Mit dem DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2024 legt die Deutsche Industrie- und Handelskammer Daten und Fakten zur Nachfolgesituation im deutschen Mittelstand vor. Die Grundlage für die DIHK-Aussagen zur Unternehmensnachfolge bilden Erfahrungsberichte der IHK-Beraterinnen und -Berater der 79 Industrie- und Handelskammern (IHKs) sowie eine statistische Auswertung des IHK-Service.
Nachfolgelösung im Mittelstand werden durch hohe Unsicherheiten erschwert
Eine Unternehmensübertragung ist ein betriebswirtschaftlicher und rechtlicher komplexer Prozess. Hinzu kommt, dass die Unternehmensnachfolge auch eine starke emotionale Komponente hat. Nachfolge bedeutet oftmals Abschied nehmen von einem Lebenswerk. Gleichzeitig müssen sich die Unternehmerinnen und Unternehmer bei der sorgfältigen Nachfolgeplanung auch mit vielen unangenehmen Fragen befassen – wie Krankheit, Unfall oder Tod. Gleichzeitig ist das unternehmerische Umfeld derzeit von großen betriebswirtschaftlichen Herausforderungen geprägt: Transformation, Digitalisierung, hohe Energiekosten und Zinsen, erhöhte Preise, zunehmende Regulierung und Bürokratie. Die in der Summe erheblich gestiegenen Unsicherheiten machen es Alt-Inhaberinnen und Alt-Inhabern wie auch Übernahmeinteressierten schwer, künftige Markt- und Geschäftsentwicklungen und damit auch den Wert des Unternehmens und seine Geschäftsperspektive einzuschätzen.
Für viele Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich mit der Nachfolge befassen, sind die 79 IHKs erste Ansprechpartner. Die IHKs agieren dabei neutral und sind dem Gesamtinteresse der regionalen Wirtschaft verpflichtet. Sie sensibilisieren Senior-Unternehmerinnen und -Unternehmer für die Notwendigkeit, die Nachfolge anzugehen und zeigen ihnen wie auch nachfolgeinteressierten Existenzgründerinnen und -gründern Perspektiven und Herausforderungen auf. Insbesondere kleine und mittelgroße Betriebe suchen bei der Nachfolgethematik Kontakt zur IHK, um Informationen über den Nachfolgeprozess zu erhalten: 95 Prozent der beratenen Unternehmen beschäftigen weniger als 50 Mitarbeitende. Mit mehr als 48.000 Kontakten, Gesprächen und Beratungen allein im Jahr 2023 tragen die IHKs erheblich dazu bei, dass Betriebe erfolgreich eine Nachfolge finden – und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Zukunft des Mittelstandes in Deutschland.
Je nach Wissensstand aller Beteiligten und je nach Stand des Übertragungsprozesses bieten IHKs ein vielfältiges und passgenaues Angebot. Die Begleitung von Unternehmen sehen IHKs als umfassende Aufgabe, bei der die einzelnen Leistungen aus einer Hand erfolgen:
Bereits im Vorfeld einer IHK-Begleitung sprechen etwa IHK-Nachfolgemoderatorinnen und -moderatoren (zum Beispiel IHK Region Stuttgart). Unternehmen auf das sensible Thema Nachfolge an. Sie arrangieren Treffen etwa mit Unternehmens- oder Steuerberatungen und bringen Alt-Inhaberinnen und Alt-Inhaber mit potenziellen Nachfolgerinnen und Nachfolgern zusammen. Das erfordert neben Know-how in steuerlichen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl, denn das "Loslassen vom Lebenswerk“ ist für die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer verständlicherweise nicht einfach.
Auf Nachfolgetagen und -seminaren informieren die IHKs Senior-Unternehmerinnen und Senior-Unternehmer sowie Übernahmeinteressenten zu grundlegenden Fragen der Betriebsübergabe oder -übernahme.
In der IHK-Nachfolgeberatung werden individuelle, spezifische Probleme erörtert und konkrete Konzepte und Fahrpläne zur Unternehmensnachfolge besprochen.
