Leistungen für den Staat

Öffentliche Aufträge

Was sind öffentliche Aufträge?

Öffentliche Aufträge sind Verträge mit der öffentlichen Hand über Lieferungen und Leistungen. Sie werden aus Steuern und Abgaben des Bundes, der Gemeinden sowie anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts finanziert, das heißt aus den Steuerzahlungen der Bürger und Unternehmen. Aus diesem Grund unterliegen sie besonderen Bestimmungen.
Öffentliche Auftraggeber sind alle Dienststellen des Bundes, der Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und sonstiger juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Somit ergibt sich eine große Vielfalt an zentralen und dezentralen Beschaffungsstellen aller Größenordnungen.

Welche Vorschriften gibt es in Deutschland?

  • Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB)
  • Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleistungen - (VOL)
  • Verdingungsordnung für freiberuflich erbrachte Leistungen (VOF)
  • Vergabeverordnung (VgV)
Zu beziehen sind diese bei der Bundesanzeiger-Verlagsgesellschaft mbH, Köln, Tel: 0221 / 976 68-0. Bekanntmachungsmuster zu den einzelnen Richtlinien können im Portal Deutsches Ausschreibungblatt heruntergeladen werden.
Die Schwellenwerte bestimmen bis zu welchem Auftragsvolumen eine bestimmte Ausschreibungsform möglich ist und geben an, ab wann eine öffentliche Ausschreibung erforderlich ist. Sie divergieren je nach Vergabeart stark. Die Schwellenwerte unterscheiden sich zum Teil auch je nach Bundesland.
Das Vergaberecht für öffentliche Aufträge ist in Deutschland somit ein zweigeteiltes Recht:
  • Unterhalb der europäischen Schwellenwerte das auf den Haushaltsordnungen in Verbindung mit den Verdingungsordnungen VOL/A und VOB/A (jeweils Abschnitt 1) basierende nationale Vergaberecht sowie
  • Oberhalb der Schwellenwerte das auf dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Verbindung mit der Vergabeordung (VgV) und den Verdingungsordnungen VOL, VOB und VOF (Abschnitte 2, 3 und 4) basierende internationale Vergaberecht.
Bei einer Verletzung der Vergabevorschriften steht einem Unternehmen, das sich an einer internationalen Ausschreibung beteiligt, der Rechtsweg zur Vergabekammer und schließlich zum OLG offen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die sogenannten EU-Schwellenwerte (Netto-Auftragswerte ohne Umsatzsteuer) erreicht oder überschritten werden.

EU-Schwellenwerte (seit 1. Januar 2022)

  • Bauaufträge 5.382.000,- EUR
  • Bau und Dienstleistungskonzessionen 5.382.000,- EUR
  • für Liefer- und Dienstleistungsaufträge 215.000,- EUR
    (oberste und obere Bundesbehörden und vergleichbare Einrichtungen)
  • Liefer- und Dienstleistungsaufträge 431.000,- EUR 
    (Sektorenbereich / Bereich Verteidigung und Sicherheit)
Die Schwellenwerte für soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU (750.000,- EUR) bzw. des Anhangs XVII der Richtlinie 2014/25/EU (1.000.000,- EUR) bleiben bestehen.

Welche Vorschriften gibt es in Europa und darüber hinaus?

In der Europäischen Union:

  • Baukoordinierungsrichtlinie (BKR)
  • Lieferkoordinierungsrichtlinie (LKR)
  • Dienstleistungsrichtlinie (DLR)
  • Sektorenrichtlinie (SKR) für Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie Telekommunikation.
  • Überwachungsrichtlinien zu den einzelnen Richtlinien
Die aktuellen Schwellenwerte für die Anwendung der Richtlinien, die CPV-Codes für die Artikel sowie weitere Informationen zu europaweiten öffentlichen Aufträgen finden Sie auf der Website der Europäischen Union.

Weltweit:

  • WTO  der für die über 80 Mitgliedsländer Ausschreibungsregeln für öffentliche Aufträge des Bundes enthält.

Welche Beschaffungsverfahren gibt es?

