Breakout Session 1: KI in der Ausbildung – Chancen erkennen, Potenziale nutzen
Mehr KI in der Ausbildung wagen
Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) verändert die Arbeitswelt immer stärker. Eine moderne Berufsausbildung muss junge Menschen auf diese Zukunft vorbereiten. Das Problem: KI hat bisher kaum Eingang in die betriebliche Ausbildung gefunden. Obwohl die Mehrheit der Auszubildenden sich KI-Inhalte in der Ausbildung wünscht, bieten Betriebe sie bisher kaum an (vgl. Studie Azubi-Recruiting Trends 2024, u-form Gruppe).
Eine Blitzumfrage zu Beginn der Breakout-Session ergab, dass 86% der Teilnehmenden Generativer KI eine hohe Bedeutung beimessen. Trotzdem setzt etwa die Hälfte diese Technologie in der Ausbildung noch nicht ein.
Im Zentrum der Breakout-Session stand deshalb die Leitfrage: Warum muss KI in die betriebliche Ausbildung integriert werden – und wie gelingt das? Drei Impulse lieferten dazu spannende Einblicke.
Ein gutes Beispiel: Trumpf setzt auf KI als Schlüssel zur modernen Ausbildung
Ein bemerkenswertes Signal: Der Vorstand der Trumpf-Gruppe in Ditzingen, eines der weltweit führenden Unternehmen für Werkzeug- und Lasermaschinen, hat 2023 den KI-Chef Dr. Jens Ottnad zum globalen Ausbildungsleiter ernannt. Und das nicht obwohl, sondern weil Trumpf auch führend bei KI-Lösungen in seiner Branche werden möchte. Eine bewusste und schlüssige Entscheidung, wie Ottnad in seinem Vortrag erklärte.
„Die größte Herausforderung ist, die richtigen Daten zu finden“, so Ottnad. KI-Systeme benötigen zum Lernen hochwertige Daten, die gezielt gesammelt und aufbereitet werden müssen. Dazu braucht es Menschen, die die Grundmechanismen der KI verstehen. Dieses Verständnis werde bei Trumpf schon früh gefördert – direkt bei den jungen Talenten in der Ausbildung.
KI ist mittlerweile fest in das Ausbildungskonzept von Trumpf integriert. Mithilfe der IHK-Zusatzqualifikation (ZQ) erarbeiten sich die Azubis ein solides KI-Basiswissen, das sie im regelmäßigen Austausch mit internen und externen Experten vertiefen und in echten Projekten anwenden können. Ein wichtiger Teil des Ausbildungskonzepts ist auch das „Reverse Mentoring“: Die Azubis geben ihr Wissen an erfahrende Kollegen weiter und agieren so gleichzeitig als KI-Botschafter im Unternehmen.
Ein starkes Angebot: IHK-Zusatzqualifikation macht Azubis fit für KI
Seit 2022 bietet die IHK in Kooperation mit Berufsschulen die Zusatzqualifikation Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen an. Allein in der Region Stuttgart haben bisher rund 200 Azubis die ZQ erfolgreich absolviert. Die ZQ umfasst 100 Lerneinheiten, die größtenteils onlinebasiert sind. Darin lernen Azubis wichtige KI-Grundkenntnisse, üben den Umgang mit Daten und beschäftigen sich mit den Chancen, Herausforderungen und ethischen Fragen der KI. In einer Paneldiskussion teilten unterschiedliche Akteure dieser ZQ ihre Erfahrungen und zogen ein positives Zwischenfazit.
„Wir waren schon lange auf der Suche nach Möglichkeiten, KI in die Ausbildung zu bringen. Im Betrieb war das kaum möglich. Mit der ZQ KI sind wir schließlich fündig geworden“, so Bernhard Schanz, Ausbildungsleiter bei Metabo in Nürtingen. Viele andere Unternehmen ständen vor ähnlichen Herausforderungen, wie Dr. Claudia Achtenhagen, IHK-Referentin für das Projekt KI B3, betonte: „Ausbildenden ist bewusst, dass KI-Kompetenzen immer wichtiger werden, tun sich aber noch schwer damit, diese konkret zu benennen und in der betrieblichen Ausbildung zu vermitteln.“ Genau vor diesem Hintergrund sei die ZQ KI im Rahmen des vom Bundesbildungsministeriums geförderten Pilotprojekts „KI B3 – Künstliche Intelligenz in die Berufliche Bildung bringen“ ins Leben gerufen worden.