IHKs bringen Unternehmen und Übernahmeinteressenten zusammen. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei die persönliche Ansprache. Hierfür haben die IHKs verschiedene Foren wie etwa Nachfolger-Clubs, Nachfolge-Pools oder Nachfolgezentralen geschaffen. Über die Unternehmensbörse “nexxt-change“ können Senior-Unternehmerinnen und -Unternehmer und Übernahmeinteressenten zudem bundesweit suchen und dann via IHK den Kontakt zu möglicherweise passenden Personen aufnehmen.
Dabei pflegen die IHKs vor Ort Netzwerke zur Unternehmensnachfolge, die alle nachfolgerelevanten Akteure einbeziehen. Hier können Senior-Unternehmen mit Beratern, Finanzierungspartnern oder auch potenziellen Übernehmerinnen und Übernehmern in Kontakt treten.
Fortsetzung folgt! – bundesweite IHK-Aktionswoche Unternehmensnachfolge "Fortsetzung folgt!“ heißt es in der Woche ab dem 17. Juni in ganz Deutschland. Bundesweit führen dann die IHKs unter diesem Motto ihre Aktionswoche Unternehmensnachfolge durch. Damit wollen die Industrie- und Handelskammern und der DIHK auf diese wichtige Zukunftsherausforderung für den Mittelstand aufmerksam machen – und Unternehmen und Nachfolgeinteressierte ganz konkret unterstützen, mit Beratungen, Sprechtagen, Nachfolge-Pitches, ExpertInnen-Runden mit Steuerberatungen, Banken und Sparkassen, und mit Beispielen erfolgreicher Unternehmensübertragungen. Unternehmen und Nachfolgeinteressenten sind herzlich eingeladen.
Krisen und Unsicherheit über wirtschaftliche Rahmenbedingungen belasten die Unternehmensnachfolge
Hoher Nachfolgedruck im Mittelstand
Die Stimmung im Mittelstand ist gedrückt. Die Betriebe haben nach wie vor mit handfesten strukturellen Herausforderungen zu kämpfen. Dazu zählen insbesondere die im internationalen Vergleich hohen Kosten für Energie, bürokratische Lasten und die immer größer werdenden Probleme, Personal zu finden (DIHK-Konjunkturumfrage Frühsommer 2024). Die unsicheren Perspektiven erschweren langfristig angelegtes unternehmerisches Engagement, das sich in erster Linie in der Übernahme von Verantwortung und Risiken zeigt: Innovationen durch neue Ideen, Investitionen in neue Anlagen und Erweiterungen von Kapazitäten, die Übernahme von Verantwortung den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und der eigenen Familie gegenüber. Zudem wirkt die demographische Entwicklung nicht nur bei den Fachkräften, sondern auch bei den Unternehmerinnen und Unternehmern selbst. Immer mehr erreichen das Ruhestandsalter, aber immer weniger Personen stehen dem in gründungsaktiven Jahrgängen zwischen 18 und 40 Jahren gegenüber.
Diese kritische Gemengelage schlägt sich auf die Lage im Mittelstand bei der Unternehmensnachfolge nieder.
Von den 8.276 im Jahr 2023 zur Nachfolge beratenen Unternehmen erwägen 2.317, also 28 Prozent, ihren Betrieb zu schließen. Im Jahr zuvor betrug dieser Anteil noch 25 Prozent. Als Hauptgrund für die Überlegungen, das Unternehmen zu schließen, geben 96 Prozent der IHKs an, dass die Unternehmen keine Nachfolge finden. Für mittlerweile 59 Prozent der IHKs spielt die Unsicherheit über die wirtschaftliche Zukunft des Unternehmens eine große Rolle. Im Vorjahr waren es lediglich 44 Prozent, die in diesen Unsicherheiten den Hauptgrund der Unternehmerinnen und Unternehmer dafür sahen, den Betrieb schließen zu wollen. Auch die weiteren Gründe für einen Schließung geben nun deutlich mehr IHKs an als noch im Vorjahr: Die Unternehmen finden nicht genügend Fachkräfte (72 Prozent der IHK-Meldungen im Jahr 2023, nach 61 Prozent im Jahr zuvor), können gestiegene Kosten nicht weitergeben (51 Prozent/34 Prozent) und/oder fühlen sich durch komplizierte Regelungen und Formulare immer mehr ausgebremst (37 Prozent /27 Prozent).
