Grenzübergreifender Online-Handel: rechtliche Anforderungen
Rechtliche Anforderungen an den Aufbau der Internetseite, den Absatz von Waren und Dienstleistungen oder die korrekte steuerliche Erfassung stellen Firmen im E-Commerce bereits im Heimatmarkt vor Herausforderungen – umso mehr kann dies für das digitale Auslandsgeschäft zutreffen.
Rechtliche Aspekte
Wir möchten Sie stichwortartig auf wichtige rechtliche Aspekte aufmerksam machen, die Sie bei der Ausgestaltung eines internationalen Online-Auftritts sowie bei Geschäften mit Lieferungen in das Ausland – innerhalb und außerhalb der EU - im Blick haben sollten.
Die Unterstützung von externen Spezialisten – z. B. international erfahrener Rechtsberater, Steuerberater und IT-Spezialisten - ist an dieser Stelle nahezu unvermeidlich und auch ratsam. Dennoch ist es hilfreich, sich einen Überblick zu verschaffen, welche Themen relevant für rechtskonforme Online-Geschäfte ins Ausland sind.
Abhängig vom Geschäftsmodell und den eigenen Produkten lassen sich die nachfolgend genannten Aspekte beliebig fortsetzen. Gerne können Sie uns auf weitere wesentliche Punkte aufmerksam machen, die aus Ihrer Erfahrung heraus auf dieser Seite Erwähnung finden sollten.
Wer sind die externen Profis/Dienstleister in diesem Bereich?
- Fachanwälte für (internationales) Wirtschaftsrecht, gewerblichen Rechtsschutz, IT-Recht, Urheber- und Medienrecht
- Bundessteuerberaterkammer
- Dienstleister (u.a. Anbieter von internationalen Shop-Systemen/Lösungen)
- Auslandshandelskammern (AHKs)
- Industrie- und Handelskammern (IHKs)
- Deutsches Fachverbände Forum
Hilfreiche Links
- Auslandshandelskammern (AHKs)
- Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA)
- E-Commerce Leitfaden von „ibi research“
- IHK-Finder
- EU-Datenbank “Access2Markets”
- Zoll
In den folgenden Artikeln, die wir für Sie als Ausklappliste zusammengestellt haben, erhalten Sie umfangreiche Informationen zu den rechtlichen Aspekten.
Alle Details zu den rechtlichen Anforderungen
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Länderspezifische Voraussetzungen
Bevor Sie sich für Online-Geschäfte mit dem Ausland entscheiden, sollten Sie oder Ihr Rechtsbeistand zunächst prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen Sie Ihre Waren und/oder Dienstleistungen in den anvisierten Ländern absetzen dürfen. Zu prüfende Aspekte sind unter anderem:
Bei Waren
Sicherheitsnormen/Produktzertifizierungen: z. B. technisch, gesundheitlich, chemisch, umwelttechnisch etc. Verbote und Beschränkungen: z. B. von (bspw. politischen oder anderweitig expliziten) Inhalten, Inhaltsstoffen, Materialien oder sogar ganzer Produktgruppen und Dienstleistungen Gesundheitsbezogene Vorschriften und Gesetze: z. B. bei Lebensmitteln, Hygieneartikeln, Medizin- und Pharmaprodukten oder Kosmetika Jugendschutz: Unterliegen Ihre Produkte evtl. anderen Jugendschutzbestimmungen als in Deutschland? Kennzeichnungspflichten an der Ware: z. B. Herkunftslandangabe/Made in..., Sicherheitskennzeichen, Energiekennzeichnung, Nährwerte/Lebensmittelgesundheit, Textilkennzeichnung usw. Verpackungsvorschriften im Zielland:- Muss die Verpackung der Ware angepasst werden?
- Gibt es Recycling- oder Entsorgungsvorschriften, die Sie als Exporteur beachten müssen?
- Bestehen Rücknahmepflichten?
Melde- bzw. Registrierungspflichten: bspw. das Pendant zum deutschen Rücknahmesystem für Verpackungen im Zielland Gewerbliche Schutzrechte: z. B. Markenrecht, Patentrecht, eingetragenes Design, evtl. Urheberrecht etc.- Wie auch im heimischen Markt sollten Sie klären (lassen), ob Ihre Produkte, Namen etc. ausreichend geschützt sind.
- Ebenso ist zu prüfen, ob Sie selbst im Zielland evtl. gegen gewerbliche Schutzrechte von Mitbewerbern verstoßen könnten.
