Ländermärkte

ASEAN: Die Supermacht Asiens?

Die Welt schaut gen Osten. Im internationalen Kontext gewinnt Südostasien wirtschaftlich an Bedeutung. Ist ASEAN die neue Supermacht in Asien-Pazifik? Wir möchten Ihnen diese und weitere Fragen beantworten.

Asien-Pazifik als Weltwirtschaftsmotor

ASEAN, das ist die Association of South-East-Asian Nations, die heute 10 Mitgliedsstaaten hat und 1967 gegründet wurde. Indonesien, Malaysia, Philippinen, Singapur und Thailand gehören zu den Gründungsstaaten. Heute werden diese mit Brunei, Vietnam, Myanmar, Laos und Kambodscha ergänzt. Die südostasiatische Region ist für Gesamtasien, die USA und Europa ein vielfältiger und attraktiver Markt. Mit knapp 670 Millionen Einwohnern und einer der am schnellst wachsenden Märkte weltweit zieht die Region viel Aufmerksamkeit an.

Ziele der Staatengemeinschaft

Mit der Gemeinschaft soll die politische Stabilität und die wirtschaftliche Entwicklung innerhalb der Mitgliedstaaten gestärkt werden. Die Ziele der wirtschaftlichen Integration wurden mit der ASEAN Economic Community (AEC) am 31. Dezember 2015 festgehalten. Seither wurde der freie Verkehr ermöglicht und Handelszölle zwischen den ASEAN-Staaten abgeschafft. Weitere Entwicklungsmaßnahmen wurden bis 2025 definiert. Grundlage ist der Masterplan on ASEAN Connectivity 2025, der die gemeinsamen Ziele der physischen Konnektivität (Infrastruktur, Kommunikationsnetze), die institutionelle Konnektivität (Handel, Investitionen) sowie die soziale Konnektivität (Bildungsaustausch, Tourismus) zusammenfasst.

Die EU und ASEAN

Die EU ist seit einigen Jahren bemüht die Kooperation mit der ASEAN-Region zu stärken. Ziele der Zusammenarbeit werden seit 2016 im Blue Book festgehalten. Schwerpunkte des aktuellen Blue Books sind die Konnektivität, Handel, Transport, Energie, Digitales und persönlicher Austausch. Aufgrund seiner wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung, die auch China erkannt hat, ist das Interesse einer wirtschaftlichen und wertebasierten Zusammenarbeit auf Seiten der EU groß. Chinas Einfluss in der Region ist stark erkennbar und nimmt von Jahr zu Jahr zu. Die chinesische Präsenz macht sich nicht nur in infrastrukturelle Großprojekte bemerkbar, auch der ökonomische Einfluss Chinas ist in allen zehn ASEAN-Staaten zu erkennen. China ist der wichtigste Warenlieferant und beherrscht 20 Prozent des Marktanteils.

Das Freihandelsabkommen RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership)

ASEAN ist wirtschaftlich eine spannende und immer wichtiger werdende Region. Mit der Unterzeichnung des weltgrößten Freihandelsabkommen RCEP im November 2020 haben sich die ASEAN-Länder, China, Japan, Korea, Australien und Neuseeland zu weiteren Zollabbau versprochen. Ebenso im Abkommen enthalten sind die Themen Handelserleichterung, sanitäre und pflanzenschutzrechtliche Bestimmungen, technische Standards, Handelsschutzinstrumente, Dienstleistungen, Personenverkehr, Investitionen, Schutz geistigen Eigentums, E-Commerce, Wettbewerbsregeln und öffentliches Auftragswesen.
RCEP wird den innerasiatisch-pazifischen Waren- und Dienstleistungsaustausch stärken. Dies haben sowohl die USA als auch Europa erkannt. Insbesondere durch Zollsenkungen und ein einheitliches Ursprungszeugnis wird den Handel innerhalb den Mitgliedstaaten verstärken.
Weitere Informationen zur ASEAN-Region sind abrufbar auf den Internetseiten der Auslandshandelskammern der Region (englischsprachig) und der GTAI sowie in der Publikation “ASEAN-Snapshot 2023” (unter "Weitere Informationen abrufbar).