Dabei wäre es gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Lage wichtig, dass die Unternehmensnachfolge leichter wird: Noch nie seit Ersterhebung dieser IHK-Statistik im Jahr 2007 haben sich so viele Senior-UnternehmerInnen bei den IHKs zur Unternehmensnachfolge
beraten lassen. Der Zuwachs um deutliche 22 Prozent zum Vorjahr auf nunmehr 8.276 Beratungen zeigt, wie präsent das Thema für die Unternehmen gerade im Mittelstand ist. Damit sehen die IHKs weiterhin eine sehr schwierige Nachfolgesituation im Mittelstand. Im Jahr 2023 überstieg die Zahl der angebotenen Unternehmen die der Nachfragen um das Dreifache. Die Entwicklung hat bereits deutliche Auswirkungen:
28 Prozent der zur Nachfolge anstehenden Unternehmen droht das Aus. Hochgerechnet stehen deswegen in den nächsten fünf Jahren über eine Viertel Million Unternehmen vor dem Aus - mit deutlichen negativen Konsequenzen für Innovationen und Pioniertum hierzulande.
Von allen beratenen Unternehmen geben nur zwölf Prozent wirtschaftliche Gründe dafür an, das Unternehmen weiterzugeben zu wollen. Dies deutet darauf hin, dass viele der zur Nachfolge anstehenden Unternehmen sich zumindest nicht in existenziellen wirtschaftlichen Nöten befinden. 73 Prozent wollen bzw. müssen aus Altersgründen abgeben.
Mancherorts verstärkt sich der Trend, dass größere Unternehmen zur Nachfolge anstehende kleine und mittelgroße Unternehmen zum Kauf suchen, um selbst zu wachsen – auch angesichts der auf dem Arbeitsmarkt immer schwereren Rekrutierung von Fachkräften. Hier kann ein Trend hin zu größeren Einheiten beginnen. Wenn dabei Unternehmen vom Markt verschwinden, dann kann das auch negative Auswirkungen auf Zulieferstrukturen im Mittelstand haben.
IHKs erreichen mehr Interessenten
Einen Lichtblick sehen die IHKs auf der Seite der Interessentinnen und Interessenten: Nach der schwierigen Coronazeit gibt es wieder vermehrt Nachfragen etwa in den Dienstleistungsbranchen. Zudem zahlt sich das intensive Engagement der IHKs aus und mancherorts können dadurch mehr InteressentInnen für die Unternehmensnachfolge gewonnen werden. Im Jahr 2023 haben die IHKs insgesamt 2.760 Nachfolgeinteressierte beraten, im Jahr zuvor waren es 2.017. Gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 ist der Rückgang mit 36 Prozent jedoch weiterhin sehr deutlich. Hier zeigt sich auch der demografische Rückgang der potenziellen Unternehmergruppe.
Ein Hoffnungsschimmer ist zudem, dass die Aktivitäten der IHKs zur Sensibilisierung in Bezug auf das Thema Unternehmensnachfolge zunehmend Früchte tragen. Neben den Orientierungsberatungen führen die IHKs eine ganze Reihe weiterer Formate durch, um Senior-UnternehmerInnen und InteressentInnen zu erreichen, wie etwa "IHK-Nachfolger-Clubs“, "IHK Nachfolge-Pools“ oder "IHK-Nachfolgemoderatoren“. Mit 6.998 Personen registrieren hier die IHKs einen deutlichen Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr (3.721). Deutlich mehr Teilnehmende vermelden die IHKs auch bei breit zugänglichen Veranstaltungen wie etwa Nachfolge-Tagen (30.516 geg. 11.756 im Jahr 2022). Dabei spielt auch eine Rolle, dass Senior-Unternehmerinnen und -Unternehmer heute eher als noch vor einigen Jahren bereit sind, IHK-Veranstaltungen aufzusuchen und sich so als "Nachfolgesuchend“ zu offenbaren.
