nächsten vier Jahren vor:

Transformation der Industrie

Wettbewerbsfähigkeit

Die Koalition will die Innovations-, Investitions- und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie stärken und eine Industriestrategie erarbeiten.  Diese soll in Verbindung mit dem European Green Deal in eine europäische Lösung eingebettet werden und durch geeignete Maßnahmen Carbon Leakage verhindern. Die öffentliche Hand soll explizit für faire Rahmenbedingungen national und im europäischen Binnenmarkt sorgen.

Carbon Contracts for Difference für die Industrie

Für die Großindustrie, insbesondere die Grundstoffindustrie,  sollen Carbon Contracts for Difference (Klimaverträge, CCfD) geschaffen werden. Hiermit soll die Wirtschaftlichkeitslücke geschlossen werden und Klimaziele erreicht.

Leitmärkte für klimaneutrale Produkte, Unterstützung KMU

Um die KMU bei ihrer klimatechnologischen Transformation zu unterstützen, setzt die neue Regierung u. a. auf einen Transformationsfonds bei der KfW. Sie will außerdem Leuchtturmprojekte fördern und Anreize für Leitmärkte und für klimaneutrale Produkte schaffen.

Wettbewerbsfähige Strompreise – Industriestrompreis?

Die eigenen Potenziale Erneuerbarer Energien in Deutschland sollen genutzt werden, um sicherzustellen, dass die Wirtschaft wettbewerbsfähige Strompreise für Industrieunternehmen erhält.

Erneuerbare Energien

Haushaltsfinanzierung EEG-Umlage ab 2023

Die Koalition wird die Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis beenden. Die Finanzierung wird zum 1. Januar 2023 in den Haushalt übernommen und über den Energie- und Klimafond (EKF) finanziert. Der EKF wird aus Einnahmen der Emissionshandelssysteme (BEHG und ETS) und einem Zuschuss aus dem Bundeshaushalt gespeist.

Weiterentwicklung Klimaschutzgesetz

Schon im Jahr 2022 wird das Klimaschutzgesetz überarbeitet und ein Klimaschutz-Sofortprogramm ausgearbeitet.

Höhere Erneuerbare Energien-Ausbauziele

Bei einem Bruttostrombedarf von 680-750 TWh im Jahr 2030, sollen 80 Prozent aus Erneuerbaren Energien stammen.
Der Netzausbau soll beschleunigt werden und die jährlichen Ausschreibungsmengen dynamisch angepasst werden. Bis 2030 sollen ca. 200 GW PV Anlagen und 30 GW Offshore- Anlagen errichtet worden sein. Um die Ziele zu erreichen soll die Errichtung von Netzanschlüssen und die Zertifizierung beschleunigt werden, Vergütungssätze angepasst und die Ausschreibungspflicht für große Dachanlagen geprüft werden.

PPAs, Herkunftsnachweise

Für den förderfreien Zubau der Erneuerbaren Energien, sollen langfristige Stromlieferverträge (PPA) und der europaweite Handel mit Herkunftsnachweisen gestärkt werden.

EE-Ausbau im öffentlichen Interesse

Bis zum Erreichen der Klimaneutralität soll es einen zeitlich befristeten Vorrang für Erneuerbare Energien bei der Schutzgüterabwägung geben. Durch eine TA Artenschutz, soll eine rechtssichere, bundeseinheitliche Bewertungsmethode bei der Artenschutzprüfung von Windenergievorhaben geschaffen werden.

PV-Pflicht für Nicht-Wohngebäude

Für gewerbliche Neubauten soll eine PV Pflicht eingeführt werden.
In Baden-Württemberg besteht ab Mai 2022 die PV-Pflicht für geeignete Dachflächen  allen Gebäuden, bei Neubauten und Dachsanierung.

Beschleunigung Kohleausstieg

Die Überprüfung des geplanten Kohleausstiegs wird von 2026 auf 2022 vorgezogen. Im Idealfall soll der Kohleausstieg schon im Jahr 2030 gelingen.

