Weniger Müll, mehr Bürokratie? Die kommunale Verpackungssteuer
Die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer sorgt nicht nur in der Region Stuttgart für hitzige Debatten: Während einige auf sauberere Innenstädte hoffen, warnen andere vor mehr Bürokratie und steigende Kosten.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht am 22. Januar 2025 die Tübinger Verpackungssteuer für rechtmäßig erklärte, ziehen nun auch andere Städte, wie etwa Stuttgart, die Einführung einer solchen Steuer in Betracht. Diese Entwicklungen werfen Fragen zur praktischen Umsetzung und den tatsächlichen Auswirkungen auf.
Bürokratische und finanzielle Lasten für Betriebe und Konsumenten
Die kommunale Verpackungssteuer stellt Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen, insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Ein Hauptkritikpunkt ist die hohe Bürokratie: Unternehmen müssen Verpackungsmengen erfassen, Steuerbeträge berechnen und zahlreiche Nachweispflichten erfüllen, was zu hohem Verwaltungsaufwand führt. In Zeiten von Entbürokratisierung und Arbeitskräftemangel erscheint diese Belastung kaum verständlich. Laut einer IHK-Umfrage lehnen 77 Prozent der Betriebe die Steuer ab, da sie die neuen Dokumentationspflichten als zu belastend empfinden.
Die Einführung bürokratischer Maßnahmen erfordert hohe Investitionen in Buchhaltungs- und Kassensysteme, was neben den Steuerkosten zusätzliche finanzielle Belastungen mit sich bringt. Laut einer IHK-Umfrage wollen über 70 Prozent der Unternehmen diese Mehrkosten an ihre Kunden weitergeben. Die Gastronomie leidet bereits seit Jahren unter der Konsumzurückhaltung der Verbraucher. Weitere Kostensteigerungen könnten den Rückgang der Inlandsnachfrage befeuern und besonders diejenigen mit kleinem Geldbeutel und Arbeitsplatz ohne Kantine treffen.
Zweifel an der Wirksamkeit der Maßnahmen
Die IHK Region Stuttgart sieht die Steuer als potenziellen Nachteil für Unternehmen und Verbraucher, da ihr Nutzen fraglich ist. Ein Zusammenhang zwischen der Steuer und weniger Abfall oder saubereren Innenstädten fehlt. Das Tübinger Pilotprojekt zeigte in einer Studie der Universität Tübingen zur Wirkung der Verpackungssteuer, dass das Müllvolumen gleichblieb, während Mehrwegangebote ausgeweitet wurden. Viele Betriebe befürchten, dass Kunden Mehrwegverpackungen ablehnen, und erwägen, ihr Angebot zu reduzieren oder den Take-away-Service einzustellen. Besonders betroffen wären Schüler, Azubis und Pendler, die auf schnelle und günstige Verpflegung angewiesen sind.
Forderung nach einheitlichen Regelungen
Unterschiedliche Steuerbestimmungen je nach Kommune – von der konkreten Ausgestaltung bis zum Steuersatz – schaffen einen bürokratischen Flickenteppich. Insbesondere Filialbetriebe müssten sich mit unterschiedlichen Regelungen auseinandersetzen, was zu erheblichem Verwaltungsaufwand und ungleichen Wettbewerbsbedingungen führt. Ein unkoordiniertes Vorgehen erschwert Geschäftsprozesse und verzerrt den Markt.
Steigende Kosten und hoher Personalaufwand für Kommunen
Die Einführung der Verpackungssteuer würde in den Kommunen hohe Kosten verursachen, da zusätzliches Personal für Verwaltung und Durchsetzung erforderlich wäre. Angesichts der bestehenden Personalengpässe und knappen finanziellen Ressourcen stellt sich die Frage, ob die Umsetzung dieser Steuer eine Priorität darstellen kann oder ob die verfügbaren Kapazitäten nicht sinnvoller genutzt werden könnten.
Forderungen zur Förderung von Mehrwegsystemen
Statt einer Verpackungssteuer sollten Kommunen verstärkt Mehrwegsysteme fördern und Anreize setzen, etwa durch verstärkte Förderung von Mehrwegverpackungen und Beratungs- und Aufklärungskampagnen für Unternehmen. Auch eine bessere Infrastruktur, wie die Bereitstellung von Mehrwegbehältern und Rücknahmesystemen in öffentlichen Bereichen, würde die Nutzung und Akzeptanz von Mehrwegverpackungen erheblich steigern.
Unser Fazit
Die IHK Region Stuttgart sieht die Einführung einer Verpackungssteuer äußerst kritisch. In einer Zeit, in der Bürokratieabbau eine zentrale Rolle spielt, würde die Einführung dieser Steuer einen erheblichen administrativen und finanziellen Aufwand mit sich bringen und die bürokratischen Hürden weiter erhöhen. Die Ergebnisse des Pilotprojekts in Tübingen werfen zudem ernsthafte Zweifel an der Wirksamkeit der Verpackungssteuer auf. Die angestrebten Ziele, wie eine Reduzierung des Abfalls und eine sauberere Innenstadt, wurden bisher nicht erreicht.
Angesichts dieser Erkenntnisse fordert die IHK Region Stuttgart, zunächst die Wirkungen der bestehenden Regelungen zur Abfallvermeidung, wie z.B. das Einwegkunststofffondsgesetz abzuwarten, bevor weitere Maßnahmen zur Abfallvermeidung ergriffen werden. Insgesamt sollten unbürokratische und praktikable Lösungen zur Reduktion von Verpackungsmüll präferiert werden.