Die bundesweite Unternehmensbörse “nexxt-change.org“ der IHKs und anderer Partner ist eine Plattform, um Unternehmen oder familienexterne Nachfolger zu finden. Aus rund 8.000 stets aktuellen und anonymisierten Inseraten können nachfragende Existenzgründer und anbietende Senior-Unternehme auf www.nexxt-change.org passende Profile auswählen. Laut einer Evaluation der Online-Börse sind rund 70 Prozent der erfolgreichen Übergeber und Übernehmer der Meinung, dass sie nur über “nexxt-change“ eine Nachfolgelösung finden konnten. Seit Start der Börse im Jahr 2006 konnten Vermittlungen für mehr als 21.000 Unternehmen erfolgreich angestoßen werden (nexxt-change: Evaluation der Erfolgsfaktoren und Hemmnisse für das Zusammenführen von Übergebern und Nachfolgern, Rambøll Ma-nagement Consulting GmbH, im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, Berlin, 2013.)
Politik ist gefordert: Unternehmen jetzt entlasten und Rahmenbedingungen verbessern
Die Erfahrungen der IHKs zeigen: Es besteht ein günstiges Fenster, UnternehmerInnen und potenzielle InteressentInnen für die Unternehmensnachfolge zu sensibilisieren und zu interessieren. Damit es aber tatsächlich zu Verhandlungen zwischen Abgebenden und
Übernehmenden kommt, müssen die geschäftlichen Perspektiven stimmen – für beide Parteien. Die Perspektiven werden allerdings zu einem großen Teil durch ungünstige und unsichere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen belastet. Dass 28 Prozent der von den IHKs beratenen Senior-Unternehmen die Schließung erwägen, sollte für die Politik ein Alarmsignal sein.
An dieser Stelle hat die Politik es in der Hand, das Wirtschaften insgesamt und letztlich auch die Unternehmensnachfolgen zu unterstützen und nicht auszubremsen. Gefragt sind verlässliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen, mehr unternehmerische Freiheiten durch weniger Regulierung, wettbewerbsfähige Steuerbelastungen und weniger Bürokratie. Nicht zuletzt hat es die Politik in der Hand, mehr und intensiver für Unternehmertum als Berufsoption zu werben und zu sensibilisieren.
Mit den Erfahrungen der IHKs sollten aus DIHK-Sicht folgende Maßnahmen umgesetzt werden:
Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines "Bürokratieentlastungsgesetz“ (BEG IV) sollte verbessert werden. Die DIHK hat in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf konkrete Nachbesserungsvorschläge bei schon vorgesehenen Maßnahmen eingefordert und ebenfalls konkrete weitere Maßnahmen zur Aufnahme in das Gesetz vorgeschlagen (DIHK-Stellungnahme zum Referentenentwurf)
Erleichterungen bei den Berichtspflichten im Rahmen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes mitsamt seinen Auswirkungen auf Zulieferanten würde Nachfolgen insb. in der Industrie erleichtern – den Übernehmern würden deutliche bürokratische Zusatzhürden erspart. Nahezu jedes fünfte Unternehmen in der IHK-Nachfolgeberatung entstammt der Industrie.
Vilen Gastronomie- und Handelsunternehmen würde es helfen, wenn die Kassendokumentation vereinfacht würde.
Zudem sollte die Bonpflicht zum Ausdruck von Kassenzetteln mit dem Ziel der Entlastung von Bürokratie kritisch überprüft werden. Gastronomie- und Handelsunternehmen stellen insgesamt fast 40 Prozent aller Nachfolgeunternehmen in der IHK-Beratung.
Bund und Länder haben im Herbst des vorigen Jahres einen Beschleunigungspakt für Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinbart. Der DIHK-Beschleunigungsmonitor beobachtet den Umsetzungsgrad der aus Sicht der Wirtschaft wichtigsten gesetzlichen Maßnahmen. Danach wurde mit der Umsetzung erster Maßnahmen nur zögerlich begonnen, und auch die Gesetzgebung läuft schleppend. Gerade für Unternehmensübernahmen, bei denen Neueigentümerinnen und Neueigentümer etwa auch in bauliche Veränderungen investieren müssen, wären Beschleunigungsmaßnahmen wie Genehmigungsfiktionen, Stichtagsregelungen, Fristverkürzungen und Vereinfachungen wichtig, um das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen. Insbesondere im Hotel- und Gastronomiebereich sehen IHKs diese Herausforderungen.
