IHK Nord: - Für eine starke Ernährungswirtschaft

Ob für geschützte Produkte wie Mecklenburgischer Landwein, die Zukunft der Fischerei und eine freiwillige Nährwertkennzeichnung auf Lebensmitteln: Die IHK Nord vertritt norddeutsche Food-Interessen in Brüssel.
Was haben Mecklenburgischer Landwein und Lübecker Marzipan gemeinsam? Beides sind geschützte Produkte – und gute Beispiele dafür, wie europäische Politik sich regional auswirkt. Denn um den Schutz geografischer Angaben geht es ganz aktuell bei der Neuordnung von EU-Qualitätsregeln für regionale Produkte. Die EU-Kommission, der Rat und das Parlament verständigen sich derzeit über die Neuordnung.
Dafür, dass Unternehmen die neuen EU-Gütesiegel einfacher beantragen und damit verbundene Exportchancen optimal nutzen können, hat sich die IHK zu Schwerin zusammen mit der IHK Nord stark gemacht.

Norddeutsche Kritik an EU-Fischereiverboten

Im Zuge des Green Deals treibt die EU auf zahlreichen Ebenen Rechtsvorschriften voran, die auf Nachhaltigkeit zielen – und schießt damit manchmal am Ziel vorbei. So auch beim „EU-Aktionsplan: Schutz und Wiederherstellung von Meeresökosystemen für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei“.
Demnach sollen die EU-Mitgliedstaaten die mobile Grundfischerei in Meeresschutzgebieten bis 2030 einstellen. Betroffen wäre auch der Nationalpark Wattenmeer und eben das würde nicht nur die Nordseekrabbenfischer in ihrer Existenz bedrohen. Das Verbot würde sich auch negativ auf den Tourismus, den Einzelhandel sowie die fischverarbeitende Industrie auswirken.
Umso tragischer ist es, weil dabei kaum Nachhaltigkeitseffekte erreicht werden, argumentiert die IHK Nord.
  • Erstens hat das Forschungsinstitut Thünen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) nachgewiesen, dass die Krabbenfischerei nur für neun Prozent der beobachteten Unterschiede zwischen befischten und unbefischten Gebieten verantwortlich ist.
    So fatal sind die Auswirkungen der Grundfischerei offenbar also nicht.
  • Zweitens haben sich die deutschen Fischereibetriebe in Sachen Nachhaltigkeit längst auf den Weg gemacht. So haben sich beispielsweise die deutschen Krabbenfischer einem Zertifikat für nachhaltigen Fischfang verpflichtet und erforschen gemeinsam mit dem Thünen-Institut umweltschonende Fangmethoden. Das führt dazu, dass die Fischerei in Norddeutschland bereits eine der umweltfreundlichsten weltweit ist, argumentiert die IHK Nord und auch der grüne Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat während der Agrarministerkonferenz im März 2023 auf die Nationalparkverträglichkeit der deutschen Küstenfischerei hingewiesen.
  • Drittens: Wenn das Angebot aus dieser Quelle den Konsumenten nicht mehr zur Verfügung steht, dürfte die Nachfrage nach importiertem Fisch steigen. Und dieser kommt oft aus wenig nachhaltiger Fischerei. Zum Beispiel aus China, ein Land, das bekannt für Verstöße gegen EU-Vorschriften zu Fischerei und Menschenrechten ist. 
Die IHK Nord lehnt das Verbot ab und plädiert stattdessen für einen intensiven Dialog der Beteiligten, bei dem Umweltauswirkungen differenziert betrachtet werden. Auch sollte die EU verstärkt Forschung und Innovation für ökologische Fischereimethoden fördern und um den betroffenen Wirtschaftszweigen neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Rückenwind kommt von dem norddeutschen Abgeordneten Niclas Herbst (CDU/EVP), der nach Gesprächen mit der norddeutschen Fischerei und Unternehmen einen Initiativbericht gegen den Aktionsplan Fischerei eingereicht hat. Das EU-Parlament hat nach dem Bericht des EU-Abgeordneten den Aktionsplan der Kommission im Frühjahr 2024 abgelehnt.

Nutri-Score noch umstritten

Bei einem weiteren wichtigen Thema von Ernährungsindustrie und Handel – die Nährwertkennzeichnung auf Verpackungen von Lebensmitteln – hat die IHK Nord Unternehmen unmittelbar beteiligt und die Ergebnisse der Umfrage in den Diskussionsprozess von EU-Kommission und Europaparlament eingebracht.
Die Entscheidung dazu steht noch aus – Vertreter der EU-Staaten konnten sich bislang nicht auf eine Entscheidung zwischen Nutri-Score und anderen Kennzeichnungen einigen. Einige Mittelmeer-Anrainer favorisieren die Nutrinform Battery, während insbesondere Frankreich, Deutschland und Benelux den Nutri-Score als EU-weite Kennzeichnung befürworten. Rumänien lehnt gar jegliche Kennzeichnungen auf der Verpackung ab. Es bleibt also spannend in Brüssel – und die IHK Nord bleibt für die norddeutsche Wirtschaft am Ball.

EU-Regeln für den Schutz regionaler Produkte

Bereits seit 2012 sind Agrarprodukte und Lebensmittel nach der EU-Verordnung zu Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vor Missbrauch oder Nachahmung geschützt, sofern diese bei der EU registriert wurden. Die aktuelle Neuordnung soll das System stärken. Unter anderem sollen die Verfahren zur Registrierung beschleunigt werden, der Schutz vor Imitation im Online-Handel soll ausgebaut werden und die Möglichkeiten zur Rechtsdurchsetzung sollen verbessert werden.
Gute und wichtige Punkte, befand die IHK Nord, brachte darüber hinaus aber auch konkrete Forderungen der norddeutschen Wirtschaft ein: Ein komplett digitales Registrierungsverfahren, Antragsstellen auf nationaler Ebene und ein Verbot von irreführenden URLs innerhalb der Europäischen Union. Die IHK Nord hat sich zudem gegen verpflichtende Nachhaltigkeitskriterien bei geschützten Produkten positioniert, schließlich werden diese über andere Qualitätssiegel und EU-Strategien abgedeckt.
Die IHK Nord ist ein Zusammenschluss von 13 Industrie- und Handelskammern aus Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Der Verband vertritt die Interessen der norddeutschen Wirtschaft in typisch norddeutschen Themen gegenüber der EU-Politik in Hintergrundgesprächen, durch Stellungnahmen und Positionspapiere und bei Veranstaltungen. Dabei arbeitet das IHK-Nord-Team in Hamburg und Brüssel eng mit den Mitgliedskammern zusammen, die jeweils unterschiedliche Schwerpunktthemen verantworten – die IHK zu Schwerin den Bereich Ernährung.