Dienstleistungen und Geschäftsreisen im Vereinigten Königreich

Seit dem EU-Austritt Großbritanniens regeln neue Vorschriften Arbeitseinsätze und Mitarbeiterentsendungen im Vereinigten Königreich.

Einreise nach Großbritannien

Seit 1. Oktober 2021 müssen Einreisende aus Deutschland nach Großbritannien einen gültigen Reisepass mit sich führen. Personalausweise werden ab diesem Datum nicht mehr akzeptiert.
Die britische Regierung erlaubt EU-Bürgern die Einreise nach Großbritannien als “Visitors” über die sogenannte “Besucher-Route” für maximal sechs Monate ohne Visum. Für längere Aufenthalte und bestimmte Tätigkeiten müssen im Vorfeld Einreisegenehmigungen beantragt werden. Informationen zur Einreise ins Vereinigte Königreich finden sich in den Leitlinien des neuen auf Punkten basierenden Einwanderungssystems. Ob und welches Visum für die Einreise erforderlich ist, kann auf der britischen Webseite interaktiv geprüft werden: “Check if you need a UK visa”.
Für kurze Geschäftsreisen und für vorübergehende Arbeitseinsätze hoch-qualifizierter angestellter Mitarbeiter sieht das Handelsabkommen Vereinfachungen bei den Einreisebeschränkungen vor. Dennoch müssen deutsche Unternehmen für Inbetriebnahmen, Montage- oder Reparatureinsätze auf der Insel grundsätzlich mit bürokratischem Mehraufwand und Zusatzkosten rechnen. 

Short-term business visitors

Für einige geschäftlich begründete Aktivitäten sind kurzfristige Aufenthalte in Großbritannien als “Visitor” ohne Visum möglich. Das Handelsabkommen erlaubt die Einreise für sogenannte “Short-term business visitors” (kurze Geschäftsreisen) für die Dauer von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ohne Visum und ohne Arbeitserlaubnis. (Im Handelsabkommen geregelt unter Artikel SERVIN.4.3 sowie im Anhang SERVIN-3.)
Auf der Webseite “Permitted Activities for visitors” weist die britische Regierung erlaubte Tätigkeiten aus, die als “Visitor” ausgeführt werden dürfen. Zu den erlaubten Aktivitäten zählen unter anderem:
  • Teilnahme an Sitzungen und Konferenzen
  • Markterkundung
  • Teilnahme an Messen für Werbezwecke (kein Direktverkauf)
  • Annahme von Bestellungen, Vertragsverhandlungen über Dienstleistungen oder Waren
  • Einkauf von Waren oder Dienstleistungen für die Zwecke des heimischen Unternehmens
  • Beteiligung an geschäftlichen Transaktionen (gilt für das Management und für befasste Finanzdienstleister)
  • Als kurze Geschäftsreise sieht das Handelsabkommen auch die Erbringung verkaufsnaher Dienstleistungen im Rahmen von Garantie- oder Dienstleistungsverträgen vor (“after-sales” oder “after-lease services“):
    Mitarbeiter eines deutschen Herstellers dürfen Anlagen, Computer-Hard oder Software installieren, abbauen, reparieren, warten oder Schulungen durchführen, wenn der Hersteller dafür einen Kauf-, Liefer- oder Leasingvertrag mit einem britischen Unternehmen oder einer britischen Organisation abgeschlossen hat.
Der Geltungsbereich zur visumsfreien Einreise für verkaufsnahe Dienstleistungen wurde am 6. Oktober 2021 erweitert:
Mitarbeiter eines Herstellers oder Lieferanten von zu installierenden/reparierenden Gegenständen dürfen bereits seit dem Brexit visumsfrei ins VK einreisen. Nun gilt diese Sonderregelung der visumsfreien Einreise auch für Mitarbeiter ausländischer Gesellschaften, die Teil einer vertraglichen Vereinbarung über Kundendienstleistungen ist, insbesondere in Form eines Garantie- oder sonstigen Dienstleistungsvertrages.
Wichtig: Diese Vereinbarung muss zum Zeitpunkt des Verkaufs oder der Vermietung getroffen worden sein. Eine nachträgliche Vereinbarung fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Regelung. Der bisherige Geltungsbereich für Gegenstände, auf die sich der Dienstvertrag bezieht: „equipment, computer software or hardware“, wurde ausdrücklich um „machinery“ ergänzt. Die britische Regierung hat ein entsprechendes Statement of Changes veröffentlicht.