Kapazitätsmechanismen

Die Koalition wird ein neues Strommarktdesign erarbeiten. Um den zügigen Zubau gesicherter Leistung anzureizen und den Atom- und Kohleausstieg abzusichern, sollen bestehende Instrumente evaluiert sowie wettbewerbliche und technologieoffene Kapazitätsmechanismen und Flexibilitäten geprüft werden.

Netzentgelte und staatliche Strompreisanteile

Die neue Koalition plant eine Reform der Netzentgelte und staatlichen Strompreisbestandsteile.
Ende EEG-Förderung, Abbau von Ausnahmen beim Strompreis
Mit dem Kohleausstieg soll die EEG- Förderung beendet werden. Desweitern soll  eine Überprüfung aller Begünstigung hinsichtlich der Besonderen Ausgleichsregelung (EEG), der Stromsteuer und der Strompreiskompensation stattfinden.

Gas und Wasserstoff

Gaskraftwerke

Die Regierung stellt fest, dass Erdgas für eine Übergangszeit unverzichtbar ist. So sollen moderne Gaskraftwerke errichtet werden, welche „H2-ready“ sind und auf klimaneutralen Wasserstoff umgestellt werden können.

Wasserstoffhochlauf

Die Ziele zur Elektrolyseleistung werden deutlich erhöht. Internationale Klima- und Energiepartnerschaften für klimaneutralen Wasserstoff sollen vorangetrieben und Quoten für grünen Wasserstoff in der öffentlichen Beschaffung eingeführt werden, um Leitmärkte zu schaffen. Neben der Produktion von grünem Wasserstoff innerhalb von Deutschland soll in den Wirtschaftssektoren, in denen es nicht möglich ist, Verfahren und Prozesse durch eine direkte Elektrifizierung auf Treibhausgasneutralität umzustellen, der Einsatz von Wasserstoff vorrangig gefördert werden.

Technologieoffenheit

Um den Markthochlauf von Wasserstoff zu beschleunigen, setzt die Regierung auf eine technologieoffene Ausgestaltung der Wasserstoffregulatorik. Nicht mehr nur grüner Wasserstoff soll für die Versorgung zur Verfügung stehen.

Förderprogramme europäisch ausrichten

Das Wasserstoffprogramm H2Global soll auf europäische Ebene ausgeweitet werden und es sollen weitere effiziente Förderprogramme in europäischer Zusammenarbeit in diesem Bereich entstehen.

Zertifizierung

Um einen funktionierenden Markt für Wasserstoff zu etablieren soll eine einheitliche Zertifizierung für Wasserstoff und seine Folgeprodukte geschaffen werden.

CO2-Bepreisung, internationale Koordinierung

EU ETS-Mindestpreis

Die Regierung wird, falls  die EU sich nicht auf einen ETS- Mindestpreis verständigt und der CO2 Preis unter 60 Euro/Tonne fallen sollte, den Preis durch nationale Maßnahmen (wie Zertifikatlöschung oder Mindestpreis etc.) regulieren.

Neues EU ETS für Verkehr, Gebäude und BEHG

Die Regierung befürwortet die Errichtung eines zweiten Emissionshandels für die Bereiche Wärme und Mobilität (ETS 2). Die Kompatibilität und Überführung des Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), einschließlich der erfassten Brennstoffemissionen in der Industrie (industrielle Prozesswärme) wird dann geprüft und angepasst.

CO2-Grenzausgleichsmechanismus

Die Koalition unterstützt die Einführung eines europaweit wirksamen CO2-Grenzausgleichsmechanismus oder vergleichbar wirksamer Instrumente. Diese sollen WTO konform ausgestaltet sein, die Exportindustrie nicht benachteiligen, Greenwashing verhindern und unbürokratisch innerhalb des bestehenden Emissionshandelssystems umgesetzt werden.

Klimaclub

Die Koalition plant gemeinsam mit der EU und internationalen Gremien die Gründung eines für alle Staaten offenen internationalen Klimaclubs mit einem einheitlichen CO2-Mindestpreis und einem gemeinsamen CO2-Grenzausgleich.

(Quelle: DIHK, gekürzt. Stand: 13.12.2021)