Besondere Rechtsvorschriften für die Prüfung der IHK-Zusatzqualifikation „Privates Vermögensmanagement“ für Auszubildende in den staatlich anerkannten Ausbildungsberufen Bankkaufmann/frau, Kaufmann/frau für Versicherungen und Finanzanlagen, sowie Immobilienkaufmann/frau

Die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart erlässt aufgrund des Beschlusses des Berufsbildungsausschusses vom 15.03.2023 als zuständige Stelle gemäß S 9 in Verbindung mit § 79 Absatz 4 Satz 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Mai 2020 (BGBI. I S. 920), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBI. I S. 1 174) geändert worden ist, folgende Besondere Rechtsvorschriften für die Prüfung der IHK-Zusatzqualifikation Privates Vermögensmanagement' für Auszubildende in den staatlich anerkannten Ausbildungsberufen Bankkaufmann/frau, Kaufmann/frau für Versicherungen und Finanzanlagen sowie Immobilienkaufmann/frau.

§1 Ziel der Prüfung

(1) Die Prüfung dient dem Nachweis einer Erweiterung und Vertiefung von Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten, die Auszubildende in einem der staatlich anerkannten Ausbildungsberufe Bankkaufmann/frau, Kaufmann/frau für Versicherungen und Finanzanlagen oder Immobilienkaufmann/frau über die in den jeweils für diese Berufe gültigen Ausbildungsordnungen vorgeschriebenen Inhalte hinaus erworben haben.
(2) Durch die Prüfung ist festzustellen, ob der Prüfling die berufliche Handlungsfähigkeit in den drei, in Abhängigkeit vom Ausbildungsberuf in § 3 Absatz 1, 2, und 3 genannten Prüfungsbereichen erlangt hat.

§ 2 Zulassungsvoraussetzungen

(1) Zur Prüfung ist zuzulassen, wer im Ausbildungsberuf Bankkaufmann/frau, Kaufmann/frau für Versicherungen und Finanzanlagen oder Immobilienkaufmann/frau ausgebildet wird und glaubhaft macht, dass er Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in den in § 3 Absatz 1, 2 beziehungsweise 3 genannten Prüfungsbereichen erworben hat.
(2) Die Glaubhaftmachung nach Absatz 1 erfordert in der Regel die Vorlage einer entsprechenden Bestätigung des Ausbildungsbetriebes.
(3) Die Zulassung zur Prüfung der Zusatzqualifikation erfolgt frühestens mit der Zulassung zur Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Bankkaufmann/frau, Kaufmann/frau für Versicherungen und Finanzanlagen oder Immobilienkaufmann/frau.
(4) Die Zulassung zur Prüfung der Zusatzqualifikation steht unter der auflösenden Bedingung der bestandenen Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Bankkaufmann/frau, Kaufmann/frau für Versicherungen und Finanzanlagen oder Immobilienkaufmann/frau.

