Wirtschaft unter Druck – erste Impulse für den Wandel sichtbar
Konjunktur: Lage bleibt angespannt, aber regionale Initiativen setzen Zeichen
Die wirtschaftliche Situation im Göppinger Filstal bleibt herausfordernd. Eine spürbare konjunkturelle Erholung ist bislang ausgeblieben. Das zeigt eine Sonderauswertung der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Region Stuttgart für den Kreis Göppingen. Während einzelne Indikatoren stagnieren und der Auftragseingang leichte Erholungstendenzen zeigt, bewerten nur noch 24 Prozent der Unternehmen ihre Lage als gut – vier Prozentpunkte weniger als im Frühsommer. 49 Prozent sehen ihre Situation als befriedigend, rund 28 Prozent als schlecht. Damit setzt sich der seit 2021 beobachtete Trend fort, aber es gibt Lichtblicke.
„Die Stimmung in der Göppinger Wirtschaft ist derzeit spürbar gedrückt, doch die Unternehmen zeigen bemerkenswerte Resilienz“, erklärt die Präsidentin der IHK-Bezirkskammer Göppingen, Edith Strassacker. „Unsere Industrie kämpft mit schwacher Inlandsnachfrage, hohen Kosten und geopolitischen Unsicherheiten.“
Besonders der Handel meldet eine Verschlechterung der Lage, und auch die Dienstleistungsbranche zeigt erste Anzeichen von Schwäche. Gleichzeitig verweist Strassacker auf positive Entwicklungen, die Mut machen: „Der Kreis Göppingen steht mitten im industriellen Wandel – und genau darin liegt auch eine Chance.“
Mit dem neuen KI-Hub Hive auf dem Göppinger Boehringer-Areal wurde ein starkes Innovationszentrum geschaffen, das Unternehmen und Forschung zusammenbringt. Das erste KI Summit Filstal mit fast 200 Teilnehmern hat jüngst eindrucksvoll gezeigt, wie viel Aufbruchsstimmung und Gestaltungswille in der Region steckt.
„Jetzt ist der richtige Moment, um die Zukunft aktiv zu gestalten – mit Investitionen in moderne Infrastruktur, gezielter Qualifizierung und einem klaren Fokus auf Zukunftstechnologien“, betont Strassacker.
Besonders erfreulich sind die Entwicklungen am Campus Göppingen der Hochschule Esslingen und beim Technikum Laubholz. Neue Studienangebote der Hochschule wie Digital Engineering und der geplante Wasserstoff-Innovationscampus stärken die Innovationskraft der Region nachhaltig. Mit der Eröffnung eines hochmodernen Biolabors setzt auch das Technikum Laubholz in Göppingen wichtige Impulse – durch die Verbindung von Biotechnologie und holzbasierter Wertschöpfung entstehen hier nachhaltige Lösungen für die Industrie von morgen.
Strassacker mahnt jedoch zur Vorsicht: „Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, droht sich die schwierige wirtschaftliche Lage weiter zu verschärfen.“
Sie fordert von der Politik konkrete Maßnahmen – insbesondere beim Bürokratieabbau und bei der Entlastung der Unternehmen. Viele Betriebe halten trotz schwieriger Rahmenbedingungen an ihren Beschäftigten fest, stellen jedoch Investitionen zurück. „Das ist ein Warnsignal, das wir ernst nehmen müssen.“ Vor dem Hintergrund der angespannten Lage sieht Strassacker Überlegungen zu kommunalen Steuererhöhungen kritisch: „In dieser Situation wären zusätzliche Belastungen das falsche Signal und würden die wirtschaftliche Entwicklung im Kreis Göppingen weiter hemmen.“
Die Ergebnisse für den Kreis Göppingen im Einzelnen
Die aktuelle Geschäftslage rutscht ins Negative
Der Blick auf die Göppinger Gesamtwirtschaft zeigt: Der Anteil der Unternehmen, die die Lage als gut bewerten ist auf dem niedrigsten Stand seit Jahren. Nur noch 23,9 Prozent der Unternehmen geben an, dass die wirtschaftliche Lage gut sei. Der Anteil ist damit im Vergleich zum Frühsommer 2025 um 4,2 Prozentpunkte gesunken. 27,6 Prozent der Unternehmen, gleich viele wie im Frühsommer, melden eine weiterhin schlechte Lage. Die Zahl derer, die ihre Lage als befriedigend einschätzen, hat sich im gleichen Zeitraum entsprechend um 4,2 Prozentpunkte auf 48,6 Prozentpunkte erhöht. Damit rutscht der Lageindex, der Saldo aus guten und schlechten Meldungen, in den negativen Bereich von minus 3,7 (Vergleich Frühsommer: Mit 0,5 noch im positiven Bereich).
