Pressemitteilung

PM073: EU bremst Unternehmen bei Investitionen in Nachhaltigkeit aus

IHK-Chef von Speßhardt sieht sich durch DIHK-Studie bestätigt: Bürokratie lähmt, statt zu fördern

Elbe-Weser-Raum (IHK). Das umfangreiche Sustainable-Finance-Regelwerk der EU hat kleinen und mittleren Betrieben in Europa bislang keine Vorteile bei der Finanzierung nachhaltiger Investitionen gebracht. Sie sind ganz im Gegenteil immer stärker mit umfangreichen Berichtspflichten konfrontiert, die etwa Banken oder größere Geschäftspartner aufgrund der EU-Regelungen an sie weiterreichen müssen. Das ist das Fazit der Studie „Sustainable Finance im Mittelstand" der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), für die EU-weit 2.141 Unternehmen befragt wurden.
„Die Studie verdeutlicht einmal mehr, dass auch den Unternehmen in unserer Region durch das Sustainable-Finance-Regelwerk der EU leider vor allem investitionshemmende Bürokratie auferlegt wird. Dieses Vorgehen ist sehr bedauerlich und nicht zielführend, denn das Interesse der Wirtschaft, mehr in Nachhaltigkeit zu investieren, ist sehr groß “, sagt Christoph von Speßhardt, Hauptgeschäftsführer der Industrie und Handelskammer Stade für den Elbe-Weser-Raum.
So investierten knapp 60 Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen nach eigenen Angaben in den vergangenen zwei Jahren, um zum Beispiel die Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit im eigenen Unternehmen zu verbessern. Das meiste Geld bringen diese Betriebe aus eigenen Mitteln auf. Danach kommt die für den Mittelstand typische Hausbankfinanzierung. Während große Unternehmen an den Kapitalmärkten „grüne" Finanzierungen erhalten können, haben kleine und mittlere Betriebe der Studie zufolge kaum Zugang zu entsprechenden Mitteln.
Kleine und mittlere Unternehmen besonders benachteiligt
Die für größere Unternehmen sowie für Banken eingeführten Nachhaltigkeitsberichtspflichten landen indirekt auch bei mittleren und Kleinunternehmen. Diese müssen dann als Bankkunde oder Lieferant aus der Wertschöpfungskette immer mehr Offenlegungsverpflichtungen nachkommen, für die sie weder Vorteile bekommen noch Kapazitäten haben. Wenn sie aber selbst eine günstige Finanzierung etwa bei der Umstellung auf eine nachhaltigere Energieversorgung brauchen, gibt es für sie allenfalls Förderprogramme, die mit hohem Antragsaufwand verbunden sind.
„Durch die Vorgaben auf EU-Ebene in Form der Taxonomie kommen die Unternehmen um eine Regulation nicht mehr herum, aber die Frage, wie diese aussehen muss, um insbesondere für den Mittelstand keine zusätzliche Bürokratie zu schaffen, muss diskutiert und bei der Umsetzung der geforderten Berichtspflichten berücksichtigt werden“, mahnt Philipp Welsch, Berater für den Bereich Finanzierung der IHK.
Freiwilligen und einfachen Berichtsstandard gefordert
Aus Sicht der Deutschen Industrie- und Handelskammer gehen Vorschläge in die richtige Richtung, einen einfachen und freiwilligen Berichtsstandard für kleine und mittlere Unternehmen zu entwickeln und einzuführen. Das könnte zumindest die Belastungen durch indirekte Berichtspflichten abschwächen und Banken alle notwendigen Informationen für nachhaltige Kredite liefern. Die Finanzierung der Transformation sollte im Mittelpunkt der Regulierung stehen. Dafür benötigt man dringend Anpassungen, die bei Finanzinstituten, die im täglichen Geschäft mit kleinen und mittleren Unternehmen stehen, auch funktionieren.
Pressemitteilung Nr. 73
Stade, 19. Oktober 2023