Wirtschaftsregion attraktiv gestalten

Impulse des demografischen Wandels nutzen

Situation im Elbe-Weser-Raum

Bei der Bevölkerungsverteilung besteht im Elbe-Weser-Raum ein Ungleichgewicht zwischen Stadt und Land. Während Kommunen im Umland der Großstädte prosperieren, leiden anderswo Regionen unter Landflucht. Dort fehlen Arbeitsplätze, Geschäfte, Arztpraxen und Banken. Schulen und Gaststätten schließen. Für die verbleibenden Bewohner verschlechtert sich die Lebensqualität. Zusammen mit einer oft unzureichenden Internetversorgung, mangelnden Mobilitätsangeboten und anderen Nachteilen, führt dies auch zu Wettbewerbsnachteilen für die Unternehmen, was in Verbindung mit der Abwanderung qualifizierten Personals eine wirtschaftliche Abwärtsspirale für die betroffene Region in Gang setzen kann.
Die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der Unternehmen hängt maßgeblich von der Verfügbarkeit eines ausreichenden und qualifizierten Fachkräfteangebots ab. Wenn aber nicht alle Stellen besetzt werden können, und das gilt auch für den Unternehmensnachfolger, sind die Betriebe in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt, Wissen, Innovationsfähigkeit und letztlich Wertschöpfung gehen verloren. Die Basis für zukünftiges Unternehmertum droht wegzubrechen.
Allerdings werden noch nicht alle Potenziale bei der Fachkräftesicherung berücksichtigt. So liegt beispielsweise die Beschäftigungsquote von Migranten und ausländischen Fachkräften unter dem Bundesdurchschnitt. Ihre Integration in den Arbeitsmarkt benötigt jedoch vielfach Zeit, insbesondere mit Blick auf die unterschiedlichen Sprachkenntnisse und Qualifikationsniveaus. Erschwerend kommt hinzu, dass deren Beschäftigung mit bürokratischem Aufwand verbunden ist. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) wurden neue Möglichkeiten und Verfahren geschaffen.
Die medizinische Versorgung über Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte sowie die Versorgung über Apotheken ist derzeit zufriedenstellend. Allerdings zeichnet sich langsam ein Mangel an Fachkräften in diesen Bereichen ab. Vor allem die sich schwierig darstellenden Praxisnachfolgen bei niedergelassenen Ärzten sowie der wachsende Bedarf an Pflegekräften stellen besorgniserregende Entwicklungen dar.
Mit zunehmender Digitalisierung und Vernetzung vergrößert sich das Portfolio neuer Arbeitsformen. Digitalisierung erlaubt inzwischen mobiles und flexibles Arbeiten, also weitestgehend ungebunden von Ort und Zeit.

Was wir fordern

Infrastruktur erhalten und ausbauen

Den Menschen und den Unternehmen dürfen keine wesentlichen Nachteile daraus entstehen, in einer bestimmten Region ihren Lebensmittelpunkt bzw. Standort zu haben. Politische Aufgabe und Ziel des Verwaltungshandelns muss es sein, regionale Disparitäten weitestgehend abzubauen. Fortzüge lassen sich nur stoppen und Zuzüge nur erreichen, wenn Menschen und Unternehmen attraktive Wohn-, Arbeits- und Produktionsstandorte vorfinden, daher dürfen die ländlichen Räume nicht abgehängt werden. Ihre Infrastruktur ist zu erhalten und, wo sinnvoll und notwendig, auszubauen. Das gilt nicht nur für die Verkehrsinfrastruktur, sondern zum Beispiel auch für die Bildungsinfrastruktur, die Gesundheitsversorgung und die flächendeckende Breitband- und Mobilfunkinfrastruktur.