Bei der Einreise sollten Geschäftsreisende den Grund der Einreise durch geeignete Dokumente belegen können, beispielsweise durch Verträge, Eintrittskarten für Messen oder Terminabsprachen mit Kunden. Ein Leitfaden der britischen Regierung informiert zu den erforderlichen Unterlagen, die mitzuführen sind, um den Grund der Einreise zu dokumentieren. Die Einreise mit dem Personalausweis war lediglich bis zum 1. Oktober 2021 möglich.
Prüfen Sie generell bei allen geschäftlich veranlassten Reisen, welche Tätigkeiten erbracht werden sollen und wie lange der Aufenthalt im Vereinigten Königreich dauert. Orientieren Sie sich dabei an den Webseiten der britischen Regierung.

Dienstleistungserbringung

Wer in das Vereinigte Königreich einreist, um dort Dienstleistungen zu erbringen, benötigt eine vorherige Genehmigung.
Der Umfang des Marktzugangs hängt davon ab, in welcher Form die Dienstleistung erbracht wird. Im Handelsabkommen nach vier verschiedenen Modi unterschieden:
  1. Die Dienstleistung wird grenzüberschreitend vom Heimatstaat des Dienstleisters aus erbracht, zum Beispiel per Internet oder Telefon (Modus 1).
  2. Die Dienstleistung wird im Land des Dienstleisters erbracht, beispielsweise an einem Kunden, der ins Ausland reist und dort eine Dienstleistung empfängt (Modus 2).
  3. Die Dienstleistung wird über eine Niederlassung im Ausland erbracht (Modus 3).
  4. Der Dienstleistungserbringer reist ins Ausland und erbringt die Dienstleistung im Hoheitsgebiet eines anderen Staates (Modus 4).
Neben zahlreichen Einschränkungen und Vorbehalten enthält das Abkommen auch eine Positivliste. Hier sind Dienstleistungen beispielsweise aus den Bereichen, Wartung und Reparatur bestimmter Maschinen sowie Bau und verwandte Ingenieurtätigkeiten genannt. Die komplette Liste findet sich auf den Seiten 838 ff im Anhang Servin-4 des Abkommens. Die Vorbehalte finden sich im Anhang Servin-2 des Abkommens auf den Seiten 807 ff.   
Das Abkommen erlaubt die Einreise und den vorübergehenden Aufenthalt von Erbringern vertraglich geschuldeter Dienstleistungen “Contractual Service Suppliers“ (CSS); dasselbe gilt für selbständig tätige Dienstleister (“independent professionals“). Allerdings sind die Berechtigungen nur im Rahmen konkreter Regelungen für bestimmte Branchen und Aktivitäten gewährleistet. Es gibt erhebliche Einschränkungen, und das Beantragen von vorherigen Genehmigungen ist aufwändig.

Vorübergehende Dienstleistungen

Für kann ein “Temporary Worker – International Agreement Worker Visa (T5)“ beantragt werden. Voraussetzung für den Antrag ist, dass für jeden Facharbeiter ein sogenanntes “Certificate of Sponsorship“ ausgestellt wurde. Dieses Sponsoring-Zertifikat kann nur von einem registrierten und von der britischen Regierung anerkannten “Licensed Sponsor” ausgestellt werden. Mit diesem Zertifikat erklärt sich der “Licenced Sponsor“  gegenüber der britischen Ausländerbehörde unter anderem verantwortlich, dass ausländische Dienstleister über die erforderlichen Qualifikationen für die durchzuführenden Arbeiten verfügen. 
Ab dem Ausstellungsdatum des Sponsoring-Zertifikats muss das Visum für den Facharbeiter innerhalb von drei Monaten beantragt werden. Das Visum kann frühestens drei Monate vor Beginn der auf dem Zertifikat aufgeführten Tätigkeit beantragt werden. 
Zu den Voraussetzungen des deutschen Arbeitnehmers für das Beantragen eines Visums zählt unter anderem:
  • Mindestens zwölf Monate Betriebszugehörigkeit bei Antragstellung
  • Drei Jahre einschlägige Berufserfahrung
  • Universitätsabschluss oder vergleichbare Qualifikation
  • Nachweis der für die Tätigkeit im VK erforderlichen Abschlüsse
Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, können sich Dienstleistungserbringer für die Dauer des Vertrags, längstens aber für bis zu zwölf Monate im Vereinigten Königreich aufhalten.
Der vollständige T5 (Temporary Worker)-Leitfaden steht bei der britischen Regierung als PDF-Dokument zum Download zur Verfügung..  