Dr. Antje Schweitzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für maschinelle Sprachverarbeitung der Uni Stuttgart, hat die Lernmaterialien für die ZQ mitentwickelt. „100 Lerneinheiten sind recht knapp“, stellte Schweizer fest. Deshalb habe man ein Blended-Learning-Konzept gewählt, das neben dem klassischen Präsenzunterricht auch betreute E-Learning-Phasen und ein Selbststudium vorsehe. Das heißt, die Teilnehmenden erarbeiten sich die meisten Inhalte eigenständig in Online-Modulen, wobei sie zwischen Videos, Texten, Quizzen oder Spielen wählen können. Zudem hilft ein Chatbot bei Fragen weiter. Das ermögliche ein flexibles und zugleich effektives Lernen im individuellen Tempo, ohne dabei auf den persönlichen Kontakt zu qualifizierten Lehrkräften verzichten zu müssen. Die John-F.-Kennedy-Schule in Esslingen war eine der ersten Berufsschulen, die die ZQ angeboten hat. Schulleiterin Dr. Katharina Melke-Lingnau zog nach zwei erfolgreichen Durchläufen an ihrer Schule ein positives Zwischenfazit: „Das Gesamtkonzept und die Prüfung sind gelungen und haben sich in der Praxis bewährt.“
Bleibt noch die Frage: Was sagen die Azubis zu dieser ZQ? Florian Benz und Paulina Kall machen eine Ausbildung bei der Porsche AG und haben die ZQ KI im Sommer 2024 erfolgreich absolviert. „Es war anspruchsvoll, aber es hat sich gelohnt“, so Benz. Seine Kollegin Paulina Kall stimmte dem zu und ergänzte: „Wir betrachten KI-Projekte in unserem Ausbildungsbetrieb jetzt mit ganz anderen Augen. Nach der bestandener ZQ sehen wir uns auch ein stückweit als Schnittstelle zwischen den Systementwicklern und den Mitarbeitenden.“ Beide würden die ZQ definitiv weiterempfehlen – vorausgesetzt, man bringe Eigeninitiative mit.
Ein hilfreicher Einstieg: Wie Prompting funktioniert und wie sich Generative KI in der Ausbildungspraxis sinnvoll einsetzen lässt
Ob Arbeitsblätter erstellen, Berichtshefte überprüfen oder schwierige Kundengespräche simulieren – Generative KI bietet vielseitige Einsatzmöglichkeiten in der Ausbildung. Der Schlüssel dafür sind Prompts. Das sind Text- oder Sprachbefehle, die einem KI-Modell gegeben werden, um es zu einer bestimmten Reaktion oder Aktion zu veranlassen. Sven Kaufmann, Lehrer und KI-Experte, zeigte in seinem Vortrag, wie effektives KI-Prompting funktioniert und in der Ausbildung genutzt werden kann.
Prompts müssen klar und präzise sein, damit das gewünschte Ergebnis herauskommt. „Das ist wie beim Darts: Ein schlecht gezielter Wurf trifft selten ins Schwarze“, erklärte Kaufmann. Zunächst müsse beim Prompten die Intention definiert werden: Was soll die KI konkret machen? Welche Rolle soll sie dabei einnehmen? Und wie sieht der inhaltliche Rahmen aus? (Beispiel: „Du bist ein erfahrener Ausbilder. Erstelle ein Arbeitsblatt für Auszubildende im Beruf Kaufmann für Büromanagement zum Thema 'Ablage- und Dokumentenmanagement'. Das Arbeitsblatt sollte auf dem angehängten Ablage- und Dokumentenmanagementdokument basieren.“) Im zweiten Schritt müssen die Kriterien und Spezifikationen formuliert und die Angaben ausgestaltet bzw. konkretisiert werden. Kaufmann betonte: „KI ist ein stochastischer Papagei und plappert alles nach, ohne es zu verstehen.“ Der Mensch müsse daher in der Lage sein zu bewerten, ob das Ergebnis gut und richtig sei.
Kaufmann demonstrierte live, wie ein in ChatGPT erstellter Chatbot virtuell die Rolle eines unzufriedenen Kunden übernehmen kann. Azubis könnten so üben, schwierige Kundengespräche zu führen und erhielten im Anschluss daran ein differenziertes und individuelles Feedback über ihre Gesprächsführung. „Direktes Feedback ist wichtig und sorgt für einen guten Lernzuwachs“, so Kaufmann. In der Rolle des Lernbegleiters sieht Kaufmann einen entscheidenden Vorteil beim Einsatz von KI in der Ausbildung. Mit KI könnten beispielsweise adaptive Lernpfade erstellt werden, die sich den speziellen Bedürfnissen und dem Fortschritt der Lernenden anpassen. Die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen könnten so berücksichtigt und maßgeschneiderte Lerninhalte bereitgestellt werden, was wiederum effizientes und effektives Lernen ermögliche.