Klimaschutzgesetz, Klimapakt, Klimasofortprogramm verabschiedet

Bundestag und Bundesrat haben im Juni 2021 die Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes beschlossen (Verlinkungen am Ende des Textes). Damit wird das Klimaschutzziel für 2030 erhöht (65 Prozent weniger Treibhausgasemissionen gegenüber 1990). Klimaneutralität soll bis 2045 erreicht werden.
Auch die Zwischen- und Sektorenziele wurden angepasst. Zur Umsetzung hat die Bundesregierung einen Klimapakt und ein Sofortprogramm verabschiedet.

Klimaschutzgesetz

Mit der Gesetzesänderung erfolgt auch eine Umsetzung der neuen Klimaziele der EU (EU Green Deal). Die neuen europäischen Klimaziele sind noch nicht formal beschlossen, aber es besteht bereits eine Einigung zwischen Rat und Europäischen Parlament. Es besteht allerdings noch gar keine Einigung darüber, wie das neue europäische Klimaschutzziel für 2030 von minus 55 Prozent auf die Mitgliedstaaten verteilt wird (Lastenteilung). Hier greift der deutsche Gesetzgeber den europäischen Verhandlungen voraus.
Die wesentlichen Anpassungen der Novelle sind:
  • Anpassung der nationalen Klimaschutzziele (§ 3 KSG): Das 2030-Ziel wird von minus 55 auf minus 65 Prozent erhöht. Bis zum Jahr 2040 soll die Reduktion der Treibhausgasemissionen 88 Prozent erreichen, bis 2045 Treibhausgasneutralität und anschließend negative Emissionen.
  • Entsprechend angepasst werden auch die sektorspezifischen Vorgaben für zulässige Jahresemissionsmengen für die Zeit von 2023 bis 2030 (Anlage 2 KSG). Für den Verlauf des Reduktionspfades der einzelnen Jahre von 2031 bis 2040 werden Gesamtminderungsziele festgeschrieben (Anlage 3 KSG).
  • Überprüfung der zulässigen Jahresemissionsmengen im Einklang mit den im Rahmen des Green Deal folgenden Anpassungen auf europäischer Ebene (§ 4 KSG).
  • Neu eingeführt wird eine Regelung zum Beitrag natürlicher Ökosysteme (§ 3a). Der Beitrag soll jährlich 25 Mio. t CO2-Äquivalenten bis 2030, 35 Mio. t CO2-Äquivalenten bis 2040 und 40 Mio. t CO2-Äquivalenten bis 2045 betragen. Durch welche Maßnahmen diese Beiträge erzielt werden sollen, ist bislang nicht klar.
  • Die Berücksichtigung des Klimaschutzes bei der Beschaffung auf Bundesebene wird gestärkt.
Der Bundestag hat nur geringfügige Änderungen beschlossen. Bei der Evaluierung des Gesetzes sollen auch Auswirkungen auf die Beschäftigungsentwicklung, die Wirtschaftsstruktur, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse auch im ländlichen Raum sowie die Effizienz des Einsatzes von natürlichen Ressourcen abgeschätzt werden. Zudem wurde beschlossen, dass im Jahr 2024 und dann alle zwei Jahre der jährliche Klimaschutzbericht auch eine Darstellung zum Stand und zur weiteren Entwicklung der CO2-Bepreisung in der EU, international und deren Auswirkungen auf die einzelnen Sektoren enthalten soll.

Klimapakt

Begleitend hat das Bundeskabinett den Beschluss für einen Klimapakt gefasst. Darin wird darauf verwiesen, dass der zur Zielerreichung notwendige Transformationsprozess durch weitere Maßnahmen unterstützt werden muss. Zu den genannten Punkten gehören:
  • CO2-Bepreisung: Keine Festlegung auf eine Anhebung des bislang festgelegten Preispfades.
  • Ausbau Erneuerbare Energien: Beschleunigung, allerdings ohne Hinweise darauf, wie die Beschleunigung erreicht werden kann. 
  • Investitionspakt für klimafreundliche Produktion mit der Industrie: Schwerpunkt auf Industrien mit hohen Prozessemissionen (Stahl, Zement, Chemie). Zudem Erarbeitung eines Konzeptes für Quoten klimafreundlicher Produkte.
  • Beschleunigung des Hochlaufs der Wasserstoffwirtschaft, insbesondere Offshore-Wasserstofferzeugung.
  • Gebäude: stärkere Einbindung von Erneuerbaren im Gebäudesektor, Anhebung der Neubaustandards, keine Förderung mehr für ausschließlich fossil betriebene Heizungen. Die Kosten der CO2-Bepreisung sollen zu 50 Prozent von den Vermietern getragen werden.
  • Zur Finanzierung eines Teils der Ausgaben für den Klimaschutz wird der Abbau klimaschädlicher Subventionen geprüft