Gewährleistungspflichten/Garantie(zusagen): Weichen diese im Zielland ab? Können Sie diesen nachkommen? After-Sales:- Sind „After-Sales“-Dienstleistungen – zum Beispiel Kundendienst oder Reparaturen vor Ort – Bestandteil Ihres Geschäftsmodells oder des Kaufvertrages? Klären Sie vorab, ob und wie Sie Ihre Zusagen im Zielland erfüllen können bzw. Dienstleistungen erbringen dürfen.
- Warenrücksendungen: Wozu sind Sie im Zielland verpflichtet? Haben Sie dies mit Ihrem Logistikdienstleister abgestimmt und eingepreist?
Tipp:
Access2Markets:- Nutzen Sie die EU-Datenbank “Access2Markets”. Die Datenbank ist eine kostenfreie Datenbank der Europäischen Union. Sie ist besonders für die Eigenrecherche zu den Anforderungen beim Warenversand in Länder außerhalb der EU hilfreich.
- In Eigenrecherche können Sie die länderspezifischen Informationen zu einer großen Zahl der oben genannten Themen auf der Datenbank der EU recherchieren.
- “Access2Markets” gibt Auskunft über Zölle, Anforderungen an den Warenversand und die Produkt- bzw. Marktzulassung im Zielland und zu zahlreichen weiteren rechtlichen Gegebenheiten im Zielland.
- Optimal nutzbar wird die Datenbank, wenn Sie den „Harmonized System Code“ (häufig auch HS-Code, Warentarifnummer, Zolltarifnummer o.ä. genannt) des Produktes kennen. Händler erhalten diese im besten Fall von ihrem Lieferanten. Die IHK kann Sie dabei unterstützen, wie Sie die Nummer herausfinden können.
Konsulats- und Mustervorschriften (KuM): Diese enthalten u.a. auch Angaben zu den vom Zoll benötigten Dokumenten, Mustersendungen etc. – Fragen Sie einfach bei ihrer IHK danach!Bei Dienstleistungen
- Voraussetzungen zur Erbringung prüfen:
- Sind Ihre Dienstleistungen genehmigungs- oder meldepflichtig?
- Müssen bestimmte Qualifikationen vorliegen oder gar nachgewiesen werden?
- Unterliegt Ihr Dienstleistungsbereich im Zielland sonstigen Reglementierungen?
Tipp:
Nutzen Sie das Informationsangebot von Germany Trade & Invest (GTaI), der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing. In Eigenrecherche können Sie für eine Vielzahl von Ländern in Erfahrung bringen, welche Voraussetzungen für die Erbringung von Dienstleistungen im Zielland zu erfüllen sind.Hilfreiche Links
- Für die Länder der EU eignet sich besonders das Portal 21
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Gilt ausländisches oder heimisches Recht?
Bei Privatkunden (B2C: „business to consumer“)
→ innerhalb der Europäischen Union
Welche Rechtsordnung für B2C-Geschäfte gilt, regelt innerhalb der EU Art 6 Abs. 1 der sog. ROM-I-Verordnung der EU: Vereinfacht gesagt gilt das Recht des Heimatstaates des Verbrauchers im Regelfall, sobald Ihr Online-Auftritt bzw. -Angebot auf dieses Land ausgerichtet ist.Gängige Hinweise auf eine solche Ausrichtung sind z. B.:
- Das Heimatland des Verbrauchers ist als Lieferland ausgewiesen oder ist Teil einer benannten Ländergruppe (z. B. EU).
- Sie bieten Ihre Produkte über einen Marktplatz des Verbraucherlandes an.
- Sie haben einen Internetauftritt mit der entsprechenden Landesdomain (*.it; *.pl etc.).
- Sie haben einen Internetauftritt in der Landessprache des Kunden.
- Es kann in Landeswährung gezahlt werden/Preise sind in Landeswährung ausgezeichnet.
- Sie haben gezielte Werbemaßnahmen im Heimatland des Verbrauchers geschaltet.
- Die Angabe einer internationalen Telefonnummer.
