Treibhausgasbilanz

Wie groß ist Ihr CO2-Fußabdruck?

Gründe, die eigenen Treibhausgasemissionen genauer unter die Lupe zu nehmen, gibt es immer mehr: Geschäftspartner in der Wertschöpfungskette brauchen entsprechende Angaben, um Berichtspflichten nachkommen zu können. Kunden fordern zunehmend verlässliche Angaben zur Klimabilanz eines Produkts. Und wer es ernst meint mit dem Klimaschutz, braucht den CO2-Fußabdruck, um seine Emissionstreiber zu identifizieren.
Treibhausgasbilanz, CO2-Bilanz und CO2-Fußabdruck werden dabei übrigens meist synonym verwendet und bezeichnen die Gesamtmenge an Treibhausgasemissionen, die durch ein Unternehmen oder eine Privatperson, eine Veranstaltung, ein Produkt oder eine Dienstleistung verursacht werden. Neben Kohlendioxid (CO2) sind dies sechs weitere Gase: Methan (CH4), Distickstoffmonoxid (Lachgas, N2O), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW/HFCs), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW/PFCs), Schwefelhexafluorid (SF6) und Stickstofftrifluorid (NF3). Um die Komplexität zu reduzieren, werden die Wirkungen der anderen Gase in Abhängigkeit von ihrer schädigenden Klimawirkung in CO2-Äquivalente (CO2e) umgerechnet. Für Methan beispielsweise gilt Faktor 28, für Lachgas 298. F-Gase haben die bis zu 22.800-fache Wirkung von CO2.
Anders als für die Einkommensermittlung und die finanzielle Rechnungslegung gibt es für CO2-Bilanzen (noch) keine rechtlichen Regelungen, nicht einmal verbindlich vorgeschriebene Standards. Es ist trotzdem sinnvoll, sich am Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) zu orientieren. Diese transnationale Standardreihe ist zum einen international am verbreitetsten, was die Aussagekraft erhöht, zum anderen Grundlage der DIN ISO 14064-1 und 14067, die dann einzuhalten wären, wenn eine CO2-Bilanz zertifiziert werden soll - oder ggf. auf Anforderung von Kunden eines Tages muss.
Die Bilanzierung kann entweder auf Unternehmensebene als sog. Corporate Carbon Footprint für das Kalenderjahr bzw. Geschäftsjahr oder bezogen auf den Lebenszyklus eines spezifischen Produkts als Product Carbon Footprint erstellt werden. In beiden Fällen sind neben den direkt im Unternehmen verursachten Emissionen auch indirekte Emissionen aus der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette zu erfassen. Entsprechend des Entstehungsortes und der Komplexität der Erfassung unterscheidet das GHG Protocol drei sogenannte Scopes:
  • Scope 1: direkte Emissionen, die im Unternehmen entstehen, z. B. durch Heizen oder Erzeugung von Prozesswärme mit Erdgas, Benzin oder Diesel für firmeneigene Fahrzeuge, aber auch Kältemittelleckagen, 
  • Scope 2: indirekte Emissionen aus der Erzeugung zugekaufter Energie, insbesondere Strom, Wärme und Dampf,
  • Scope 3: alle sonstigen indirekten Treibhausgasemissionen.
Die Bilanzierung von Scope 1 und 2-Emissionen ist nach GHG-Protocol Pflicht. Dazu sind die Energieverbräuche zu ermitteln und die Emissionen mittels der entsprechenden Emissionsfaktoren zu berechnen. Sofern diese nicht – wie z. B. die Stromkennzeichnung – als Primärdaten vorliegen, kann auf umfangreiche wissenschaftliche Datenbanken zurückgegriffen werden. Diese werden u. a. vom Umweltbundesamt kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Deutlich herausfordernder ist die Bilanzierung der Scope 3-Emissionen, die nach GHG-Protocol optional ist – praktisch aber von hoher Relevanz. Bei vielen Geschäftsmodellen steckt das Gros der Emissionen nämlich in den vor- und nachgelagerten Aktivitäten in der Wertschöpfungskette. Wirklich aussagekräftig wird der CO2-Fußabdruck sowohl auf Unternehmens- als auch Produktebene also nur, wenn auch die wesentlichen vor- und nachgelagerten Emissionen bilanziert werden. Das GHG-Protocol teilt diese in 15 Kategorien ein. Im Bereich der vorgelagerten Emissionen: Gekaufte Waren und Dienstleistungen, Investitionsgüter, Brennstoff- und energiebezogene Aktivitäten (nicht in Scope 1 und 2 enthalten, z. B. Vorkette gehandelter Energie), vorgelagerter Transport und Vertrieb, im Betrieb anfallende Abfälle, Geschäftsreisen, Pendeln von Beschäftigten, vorgelagerte geleaste Vermögenswerte. Und im Bereich der nachgelagerten Emissionen: Nachgelagerter Transport und Vertrieb, Verarbeitung der verkauften Produkte, Verwendung der verkauften Produkte, End-of-Life-Behandlung von verkauften Produkten, nachgelagerte geleaste Vermögenswerte, Franchises, Investitionen.
Dabei sind selbstverständlich nicht alle Kategorien für jedes Unternehmen relevant. In Abwägung des Emissionsvolumens, der Verfügbarkeit valider Daten und der Möglichkeit der Einflussnahme auf die Emissionen werden die zu bilanzierende Kategorien festgelegt. Für alle nicht berücksichtigten gilt Transparenz – also eine kurze Begründung, warum bestimmte Emissionen für die eigene CO2-Bilanz nicht relevant sind.
Mit dem ecocockpit stellt die Effizienz-Agentur NRW ein einfaches, kostenfreies Tool für die Erstellung eines CO2-Fußabdrucks zur Verfügung, das inzwischen auch in Kooperation mit dem Unternehmensnetzwerk Klimaschutz angeboten wird.