Britische Regierung veröffentlicht Liste zu Neuregulierungen

Die britische Regierung sieht den EU-Austritt als Chance eigene Gesetze und Regulierungen einzuführen, die als EU-Mitglied nicht möglich waren. Nun wurde eine Auswahl der Themen bekanntgegeben, für die das Vereinigte Königreich die neu errungene regulatorische Unabhängigkeit nutzen und eigene Regulationen erlassen will.
Seit dem Brexit entfernt sich das Vereinigte Königreich weiter von der EU. Nun trifft dies auch die Gesetzgebung. Nachdem das EU-Recht zunächst größtenteils übernommen wurde, steht nun eine Überarbeitung von Regulationen verschiedenster Bereiche an, in denen sich das britsche künftig vom EU-Recht unterscheiden wird. Auf einige relevante Änderungen wird nachfolgend hingewiesen.

Digital Transformation of Regulation

Das britische Wirtschaftsministerium will eine öffentlich zugängliche Datenbank schaffen. Diese Datenbank soll alle Regelungen enthalten, die für unternehmerisch Tätige relevant sind. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz will man diese um weitere relevante Informationen ergänzen, die das Verständnis von Inhalt und Kontext erleichtern sollen. Außerdem soll ein Tool entwickelt werden, mit dessen Hilfe Unternehmen die sie betreffenden Regeln und daraus folgende Verhaltenspflichten einfach ermitteln können.

Elektronische Dokumente

Die britische Regierung will elektronische geschäftliche Kommunikation genauso behandeln wie herkömmliche, physische Dokumente. Soweit zu beurkundende Dokumente betroffen sind, unterstützt die Regierung eine unabhängige Expertenarbeitsgruppe der law commission, die konkrete Regelungen für die Gültigkeit elektronischer Unterschriften und anderer elektronischer Arten der Ausfertigung von Dokumenten vorschlagen soll. Die letzten Firmenanteile, die noch in papierhaften Urkunden dokumentiert sind, sollen mittelfristig in elektronische Anteile umgewandelt werden.

Medizin und Medizinprodukte

Hier soll Forschung und Entwicklung besonders gefördert werden, außerdem hat die Regierung eine öffentliche Konsultation zur Regulierung von Medizinprodukten bekanntgegeben. Überdies soll die Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (MHRA) prüfen, ob Software und künstliche Intelligenz als Medizinprodukte gelten können. Schließlich will man das Vereinigte Königreich zu einem attraktiven Standort für klinische Studien machen.

Vergaberecht

Aktuell beruhen die Grundlagen des britischen Vergaberechts auf den Regeln der Europäischen Union (EU). Seit dem EU-Austritt gibt es keine Bindung mehr an Vorgaben aus Brüssel. Daher hat die britische Regierung ein komplett neues Regime entworfen. Es soll jedoch zunächst nur für England gelten. Von einer Implementierung der neuen Regeln ist frühestens 2023 auszugehen.
Künftig sollen alle Regeln drei grundsätzlichen Prinzipien dienen: a) Transparenz, b) Diskriminierungsfreiheit sowie c) faire Behandlung der Bieter. Verstöße gegen diese Prinzipien dürften voraussichtlich dazu führen, eine Vergabeentscheidung anfechtbar zu machen. Des Weiteren gibt es einige Zielstellungen: der öffentliche Nutzen, Preis-Leistungs-Verhältnis und Integrität. Hier ist die rechtliche Einordnung dieser Ziele noch nicht vollständig klar.
Hauptziel der Reform ist die Vereinfachung des Rechtsrahmens für das Vergaberecht. Zukünftig soll es nur noch ein einheitliches gesetzliches Regelwerk geben. Nur bei der Vergabe von Aufträgen im Versorgungssektor (z.B. Wasser-, Energieversorgung) kann es auch künftig mehr Flexibilität geben. Die Zahl der zur Verfügung stehenden Verfahren soll von sieben auf drei reduziert werden. Es handelt sich dabei um
  • ein flexibles, wettbewerbliches Verfahren als Ersatz für das nicht offene Verfahren, den wettbewerblichen Dialog und das Verhandlungsverfahren,
  • ein offenes Verfahren, und
  • ein beschränktes Ausschreibungsverfahren für Krisensituationen oder besonders dringliche Verfahren.
Detaillierte Informationen hält die → GTAI bereit.

Produktsicherheit

Die Gesetze zur Produktsicherheit sollen laut der britischen Regierung fit für das 21. Jahrhundert gemacht werden, um neue Technologien wie smarte Haushaltsgeräte oder 3D-Druck zu berücksichtigen, ebenso wie den wachsende Online-Handel, der durch die Corona Pandemie nochmals an Bedeutung gewonnen hat. Verbraucher sollen vor unsicheren Produkten geschützt werden, wobei ein Ausgleich zwischen Innovation und Gefahren neuer Technologien angestrebt wird.
Bei der Auswertung der Konsultation identifizierte das Amt für Produkt- und Sicherheitsstandards (Office of Product Safety & Standards, OPSS) die Schwerpunkte:
  • E-Commerce: Insbesondere Einhaltung von Sicherheitsvorschriften und Produktstandards durch Verkäufer, die Online-Plattformen nutzen sowie die Online Anbieter selbst, durch den Einsatz digitaler Tools.
  • E-Labelling: Möglichkeit für Hersteller, digitale Kennzeichnungen zu verwenden. Vorteile: Reduzierung von Abfall, geringere Kosten, Möglichkeit zur fortlaufenden Aktualisierung der Informationen.
  • Marktüberwachung: OPSS als nationalen Anlaufstelle für Produktsicherheit: Unterstützung der lokalen Überwachungsbehörden, Schulungsangebote, agile Methode für Risikomanagement.
  • Unterstützung für Unternehmen: Z.B. bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen, insb. bei Gebrauchtwaren und Produkten, die von mehreren Behörden reguliert werden, u.a. durch freiwillige Standards
Weitere Informationen gibt es von → Germany Trade and Invest.

Weitere Ankündigungen – Datenschutz, Gentechnik, Mobilität

Weitere Ankündigungen betreffen unter anderem ein „wachstumsfreudiges, vertrauenswürdiges Datenrecht, verhältnismäßiger und weniger belastend als die EU DSGVO“. Hierzu läuft derzeit eine Konsultation. Ebenfalls neu überdacht werden soll die gegenwärtige, aus EU-Zeiten stammende Regulierung gentechnisch modifizierter Organismen, die als zu restriktiv bezeichnet wird. In Sachen Mobilität sollen „veraltete“ EU-Fahrzeugstandards durch nationale ersetzen, die mehr Flexibilität für neue Technologien beinhalten.
Quelle: GTAI
Weitere Informationen zu Hintergründen und Ausblick finden Sie auf den → Webseiten von Germany Trade and Invest.