Die Kritik an einem zu bürokratischen Europa hat sich auch bei der jüngsten Europawahl gezeigt. Ursula von der Leyen, die Präsidentin der EU-Kommission, hatte angekündigt, 25 Prozent der bestehenden Berichtspflichten abzuschaffen. Wichtig wäre es, sämtliche EU-Vorhaben einem "KMU-Test“ zu unterziehen und auf Praxistauglichkeit zu überprüfen.
Zudem kommt es darauf an, den Aufwuchs an Regulierung und Bürokratie wirksam zu begrenzen. Eine wirksame Bürokratieabbauregel "One in two out“ ist hier ein Stichwort.
Die konkret mit den Unternehmensnachfolgenden verbundenen Verwaltungsprozesse sollten verschlankt werden. Umwandlungen oder Übertragungen von Unternehmen erfordern bisher eine aufwändige Prüfung (Due Diligence) und ggf. die Einholung neuer Genehmigungen. Das ist insbesondere über eine effiziente, digitale Verwaltung auf Basis moderner Register würde der Prozess deutlich verbessert werden, da der Staat grundsätzlich bereits über alle erforderlichen Daten und Informationen verfügt, diese aber meist auf die unterschiedlichsten Behörden und Ämter verteilt sind. Die Einholung neuer Genehmigungen durch die neue Geschäftsführung solle auf ein Minimum reduziert werden.
Künftig sollten die Beteiligten einen beabsichtigten Betriebsübergang nur noch bei einer einzigen staatlichen Stelle anzeigen müssen. Sie könnten dann auch eine (rechtsverbindliche) Auskunft über den Status quo und die bei der Umwandlung oder Übertragung zu erledigenden Formalitäten erhalten - und diese im besten Fall gleich bei dieser Stelle erledigen.
Ein immer wichtigeres Asset bei einer Unternehmensnachfolge sind Daten von Kunden und Geschäftspartnern. Häufig berichten Nachfolgerinnen und Nachfolger von hohem Aufwand, diese Daten konform mit dem Datenschutzrecht zu verarbeiten. Hier bedarf es einer praktikablen Lösung, die es Nachfolgerinnen und Nachfolgern ermöglicht, möglichst reibungsfrei das Geschäft mit Kunden und Geschäftspartnern weiterführen zu können – was die Kunden zu fast 100 Prozent auch wollen.
Eine gute Maßnahme sind die von der Bundesregierung vorgesehenen Praxis-Checks zur Unternehmensgründung und zur Unternehmensnachfolge. Die Checks sollten auf eine breite, branchenübergreifende Basis gestellt und die daraus abgeleiteten Erkenntnisse rasch in Erleichterungen für die Unternehmen in den entsprechenden Gesetzen und Verordnungen transformiert werden.
Ein wichtiger Hemmschuh für die Weiterführung von Unternehmen sind den IHKs zufolge fehlende Fachkräfte. Daher ist es notwendig, sämtliche Hebel bei der Sicherung und Gewinnung von Fachkräften zu bewegen - das gilt für die Unternehmen und für die Politik.
Umgesetzt wurde das "Wachstumschancengesetz“ – allerdings in einer stark eingeschränkten Fassung. Konkrete Maßnahmen, die insbesondere für eine verbesserte Perspektive auch kleiner und mittlerer Unternehmen sorgen könnten, sind schnellere Abschreibungen, eine höhere Grenze zur Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter und eine bessere Verrechnung von Verlusten. Das schont die Liquidität der Unternehmen und schafft Freiräume für oftmals bei der Nachfolge nötige Investitionen. Diese erhalten durch schnellere steuerliche Abschreibungen einen zusätzlichen Impuls, da dadurch ebenfalls die Liquidität der Unternehmen verbessert wird.