Kreislaufwirtschaft in Indonesien

Der wirtschaftliche Aufstieg der größten Volkswirtschaft Südostasiens wird von einem steigenden Abfallaufkommen begleitet. Jedes Jahr werden ca. 65 Mio. t Abfall produziert, davon ca. 15 – 20 Prozent aus Plastik. Aufgrund der unzureichenden lokalen Sammlung muss die lokale Recyclingindustrie ihren Bedarf durch zusätzliche Importe von Plastikabfällen decken. Regierungsziele sehen bis 2025 jedoch eine Halbierung dieser Importe vor. Stattdessen sollen lokale die Sammlung und Verwertung verbessert werden.
Konkrete Maßnahmen werden u.a. durch die Regulierung 75/2019 des indonesischen Umweltministeriums erwartet. Produzenten von Nahrungsmitteln, Kosmetik und anderen Konsumgütern müssen die durch ihre eigenen Produkte verursachten Abfälle bis 2029 um 30 Prozent reduzieren, insbesondere durch Recycling und Wiederverwertung. Davon betroffen sind Verpackungen aus Plastik, Aluminium (Dosen), Glas und Papier. Ab 2030 sind Vertrieb und Nutzung von Strohhalmen aus Plastik, Plastiktüten sowie Einwegverpackungen aus Polystyrol untersagt.
Der Zeitplan für die Umsetzung sieht für 2021 die Entwicklung von Konzepten zur Rücknahme von Verpackungen sowie die Stärkung von Kooperationen mit Waste Banks und anderen Sammelstellen vor. Im Jahr 2022 sollen Pilotprojekte und Baseline-Studien durchgeführt werden. Ab 2023 soll die Implementierung der entwickelten Konzepte beginnen, um bis spätestens 2029 die Mindestziele der Regierung zu erreichen.
Lokal ansässige Konsumgüterproduzenten treiben die Verfügbarmachung und Nutzung von recycelten Materialien aktiv voran. Mit der Gründung der Indonesia Packaging Recovery Organization (IPRO) wurde ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung einer Extended Producer Responsibility gemacht. IPRO soll die Sammlung von Verpackungen organisieren sowie neue Verpackungskonzepte entwickeln, die auf einfache Weise recycelt werden können.

Marktchancen

Die indonesische Regierung will in die lokale Kreislaufwirtschaft investieren und setzt dabei auch auf Expertise aus Deutschland. Zukünftig wird insbesondere Bedarf an innovativen Lösungen zur Abfallreduzierung, zur Neugestaltung von Verpackungen sowie zur Verwertung von Plastik und Papier bestehen. Die Indonesia National Plastic Partnership hat den Finanzbedarf zur Erreichung der Regierungsziele geschätzt.
Für den Aufbau der notwendigen Infrastruktur sind bis 2040 demnach mehr als USD 18 Mrd. notwendig. Die jährlichen Betriebskosten für ein Kreislaufwirtschaftssystem werden auf USD 1,1 Mrd. pro Jahr geschätzt. Bis zum Jahr 2040 könnten diese weiter auf ca. USD 2 Mrd. pro Jahr ansteigen.
Geschäftsmöglichkeiten bestehen auch im Bau und Betreiben von Aufbereitungsanlagen, z.B. für PET oder andere hochwertige Plastiksorten. Für Technologieanbieter ist insbesondere die notwendige Modernisierung der Recyclingindustrie interessant. Zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit muss die lokale Industrie ihre Anlagen erneuern, um zukünftig vor allem höherwertige Produkte produzieren zu können.
Der Singapore Green Plan 2030 umreißt die ehrgeizigen und konkreten Ziele des Landes für das nächste Jahrzehnt, bei dem die Regierung eng mit Unternehmen, Gemeinden und Haushalten zusammenarbeitet, um Maßnahmen für eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. Daraus ergeben sich zahlreiche Chancen für deutsche Unternehmen.

Singapur Green Plan 2030 - Chancen im Bereich Energieeffizienz, Recycling und Wasser

Bedarf an energieeffizienten Lösungen besteht insbesondere in folgenden Branchen:

Die Elektronikindustrie als größter Sektor der verarbeitenden Industrie in Singapur. Insbesondere die Halbleiterindustrie weist eine der höchsten Energieintensitäten auf, wobei die meiste Energie für die Kühlung von Geräten und anderen Maschinen im Produktionsprozess verbraucht wird. Bioelektronik, "grüne" Elektronik, Kunststoff- und Sicherheitsprodukte sind Wachstumsbereiche. Ein weiterer dynamischer Bereich ist die Datenspeicherung.
Singapur ist unter den Top 10 der globalen Chemie- und Energieindustrie und auch als Sitz des führenden Chemie-Clusters in Südostasien bekannt, das im Jahr 2020 14 Prozent des verarbeitenden Gewerbes des Landes ausmachte. Die Branche verbraucht die meiste Energie in Singapurs Produktionslandschaft. Die größten Abnehmer kommen aus der petrochemischen Industrie, die viel Energie zum Erhitzen und Verdampfen benötigt. Schwerpunktbereiche für energieeffiziente Lösungen sind Heiz- und Kühlprozesse, Antriebssysteme, Beleuchtung und andere Produktionssysteme.
Singapur hat die pharmazeutische und biotechnologische Industrie zu einem Schlüsselsektor für die Wirtschaft des Landes erklärt. Die Bereiche Heizung, Lüftung und Klimatisierung machen 65 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs der Branche aus, weitere 25 Prozent entfallen auf Steckdosen und weitere 10 Prozent auf die Beleuchtung. Dies sind also die drei Schlüsselbereiche für Energieeffizienzlösungen.
Weitere potenzielle Sektoren für energieeffiziente Lösungen sind die
  • Wasser- und Abwasserindustrie (Pumpen, Wasseraufbereitung und elektrochemische Wasserentsalzung verbrauchen die meiste Energie) sowie
  • die Bereiche Medizintechnik,
  • Agri-Business und
  • Maritime Wirtschaft.

Recycling

Das Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum in Singapur hat zu einem Anstieg der Abfallmenge geführt. Im Jahr 2020 fielen insgesamt 5,88 Millionen Tonnen Abfall an, wobei nur 52 Prozent der Abfälle recycelt wurden.
Obwohl der Klimawandel und die zunehmende Ressourcenknappheit die wichtigsten Faktoren sind, ist Singapur entschlossen, diese Herausforderungen in Chancen zu verwandeln. Beispiele hierfür sind chemisches Recycling, bei dem Kunststoffe in ihre ursprünglichen chemischen Bausteine zurückverwandelt werden, so dass sie wieder in den Produktionsprozess gelangen können, Verwendung behandelter Verbrennungsschlacke als herkömmlicher Zuschlagstoff (z. B. Sand) im Bauwesen, oder Recycling von Elektroschrott.
Chancen für deutsche Unternehmen:
  • Infrastruktur der Abfallsammlung (z. B. Gelber-Sack-System, Leergutrücknahme-Automaten usw.),
  • für Abfalltrennungstechnologien sowie mit
  • ihrem Fachwissen insbesondere im Bereich des mechanischen Recyclings von Kunststoffabfällen und des Elektroschrottrecyclings einen Beitrag leisten.
  • Im Hinblick auf das Kunststoffrecycling benötigt Singapur Lösungen zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen und zur Reduzierung der Abfälle, die in naher Zukunft auf der Deponie landen.
Kurzfristig wird Werkstofflich-Recycling als Überbrückungstechnologie bevorzugt, bis das chemische Recycling weiter fortgeschritten und skalierbar ist. Chemisches Recycling kann dazu beitragen, den Kunststoffabfallkreislauf in Singapur zu schließen, indem kontaminierte Kunststoffabfälle, die nicht mechanisch recycelt werden können, in höherwertige Produkte wie Pyrolyseöl umgewandelt werden. Singapur untersucht derzeit die Durchführbarkeit des chemischen Recyclings zur Behandlung von Kunststoffabfällen in Singapur. Deutsche Unternehmen können darüber hinaus mit Zertifizierungs- und Normungswissen im Bereich des Recyclings beitragen.

Ressource Wasser

Singapur ist als kleiner Inselstaat mit verschiedenen Einschränkungen bei den natürlichen Ressourcen konfrontiert, z. B. mit Landknappheit und dem Fehlen natürlicher Wasserressourcen (abgesehen von Niederschlägen). Bis 2061 unterhält Singapur mit Malaysia ein Importabkommen für Wasser.
Singapur setzt vor allem auf entsalztes und hoch gereinigtes, aufbereitetes Wasser (NEWater), da dies Singapur unabhängig von ausländischen Wasserquellen und vom lokalen Wassereinzugsgebiet macht, das stark von schwankenden Regenfällen abhängig ist.
Chancen für deutsche Unternehmen:
  • Energieeffiziente Lösungen: Insbesondere Technologien zur Meerwasserentsalzung und Wasserrückgewinnung, da diese Prozesse hohe Energiemengen benötigen.
  • Wasseraufbereitungssysteme zur Qualitätssicherung: Zur Regulierung schwankender Wasserqualität, insbesondere bei der Einspeisung in Oberflächengewässer.
  • Stau- und Rohrleitungslösungen: Aufgrund der Landbeschränkung steht Singapur vor der Herausforderung, wie und wo Wasser aufgefangen und gestaut werden kann, insbesondere während der Regenzeit in Zeiten geringer Niederschläge.
  • Technologien zur Verringerung des Chemikalieneinsatzes und des Klärschlamms: Derzeit werden bei Wasseraufbereitungsprozessen große Mengen an Chemikalien eingesetzt; es wird nach innovativen Lösungen gesucht, die weniger Chemikalien benötigen und/ oder weniger verbrauchten Wasserschlamm bei Wasserreinigungsprozessen erzeugen.