§ 3 Prüfungsfächer, Gliederung und Dauer der Prüfung

(1) Der Prüfling im Ausbildungsberuf Bankkaufmann/frau hat in der Prüfung nachzuweisen, dass er in der Lage ist, Privatkunden
  1. zur Absicherung wirtschaftlicher Risiken durch Individualversicherungen zu beraten
  2. bei Investitionsentscheidungen für Immobilien zu unterstützen sowie
  3. bei ihrer Vermögensplanung zu beraten.
(2) Der Prüfling im Ausbildungsberuf Kaufmann/frau für Versicherungen und Finanzanlagen hat in der Prüfung nachzuweisen, dass er in der Lage ist, Privatkunden
  1. bei Investitionsentscheidungen für Immobilien zu unterstützen,
  2. zu Baufinanzierungen zu beraten sowie
  3. bei ihrer Vermögensplanung zu beraten.
(3) Der Prüfling im Ausbildungsberuf Immobilienkaufmann/frau hat in der Prüfung nachzuweisen, dass er in der Lage ist, Privatkunden
  1. zur Absicherung wirtschaftlicher Risiken durch Individualversicherungen zu beraten,
  2. über Produkte der Vorsorge und zu Hausrat- und Wohngebäudeversicherung zu beraten sowie
  3. bei ihrer Vermögensplanung zu beraten.
(4) Die Prüfung wird schriftlich und mündlich durchgeführt.
(5) Die schriftliche Prüfung soll gemeinsam mit der Berufsschule durchgeführt werden.
(6) Der Prüfling hat in der schriftlichen Prüfung zu jedem der drei Prüfungsbereiche nach Absatz 1, 2 beziehungsweise 3 eine praxisbezogene Aufgabe zu bearbeiten. Die drei Aufgaben sind gleichwertig und werden an einem Prüfungstermin geprüft. Die Prüfungszeit für die schriftliche Bearbeitung der drei Aufgaben beträgt insgesamt 180 Minuten.
(7) Die mündliche Prüfung wird in Form eines fallbezogenen Fachgesprächs durchgeführt. Der Prüfungsausschuss stellt dem Prüfling zwei praxisbezogene Aufgaben zur Auswahl. Nach Auswahl der Aufgabe stehen dem Prüfling zur Vorbereitung auf das Fachgespräch 10 Minuten zur Verfügung. Das Fachgespräch wird ausgehend von der gewählten Aufgabe geführt und soll 20 Minuten dauern.
Gegenstand der mündlichen Prüfung sind die in der Anlage zu diesen Rechtsvorschriften für den jeweiligen Ausbildungsberuf genannten zusätzlich zu erwerbenden Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten.

§4 Bestehen der Prüfung

Die Prüfung ist bestanden, wenn die Prüfungsleistungen in der schriftlichen sowie in der mündlichen Prüfung jeweils mit mindestens „ausreichend” bewertet wurden.

§5 Prüfungszeugnis und Gesamtergebnis

Über die bestandene Prüfung stellt die Industrie- und Handelskammer ein Zeugnis aus, in dem die beiden Ergebnisse der schriftlichen und mündlichen Prüfung sowie das Gesamtergebnis in Punkten und Noten ausgewiesen sind. Das Gesamtergebnis ergibt sich als arithmetisches Mittel der Ergebnisse der schriftlichen und mündlichen Prüfung.

§6 Sonstige Bestimmungen

Soweit diese Rechtsvorschriften nichts Abweichendes regeln, findet die Prüfungsordnung für die Durchführung von Abschluss- und Umschulungsprüfungen der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart sinngemäß Anwendung.

§7 Inkrafttreten

Diese Besonderen Rechtsvorschriften treten nach ihrer Verkündung im Magazin Wirtschaft, dem Mitteilungsblatt der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart, in Kraft.
Ausgefertigt: Stuttgart, 01.05.2023