IHK-Tipps

  • Einreisegenehmigungen für Mitarbeiter rechtzeitig beantragen; über diesen Link können Sie prüfen, ob für Ihre Mitarbeiter ein britisches Visum erforderlich ist. EU-Bürger können Visa Online beantragen (digitales Foto erforderlich). 
  • Ab 1. Oktober 2021 ist ein gültiger Reisepass erforderlich
  • Längere Vorlaufzeiten für administrative Vorbereitungen einplanen
  • Mehrkosten bei der Mitarbeiterentsendung einkalkulieren und bei der Angebotserstellung einplanen
  • Wechselkursschwankungen berücksichtigen
  • Längere Wartezeiten bei der Ein- und Ausreise durch Grenzkontrollen einplanen

Anerkennung beruflicher Qualifikationen

Wer in Großbritannien eine reglementierte Tätigkeit ausüben will, benötigt eine entsprechende Qualifikation und Genehmigung. Berufliche Qualifikationen müssen durch britische Behörden anerkannt werden. Die britische Regierung informiert in einem Leitfaden zur Anerkennung von EU-Qualifikationen.

Sozialversicherung – A1-Bescheinigung

Das Abkommen regelt, dass Sozialversicherungsbeiträge für vorübergehende Dienstleistungen von Mitarbeitern deutscher Unternehmen in Großbritannien nur in Deutschland abzuführen sind, wenn die Dauer der Auslandsbeschäftigung 24 Monate nicht überschreitet und der entsandte Mitarbeiter nicht einen anderen Entsendemitarbeiter ablöst. Die Bundesregierung muss dieser Regelung noch zustimmen. Voraussichtlich wird die A1-Bescheinigung für Großbritannien auch künftig ausgestellt. Setzen Sie sich dazu mit Ihrer zuständigen Krankenkasse in Verbindung und verfolgen Sie die Informationen für Entsendemitarbeiter der DVKA (Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland).

Lizenzen

Die britische Regierung hat ein Tool “Licence Finder“ eingerichtet, das Auskunft über die zur Dienstleistungserbringung potenziell notwendigen Lizenzen gibt. Nach Eingabe des Dienstleistungssektors und der konkreten Tätigkeit sowie dem Ort der Dienstleistungserbringung werden entsprechende Suchergebnisse angezeigt.

Anerkennung von deutschen Führerscheinen in UK

Deutsche Führerscheine werden für vorübergehende Aufenthalte in Großbritannien weiterhin anerkannt. Darauf weist die Deutsche Auslandsvertretung im Vereinigten Königreich hin.

Weitere Hinweise

Seit dem 1. Januar 2021 genießen Reisende zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nicht mehr das gleiche Schutzniveau. Fahrgäste sind bei Reisen in das Vereinigte Königreich oder aus dem Vereinigten Königreich nicht mehr durch die EU-Fahrgastrechte geschützt. Bei Reisen in das Vereinigte Königreich und aus dem Vereinigten Königreich sollten Reisende prüfen, welche Regeln in Bezug auf Grenzkontrollen, Visumpflicht, Führerscheine und Roaminggebühren gelten.
Ab 13. April 2023 gibt es ein neues „Innovator Founder“ Visum. Dieses Visum ersetzt sowohl das alte Innovator Visum als auch das alte Start-up Visum – beide waren mit 299 beziehungsweise 377 Visumserteilungen im Jahr 2022 nicht sonderlich erfolgreich. Das neue Visum schafft zum Beispiel die bislang geforderten 50.000 GBP Startkapital ersatzlos ab. Neu geschaffen wird die Möglichkeit, nebenher zu arbeiten, solange die Arbeit eine Qualifikation von mindestens RQF3 erfordert.
Für das „Skilled Worker“ Visum gilt eine neue untere Verdienstgrenze: 26.200 GBP (bislang 25.600 GBP). Ebenfalls angehoben wurden die Mindestgehälter für das „Global Business Mobility (Senior or Specialist Worker)“ Visum auf 45.800 GBP (bislang 42.200 GBP) und für das Graduate Trainee Visum auf 24.220 GBP (bislang 23.100 GBP).