Unternehmen attraktiv machen

Fachkräftesicherung ist zu allererst Aufgabe des Unternehmens. Über die duale Ausbildung lässt sich der eigene Fachkräftenachwuchs entwickeln. Allerdings lassen sich darüber nicht immer alle Personalbedarfe abdecken. Damit insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen von potenziellen Fachkräften wahrgenommen werden, sollten sie grundsätzlich ihre Vorzüge als Arbeitgeber herausstellen.
Neue Arbeitsformen können dazu beitragen, Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden. Dafür sind die technischen Voraussetzungen zu schaffen und ist auch der gesellschaftliche Wertewandel in die Unternehmenskultur zu integrieren. Um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, ist es von Bedeutung, diesen Wandel aktiv zu gestalten und die Unternehmenskultur neu zu definieren.

Unternehmensnachfolge ernst nehmen

Unternehmen sollten sich darüber hinaus frühzeitig mit dem Thema der Unternehmensnachfolge befassen. Die Beratungsunterstützung mittels Nachfolgemoderator sollte in die Fördermittelkulisse der KfW/NBank aufgenommen werden. Eine professionelle Unterstützung kann die Handlungsmöglichkeiten für Unternehmer optimieren. Entsprechend sind Politik und Verwaltung aufgefordert, die erfolgreiche Arbeit in der Nachfolgemoderation finanziell zu sichern und zu verstetigen.

Attraktive Rahmenbedingungen schaffen

Um Fachkräfte zu halten und neue anzuwerben, müssen die Lebensbedingungen in der Wirtschaftsregion attraktiv bleiben. Weiche Faktoren, wie Einkaufsmöglichkeiten, medizinische (Nah-)Versorgung oder Kultur- und Freizeitangebote, gewinnen zunehmend an Bedeutung. Damit die Vereinbarkeit von Familie/Pflege und Beruf besser gelingen, ist es wichtig, Kinderbetreuung, Ganztagsschulen sowie Pflegeangebote bedarfsgerecht auszubauen. Ein enges Zusammenwirken aller regionalen Akteure ist hierzu erforderlich.

Medizinische Versorgung sicherstellen

Politik und medizinische Selbstverwaltung sind aufgerufen, die medizinische Versorgung durch Krankenhäuser und durch niedergelassene Ärzte in selbstständigen Arztpraxen oder durch medizinische Versorgungszentren sicherzustellen. Die Leistungen der Apotheken vor Ort ermöglichen schnelle Versorgung und decken mit ihrem Bereitschaftsdienstsystem eine 24/7-Versorgung für die Bevölkerung ab. Die wohnortnahe Notfallversorgung der Bevölkerung mit Medikamenten und eine fachlich hochwertige Beratung müssen daher auch für die Zukunft sichergestellt sein. Hier gibt es zu den stationären Apotheken keinen adäquaten Ersatz.

Breitbandnetz für Telemedizin flächendeckend ausbauen

Potenziale bei der Telemedizin oder der digitalen Diagnostik müssen insbesondere im Bereich der medizinischen Versorgung in der Fläche genutzt und ausgeweitet werden. Eine flächendeckende Breitbandversorgung ist unverzichtbar für die Nutzung digitaler medizinischer Anwendungen. So kann auch der sich abzeichnende Personalmangel sowohl in der ärztlichen Betreuung als auch in der Pflege in seinen Wirkungen abgemildert werden. Politik und berufsständische Vertretungen der betroffenen Berufe müssen die regulatorischen Voraussetzungen hierfür schaffen und deren Umsetzung begleiten.

Bürokratische Hürden beim Arbeitsmarktzugang abbauen

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sollte effizient umgesetzt werden. Das Zusammenspiel zwischen Ausländerbehörden, Arbeitsagentur und Anerkennungsstellen sollte reibungslos und erfolgen, um die bürokratischen Hürden beim Arbeitsmarktzugang weiter abzubauen. Unternehmen brauchen zudem schnell Rechtssicherheit hinsichtlich des Aufenthaltsstatus von Geflüchteten. Einstiegsqualifizierungen (EQ) sind gut geeignet, um junge Geflüchtete an eine Ausbildung heranzuführen – EQs sollten in die Regelung zur Ausbildungsduldung aufgenommen werden. Außerdem gilt es, das Sprachkursangebot zu verbessern, um die Integration zu erleichtern.