Anlage

(zu § 3 Absatz 7 der Besonderen Rechtsvorschriften für die Prüfung der IHK-Zusatzqualifikation privates Vermögensmanagement)
Die zusätzlich zu erwerbenden Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten hängen davon ab, in welchem Ausbildungsberuf der Prüfling ausgebildet wird.
A. Für Prüflinge im Ausbildungsberuf Bankkaufmann/frau zusätzlich zu erwerbende Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten
Lfd.
Nr.
Für Prüfungsbereich zu erwerbende
Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten
Zeitlicher Richtwert
in Monaten
1 2 3 4
1 Privatkunden zur Absicherung wirtschaftlicher Risiken durch Individualversicherungen beraten
  1. Zustandekommen eines Versicherungsvertrages erläutern und rechtliche Regelungen einhalten
  2. Rechte und Pflichten, die aus einem Versicherungsvertrag resultieren, kennen und darstellen
  3. individuelle Bedarfe von Kunden erkennen und Möglichkeiten der Risikoabsicherung aufzeigen
  4. Kunden Lösungsmöglichkeiten zur Bedarfsdeckung durch Individualversicherungen aufzeigen
2 bis 4
2 Privatkunden bei Investitionsentscheidungen für Immobilien unterstützen
  1. Bestandteile der beim Immobilienerwerb entstehenden Kosten ermitteln und kundengerecht erläutern
  2. Aufgaben und Funktionen der am Immobilienerwerb beteiligten Institutionen erläutern und in die rechtlichen Zusammenhänge einordnen Angebotserstellung für eine Baufinanzierung vorbereiten
  3. Baufinanzierungslösungen erarbeiten, anbieten und erläutern; auf Fragen und Einwände eingehen, über Konditionen informieren sowie abschlussorientiert beraten
  4. Kunden zu Optionen der Kapitalanlage über Immobilien beraten
3 Privatkunden bei ihrer Vermögensplanung beraten
  1. Entscheidungsunterstützende Informationen im Hinblick auf die Anlage bereitstellen und Kunden darüber informieren
  2. Erbschafts- und schenkungssteuerliche Grundlagen in der Beratung anwenden und Gestaltungsmöglichkeiten bei der Nutzung von Freibeträgen berücksichtigen
  3. Anlagelösungen erarbeiten, anbieten und erläutern; auf Fragen und Einwände eingehen, über Konditionen informieren sowie abschlussorientiert beraten
  4. Aspekte der Nachhaltigkeit und des Risikomanagements bei der Beratung berücksichtigen
B. Für Prüflinge im Ausbildungsberuf Kaufmann/frau für Versicherungen und Finanzanlagen zusätzlich zu erwerbende Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten
Lfd.
Nr.
Für Prüfungsbereich zu erwerbende
Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten
Zeitlicher Richtwert
in Monaten
1 2 3 4
1 Privatkunden bei Investitionsentscheidungen für Immobilien unterstützen
  1. Bestandteile der beim Immobilienerwerb entstehenden Kosten kundengerecht erläutern
  2. Aufgaben und Funktionen der am Immobilienerwerb beteiligten Institutionen erläutern und in die rechtlichen Zusammenhänge einordnen
  3. Kunden zu Optionen der Kapitalanlage über Immobilien beraten
2 bis 4
2 Privatkunden zu Baufinanzierungen beraten
  1. Verschiedene Elemente einer Baufinanzierung, deren Verwendungsmöglichkeiten und die in diesem Rahmen möglichen Kreditarten unterscheiden
  2. Anlässe, mit Kunden über Baufinanzierung zu sprechen, erkennen und nutzen
  3. Anfragen und Beratungsgespräche vorbereiten
3 Privatkunden bei ihrer Vermögensplanung beraten
  1. Kunden zu Anlagemöglichkeiten auf Konten, einschließlich der Sonderformen, beraten
  2. Kunden zu Bausparverträgen beraten und beim Abschluss mitwirken
  3. Kunden über Anlagemöglichkeiten, insbesondere über Anlage in Aktien, Renten, Fonds und Zertifikate, informieren
  4. Kunden über Kursnotierungen und Preisfeststellungen Auskunft geben
  5. Chancen und Risiken der Anlage in Wertpapieren einschätzen und erläutern
C. Für Prüflinge im Ausbildungsberuf Immobilienkaufmann/frau zusätzlich zu erwerbende Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten
Lfd.
Nr.
Für Prüfungsbereich zu erwerbende
Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten
Zeitlicher Richtwert
in Monaten
1 2 3 4
1 Privatkunden zur Absicherung wirtschaftlicher Risiken durch Individualversicherungen beraten
  1. Zustandekommen eines Versicherungsvertrages erläutern und rechtliche Regelungen einhalten
  2. Rechte und Pflichten, die aus einem Versicherungsvertrag resultieren, kennen und darstellen
  3. individuelle Bedarfe von Kunden erkennen und Möglichkeiten der Risikoabsicherung aufzeigen
  4. Kunden Lösungsmöglichkeiten zur Bedarfsdeckung durch Individualversicherungen aufzeigen
2 bis 4
2 Privatkunden über Produkte der Vorsorge und zu Hausrat- und Wohngebäudeversicherung beraten
  1. Vorsorgemöglichkeiten erläutern und Kunden situationsgerecht/anlassbezogen beraten
  2. Versicherungsprodukte zur Absicherung von Immobilien kennen und Kunden darin beraten
3 Privatkunden bei ihrer Vermögensplanung beraten
  1. Entscheidungsunterstützende Informationen im Hinblick auf die Anlage bereitstellen und Kunden darüber informieren
  2. Steuerrechtliche Grundlagen in der Beratung anwenden
  3. Anlagelösungen erarbeiten, anbieten und erläutern; auf Fragen und Einwände eingehen, über Konditionen informieren sowie abschlussorientiert beraten
  4. Aspekte der Nachhaltigkeit und des Risikomanagements bei der Beratung berücksichtigen