Das Urlaubsrecht

Wir haben für Sie die wichtigsten Regeln zum Urlaubsrecht aufbereitet.

Allgemeines

Arbeitnehmer haben grundsätzlich jedes Jahr einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. § 3 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) sieht einen Mindesturlaub von 24 Werktagen vor, wobei der Gesetzgeber den Samstag als Werktag mitrechnet. Bei regelmäßiger Verteilung der Arbeitszeit auf fünf Tage in der Woche (Fünf-Tage-Woche), besteht ein gesetzlicher Urlaubsanspruch in Höhe von 20 Werktagen.
Aus Tarifverträgen oder Einzelvereinbarungen kann sich häufig ein höherer Urlaubsanspruch ergeben. Günstigere tarifliche Bestimmungen oder Einzelvereinbarungen gehen den gesetzlichen Bestimmungen des BUrlG vor.
Des Weiteren können sich Sonderbestimmungen u. a. auch aus dem Jugendarbeitsschutzgesetz und dem Schwerbehindertengesetz ergeben.

Entstehen des Urlaubsanspruches

Voraussetzung für den Urlaubsanspruch ist das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Dazu gehören auch Berufsausbildungs-, Teilzeit- und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse.
Der Arbeitnehmer erwirbt den vollen jährlichen Urlaubsanspruch erstmalig nach sechsmonatigen Bestehen des Arbeitsverhältnisses (Wartezeit, vgl. § 4 BUrlG), wobei es nicht darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat.
Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses für Zeiten eines Kalenderjahres, wenn er entweder wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt (§ 5 Abs. 1 a) BUrlG) oder wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (§ 5 Abs. 1 b) BUrlG) oder wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres (also bis zum 30. Juni) aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (§ 5 Abs. 1 c) BUrlG).
Scheidet der Arbeitnehmer bei erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte aus, wird nicht gequotelt; es entsteht der volle Urlaubsanspruch.

Was gilt bei einem Arbeitgeberwechsel?

Wechselt der Arbeitnehmer im laufenden Jahr den Arbeitgeber und hat in seinem früheren Arbeitsverhältnis weder Urlaub noch eine Abgeltung erhalten, entsteht der Anspruch im neuen Arbeitsverhältnis ungekürzt. Der neue Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer nicht darauf verweisen, sich an seinen früheren Arbeitgeber zu wenden.
Hat der Arbeitnehmer aber bereits beim vorherigen Arbeitgeber Urlaub genommen, wird der Urlaubsanspruch beim neuen Arbeitgeber um diese Urlaubstage gekürzt (vgl. § 6 Abs. 1 BUrlG).

Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs, wenn keine 6-Tage-Woche vorliegt

Die Mindesturlaubsdauer für Arbeitnehmer beträgt grundsätzlich 24 Werktage jährlich, wobei der Samstag als Werktag mitgerechnet wird. Wenn die Arbeitszeit nicht auf alle Werktage der Woche (Sechs-Tage-Woche) verteilt ist, muss der Urlaubsanspruch in Arbeitstage umgerechnet werden.

1. Regelmäßige Verteilung der Arbeitszeit auf 5 oder weniger Arbeitstage je Woche

Beispiel für eine Fünf-Tage-Woche:
Gesamtdauer des gesetzlichen Urlaubs (24 Tage)/Sechs Werktage x Zahl der maßgeblichen Arbeitstage (Fünf Werktage) = 20
Beispiel für eine Drei-Tage-Woche:
Gesamtdauer des gesetzlichen Urlaubs (24 Tage)/sechs Werktage x Zahl der maßgeblichen Arbeitstage (drei Werktage) = Zwölf

2. Unregelmäßige Verteilung der Arbeitstage je Woche

Ist die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten nicht regelmäßig auf eine bestimmte Anzahl von Wochentagen verteilt, sondern beispielsweise mal auf vier, mal auf fünf Tage in der Woche, ist die Berechnung auf das Jahr zu beziehen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht in diesem Fall von einer Arbeitsverpflichtung von 260 Werktagen in der 5-Tage-Woche und von 312 Werktagen in der Sechs-Tage-Woche aus, sofern ein Tarifvertrag keine andere Regelung enthält.
Die Berechnungsformel lautet dann:
Gesetzlicher oder tarifliche Urlaubsdauer bei Vollzeit/Jahreswerktage oder Jahresarbeitstage x Tage, an denen der Arbeitnehmer im Jahr zur Arbeit verpflichtet ist.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer arbeitet 28 Wochen im Jahr an fünf Tagen, in 18 Wochen an vier Tagen und sechs Wochen an drei Tagen. Im Betrieb besteht ein Urlaubsanspruch von 28 Arbeitstagen bei einer Fünf-Tage-Woche.
Der Urlaubsanspruch berechnet sich dann wie folgt:
28 Urlaubstage / 260 Jahresarbeitstage x 230 Arbeitstage (28 Wochen x fünf Arbeitstage + 18 Wochen x vier Arbeitstage + sechs Wochen x drei Arbeitstage) = 24,7
Daraus ergibt sich also eine Urlaubsdauer von 24,7 Arbeitstage. Eine Aufrundung gemäß § 5 Absatz 2 BUrlG findet nicht statt.
Für Teilzeitbeschäftigte gelten bei ungleichmäßiger Verteilung die gleichen Grundsätze wie für die Berechnung im Vollzeitarbeitsverhältnis. Gleiches gilt für geringfügig Beschäftigte. Die Gewährung zusätzlicher Urlaubstage für ältere Arbeitnehmer ist nach einer Entscheidung des BAG möglich (Urteil vom 21.10.2014, Aktenzeichen 9 AZR 956/12). Dabei muss der Arbeitgeber eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzung durchführen.

