Was der Elbe-Weser-Raum jetzt braucht
Gleichwertige Lebensverhältnisse
Gleichwertige Lebensverhältnisse sind eine Grundvoraussetzung für ein langfristig prosperierendes wirtschaftliches und gesellschaftliches Miteinander. Den Menschen und den Unternehmen dürfen keine wesentlichen Nachteile daraus entstehen, in einer bestimmten Region ihren Lebensmittelpunkt bzw. Standort zu haben. Und doch gibt es regionale Disparitäten: So erwachsen oft den Unternehmen im ländlichen Raum zum Beispiel aufgrund unzureichender Internetversorgung Wettbewerbsnachteile gegenüber ihren Mitbewerbern in städtischen Gebieten. Aufgrund mangelnder Mobilitätsangebote und anderer Nachteile zieht es junges und qualifiziertes Personal in die Großstädte, was in den Abwanderungsregionen eine wirtschaftliche Abwärtsspirale in Gang setzen kann.
Die IHK Elbe-Weser hat daher in ihren Regionalausschüssen das Thema „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ aufgegriffen. Ziel dabei war es, die für die Wirtschaft des Elbe-Weser-Raums wichtigen Aspekte in Form von Positionen zu „Gleichwertigen Lebensverhältnissen“ zusammenzufassen und in die politischen Diskussionen einzubringen. Acht Themenfelder stehen wegen ihrer wirtschaftlichen und regionalen Relevanz dabei im besonderen Fokus der Industrie- und Handelskammer Elbe-Weser.
- Verkehrsinfrastruktur ausbauen und Mobilitätsangebote verbessern
- Die verantwortlichen Stellen in Bund und Ländern müssen die erforderlichen Anbindungen der Region an den überregionalen Verkehrbeschleunigen und dauerhaft sicherstellen.
- Das Angebot des Schienenverkehrs in und durch die Region ist auszubauen, um attraktive Querverbindungen herzustellen und hierdurchdie Abhängigkeit vom Privatfahrzeug zu verringern.
- Im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs ist die öffentliche Hand aufgefordert, Sorge zu tragen, dass keine Teilbereiche des Elbe-Weser-Raums abgehängt werden.
- Wo sich Linienverkehre nicht wirtschaftlich anbieten lassen, müssen alternative Konzepte wie Car-Sharing, Ride-Pooling, oder ergänzende Taxenverkehre unbürokratisch initiiert, unterstützt und finanziert werden.
- Umfassende Investitionen in die Tank- und Ladeinfrastruktur für neue Antriebsformenkönnen helfen, die verkehrlichen Klimaschutzziele im Elbe-Weser-Raum zu erreichen und die Region zu einer Musterregion zu entwickeln.
- Nahversorgung gewährleisten und Stadtentwicklung neu denken
- In allen Teilen des Elbe-Weser-Raums sind wohnortnahe Versorgungsstrukturen mit Handel und Dienstleistungen zu sichern sowie die Attraktivität der Innenstädte und Ortskerne zu stärken.
- Die Genehmigung neuer Einzelhandelsflächen sollte so gehandhabt werden, dass die Versorgungsstrukturen an anderer Stelle nicht gefährdet werden.
- Der Abruf von Städtebaufördermitteln sowie der Ausbau niedrigschwelliger Programme auf Landes-, Landkreis- und Kommunalebene sollten erhöht werden. Außerhalb der zentralen Orte sind regional angepasste Lösungen sowie individuelle Ansätze der Versorgung zu unterstützen.
- Handel macht nicht an kommunalen Grenzen Halt. Die Zusammenarbeit von Kommunen (interkommunale Kooperation) sollte verstärkt in den Fokus von Politik und Verwaltungen rücken.
- Klassische Leitbilder und Konzepte zur Einzelhandels- und Stadtentwicklung sollten weitergedacht werden. Neue, kreative, smarte und individuell an den jeweiligen Ort angepasste Ansätze werden mehr und mehr erforderlich.
- Breitband- und Mobilfunkversorgung an den Anforderungen der Wirtschaft ausrichten
- Alle Gewerbegebiete im Elbe-Weser-Raum sind mit einem Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz auszustatten, um den Bedarfen der Digitalisierung sowie den Anforderungen neuer Arbeitsformen gerecht zu werden.
- Die Investitionsmöglichkeiten in den Breitband- wie Mobilfunkausbau sind zu erleichtern, indem über die öffentliche Förderung deutlich mehr Investitionsmittel unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden.
- Die Kommunen müssen die Möglichkeit erhalten, vor Ort entsprechend der lokalen Bedarfe in eigene Netze zu investieren, wenn dies seitens der Netzbetreiber nicht oder nur unzureichend erfolgt.
- Beim Mobilfunk gilt es, die identifizierten weißen Flecken zu schließen und eine flächendeckende Versorgung mindestens mit dem LTE-Standard zu erreichen.
- Arbeitsplatzangebot steigern
- Kommunen und Landkreise sind gefordert, ihre Wohn- und Arbeitsstandorte zu entwickeln, damit Ansiedlungs- und Erweiterungsvorhaben gelingen können. Gewerbeflächen müssen verfügbar und planungssicher sein sowie über eine moderne und leistungsfähige Infrastrukturanbindung verfügen.