Unternehmen müssen hierzulande ca. 30 Prozent – je nach Gewerbesteuerhebesatz auch mehr – an Ertragsteuer für die nicht ausgeschütteten Gewinne zahlen. In vielen Staaten der EU aber auch innerhalb der OECD ist dies bedeutend weniger. Die Belastung sollte in Deutschland deutlich auf eine Zielgröße von etwa 25 Prozent reduziert werden. Ein erster Schritt, den der Bund auch ohne die Länder gehen könnte, wäre es, den Solidaritätszuschlag komplett abzuschaffen - diesen schultern überwiegend nach seiner Teilabschaffung 2021 die Unternehmen in Deutschland.
Wirtschaftliche Dynamik braucht einen breiten und soliden Mittelstand. Erbschaft- und Schenkungsteuer sollten daher einen steuerneutralen Übergang auf einen Nachfolger ermöglichen. Eine Besteuerung von Betriebsvermögen würde hingegen die Substanz der Unternehmen erheblich belasten.
Für viele Unternehmen sind hohe Energiepreise, fehlende Planbarkeit und Verlässlichkeit in der Energiepolitik und schnell wachsende Bürokratie ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor. Die zunächst auf zwei Jahre befristete und ausschließlich auf das produzierende Gewerbe beschränkte Absenkung der Stromsteuer sollte auf die Breite der Wirtschaft ausgedehnt werden. So sind auch Handel, Gastronomie und Dienstleistungen auf bezahlbare Strompreise angewiesen - allein diesen Wirtschaftszweigen entstammen 70 Prozent der Unternehmen, die sich im Jahr 2023 bei ihrer IHK zur Nachfolge haben beraten lassen. Daher sollte die Stromsteuer generell und langfristig auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden, auch mit Blick auf tragfähige Perspektiven bei der Unternehmensnachfolge.
Ein zweiter wichtiger Baustein wäre die Ausweitung des Stromangebots. Dies kann durch die von der DIHK vorgeschlagene gezielte Förderung von Strom-Partnerschaften in der Wirtschaft erreicht werden.
Ein wichtiger Hebel für mehr Unternehmertum und damit auch für gelungene Nachfolgelösungen besteht darin, an Schulen und Hochschulen Themen des Unternehmertums und der ökonomischen Bildung stärker zu verankern. Aus Sicht der Wirtschaft ist es sinnvoll, Voraussetzungen zu schaffen, um ein wirtschaftliches Grundverständnis und unternehmerisches Denken und Handeln zu vermitteln. Betriebe plädieren für mehr Angebote im schulischen Kontext zur Förderung von Unternehmertum, zum Beispiel durch Schülerfirmen und Gründungswettbewerbe (DIHK-Positionspapier “Schulische Bildung verbessern – Fachkräfte für die Wirtschaft sichern“).
Mit der Initiative “Unternehmensnachfolge – aus der Praxis für die Praxis“ bietet die Bundesregierung seit Herbst 2019 eine Unterstützung für Akteure und Netzwerke vor Ort. Damit wurde eine Maßnahme umgesetzt, für die sich viele IHKs und der DIHK stark gemacht haben. Nach Ablauf des Projektes stellt die Bundesregierung die daraus entwickelten Maßnahmen nun allen Akteuren der Unternehmensnachfolge in Deutschland wie Wirtschaftsförderern, IHKs und Handwerkskammern, Finanzierungspartnern per Website zur Verfügung. Auch die Verstetigung der Projekte sollte unterstützt und begleitet werden. Ziel ist die Sensibilisierung und das Zusammenbringen von Senior-Unternehmen und potenziellen Nachfolgern, etwa im Sinne von "Nachfolge-Moderatoren“ (zum Beispiel IHK Region Stuttgart).
Nachfolge wird immer größeres Problem für Mittelstand in Deutschland
Demografie und Mangel an Fachkräften machen Unternehmen zu schaffen
96 Prozent der IHKs sehen den Mangel an Nachfolgerinnen und Nachfolgern als größte Hürde zur Weiterführung des Betriebes an (Jahr 2022: 94 Prozent). Die ungünstige demografische Entwicklung in Deutschland wirkt sich aus. Gerade im Alter zwischen 18 und 40 Jahren entscheidet sich, ob man unternehmerische Verantwortung übernehmen will und kann. Doch diese Jahrgänge sind von Jahr zu Jahr schwächer besetzt. Gleichzeitig erreichen immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer das Ruhestandsalter.