Geschäftserwartungen: Erneuter Dämpfer
Die positiven Nachrichten bei den Geschäftserwartungen aus dem Frühsommer haben sich im Herbst nicht fortgesetzt. Erneut zeigt sich eine Abwärtstendenz: Nur 13,4 Prozent der Unternehmen geben an, dass sich ihre Geschäfte in den nächsten 12 Monaten verbessern werden (im Frühsommer 2025 waren es 15,3 Prozent). Schlechtere Geschäfte erwarten 34,5 Prozent und damit inzwischen mehr als jedes dritte Unternehmen. Das sind 3,6 Prozentpunkte mehr als noch im Frühsommer. Damit verschlechtert sich der IHK-Indikator bei den Geschäftserwartungen insgesamt von minus 15,6 auf minus 21,1.
Die anhaltenden Schwierigkeiten in der Industrie sind maßgeblich für diese Verschlechterung. Hier stürzt der IHK-Indikator von minus 11,9 Punkten im Frühsommer auf nunmehr minus 31,3 Punkte ab. Nur 9,4 Prozent der Produktionsbetriebe haben noch positive Geschäftserwartungen. Der Wert hat sich im Vergleich zum Frühsommer halbiert (damals noch 18,5 Prozent). 40,6 Prozent (Frühsommer 30,9 Prozent) der Industrieunternehmen rechnen sogar in den nächsten 12 Monaten mit schlechteren Geschäften. Damit ist die Industrie im Kreis Göppingen deutlich pessimistischer als in der Gesamtregion: Hier liegt der Erwartungsindex der Industrie lediglich bei minus 9,5 (Göppingen minus 31,3).
Abwärtstrend im Auftragseingang erholt sich nur leicht
Nachdem zum Frühsommer die Tendenz im Auftragseingang deutlich negativ war, scheint sich die Lage im Herbst 2025 wieder etwas zu erholen. Der Anteil der Unternehmen mit steigenden Auftragseingängen fällt zwar leicht auf 13,3 Prozent (Frühsommer 15,8 Prozent). Aber nur 31,2 Prozent der Unternehmen melden sinkende Auftragseingänge – und damit gut 9 Prozent weniger als noch im Frühsommer. Damit erholt sich der IHK-Indikator in der Gesamtwirtschaft leicht von minus 24,6 Punkten zum Frühsommer 2025 auf minus 17,9 Punkte.
Stagnation: Die Exporterwartungen bleiben insgesamt negativ
Aus den Exporten im weltweiten Handel sind derzeit keine Impulse zu erwarten. Hier lag in den vergangenen Jahren bei der global agierenden Wirtschaft im Filstal die große Wachstumsstärke. Der Anteil der Unternehmen mit steigenden Auslandserwartungen verbessert sich jedoch leicht von 19,2 Prozent auf 20,5 Prozent. Der Anteil der Unternehmen mit fallenden Erwartungen bleibt nahezu gleich (von 29,8 Prozent auf 30,2 Prozent). Die Erwartungen stagnieren damit unterm Strich. Der Exportindikator liegt bei minus 9,7 Punkten (Frühsommer minus 10,6 Punkten).
Ein Blick in die Branchen: In der Industrie machen sich die etwas sichereren Bedingungen nach Abschluss der nordamerikanischen Zollvereinbarungen bemerkbar. Immerhin melden 27,3 Prozent der Industrieunternehmen steigende Exporterwartungen. Das sind 7,6 Prozent mehr als im Frühsommer (19,7 Prozent). Die fallenden Meldungen verringern sich zeitgleich um 2,4 Prozent. Der IHK-Exportindikator verbessert sich in Summe in der Industrie um 10 Punkte und erholt sich von minus 13,6 Punkten im Frühsommer auf minus 3,6 im Herbst deutlich.