- Eine wirtschaftsfreundliche Gesellschaft und Verwaltung sowie zügige Verfahrensprozesse wirken positiv auf den Wirtschaftsstandort.
- Die interkommunale Zusammenarbeit ist auszubauen, ermöglicht sie doch erst die ressourceneffiziente Entwicklung von Gewerbegebieten sowie deren gemeinsame Vermarktung.
- Kommunen benötigen ausreichend Wohnraum sowie ein attraktives Umfeld aus Schulen, Freizeit- und Versorgungseinrichtungen sowie Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf, um Fachkräfte vor Ort zu halten und neue zu gewinnen.
- Gesundheitsversorgung in der Fläche gewährleisten
- Die medizinische Versorgung im Bereich der Krankenhäuser sowie der Haus- und Fachärzte, der Kranken- und Altenpflege sowie im Bereich der Medikamentenversorgung ist dauerhaft sicherzustellen.
- Auf Landesebene muss der Ausbau an Medizinstudienplätzen weiter vorangetrieben werden. Um eine eventuelle Versorgungslücke möglichst klein zu halten, ist diese Maßnahme zudem zügig umzusetzen.
- Pilotprojekte einzelner Landkreise sind bei Erfolg auf die anderen Landkreise des Elbe-Weser-Raumes zu übertragen.
- Neuen Versorgungsformen, wie zum Beispiel E-Health-Anwendungen, sind konsequent umzusetzen, um Qualität, Erreichbarkeit und Wirtschaftlichkeit der medizinischen und pflegerischen Versorgung zu verbessern.
- Voraussetzung für die Arbeit mit E-Health-Anwendungen ist eine funktionierende flächendeckende Breitbandversorgung bis ins Haus.
- Bildungsinfrastruktur erhalten und neue Angebote schaffen
- Das Angebot einer wohnortnahen Beschulung bei den allgemeinbildenden Schulen und den Berufsschulen ist durch eine stärkere schulträger- und länderübergreifende Zusammenarbeit sicherzustellen. Bestehende Kooperationen zwischen Berufsbildenden Schulen sind auszubauen und zu fördern.
- Bei drohenden Schließungen von Schulstandorten oder dem Wegfall von Berufsschulklassen sollen zunächst die regionalen Auswirkungen und Konsequenzen für den Wirtschaftsstandort überprüft werden, losgelöst von starren Vorgaben aus Erlassen.
- Innovative Ansätze, wie zum Beispiel der schulübergreifende Einsatz von E-Learning-Angeboten,müssen erprobt und die Lehrkräfte für diese neuen Bildungsangebote und -formen geschult werden. Blended Learning-Formate sollen gefördert werden, um die berufsbezogene Beschulung in der Fläche sicherzustellen.
- Die Aufrechterhaltung und der Ausbau des regionalen Hochschulangebotes sind zu fördern.
- Bereitstellung einer guten Netzinfrastruktur mit ausreichender Bandbreite und Ausstattung der Schulstandorte mit zeitgerechter IT-Infrastruktur.
- Gewerbe- und Wohnraum ausgewogen entwickeln
- Der Bedarf nach bezahlbarem Bauland für Gewerbe, Industrie und Wohnen ist bei Flächenausweisungen ausgewogen zu berücksichtigen.
- Erschwinglicher Wohnraum ist erforderlich, um Fachkräfte für die Region gewinnen zu können.
- Ein Heranrücken von Wohnnutzungen an bestehende lebendige Industrie- und Gewerbestandorte ist unbedingt zu vermeiden, um die Entwicklungsmöglichkeiten der Unternehmen nicht einzuschränken.
- Flächennutzungspläne sind regelmäßig zu überprüfen und konsequent an den Bedarfen der nächsten Jahre auszurichten.
- Finanzsituation der Kommunen zukunftssicher ausrichten
- Die Kommunen in der Elbe-Weser-Region sind mit den finanziellen Mitteln, die sie für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben und die Vornahme erforderlicher Investitionen benötigen, auszustatten.
- Auf kommunaler Seite ist eine echte Aufgaben- und Ausgabenkritik zwingend vorzunehmen. Steuererhöhungen dürfen nicht erster, sondern letzter Schritt der Konsolidierung sein.
- Für die Umsetzung von Ideen und best-practice-Beispielen müssen Kommunen die nötigen rechtlichen Spielräume erhalten.
- Die Steuerbelastung der Unternehmen am Standort muss reduziert werden. So sollte grundsätzlich auf die Erhebung von Bagatellsteuern sowie auf die Einführung neuer Gebühren und Abgaben verzichtet werden.
- Die Grundsteuer-Reform sollte in Niedersachsen auch auf kommunaler Ebene zwingend aufkommensneutral erfolgen.
Die komplette Broschüre “Gleichwertige Lebensverhältnisse” mit vertiefenden Analysen zur Situation im Elbe-Weser-Raum können Sie herunterladen. (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 3567 KB)