Ausbildungsmarkt rückläufig

Ausbildungsreport der IHK-Bezirkskammer Göppingen

Der Fachkräftemangel zählt neben sinkender Inlandsnachfrage und den globalen Krisen für viele Unternehmen im Landkreis Göppingen nach wie vor zu den top Risikofaktoren im Zusammenhang mit ihrer wirtschaftlichen Entwicklung. Da der Arbeitsmarkt aufgrund des demografischen Wandels immer weniger Fachkräfte zur Verfügung stellt, müssen die Betriebe die duale Berufsausbildung um so stärker forcieren, um sich ihre zukünftigen Fachkräfte zu sichern.
Vor diesem Hintergrund ist ein Blick auf die Entwicklungen des Ausbildungsmarktes im Landkreis Göppingen spannend. Erwartbar wäre eine kontinuierliche Steigerung der Ausbildungszahlen in den vergangenen Jahren. Dies ist tatsächlich nicht der Fall. So hat z.B. die Zahl der aktiv ausbildenden IHK-Unternehmen (Ausbildungsbetrieb mit aktuell mind. einem Auszubildenden) in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen, von 647 2010 auf 473 2024. Damit gibt es einen neuen Tiefpunkt! Bisher lag dieser im Jahr 2022 mit nur 497 aktiven Ausbildungsbetrieben. Dieser insgesamt rückläufige Trend gibt immer weniger Anlass zu Optimismus. Gleiches gilt mit Blick auf die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum jeweiligen Jahresende 2024. Die wirtschaftliche Krise aber auch die sinkende Zahl an Schulabgängerinnen und -abgängern haben hier nach den erfreulichen Zuwächsen der vergangenen drei Jahre eine deutliche Delle auf dem Ausbildungsmarkt hinterlassen. Mit einem Minus von 8,9 Prozent und 61 neuen Verträgen weniger als im Vorjahr ist der Landkreis Göppingen bei den IHK-Ausbildungszahlen in etwa auf das Niveau von 2022 zurückgefallen. Insgesamt wurde 744 neue IHK-Ausbildungsverträge für 2024 verzeichnet. Damit liegt der Wert noch deutlich über dem Tiefstwert aus dem ersten Corona-Jahr 2020 mit lediglich 670, allerdings auch deutlich unter dem Höchstwert aus dem Jahr 2011 mit 1.004 neuen Verträgen.

Die IHK-Ausbildungslandschaft im Landkreis Göppingen 2024

Die Ausbildung in den IHK-Berufen im Landkreis Göppingen ist mehrheitlich männlich und kaufmännisch geprägt. Rund zwei Drittel der neuen Ausbildungsverträge 2024 wurde von jungen Männern abgeschlossen. Gleichzeitig starteten 2024 rund zwei Drittel der Auszubildenden in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf.
Innerhalb der kaufmännischen IHK-Berufe nimmt auch 2024 der Handel (Groß- und Einzelhandel sowie E-Commerce) mit 40 Prozent den prozentual größten Anteil ein. Mit 13 Prozent folgen die Verkehr- und Logistikberufe, die sich vor die Industriekaufleute (12 Prozent) schieben. Mit jeweils zehn Prozent Anteil folgen die Kaufleute für Büromanagement sowie die Hotel- und Gaststättenberufe. Die Bankkaufleute, früher einer der größten kaufmännischen Berufe, nimmt mit fünf Prozent nur mehr eine Nebenrolle ein. Insgesamt sind die Neueintragungen bei den kaufmännischen Berufen um 57 Verträge zurückgegangen.
Bei den technischen Ausbildungsberufen hatten die Industriemechaniker seit jeher die Pole-Position inne (2023 mit 54 neuen Verträgen). Diese haben Sie 2024 erstmals verloren. Auf Platz eins thronen nun die Fachinformatiker für Systemintegration mit 51 neuen Verträgen, gefolgt von den Mechatronikern mit 37 neuen Verträgen. Die Industriemechaniker fallen auf Rang drei zurück mit nur noch 36 neuen Verträgen. Insgesamt sind die Neueintragungen bei den gewerblichen Berufen um 26 Verträge zurückgegangen.
Beim Blick auf die beliebtesten Berufe bei den jungen Frauen und Männern, gibt es im Vergleich der neu eingetragenen Ausbildungsverträge 2023 zu 2024 jeweils neue Spitzenreiter. Bei den jungen Frauen hat die Kauffrau für Büromanagement die Industriekauffrau wieder von der Spitze verdrängt und nimmt diese damit wie 2021 und 2022 ein. Die Industriekauffrau wiederum fällt auf Rang drei zurück. Rang zwei belegt, wie 2021 und 2022 die Kauffrau im Einzelhandel. Bei den jungen Männern war 2023 der Industriemechaniker der Renner. Dieser landet 2024 nur noch auf Platz vier der beliebtesten IHK-Männerberufe im Landkreis Göppingen. Spitzenreiter ist erstmalig der Fachinformatiker für Systemintegration. Er wird gefolgt von den Verkäufern, die von Platz fünf auf zwei springen. Die Kaufleute im Einzelhandel, die 2021 noch an der Spitze standen fallen auf Rang fünf zurück, während der Mechatroniker Rang drei behauptet.