Hinzu kommt der wachsende Mangel an Fachkräften (72 Prozent der IHKs, nach 61 Prozent im Vorjahr). Dieser schwächt die Marktposition der abzugebenden Unternehmen und schmälert damit deren Attraktivität für Nachfolgelösungen. Der Mangel an Fachkräften führt zudem dazu, dass gut qualifizierte Personen immer lukrativere Angebote für abhängige Beschäftigungsverhältnisse erhalten. Potenzielle Nachfolgekandidaten entscheiden sich immer damit auch immer häufiger gegen das dem “Beruf Unternehmer/in“ innewohnende unternehmerische Risiko – und somit auch gegen eine Unternehmensnachfolge. Bei der Abwägung von Chancen und Risiken der an einer Übernahme eines Unternehmens Interessierten spielt bisweilen auch die geringe gesellschaftliche Wertschätzung des Unternehmertums eine negative Rolle.
Steigende Verunsicherung
Mit 59 Prozent konstatieren deutlich mehr IHKs als im Vorjahr (44 Prozent), dass für die von ihnen beratenen Unternehmen die Unsicherheit über die Zukunft des Geschäfts in den letzten Monaten stark zugenommen habe. Auch stetig gewachsene Regulierung und absehbare Mehrbelastungen (etwa durch das EU-Lieferkettengesetz) verunsichern die Unternehmen zusehends (37 Prozent der IHK-Nennungen nach 27 Prozent im Jahr 2022). Solche Unsicherheiten führen zu einer abwartenden Haltung beim unternehmerischen Engagement. Das wirkt sich gleich doppelt negativ auf die Investitionen aus. Denn langwierige Nachfolgeprozesse gehen auch immer damit einher, dass die "Alt-Unternehmer/innen“ nicht mehr investieren, weil sie das den Übernehmenden überlassen. Werden dann Übernehmenden durch langwierige Prozesse bei Investitionen in Neues ausgebremst, so mindert das die Chancen auf eine erfolgreiche Weiterführung.
51 Prozent der IHKs geben an, dass Unternehmen die gestiegenen Kosten etwa für Energie, Arbeitskräfte, Vorleistungen und Materialien nicht weitergeben können und der Weiterbetrieb dauerhaft Verluste einfahren könnte. Auch hier wird das Problem drängender – im Jahr 2022 nannten 37 Prozent der IHKs dieses Hemmnis.
Anteil der Frauen bei etwa einem Viertel
Ein Viertel aller, die ihr Unternehmen in neue Hände geben wollen, sind Frauen. Auf der anderen Seite beträgt der Anteil der Frauen an allen Übernahmeinteressierten 23 Prozent. In den östlichen Bundesländern sind die Anteile etwas höher. Dazu trägt bei, dass Frauen insbesondere in der Gastronomie, im (Einzel-)handel und in Dienstleistungsbereich Nachfolgen bzw. zu übernehmende Unternehmen suchen. Diese Unternehmensstrukturen sind in den östlichen Regionen in Relation zur Gesamtwirtschaft stärker vertreten.
Im Jahr 2023 haben die IHKs damit mehr als 2.500 Frauen beraten, die ein Unternehmen abgeben oder übernehmen wollen. Noch immer steigen viele Frauen den IHK-Erfahrungen zufolge nach der Kindererziehungszeit in die Gründung neuer oder die Übernahme bestehender Unternehmen ein. In der Folge haben Frauen bei ihrem unternehmerischen Start oft weniger Startkapital ansparen und auch weniger Erfahrung in unternehmerischen und Branchen bezogenen Netzwerken sammeln können. Dies erklärt, warum deutlich weniger Frauen eine Unternehmensnachfolge anstreben, als ein Unternehmen zu gründen – in der IHK-Gründungsberatung sind mittlerweile mehr als 40 Prozent der Beratenen weiblich (DIHK-Report Unternehmensgründung 2023).