  • Überwachungs- und Kontrollsensoren: zuverlässige Sensoren zur Überwachung der Wasserqualität in Wasseraufbereitungsanlagen, um sicherzustellen, dass das produzierte Wasser den strengen Anforderungen der nationalen Wasserbehörde Singapurs und der WHO entspricht.
  • Wassersparende Anwendungen für die Industrie: Da der Wasserbedarf außerhalb der Haushalte bis 2060 voraussichtlich auf 70 Prozent des gesamten Wasserverbrauchs ansteigen wird, sucht Singapur nach Lösungen und Technologien, die weniger Wasser benötigen oder Wasser in wasserintensiven Prozessen ersetzen, z. B. in der Energieerzeugung, der Halbleiter- und der petrochemischen Industrie.
  • Intelligente Lösungen für Entwässerungssysteme: Lösungen, die Frühwarnungen liefern, um eine genaue Hochwasservorhersage zu ermöglichen und das Hochwasserrisiko zu verringern.
  • Kontrollsysteme: Sensoren, Roboter usw., die die Produktivität, Verfügbarkeit und Betriebssicherheit im Wasserkreislauf erhöhen.
  • Digitalisierung der Wasserwirtschaft: Deutschland ist bekannter Vorreiter für Industrie 4.0 und hat den Begriff "Wasser 4.0" mitgeprägt. Deutschland ist führend auf dem Gebiet der Automatisierung und digitalen Lösungen, was zu einer erheblichen Überschneidung zwischen dem deutschen Know-how und den Anforderungen Singapurs führt. Zudem ist Deutschland Vorreiter in den Bereichen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz und weist daher ein großes Potenzial für diesen Anforderungsbereich auf.

Entwicklung in der ASEAN-Region

Wassertechnologien sind nicht nur für Singapur, sondern auch für die umliegenden ASEAN-Staaten von großer Bedeutung, da deren Wasserversorgung zum größten Teil aus Grundwasser und Regenwasser besteht. Folglich sind die ASEAN-Länder stark von den klimatischen Umweltbedingungen abhängig.
Aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels stehen viele Länder vor ernsten Problemen mit ihrer nationalen Wasserversorgung und müssen alternative Quellen finden. Daher können deutsche Lösungen und Technologien in Singapur getestet und an die lokalen Anforderungen angepasst werden, da der Inselstaat ein dynamisches Forschungs- und Entwicklungszentrum für Wassertechnologien ist, und anschließend in die Region exportiert werden.
Deutsche Unternehmen haben die Möglichkeit, sich an den zahlreichen Forschungs- und Entwicklungsprojekten zu beteiligen und die ASEAN-Märkte von dem zentralen, prestigeträchtigen Stadtstaat aus zu erschließen, der eine Vorbildfunktion für viele Länder der Region hat.
Für mehr Informationen und Beteiligungsmöglichkeiten steht Ihnen die Auslandshandelskammer in Singapur zur Verfügung:
Eirik Behnke
Head DEinternational/Trade Promotion
Tel.: (+65) 6433 5340
E-Mail: eirik.behnke@sgc.org.sg, Webseite

Fachkräfteanwerbung aus Vietnam

Ausgebildete Fachkräfte sind rar in Vietnam und nur wenige gehen nach Deutschland. Die Anwerbung von Auszubildenden nimmt aber zu.
Deutschland gilt für Fachkräfte und Auszubildende trotz kultureller und sprachlicher Barrieren als attraktives Zielland. Heute leben in Deutschland etwa 200.000 Vietnamesen. Hohe Löhne ermöglichen Rücküberweisungen und in Teilen der vietnamesischen Gesellschaft gibt es eine starke Deutschland-Affinität.