Entwicklung der Schulabgängerzahlen im Landkreis Göppingen

Die Daten zu den Schulabgängerzahlen können beim Statistischen Landesamt abgerufen werden. Allerdings liegen dort nur die Zahlen bis 2023 vor.
„Von Nichts kommt Nichts“.
Dieser Spruch gilt vor allem mit Blick auf die Entwicklung bei den Schulabgängerzahlen. Diese sind im Landkreis Göppingen seit elf Jahren stark rückläufig. Waren es laut statistischem Landesamt Baden-Württemberg 2010 noch 2.975, so waren es 2023 lediglich 2.211 Schülerinnen und Schüler, die dem Ausbildungsmarkt sowie den Hochschulen und Universitäten zur Verfügung standen. Sehr interessant ist gerade deshalb ein Vergleich der Entwicklung der neu eingetragenen IHK-Ausbildungsverträge von 2010 bis 2023 sowie die bei den Schulabgängern im Landkreis Göppingen im gleichen Zeitraum. Während die Schulabgängerzahlen um satte 25,7 Prozent zurückgingen, betrug der Rückgang bei den IHK-Verträgen lediglich 10,1 Prozent. Somit konnten die IHK-Unternehmen deutlich mehr Schulabgänger für eine duale Ausbildung gewinnen als andere Unternehmen oder Institutionen, wie die Hochschulen.
Mit Blick auf den Rückgang bei den Schulabgängern nach Schulabschluss ergibt sich folgendes Bild: Die Schulabgänger mit Hauptschulabschluss gingen von 2010 bis 2023 von 728 auf nur mehr 400 zurück, ein Rückgang um satte 45 Prozent. Bei den Realschülern wurde 2014 mit 1.531 Abgängerinnen und Abgängern der Peak erreicht. 2023 waren es nur noch 1.078 und damit 30 Prozent weniger. Auch bei den Schulabgängern mit Hochschulreife ist ein Rückgang zu verzeichnen. Waren es 2010 noch 744 junge Menschen, die die Schule mit dem Abitur verließen, waren es 2023 nur noch 568 und damit 24 Prozent weniger.
Im Vergleich der Schulabgängerzahlen aus den Jahren 2022 und 2023 fällt der starke Rückgang bei den Realschülern auf. Während die Abiturienten einen leichten Zuwachs verzeichnen konnten und die Hauptschüler lediglich 18 Absolventen weniger aufwiesen, sind die Realschulabgänger im Kreis Göppingen um rund 100 zurückgegangen.


Schulabschlüsse der Auszubildenden

Dass man nach dem Abitur nicht zwingend studieren muss, zeigt der seit Jahren annähernd konstante Anteil von rund einem Drittel Abiturienten unter den IHK-Auszubildenden. Lediglich 2023 fiel dieser Wert zugunsten steigender Auszubildendenzahlen mit Hauptschulabschluss von 29,5 Prozent 2022 auf 26,6 Prozent 2023 leicht zurück. 2024 lag der Anteil der Abiturienten wieder bei 29, 3 Prozent.
Bei einer Langzeitbetrachtung erkennt man einen deutlichen Rückgang bei den IHK-Berufsanfängern mit Hauptschulabschluss und im gleichen Maße einen Zuwachs bei denen mit Abitur. Dies zeigt deutlich, wie anspruchsvoll viele Berufe inzwischen inhaltlich sind und in welchem Maße deren Attraktivität dadurch wiederum für Abiturienten zugenommen hat.
Vor allem bei den kaufmännischen Berufen fällt zudem eine deutliche Zunahme bei Berufsanfängern mit einem im Ausland erworbenen Schulabschluss auf. Hier hat sich der Anteil von rund einem Prozent in den Jahren 2017 bis 2021 im Jahr 2024 mit 5,9 Prozent annähernd versechsfacht. Einen Schwerpunkt bilden hier insbesondere die Hotel- und Gaststättenberufe. Hier ist die Zahl der Bewerber aus dem Landkreis Göppingen so drastisch zurückgegangen, dass viele Unternehmen ihre Auszubildenden inzwischen in Thailand, Vietnam oder Marokko rekrutieren.
Der vollständige Report steht Ihnen als Download zur Verfügung.