Zeitpunkt des Urlaubs

Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub einseitig festlegen kann. Den Zeitpunkt des Urlaubs bestimmt der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber muss die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers dann nicht berücksichtigen, wenn dringende betriebliche Belange oder unter sozialen Gesichtspunkten vorrangige Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen.
Der Urlaub soll grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr zusammenhängend gewährt und genommen werden. Stellt der Arbeitgeber einen Urlaubsplan auf, so hat der Betriebsrat mitzubestimmen.

Umfang des Urlaubsanspruches bei Änderung der Anzahl der Arbeitstage

Basierend auf einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist es im Fall der Verringerung der Anzahl der Arbeitstage im Laufe des Jahres nicht zulässig, die Zahl der während einer vorherigen Vollzeittätigkeit erworbenen Urlaubstage zu kürzen. Die Zahl der dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubstage ist daher abschnittsweise zu berechnen. Dies dürfte auch für den umgekehrten Fall der Erhöhung der Arbeitstage gelten.

Übertragung des Urlaubs in das Folgejahr

Gemäß § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG ist eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Wird der Urlaub übertragen, muss er in den ersten drei Monaten, also bis zum 31. März, des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG).
Dringende persönliche Gründe sind beispielsweise:
  • Arbeitsunfähigkeit
  • Erkrankung eines Angehörigen, der gepflegt werden muss
  • Erkrankung des Lebensgefährten, mit dem der Urlaub verbracht werden sollte
Dringende betriebliche Gründe können sein:
  • termin- oder saisongebundene Aufträge
  • technische oder verwaltungsmäßige Probleme im Betriebsablauf
Liegen persönliche oder betriebliche Gründe vor, wird der Urlaub kraft Gesetzes in das Folgejahr übertragen.
Des Weiteren kann ein Übertragungsanspruch auch einzelvertraglich (auch über den 31. März hinaus) vereinbart werden oder ergibt sich teilweise aus Tarifverträgen.
Wenn der Urlaub bis zum Jahresende oder bei möglicher Übertragung bis zum 31. März des darauf folgenden Jahres nicht genommen wird, sieht das BUrlG vor, dass der Urlaub ersatzlos verfällt. Dies dürfte mittlerweile aber nur noch sehr eingeschränkt gelten, da die europäische Rechtsprechung den Verfall des (Mindest-)Urlaubs nur noch unter sehr strengen Voraussetzungen für zulässig erachtet. U. a. muss der Arbeitgeber nachweisen können, dass er seinen erforderlichen Mitwirkungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist (EuGH, Urteil v. 6. November 2018, Az. C-684/16). Der Arbeitgeber muss seine Arbeitnehmer rechtzeitig schriftlich darauf hinweisen, dass der Urlaub bis zum 31. Dezember oder bis zum Ende des Übertragungszeitraums (31. März) in vollem Umfang genommen werden muss und er ansonsten mit Ablauf des Urlaubsjahres ober Übertragungszeitraums erlischt.
Das BAG hat mit Urteil vom 20.12.2022 (Az. 9 AZR 266/20) entschieden, dass Urlaubstage, die nicht genommen wurden, aber mangels erforderlicher Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers nicht nach BUrlG verfallen sind, auch nicht der allgemeinen dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen. Dies gelte auch für Langzeiterkrankte, wenn der Arbeitgeber seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist. Dies hat Auswirkungen auf viele Arbeitnehmer in Deutschland, die über offene Urlaubsansprüche streiten, die teilweise Jahre zurückliegen.
Allerdings hat der Europäische Gerichtshof auch eine Grenze für das Ansammeln von Urlaub gesetzt. Der langzeiterkrankte Arbeitnehmer kann seine Ansprüche auf Mindesturlaub nicht uneingeschränkt über mehrere Jahre ansammeln. Der Verfall von Mindesturlaubsansprüchen langzeiterkrankter Arbeitnehmer kann gesetzlich oder tariflich angeordnet werden, wenn der entsprechende Übertragungszeitraum hinreichend lang ist, um den Erholungszweck des Urlaubs für den Arbeitnehmer sicherzustellen. Als hinreichend lang sieht der EuGH einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, für das der Mindestjahresurlaub entstanden ist.
Setzt ein langzeiterkrankter Arbeitnehmer nach seiner Genesung die Arbeit fort, gehen nach einer Entscheidung des BAG während der Arbeitsunfähigkeit angesammelte Ansprüche mit dem Ende des laufenden Kalenderjahres unter, in dem der Arbeitnehmer nach seiner Genesung die Arbeit fortsetzt. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Arbeitnehmer im aktuellen Urlaubsjahr so rechtszeitig wieder gesund wird, dass er seinen Urlaub in der verbleibenden Zeit noch nehmen kann. Dann muss er - um den Verfall des Urlaubs zu verhindern - seinen gesamten, während der Krankheitszeit angesammelten Urlaub im selben Kalenderjahr beziehungsweise gegebenenfalls spätestens zum Ablauf des Übertragungszeitraums geltend machen.