Klimaschutz-Sofortprogramm

Das Bundeskabinett hat ergänzend dazu ein Klimaschutz-Sofortprogramm verabschiedet. Es ist Teil des Bundeshaushalts 2022 und hat ein Volumen von 8 Mrd. Euro für Maßnahmen zur weiteren Treibhausgasminderung in den Jahren 2022 und 2023. Schwerpunkt ist mit einem Volumen von 4,5 Mrd. Euro die Förderung energieeffizienter Gebäude.
Ziel des Programms ist es, einen Beitrag zur Umsetzung der neuen Klimaschutzziele zu leisten. Die zusätzlichen Finanzmittel ergänzen mehr als 80 Mrd. Euro, die in den vergangenen zwei Jahren im Rahmen von Klimaschutz- und Konjunkturprogramm bereits für Klimaschutzinvestitionen vorgesehen worden waren.
Die meisten Maßnahmen sollen durch die neue Bundesregierung entwickelt bzw. umgesetzt werden.

Industrie (+ 860 Mio. Euro)

  • Aufstockung des Programms Dekarbonisierung der Industrie / Klimaschutzverträge (Ausgleich der Mehrkosten klimafreundlich produzierter Produkte – Carbon Contracts für Difference)
  • Investitionsförderprogramm Stahlindustrie (Umstellung auf Wasserstoff)
  • BAFA-Programm “Energieeffizienz in der Wirtschaft” (Erhöhung der Fördersätze für die Nutzung industrieller Abwärme-Potentiale
  • Pilotprogramm für die Verwendung von „grünem Stahl“
  • Investitionsförderprogramm für die chemische Industrie
  • Zertifizierungssystem für den CO2-Fußabdruck bestimmter Stoffe

Energiesektor (+ 95 Mio. Euro)

  • Bundesförderung für effiziente Wärmenetze – BEW (Aufstockung der Mittel für den Ausbau der Wärmenetze)
  • Erweiterung der Förderung der Produktion grünen Wasserstoffs (Offshore Elektrolyseure)
  • Wasserstoff Global – H2Global (Anschubfinanzierung für den Aufbau eines internationalen Wasserstoffmarktes)
  • Ausbau der erneuerbaren Energien (Anpassung der Ausbaupfade in der nächsten Legislaturperiode)

Gebäudesektor (+ 5,5 Mrd. Euro)

  • Bundesförderung energieeffiziente Gebäude – BEG (Aufstockung der Mittel für die energetische Sanierung von Wohngebäuden)
  • Klimagerechter sozialer Wohnungsbau (Erhöhung der Mittel)
  • Überprüfung des Gebäudeenergiegesetzes – GEG in 2022 (Anhebung der energetischen Mindeststandards für neue Gebäude)

Verkehrssektor (+ 1 Mrd. Euro)

  • Ausbau der Radinfrastruktur (Ausbau eines sicheren und lückenlosen Radnetzes, Fahrrad- und Pedelecparken mit Lademöglichkeit)
  • Digitalisierung der Schienenwege
  • Schnelladestationen in Quartieren
  • Klimafreundlicher Luft- und Wasserverkehr
  • Kfz-Steuer (künftig stärkere Ausrichtung an den CO2-Emissionen)

Übergreifende Maßnahmen

  • CO2-Bepreisung (ggf. zusätzliche Anhebung des CO2-Preises im nationalen Brennstoffemissionshandel, aber nur mit zusätzlicher sozialer Abfederung und wirksamem Carbon Leakage-Schutz)
  • Vorschlag für eine umfassende Reform der Abgaben, Umlagen, Entgelte und Steuern im gesamten Energiesystem
  • Prüfung der klimapolitisch relevanten Förderprogramme und –aufrufe auf Wirksamkeit
  • Zirkuläres Wirtschaften (Erstellung eines Masterplans)

(Quelle DIHK)