Keine Schlechterstellung des (EU-) Verbrauchers durch separate Absprachen möglich:
Die gleiche Regelung besagt, dass zwar besondere Vereinbarungen (AGBs) mit Kunden getroffen werden können: Dadurch dürfen diese allerdings nicht schlechter gestellt werden als durch das Recht ihres Heimatlandes vorgesehen. Strengere nationale (Verbraucherschutz-) Vorschriften können durch vertragliche Regelungen also nicht außer Kraft gesetzt werden.Achtung:
Ist ein Online-Auftritt auf ein Land innerhalb der EU ausgerichtet, müssen alle Pflichtinformationen in der jeweiligen Landessprache erfolgen.→ B2C außerhalb der EU
Oftmals gilt auch hier das Recht des Heimatstaates des Verbrauchers bzw. des belieferten Landes, wenn Ihr Shop auf dieses Land ausgerichtet ist (s.o.) bzw. Sie Ihre Produkte und Leistungen über einen lokalen Marktplatz anbieten.Geschäftskunden (B2B: „business to business“)
Bei Geschäften mit Unternehmen (B2B) gilt innerhalb der EU die freie Rechtswahl. Außerhalb der EU kann dies anders sein – Unternehmen sollten dies vorab prüfen. -
Kundenrechte, insbesondere Verbraucherschutzrechte
Wenn für Ihren Vertriebsweg das Recht des Landes Ihres Kunden gilt, sollten Sie bereits vorab klären, auf welche Hindernisse Sie dabei stoßen könnten und über welche Rechte Ihre Kundschaft verfügt.Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland informiert zu Verbraucherrechten in Europa.
Über folgende Rechtsaspekte im Zielland und ihre Auswirkungen auf Ihr Geschäftsmodell sollten Sie sich in jedem Fall informieren/aufklären lassen:- Widerrufsrecht (gilt EU-weit einheitlich; hierfür gibt es ein einheitliches Muster für alle EU-Mitgliedstaaten)
- Gewährleistungs-/Garantiepflichten
- Datenschutz
- Streitschlichtung
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Rechtliche Aspekte bei der Gestaltung
Sobald Ihr Online-Shop auf verschiedene Zielländer ausgerichtet ist, sind landesspezifische Anpassungen höchstwahrscheinlich notwendig.Sollten Sie Geschäfte nur auf ganz bestimmte Länder beschränken wollen, ist der Aufbau einer eigenen Website für das entsprechende Land eventuell sinnvoll – trotz des damit einhergehenden erhöhten (Pflege-) Aufwandes.
Insbesondere folgende Punkte sollten Sie auf ihre legale Konformität prüfen (lassen) und bei Bedarf landesspezifisch anpassen:
- Sprache: Ergeben sich durch die länderspezifische Ausrichtung des Shops/der Webseite Pflichten, bestimmte Inhalte zwingend in Landessprache anzubieten (z. B. AGBs oder andere Pflichtinformationen)?
- Produkt-/Artikelbeschreibungen
- Preisauszeichnung (u.a. Währung, Ausweisung der Mehrwertsteuer)
- Versand: Benennung der Versandkosten/Lieferpreise und der Lieferdauer
- Pflichten zur Gesamtkostendarstellung
- Hinweis auf mögliche Zusatzkosten (Zoll etc.)
- Bezahlvorgang
- Ist ein „Kauf-Button“ wie in Deutschland notwendig? Muss auf die Zahlungspflicht des Kaufes hingewiesen werden?
- Hinweis auf mögliche Zusatzkosten (Zoll etc.)
- Zahlungsarten (z. B.: Dürfen Kosten für bestimmte Zahlungsarten erhoben werden?)
- Zahlungsbedingungen (z. B.: Ist es erlaubt, vollständige Vorauszahlung zu verlangen?)
- Zahlungsabwicklung - Widerrufsrecht (gilt EU-weit einheitlich; hierfür gibt es ein einheitliches Muster für alle EU-Mitgliedstaaten)
- AGB
- Impressum
- Datenschutz(aufklärung)
- Hinweis auf Verbraucherrechte (z.B. Garantieleistungen im jeweiligen Land)
- Streitschlichtungshinweis
- Gewerbliche Schutzrechte: z. B. Markenrecht, Patentrecht, Musterschutzrecht, evtl. Urheberrecht etc.
