Saudi-Arabien: UN-Kaufrecht und Zivilgesetzbuch

Am 14. Juni 2023 hat das Königreich Saudi-Arabien seinen Beitritt zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) beschlossen. Mit Dekret vom 19. Juni 2023 hat das Königreich Saudi-Arabien erstmals ein Zivilgesetzbuch erlassen. Bisher galt für Verträge in Saudi-Arabien das islamische Recht (Scharia).

Saudi-Arabien – Beitritt UN-Kaufrecht

Der Beitritt Saudi-Arabiens zum sogenannten UN-Kaufrecht steht in Zusammenhang mit einer tiefgreifenden Reform des Zivil- und Vertragsrechts im Land. Erst kürzlich hatte das Königreich erstmals ein kodifiziertes Zivilgesetzbuch eingeführt. Der Beitritt zum UN-Kaufrecht soll es Saudi-Arabien ermöglichen, den lokalen und internationalen Handel stärker zu verzahnen. Die Regelungen des UN-Kaufrechts garantieren dabei einen transparenteren rechtlichen Prozess im grenzüberschreitenden Handel.
Das UN-Kaufrecht enthält harmonisierte Regeln und Verpflichtungen für internationale grenzüberschreitende Verträge über den internationalen Warenkauf. Der multilaterale Vertrag wird für das Königreich in etwa einem Jahr in Kraft treten, das genaue Datum wird noch festgelegt.
Quelle: GTAI

Saudi Arabien – Einführung eines Zivilgesetzbuches

Bei dem neuen Zivilgesetzbuch handelt es sich erstmals um eine Kodifikation, das heißt ein niedergeschriebenes, verschriftlichtes Gesetzeswerk. Es führt die wesentlichen Elemente eines verbindlichen Vertragsschlusses auf und erkennt an, dass der Vertrag das Recht der Parteien ist. Gleichzeitig gilt in Saudi-Arabien nun auch der Grundsatz "pacta sunt servanda", der besagt, dass die Vertragsparteien das erfüllen müssen, was sie vertraglich vereinbart haben. Dies ist vergleichbar mit anderen zivilrechtlichen Rechtsordnungen im Nahen Osten, die ebenfalls schriftlich festschreiben, dass die Parteien an die Bedingungen des von ihnen vereinbarten Vertrags gebunden sind.
Das Gesetz erkennt auch an, dass die Parteien ihre Verpflichtungen in Übereinstimmung mit dem Vertrag und nach Treu und Glauben erfüllen müssen. Nach dem neuen Zivilgesetzbuch Saudi-Arabiens beschränkt sich der Vertrag nicht nur darauf, die Vertragspartei an seinen Inhalt zu binden, sondern er muss darüber hinaus auch die Erfordernisse des Gesetzes sowie der guten Sitten erfüllen.
Besteht Raum für eine Vertragsauslegung, so ist der gemeinsame Wille der Vertragsparteien zu berücksichtigen, ohne sich auf die wörtliche Bedeutung der Klauseln zu beschränken. Dabei sind die Art des Geschäfts und das Vertrauen und die Integrität, die zwischen den Vertragsparteien bestehen, zu berücksichtigen.
Das Gesetz enthält zudem Bestimmungen zur Regelung des Schadensersatzes im Falle des Verzugs einer Partei. In Übereinstimmung mit den Zivilgesetzbüchern anderer Länder in Nahen Osten sieht das Gesetz vor, dass die Parteien eine pauschalisierte Entschädigung im Voraus vereinbaren und festlegen können. Dieser pauschalierte Schadenersatz wird nicht fällig oder kann reduziert werden, wenn der Gläubiger keinen Schaden erlitten hat, die vereinbarte Entschädigung überhöht war oder die ursprüngliche Verpflichtung nur teilweise erfüllt wurde.
Das Gesetz ist mit sieben Kapiteln und 720 Artikeln eines der umfangreichsten Gesetzesvorhaben in der Geschichte Saudi-Arabiens. Es soll 180 Tage nach seiner Veröffentlichung in Kraft treten, das heißt am 16. Dezember 2023. Somit unterliegen Verträge, die nach diesem Datum unterzeichnet werden, dem neuen kodifizierten Zivilgesetzbuch (im Gegensatz zur nicht kodifizierten Scharia) und alle Streitigkeiten werden auf dieser Grundlage entschieden.
Laut des königlichen Dekrets, mit dem das neue Zivilgesetzbuch erlassen wurde, gilt es auch rückwirkend. Die einzige Ausnahme besteht, wenn eine Partei hinreichend nachweisen kann, dass die Anwendung des Gesetzes einem Scharia-Grundsatz zuwiderläuft. In solchen Fällen obliegt es der Partei, die sich auf die Scharia berufen will, nachzuweisen, dass sie angewendet werden sollte, da das neue Zivilgesetzbuch und die Scharia in den untersuchten Bereichen nicht übereinstimmen.
Quelle: GTAI