Urlaubsentgelt, Urlaubsgeld und Urlaubsabgeltung

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung während des Urlaubes (Urlaubsentgelt). Die Höhe richtet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst des Arbeitnehmers in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs. Überstundenvergütungen werden nicht berücksichtigt. Ein gesetzlicher Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld (Gratifikation) besteht nicht. Häufig wird jedoch aufgrund tarifvertraglicher oder arbeitsvertraglicher Regelung oder entsprechender betrieblicher Übung ein zusätzliches Urlaubsgeld gewährt.
Es ist grundsätzlich unzulässig, nicht in Anspruch genommenen Urlaub in Geld abzugelten. Dies ergibt sich aus dem Grundgedanken des Urlaubs, das heißt der Freistellung von der Arbeit zum Zwecke der Erholung. Die Urlaubsabgeltung ist nur zulässig, wenn der Urlaubsanspruch wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllt werden kann. Gekündigte Arbeitnehmer müssen ihren noch ausstehenden Urlaub nicht mehr bis Jahresende beziehungsweise bis zum Ende des Übertragungszeitraums geltend machen. Für die Berechnung ist das gewöhnliche Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers maßgebend.
Tarifliche oder vertragliche Ausschlussfristen können zum Verfall des Abgeltungsanspruches führen. Bei übergesetzlichem Mehrurlaub führte eine einzelvertragliche oder tarifliche Ausschlussfrist immer zum Verfall des Abgeltungsanspruches. Das BAG hat entschieden, dass eine tarifliche Ausschlussklausel auch für die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs gilt. Sieht ein Tarifvertrag zum Beispiel eine dreimonatige Ausschlussklausel nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor, so verfallen alle Abgeltungsansprüche mit Ablauf dieses Zeitraums.
Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub entfällt auch nicht, wenn ein Arbeitnehmer verstirbt. Für diesen Fall hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass den Erben ein Abgeltungsanspruch bezüglich der bisher nicht genommenen Urlaubstage zustehen kann (weitere Details lesen Sie in unserem Artikel Urteile zum Urlausrecht.

Erkrankung des Arbeitnehmers während des Urlaubs

Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Urlaub nicht angerechnet (vgl. § 9 BUrlG). Auch bei längerer Krankheit während des Urlaubsjahres wird der Urlaubsanspruch nicht beeinträchtigt. Er besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer das ganze Jahr krank war. Der Urlaubsanspruch erlischt auch nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraums fortgedauert hat und der Urlaub deshalb nicht genommen werden konnte.

Erkrankung des Kindes während des Urlaubs

Erkrankt hingegen das Kind im Urlaub und muss gepflegt werden, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Nachgewährung von Erholungsurlaub (ArbG Berlin, Az. 2 Ca 1648/10).

Aus der Krankheit in den Urlaub

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Bremen (Az: 2 Sa 111/08) hat entschieden, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer den bereits genehmigten Urlaub nicht verweigern darf, weil dieser vor dem Urlaubsbeginn lange krank war (und sich nach der Krankheit gewissermaßen direkt wieder in den Urlaub verabschiedet). Des Weiteren darf auch keine Maßregelung seitens des Arbeitgebers vorgenommen werden.

Freistellung

Ein Anspruch auf (un-)bezahlte Freistellung kann sich aus Gesetz, Betriebsvereinbarung, vertraglicher Vereinbarung oder Tarifvertrag ergeben. Bezahlte Freistellung wird dem Arbeitnehmer insbesondere aus persönlichen Gründen gewährt, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit unverschuldet an der Arbeitsleistung gehindert ist und ihm unter Berücksichtigung der Treuepflicht die Arbeitsleistung nicht zugemutet werden kann. Dazu können beispielsweise gehören:
  • Geburts- oder Sterbefall in der Familie,
  • schwere Erkrankung naher Angehöriger,
  • Arztbesuch (wenn außerhalb der Arbeitszeiten nicht möglich),
  • Umzug
Hinsichtlich der Dauer des Sonderurlaubs gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Sie können sich aber aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ergeben.

Urlaubskürzung bei Kurzarbeit Null

Laut Urteil des BAG v. 30. November 2021 (Az. 9 AZR 225/21) entstehen während der „Kurzarbeit Null“ keine Urlaubsansprüche. Details lesen Sie in unserem Artikel Urlaubskürzung bei Kurzarbeit Null