Standortumfrage 2025 - Ruf der Unternehmen nach Veränderung wird lauter
Im Rahmen einer umfangreichen Standortumfrage hat die IHK-Bezirkskammer Böblingen Betriebe aus Industrie, Handel, Dienstleistungen, Verkehr und Gastronomie zur Lage und Zukunft des Standortes Landkreis Böblingen befragt. Die Rückmeldungen zeigen auf, wie Unternehmen aus den unterschiedlichen Branchen den Standort anhand verschiedener Faktoren bewerten und wo sie dringenden Handlungsbedarf sehen. Ein Vergleich mit den Ergebnissen der letzten Umfrage von 2022 zeigt, wie dringend notwendig Veränderungen sind, um den Standort attraktiv zu halten.
Viele Unternehmen sehen sich zunächst einmal selbst in der Pflicht, ihr Geschäftsmodell anzupassen, sich neu aufzustellen und Prozesse umzustrukturieren. Die anhaltende Auftragsschwäche, die kriselnde Konjunktur und globale wirtschaftliche sowie geopolitische Unsicherheiten zwingen Betriebe im Landkreis, so 78 Prozent der Rückmeldungen, sich vor allem auf die Gewinnung neuer Kunden und Märkte zu konzentrieren. 76 Prozent setzen auf die Erschließung neuer Lieferanten und Wertschöpfungsketten. Und obwohl die Zahlen denen aus 2022 sehr ähnlich sind, so haben sich die Prioritäten klar verschoben. Während vor drei Jahren noch Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und Fachkräfte die ersten beiden Plätze belegten, geht es bei vielen Unternehmen, wie das aktuelle Bild zeigt, nun um die wirtschaftliche Zukunft.
Neben der selbst zu verantwortenden zukunftsorientierten Ausrichtung ihres Betriebs sind Unternehmer im Landkreis Böblingen aber auch auf wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen angewiesen. Beim Ranking der Wichtigkeit unterschiedlicher Standortfaktoren stehen die Themen Digitalisierung, Entbürokratisierung und Entschlackung von Prozessen bei den Rückmeldungen der Unternehmen an Behörden als wichtigste Standortfaktoren ganz weit oben. Als besonders wichtig erachten Betriebe nach wie vor die Verfügbarkeit und die Qualität von Glasfaser- und Breitbandinternet sowie einem überall funktionierenden Mobilfunknetz: 97, respektive 95 Prozent aller befragten Unternehmen schreiben diesen Faktoren eine besonders akute Wichtigkeit zu. Zum Vergleich, vor drei Jahren waren es bei beiden Bereichen noch weniger als 90 Prozent. Auffällig ist hier, dass eine wettbewerbsfähige digitale Infrastruktur, gerade im Bereich Verfügbarkeit von Breitband-Internet und Mobilfunk, trotz der hohen Relevanz immer noch an vielen Stellen unzureichend vorhanden ist. Hier besteht aus Unternehmenssicht mit Blick auf die tatsächliche Situation besonders akuter Handlungsbedarf.
Auch die Notwendigkeit unbürokratischer und einheitlicher Verfahren gewann in den letzten drei Jahren weiter an Wichtigkeit, beispielsweise im Bereich Baugenehmigungen und Bebauungspläne. Nach 85 Prozent im Jahr 2022 stieg der Anteil der befragten Unternehmen, die sich nach einfacheren Verfahren sehnen, auf über 90 Prozent.
Weiter erschwert die Lage der Betriebe die Lohnentwicklung in den letzten Jahren sowie gestiegene Energie- und Immobilienpreise. Während die Lohn- und Immobilienkosten als Standortfaktoren an Bedeutung gewannen, von 86 auf 88 und von 80 auf 85 Prozent, so entspannte sich der Blick auf die Energiepreise ein wenig. Zu beachten ist hierbei allerdings, dass die Umfrage 2022 kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs durchgeführt wurde, und dennoch aktuell 84 Prozent der Unternehmen unter den hohen Energiepreisen leiden.
Dennoch gibt es auch Lichtblicke. Womit die Unternehmen im Landkreis Böblingen besonders zufrieden sind, ist unter anderem die hohe Dichte an wichtiger Infrastruktur, darunter die gute Anbindung zum Flughafen und zu Fernstraßen, und die sehr gute Kundennähe und -bindung. Auch die Nähe zu Logistikzentren und vielen wichtigen Zulieferern sorgt dafür, dass der Standort trotz der zweifellos bestehenden Widrigkeiten nach wie vor attraktiv für Unternehmen ist – hier zeigen sich die Unternehmen überwiegend zufrieden und es besteht eine weitgehende Übereinstimmung zwischen der wahrgenommenen Relevanz und der tatsächlichen Situation.
„Die Ergebnisse der aktuellen Standortumfrage zeigen uns einmal mehr sehr deutlich, wo der Schuh drückt – und wo wir als IHK gemeinsam mit Politik und Verwaltung ansetzen müssen. Die Unternehmen im Landkreis Böblingen senden ein klares Signal: Sie brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie und eine moderne Infrastruktur, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben“ kommentiert Andreas Weeber, Präsident der IHK-Bezirkskammer Böblingen.
Insgesamt zeigt der Vergleich zur letzten Umfrage im Jahr 2022 eines besonders deutlich. Von allen genannten wurden die zehn wichtigsten Standortfaktoren für Unternehmen im Landkreis, sei es in den Bereichen Digitalisierung, Bürokratie, Lohnkosten oder Immobilienpreise, ausnahmslos allesamt als noch wichtiger erachtet als vor drei Jahren. Der Ruf der Unternehmen nach Veränderung wird lauter.