Schwach in den Sommer

Nach einem schwachen Jahresauftakt tritt die Konjunktur im Landkreis Böblingen auch in den Frühsommer hinein auf der Stelle. Zwar gibt es hier und da ein paar wenige Lichtblicke, für eine Trendumkehr reicht dies allerdings bislang nicht aus.
In der Konjunkturbefragung der IHK-Bezirkskammer Böblingen stellen die Unternehmen im Kreis der wirtschaftlichen Situation ein mäßiges bis schlechtes Zeugnis aus. Für rund 50 Prozent ist die aktuelle Lage befriedigend, für knapp 26 Prozent stellt sich die Situation schlecht dar. Im industriellen Sektor ist die Bewertung der Unternehmen sogar noch miserabler. Hier melden knapp 43 Prozent eine schlechte Lage, lediglich neun Prozent sprechen von einer guten wirtschaftlichen Situation. Maßgeblich verantwortlich für diese verhaltene Be-urteilung ist dabei nach wie vor die schwache Nachfrage. Diese ist nun seit dem Jahr 2022 im negativen Bereich und kommt insbesondere im Inland nicht von
der Stelle. Die Verbraucher sind angesichts der wirtschaftlichen Aussichten verunsichert und halten sich in ihrem Konsumverhalten zurück. Auch die Betriebe sind vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bei ihren Investitionen vorsichtig. Die Verunsicherung hat hier in den letzten Monaten mit den durch die amerikanische Regierung ausgelösten Handelskonflikten weiter zugenommen. Ein Lichtblick waren für viele Unternehmen die Neuwahlen und die damit verbundene Hoffnung, dass eine neue Regierung den wirtschaftlichen Knoten lösen wird.
Inwieweit die nun gestartete neue Bundesregierung die hohen Erwartungen erfüllen kann, bleibt allerdings abzuwarten. Hoffnungsvoll stimmt aktuell eher die Entwicklung im Außenhandel. Hier gab es trotz aller handelspolitischer Widrigkeiten einen zaghaften Anstieg in der Nachfrage. Bleibt abzuwarten, ob dies mehr als ein Strohfeuer ist oder durch handelspolitische Aktionen aus den USA schnell wieder abgewürgt wird. Die großen Risiken werden von den Un-ternehmen gesehen und drücken weiterhin auf die Stimmung und die Erwar-tung. In der IHK-Umfrage rechnen die meisten Befragten eher mit einer Verschlechterung oder einer gleichbleibend schlechten wirtschaftlichen Lage in den kommenden Monaten. Dieser negative Ausblick drückt auch auf den Arbeitsmarkt. Zwar ist der Fachkräftemangel in vielen Branchen immer noch spürbar, die Agentur für Arbeit im Kreis Böblingen verzeichnet allerdings einen merklichen Zuwachs an Arbeitslosen und auch das Thema Kurzarbeit spielt eine größere Rolle. Insgesamt liegt die Arbeitslosenquote im Kreis derzeit bei 4,2 Prozent. Im Vorjahreszeitraum lag diese noch bei 3,8 Prozent. Auch aus den Rückmeldungen der Unternehmen in der IHK-Konjunkturumfrage ist hier in naher Zukunft kaum mit einer Verbesserung zu rechnen.
Lage_und_Erwartungen_Gesamtwirtschaft_FS_25

Blick in die Branchen

Das große Sorgenkind ist in der Konjunkturumfrage der Böblinger IHK eindeutig die Industrie. Schwache Auftragslage, Bürokratie, hohe Kosten und nun auch noch eine irrlichternde US-Handelspolitik sorgen für einen wirtschaftlichen Giftcocktail, der es in sich hat und dem produzierenden Gewerbe mehr als nur auf das Gemüt drückt. Der IHK-Indikator hat sich gegenüber dem Jahresauftakt nun nochmals verschlechtert und liegt nun bei negativen 34 Punkten. Der Anteil derer, die eine gute Wirtschaftslage angeben können, rutschte von 16 Prozent auf neun Prozent ab. 43 Prozent der Unternehmen in der Industrie geben eine schlechte Lagebeurteilung ab. Diese Werte geben wenig Anlass zu Hoffnung, dass es der Branche schnell wieder besser gehen wird, zumal die Risiken nicht kleiner werden oder schnell verschwunden sein werden. Wenn man von etwas Hoffnung sprechen kann, ist allenfalls der Blick auf die Auftragslage bemerkenswert. Im Inland herrscht weiterhin Stagnation, in der Auslandsnachfrage scheint es allerdings etwas Bewegung zu geben. Der IHK-Nachfrageindikator hat sich leicht in den positiven Bereich entwickelt. Immerhin verzeichnet mehr als ein Drittel der Unternehmen ein verbessertes Auslandsgeschäft. Ob sich dieser positive Trend fortsetzt, wird sich zeigen. Die angedrohten Zölle auf europäische Waren in den USA sind bislang nur ausgesetzt, aber nicht vom Tisch. Mit der allgemein schwierigen Geschäftslage sind auch die Beschäftigungspläne der Industriebetriebe im Keller. Knapp 43 Prozent gehen zurzeit von einer Reduktion der Belegschaft aus. Diese negative Entwicklung in der Hauptbranche des Landkreises macht auch vor anderen Wirtschaftsbereichen nicht halt.
Lage_und_Erwartungen_Industrie_FS_25
So verzeichnet auch der Handel eine weiterhin schwache Geschäftslage. Im Großhandel, der eng mit der Industrie verbunden ist, liegt die dünne Auftragsdecke auf der Hand. Im Einzelhandel sind die Kunden aufgrund der gestiege-nen Preise und der unsicheren wirtschaftlichen Lage verunsichert und halten sich bei Anschaffungen zurück. Sollte die neue Bundesregierung mit wirtschaftspolitischen Impulsen Vertrauen bei den Verbrauchern zurückgewinnen, könnte sich diese Zurückhaltung in der Zukunft wieder lösen und für eine Belebung sorgen.
Lage_und_Erwartungen_Handel_FS_25
Wie auch in den vergangenen IHK-Konjunkturberichten sind die Dienstleister etwas losgelöst von der allgemein schwachen Wirtschaftslage. Die Situation hat sich sogar gegenüber dem IHK-Bericht vom Jahresanfang noch etwas verbessert. Immerhin können 37 Prozent der Dienstleister eine gute Lagebeurteilung abgeben, lediglich 14 Prozent sind aktuell unzufrieden. Der IHK-Indikator liegt so auch mit 22 Punkten deutlich im positiven Bereich. Für die weitere Entwicklung scheint es für die Branche auch weiterhin gut zu laufen. Die Erwartungen sind meist positiv oder man rechnet zumindest mit einer gleichbleibenden Lage.
Lage_und_Erwartungen_Dienstleistungsbranche_FS_25
Entgegen den Erwartungen hat sich die Lage beim Bau auch weiterhin nicht wesentlich verbessert. Mit wenigen Ausnahmen ist die Situation nach wie vor schwierig und die Verbraucher halten sich zurück. Die schwierige Lage der Branche wird sich wohl auch in den kommenden Monaten nicht wesentlich verbessern.
IHK-Konjunkturindikatoren:
Sie werden als Saldo von positiven und negativen Antworten zu den jeweiligen Fragen ermittelt und können zwischen minus 100 und plus 100 Prozentpunk-ten liegen. Indikatorwert Null zeigt an, dass sich die positiven und negativen Antworten genau die Waage halten. Ein positiver Indikatorwert bedeutet, dass es mehr positive als negative Antworten gibt.