- weitere Informationspflichten
Besonders anspruchsvoll kann sich der Aufbau von Web-Shops gestalten, die sowohl einen B2B, in dem Verbraucherrechte nicht gelten sollen, als auch einen B2C Bereich beinhalten sollen. Die juristisch korrekte Abtrennung der Bereiche kann sehr aufwändig sein. -
Vertrieb über ausländische Shops und Plattformen
Plattformen können ein einfacher Einstieg in den internationalen E-Commerce sein.Zwar kann die Gewinnmarge erheblich schrumpfen, jedoch muss man bedeutend weniger Arbeit investieren, um die eigenen Waren im Ausland verkaufen zu können. Dennoch sollten Sie auch „Full-Service“-Anbietern bzw. –Plattformen nicht blind vertrauen.Im Regelfall wird Ihnen eben nicht alles abgenommen: Fragen der Marktzulassung, steuerliche Themen, Meldepflichten (Stichwort Mehrwertsteuer oder Intrastat) oder zollrechtliche Fragestellungen werden oftmals nicht vom Plattformanbieter für Sie erledigt.Informieren Sie sich ggfs. im Vorfeld, ob in Ihren Zielmärkten andere Plattformen dominieren (z.B. Rakuten – Japan, oder AliExpress – China).Zu prüfen:Welche Aufgaben nimmt Ihnen der Plattform-Betreiber ab?Welche Aufgaben verbleiben bei Ihnen?Welchem Recht unterliegen Ihre Geschäfte? Dabei können sich Unterschiede ergeben zwischen Privat- oder Geschäftskunden und/oder ob diese innerhalb oder außerhalb der EU sitzen.Kompatibilität Warenwirtschaftssystem: Behalten Sie den Überblick! Prüfen Sie, ob Ihr Warenwirtschaftssystem Warenausgänge über verschiedene Plattformen in Echtzeit erfassen kann.Können Sie nach Abzug der Marge und aller Zusatzkosten noch einen konkurrenzfähigen und für Sie attraktiven Produktpreis erzielen?Wie wird mit Retouren verfahren?
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Vertragsschluss/Verkauf/Pflichten
Klären Sie frühzeitig für den Zielmarkt, ob und wann ein Vertrag zustande kommt, die Ware (rechtlich) gekauft ist und wie die eigentums- und warenbezogene Gefahrenübergänge stattfinden.
Dies ist im Ausland oftmals anders gestaltet als in Deutschland. Besonders im B2B-Bereich sind folgende Aspekte von hoher Bedeutung:Vertragsschluss: Wann kommt im Zielmarkt ein Vertrag mit Ihrem Kunden zustande? AGB: Gelten diese im Zielland, sind sie rechtskonform formuliert und veröffentlicht? Incoterms: Von hoher Bedeutung im B2B-Geschäft. Sie regeln u.a. die Pflichten des Käufers und Verkäufers bei Zollanmeldung, Zollabwicklung im Zielland, Versicherung der Ware, Kostenaufteilungen und den Gefahrenübergang beim Warenversand. Wir stellen Ihnen bereit eine Übersicht der Incoterms®2020.EigentumsvorbehaltAnwendbares Recht, Gerichtsstand: Welches Recht ist anwendbar? Sind Gerichtsstandsvereinbarungen zulässig? Wo ist der Gerichtsstand? -
Registrierungs- und Meldepflichten
Informieren Sie sich über Meldepflichten im Zielland. Sehr häufig betrifft dies den Bereich Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) oder die Meldung zur Innergemeinschaftlichen Handelsstatistik „Intrastat“.Weitere Meldepflichten – bspw. das Pendant zum deutschen Rücknahmesystem für Verpackungen in Belgien – können Sie bei der jeweiligen Auslandshandelskammer des Ziellandes erfragen.In einigen Ländern muss der Verkäufer vor Ort eine Vertretung haben oder sich durch einen Dienstleister vertreten lassenAuch bei bestimmten Produktgruppen, wie z.B. Lebensmittel, wird in einigen Märkten die Angabe eines Ansprechpartners vor Ort verpflichtend verlangt.
„Intrastat“-Meldung in der EU
Ab einem gewissen Volumen an „innergemeinschaftlichem Handel“ sind Sie verpflichtet, Ihre innereuropäischen Umsätze monatlich zu melden.
Das Thema wird für Sie noch relevanter, wenn Sie Lager in verschiedenen Ländern haben sollten. Im EU-Ausland gelten andere Meldeschwellen als in Deutschland. -
Online-Marketing: Grenzen des Erlaubten kennen
Das beste Produkt nützt nichts, wenn der Kunde nicht darauf aufmerksam wird. Doch auch für Werbung kann es im E-Commerce unliebsame Fallstricke geben. Was bei uns erlaubt ist, mag in anderen Ländern verboten sein.Besondere Vorsicht ist bei der individualisierten Versendung von Werbung geboten bzw. bei der Verwendung oder Verarbeitung personenbezogener Daten zu Werbezwecken. Auch hier ist es sehr ratsam, den Rahmen der eigenen Werbeoptionen im Zielland vorab juristisch klären zu lassen.Sie erhalten Auskünfte in der deutschen Auslandshandelskammer des Ziellandes.