Das offene Verfahren (öffentliche Ausschreibung) ist für nationale und internationale Ausschreibungen vom Wettbewerbsgedanken her das bedeutendste Verfahren. Der öffentliche Auftraggeber macht dabei einer möglichst großen Zahl von Unternehmen bekannt, dass er eine bestimmte Leistung beziehen möchte. Im uneingeschränkten Wettbewerb soll das wirtschaftlichste Angebot ermittelt werden. Die Informationen müssen veröffentlicht werden: EU-Ausschreibungen müssen zwingend im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Auftraggeber des Bundes veröffentlichen in der Regel im Bundesausschreibungsblatt, für andere Auftraggeber (z. B. Länder und Kommunen) besteht auf nationaler Ebene keine zentrale Verpflichtung ein bestimmtes Publikationsorgan zu verwenden.
Die Veröffentlichung der Ausschreibung ist auch nicht mit einem Pflichtenheft bei einer privatwirtschaftlichen Ausschreibung zu vergleichen; der Auftraggeber muss grundlegende Informationen über den Ausschreibenden, den Ausschreibungsgegenstand, den Zeitpunkt des Angebots und der Lieferung, besondere Qualifikationsansprüche an den Lieferanten, besondere Konditionen des Auftrags sowie die Möglichkeit einer Rechtsbeschwerde mitteilen. Hat ein potenzieller Bieter Interesse, muss er sich die Ausschreibungsunterlagen nebst Leistungsverzeichnis beim Auftraggeber besorgen; nur anhand dieser Unterlagen kann er sein Angebot korrekt einreichen. Jedes interessierte Unternehmen kann sich beteiligen. Sie werden überwiegend in Ausschreibungsblättern, wie dem Supplement zum Amtsblatt der EU, dem Deutschen Ausschreibungsblatt oder Landesausschreibungsblättern, veröffentlicht. In den Verdingungsordnungen sind sie als Regelbeschaffung vorgesehen.
Das nicht offene Verfahren (beschränkte Ausschreibung) kommt in begründeten Ausnahmefällen zur Anwendung und spricht eine begrenzte Zahl von Unternehmen direkt an. Da hier der Wettbewerb eingeschränkt ist, muss ein Unternehmen dem Auftraggeber schon bekannt sein, damit es aufgefordert werden kann, ein Angebot abzugeben. Sind dem Auftraggeber selbst nur wenige potenzielle Lieferanten bekannt, so müssen Markterkundungen durchgeführt werden, wofür die IHKs teilweise Hilfestellungen geben.
Das Verhandlungsverfahren (freihändige Vergabe) beschränkt den Wettbewerb noch mehr und bedarf als besonderer Ausnahmefall einer besonderen Begründung. Die Ausschreibung beschränkt sich hier auf nur ganz wenige mögliche Anbieter. Wie der Name schon sagt, gibt es im Unterschied zu den vorgenannten beiden Verfahren wenige Formvorschriften. Der öffentliche Auftraggeber kann ihm bekannte Unternehmen sogar ganz kurzfristig zur Abgabe eines Angebots auffordern, auch per Telefon. Hier können nur Betriebe zum Zuge kommen, die beim Auftraggeber hinreichend bekannt sind. Wer bei Verhandlungsverfahren mitmachen möchte, muss sich dementsprechend weit im Vorfeld möglicher Ausschreibungen bei öffentlichen Auftraggebern vorstellen und Kontakte regelmäßig pflegen.
Um Missbrauch zu vermeiden, muss der öffentliche Auftraggeber die Auswahl des Vergabeverfahrens begründen und dokumentieren. Trotzdem ist in der Praxis der Trend festzustellen, dass beschränkte Verfahren und die freihändige Vergabe immer mehr angewendet werden - die Ausnahme wird zur Regel. Um dieser Gefahr vorzubeugen, besteht oberhalb bestimmter Schwellenwerte die Verpflichtung für den Auftraggeber, einem beschränkten oder formlosen Verfahren einen so genannten offenen Teilnahmewettbewerb vorzuschalten. Dieser Teilnahmewettbewerb hat den Charakter einer öffentlichen Ausschreibung und gibt allen interessierten Firmen die Gelegenheit, sich um eine Teilnahme am folgenden nicht offenen oder Verhandlungs- Verfahren zu bemühen.
Zur Abgrenzung der verschiedenen Vergabeverfahren gibt es unter anderem auch bestimmte Schwellenwerte für den Auftragswert. Ab einem Auftragswert von 206.000,- Euro muss im Anwendungsbereich der VOL eine europaweite öffentliche Ausschreibung durchgeführt werden. Nur ab diesem Schwellenwert kann übrigens die Vergabekammer (für Niedersachsen) zur Inanspruchnahme des Rechtsschutzes eingeschaltet werden. Als untere Grenze für eine freihändige Vergabe gibt es manchmal so genannte Bagatellgrenzen: Liegt der Auftragswert einer Beschaffung unterhalb dieser Grenze, geht man davon aus, dass der Aufwand für eine öffentliche oder beschränkte Ausschreibung im Vergleich zum Beschaffungswert zu hoch ist, also freihändig vergeben werden kann. In Niedersachsen liegt diese Schwelle nach der Definition des überarbeiteten Mittelstandsförderungsgesetzes bei 15.000 Euro.

Welche Bevorzugtenrichtlinien gibt es?

  • Mittelstandsrichtlinie des Bundes - vom 1. Juni 1976
  • Richtlinie der Bundesregierung zur angemessenen Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen in Handwerk, Handel und Industrie bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nach der Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleistungen - (VOL)
    Größere Aufträge sollen demnach möglichst in Lose aufgeteilt werden, um eine bessere Beteiligung des Mittelstandes zu gewährleisten.
  • Richtlinien für die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Vertriebene, Sowjetzonenflüchtlinge, Verfolgte, Evakuierte, Werkstätten für Behinderte und Blindenwerkstätten)