1. Insektenstammtisch MV: Insekten gewinnen weiter an Bedeutung für Ernährungswirtschaft
Die Schwarze Soldatenfliege (Hermetia illucens) gewinnt zunehmend an Bedeutung in der nachhaltigen Tierernährung. Ihre Larven sind in der Lage, nahezu jedes organische Material in hochwertiges Eiweiß umzuwandeln, was sie zu einer wertvollen Proteinquelle für die Fütterung insbesondere von Schweinen, Geflügel und Aquakultur-Fischen macht. Das FBN Forschungsinstitut für Nutztierbiologie und das Institut für Tierproduktion der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei MV in Dummerstorf hatten nun zum 1. Insektenstammtisch eingeladen.
Insekten bringen Tierwohl
Dr. Manfred Mielenz berichtete dabei den ca. 40 Teilnehmern aus den Bereichen Landwirtschaft, Wirtschaft und Beratung aus dem Bundesland über sein Forschungsthema, nämlich Nutzinsekten als Futter- und Nahrungsmittel. Dabei wurde in seinem Vortrag deutlich, dass die Zucht und die Ausbeute aus dem Insektenfarming massiv steigt, im Vergleich zu Fleisch und bekannten pflanzlichen Proteinquellen – so etwa Sojabohnen – aber weiterhin eine Nische sein wird. Manfred Mielenz geht davon aus, dass Insekten auch in der Zukunft eher Futter- statt Lebensmittel sein werden. „Gerade in den Larven der Schwarzen Soldatenfliege sind eine große Menge Laurinsäure und andere wichtige Fettsäuren enthalten. Das macht die Hermetia illucens zu einem wirklich spannenden Functional Food für die Tiere. Das neue Futter kann bei richtigem Einsatz gesundheitlich bedeutsame, physiologische Parameter langfristig und gezielt beeinflussen,“ ist sich der Wissenschaftler aus Dummerstorf sicher. Inzwischen ist bekannt wie man aus den Larven der Schwarzen Soldatenfliege in der Industrie hochreines Protein gewinnen kann, aber auch antibakterielle Peptide, die in Lebewesen eine erste Verteidigungslinie gegen Krankheitserreger bilden. Die Wissenschaft hat inzwischen aber auch den Transfer von Wissen und Erfahrungen in die industrielle Umsetzung und Skalierbarkeit geschafft, etwa im Bereich Insektenöl und Tierfutter. Dr. Manfred Mielenz unterstreicht: „Insekten sind ein funktionelles Additiv in der Fütterung. Als Ergänzung des bislang gegebenen Futters bringen lebende Insekten mehr Tierwohl.“
Reste und Nebenprodukte sind Insektennahrung
Im Gegensatz zu anderen Insektenarten sind ihre Larven nicht wählerisch und können mit unterschiedlichsten organischen Materialien gefüttert werden. Dies erleichtert ihre Integration in verschiedene landwirtschaftliche Systeme und unterstützt die Verwertung von Nebenprodukten. Ein Schwerpunkt der Forscher in Dummerstorf, aber auch bereits im industriellen Maßstab liegt dabei auf der Entwicklung nachhaltiger Futterkonzepte, die auf regionalen Reststoffen basieren. So können beispielsweise Obstreste, Heureste oder Nebenprodukte aus Molkereien und Brauereien als Nahrungsgrundlage für die Larven dienen. Insgesamt bietet der Einsatz der Schwarzen Soldatenfliege in der Tierernährung eine vielversprechende Möglichkeit, nachhaltige und regionale Proteinquellen zu erschließen und gleichzeitig nach Futtermittelrecht zugelassene Produktionsreste und Nebenströme sinnvoll zu verwerten.
Soldatenfliege macht aus wenig viel
Julius Hamelmann ist Insekten-Experte der Better Insects Solutions. Das dänische Unternehmen bietet Systeme für Zucht, Haltung und Ernte der Insekten und ist mit diesen Angeboten auch international tätig. Er verweist auf die Erfahrungen aus Dänemark und den Niederlanden. Hier gibt es enge Verknüpfungen der Ernährungswirtschaft mit den Insekten-Bauern – Reststoffe von Carlsberg, Arla und Fruchtsaftherstellern können hervorragend für die Zucht der Schwarzen Soldatenfliege genutzt werden. Julius Hamelmann ist sicher: „Unsere Erfahrungen zeigen: Im Futter der Larven kann man gut 70 Prozent Reststoffe der Ernährungsindustrie nutzen, die anderen 30 Prozent sind höherwertige Nährstoffe für Tiere. Da kann man Business Cases entwickeln, die mehrseitige Vorteile bieten. Man kann wirklich sagen: Die Schwarze Soldatenfliege macht aus wenig viel!“
Insekten gelten in der Europäischen Union als neuartige Lebensmittel, sogenannte "Novel Foods". Gemäß der Novel-Food-Verordnung (EU) 2015/2283 müssen daher alle Insekten und daraus gewonnenen Produkte vor dem Inverkehrbringen eine spezielle Zulassung durchlaufen. Dieser Prozess stellt sicher, dass nur wissenschaftlich geprüfte und als sicher eingestufte Insektenprodukte auf den europäischen Markt gelangen. Im Januar 2025 hat die Europäische Kommission eine bedeutende Erweiterung dieser Zulassungen vorgenommen: Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2025/89 wurde UV-behandeltes Pulver aus den Larven des Gelben Mehlwurms (Tenebrio molitor) als neuartiges Lebensmittel genehmigt. Dieses Pulver zeichnet sich durch einen erhöhten Gehalt an Vitamin D3 aus, der durch eine UV-Bestrahlung erzielt wird. Es darf in einer Vielzahl von Lebensmitteln verwendet werden, darunter Brot, Teigwaren und Käse, wobei der Anteil des Pulvers bis zu vier Prozent betragen kann. Auf den Verpackungen solcher Lebensmittel ist eine klare Kennzeichnung vorgeschrieben, um über die enthaltenen Insektenbestandteile zu informieren und mögliche allergische Reaktionen zu vermeiden.