Was wir tun

Der gemeinsame Nachfolgemoderator der IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum und der IHK Lüneburg-Wolfsburg berät und begleitet zum einen Betriebe, die einen Nachfolger suchen, und zum anderen Existenzgründer, die eine Übernahme anstreben.
Neben einer ständigen Anpassung der bestehenden Berufsbilder an zukünftige Anforderungen bietet die IHK Bildungsangebote für bestehende Fachkräfte und entwickelt sie bedarfsgerecht. Nachqualifizierungsangebote und zielgruppenbezogene Kompetenzvermittlung für neue Technologien und Innovationen durch Schulungen und Zertifizierungen tragen dazu bei, dass sich qualifizierte Fachkräfte in ihrer beruflichen Laufbahn den Anforderungen der Wirtschaft anpassen können.
Das Fachkräftebündnis Elbe-Weser vernetzt die regionalen Akteure aus der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes miteinander. Gemeinsam mit den Bündnispartnern initiiert und begleitet die IHK Projekte zur Fachkräftesicherung.
Die Information über den demografischen Wandel ist wichtige Grundlage zur erfolgreichen Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen. In regionalen Netzwerken und den eigenen Fach- und Regionalausschüssen vermittelt die IHK entsprechendes Wissen, stellt Leuchtturmprojekte und -betriebe vor und formuliert Positionen sowie Forderungen zu wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen.
Die IHK unterstützt kleinere und mittlere Unternehmen im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung durch regelmäßige Informationsveranstaltungen sowie individuelle Beratungen über unsere Mitgliedschaft in dem Verein Gesundheitswirtschaft Nordwest e. V..
Die IHK beteiligt sich mit Stellungnahmen an Planungsprozesse und informiert mit Veranstaltungen und Publikationen, wie zum Beispiel dem IHK-Verkehrskonzept (PDF) (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 2344 KB), über solche Vorhaben. Sie nutzt ihre wirtschaftlichen und politischen Kontakte, um die Realisierung von Vorhaben zu beschleunigen. Zur A20 werden hierfür Gemeinschaftsveranstaltungen zwischen Niedersachsen und Schleswig-Holstein organisiert, um den Schulterschluss zu demonstrieren.
Die regelmäßige Erfassung und Analyse der konjunkturellen Entwicklung im Elbe-Weser-Raum durch die IHK wird ergänzt durch Standortumfragen, um die konkreten Bedarfe der regionalen Wirtschaft zu ermitteln, beispielsweise zur Bedeutung und Zufriedenheit der harten und weichen Standortfaktoren. Diese Grundlagen werden von der IHK verwendet, um Defizite und Vorschläge an die relevanten Akteure zu adressieren, so zum Beispiel mit der Positionierung ”Gleichwertige Lebensverhältnisse – Was der Elbe-Weser-Raum jetzt braucht“.

Zahlen, Daten, Fakten aus dem Elbe-Weser-Raum

  • Etwa ein Drittel der Unternehmerinnen und Unternehmer im Elbe-Weser-Raum sind 55 Jahre alt oder älter. (IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum)
  • Nur jeder 5. Unternehmer hat seine Nachfolge geregelt. (IHKN Nachfolgereport)
  • Der Fachkräftemangel wird von den Unternehmen in der IHK-Konjunkturumfrage seit einigen Jahren regelmäßig als größtes Risiko für die künftige Geschäftsentwicklung erachtet. (IHK Stade, Konjunkturumfrage)
  • Rund vier von zehn Unternehmen haben bereits Probleme bei der Fachkräftesicherung und können offene Stellen längerfristig nicht besetzen. (IHK Stade, Konjunkturumfrage, 3. Quartal 2020)
  • In der IHK-Standortumfrage 2019 halten 81 Prozent der teilnehmenden Unternehmen den Standortfaktor medizinische Nahversorgung für wichtig bzw. eher wichtig.
Weiterführende Links