Investitionen: Niedrigstes Niveau seit zwei Jahren
Größter Hemmschuh für eine konjunkturelle Erholung der Wirtschaft ist und bleibt die fehlende Investitionsbereitschaft der Unternehmen. In Zahlen drückt sich das bei den Planungen in den nächsten 12 Monaten so aus: Mittlerweile wollen 37,2 Prozent der Unternehmen weniger investieren. Im Frühsommer 2025 waren es nur 33,9 Prozent der Betriebe. 38,4 Prozent der Betriebe melden gleichbleibende Investitionsvolumina, was dem Niveau vom Frühsommer entspricht (38,9 Prozent). Steigende Investitionsplanungen meldet inzwischen nur noch weniger als jedes vierte Unternehmen im Filstal. Hier verschlechtert sich der Anteil erneut von 27,2 Prozent auf 24,3 Prozent der Unternehmen. Der Gesamtindikator rutscht damit deutlich von minus 6,8 auf minus 12,9 Punkte seit der letzten Erhebung im Frühsommer. Das sind keine guten Aussichten.
Digitalisierung auf dem Vormarsch
Als Hauptmotiv für die investierenden Unternehmen nähert sich die Digitalisierung von 52,3 auf 64,7 Prozent aller Nennungen den vorherrschenden Ersatzbeschaffungen, die konstant bei 71 Prozent rangieren. Das ist ein gutes Signal, das optimistisch stimmt. Nach einer DIHK-Umfrage planen 32 Prozent der Unternehmen in den nächsten drei Jahren den Einsatz von KI, um ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Das hat jüngst das erste KI Summit Filstal im neuen Göppinger KI-Hub Hive mit rund 200 Teilnehmern eindrucksvoll belegt.
Beschäftigung stagniert im negativen Bereich
Die anhaltenden wirtschaftlichen Sorgen und Unsicherheiten zeigen sich auch bei den Beschäftigungserwartungen der Unternehmen. 14,8 Prozent der Unternehmen sehen in den nächsten 12 Monaten einen steigenden Bedarf (im Frühsommer waren es 12,4 Prozent). Der Anteil der Unternehmen mit einer fallenden Beschäftigungserwartung hat sich zum Herbst aber ebenfalls erhöht (von 27 auf rund 29 Prozent). Jedes zweite Unternehmen im Filstal möchte die Beschäftigung weiterhin stabil halten (minus 4,3 Prozent zum Frühsommer). Damit stagniert der IHK-Beschäftigungsindikator bei minus 14,0 Punkte (Frühsommer minus 14,6 Punkte). Auf dem Arbeitsmarkt wird es keine Entspannung geben. In der Gesamtschau überwiegen im Kreis Göppingen weiterhin die fallenden Beschäftigungspläne.
Geschäftsrisiken: Sorgen zur Inlandsnachfrage und zu den Arbeitskosten werden immer größer
Wie bei jeder IHK-Konjunkturumfrage wurden die Unternehmer auch nach den größten Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung gefragt. Im Kreis Göppingen steigt die Inlandsnachfrage als größtes Risiko noch einmal deutlich von 59,7 Prozent der Nennungen auf 67,4 Prozent. Das gilt ebenso für das zweitgrößte wirtschaftliche Risiko, die hohen Arbeitskosten. Der Wert steigt hier von 56,6 Prozent der Nennungen auf 63,1 Prozent. Große Sorgen machen wieder die hohen Energiekosten, die von Platz fünf kommend, neu den Platz drei der größten Risiken belegen (jetzt 44,0 Prozent im Frühsommer 38,1 Prozent). Hier zeigt sich, dass die Versprechen der Politik auf dringend notwendige Entlastungen bisher nicht erfüllt wurden. Angesichts der sich entspannenden internationalen Krisenherde belegen geopolitischen Risiken Platz vier. Der Fachkräftemangel rückt trotz fallender Beschäftigungslage wieder deutlich in den Fokus und damit von Platz sieben im Frühsommer auf Platz fünf.
Die Sorge über die aktuelle Wirtschaftspolitik nimmt hingegen einen geringeren Stellenwert für die Unternehmen ein als noch im Frühsommer. Sie landet mit 34,1 Prozent auf Platz sechs und liegt damit aber weiter im Mittelfeld der möglichen Risiken (Frühsommer noch 39,0 Prozent).