Wachsendes Interesse an einer Ausbildung in Deutschland

Bisher gehen vornehmlich Auszubildende nach Deutschland, schätzungsweise 4.000 bis 6.000 pro Jahr. Auf deutscher Seite besteht ein großes Interesse an vietnamesischen Azubis. Das Goethe-Institut in Hanoi ist inzwischen weltweit eines der größten. Die Anzahl von Deutschschulen ist in den letzten Jahren stark gestiegen und wird nur durch Engpässe bei Sprachlehrern etwas gebremst.
Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Vermittlungsinitiativen, die gut funktionieren. In der Regel werden die jungen Menschen nicht nur in der Sprache ausgebildet (zumeist bis Niveau B1), sondern erhalten auch eine Einweisung in die deutsche Kultur. Auf deutscher Seite sind die Firmen gut vorbereitet und integrieren die Azubis.
Eine langjährige Kooperation besteht zwischen dem Center for Overseas Labour, einer Vermittlungsorganisation des vietnamesischen Arbeitsministeriums, dem Goethe-Institut in Hanoi und dem Betreiber von Pflegeheimen Vivantes Forum für Senioren. Seit 2015 hat Vivantes etwa 900 Azubis aus Vietnam angeworben. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat gemeinsam mit dem Arbeitsministerium über das Programm "Triple Win" seit 2019 etwa 400 Azubis an 18 Krankenhäuser und Altenpflegeheime in Deutschland vermittelt.

Gastronomie und Hotellerie im Fokus

Ausgebildete Arbeitskräfte gehen seltener nach Deutschland. Jährlich dürften es maximal einige Hundert sein. Fachkräfte mit einer den deutschen Qualifikationen vergleichbaren Ausbildung sind rar in Vietnam. Diejenigen, die es gibt, haben sich oft bereits eine feste berufliche und familiäre Existenz aufgebaut. Die Bereitschaft, nach Deutschland überzusiedeln, ist bei diesen Personen gering. Hinzu kommt, dass die Anerkennung von Abschlüssen in Deutschland jeweils auf Einzelbasis erfolgt. Das kostet viel Geld und dauert in der Regel mindestens sechs Monate.
Über einige Initiativen werden seit Jahren, wenn auch in begrenztem Umfang, erfolgreich Fachkräfte für Deutschland gewonnen. Die Auslandshandelskammer Vietnam vermittelt über das Programm "Hand in Hand for International Talents" (siehe unter “Weitere Informationen”) Fachkräfte in der Gastronomie (Köche) und Hotellerie nach Deutschland. Über das Programm sind bisher 55 Personen nach Deutschland gelangt. Die Vermittlung von Köchen und Hotelangestellten gilt als einfacher, weil die Anforderungen an die Sprachkenntnisse der Kandidaten weniger hoch sind als bei anderen Berufen, wie etwa in der Metallverarbeitung oder IT.
Die GIZ arbeitet gemeinsam mit Berufsbildungszentren in Vietnam an der Verbesserung der Ausbildung nach deutschem dualen Muster (siehe unter “Weitere Informationen”). In dem Zusammenhang gibt es auch ein Pilotprojekt zur Ausbildung von Zerspanungstechnikern, die auch sprachliche und kulturelle Vorbereitungskurse erhalten. Eine erste Gruppe ist Anfang 2024 nach Deutschland gegangen.

Deutschland und Vietnam vereinbaren stärkere Zusammenarbeit

Die vietnamesische Regierung ist bei der Vermittlung von Fachkräften und Auszubildenden nach Deutschland sehr aufgeschlossen. Die Arbeitsministerien auf deutscher und vietnamesischer Seite wollen sich bei der Fachkräftegewinnung stärker koordinieren. Im Rahmen des Besuches von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Januar 2024 haben sie dazu eine Absichtserklärung unterzeichnet.
Momentane Herausforderungen auf deutscher Seite sind bürokratische Hürden bei der Visaerteilung und die Anerkennung von Abschlüssen. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz bringt hier teilweise Erleichterung.
Auf vietnamesischer Seite gibt es trotz zahlreicher Informationsangebote wie der zentralen Plattform "Make it in Germany" dubiose und teure Vermittler für Auszubildende. Für einen Ausbildungsplatz müssen Kandidaten rund 6.000 bis 8.000 Euro in Sprachausbildung und Vermittlung investieren. Unseriöse Anbieter verlangen oft das Mehrfache.
Quelle: GTAI, 2024