IHK/DIHK-Aktionsplan “Werde Unternehmerin” Mit dem Aktionsplan "Werde Unternehmerin“ wollen die IHKs zusammen mit den "Business Women IHK“ mehr Unternehmerinnen, Gründerinnen und Innovatorinnen in Deutschland gewinnen. Die bisherige Bilanz des Jahres 2024 ist beeindruckend: 38 IHKs nahmen an der bundesweiten Girl‘s Day-Aktion "Ich werde Chefin“ am 25. April teil. 2.000 Plätze wurden dadurch für Schülerinnen bereitgestellt. Zudem führten die IHKs 40 Veranstaltungen für Frauen rund um das Thema "Existenzgründung“ am Internationalen Frauentag durch.
Finanzierungskanäle werden enger
Fast vier von zehn an einer Unternehmensübernahme Interessierten berichten den IHKs von Finanzierungsproblemen. Nur wenige Nachfolgeinteressenten können die Übernahme ohne Fremdmittel bewältigen. Daher verengt das noch immer hohe Zinsniveau die für die Finanzierung der Unternehmensnachfolge relevanten Finanzierungskanäle. Das gilt besonders für die im Mittelstand klassische Finanzierungssäule, den Bankkredit. 60 Prozent der IHK-Expertinnen und Experten sehen hier verschlechterte Bedingungen, lediglich acht Prozent Verbesserungen. Es ergibt sich ein Saldo aus “Verbessert“- und “Verschlechtert“-Anteilen von minus 52 Punkten. Sind neben dem Kaufpreis noch hohe Investitionen für Modernisierung, Digitalisierung und Klimaschutz zu stemmen, so macht diese Kombination die Unternehmensnachfolge zu einem schwierigen Projekt. Im Zuge des engeren Zugangs zu Fremdkapital ist auch ist auch der Einsatz von Mezzanine-Kapital als Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital schwieriger geworden, wenngleich nicht so deutlich wie bei der reinen Fremdkapitalfinanzierung. Beim Einsatz von Darlehen der Alt-Inhaberin/des Alt-Inhabers als Finanzierungsbaustein sehen die IHKs ebenfalls ein weiterhin schwieriges Umfeld. Die Möglichkeiten der Inhaberinnen und Inhaber, Nachfolgerinnen und Nachfolgern mit eigenen Mitteln unter die Arme zu greifen, sind angesichts hoher Kosten und geschmälerter Bilanzen begrenzt. Bei der Unternehmensnachfolge sind auch Bürgschaften ein wichtiges Finanzierungsmittel, mit denen Nachfolger/innen geforderte Sicherheiten stellen können. Immerhin berichtet hier eine Mehrzahl der IHKs von Verbesserungen. Bei der Nachfolgefinanzierung via Beteiligungskapital sehen die IHKs ein sich weiter verengendes Umfeld. Spürbar gewachsene Zinserträge bei Investments in sicheren Anlagen machen viele Engagements in Startup-Projekten oder Unternehmensnachfolgen weniger attraktiv. Gefragt sind Anpassungen von im internationalen Vergleich sehr restriktiven Regelungen bei Beteiligungskapital. So können Verluste in Deutschland lediglich bei Einhaltung bestimmter Vorgaben vorgetragen werden. Eine Bedingung ist, dass das Geschäftsmodell nicht verändert wird. Gerade bei Unternehmensnachfolgen ist es aber oft notwendig, Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen und häufig auch anzupassen.
Häufigster Übergabegrund: das Alter
Fast drei Viertel der Unternehmen wollen ihr Lebenswerk aus Altersgründen in neue Hände geben. Wirtschaftliche bzw. persönliche Gründe geben den IHKs zufolge bei jeweils zwölf Prozent der Beratenen den Ausschlag. Die IHK-Berichte deuten mithin darauf hin, dass sich die meisten der zur Übergabe anstehenden Unternehmen in Industrie, Handel und Dienstleistungsbranchen zumindest nicht in existenzbedrohenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden. Unter den persönlichen Gründen für die Übergabe des Unternehmens nennen die IHKs insbesondere Krankheit und Todesfälle, starke Belastungen im unternehmerischen Alltag, fehlende Fachkräfte sowie Änderungen im persönlichen oder familiären Umfeld, die Weichenstellung in einen neuen Lebensabschnitt, aber auch Differenzen bis hin zu Streitigkeiten im Gesellschafter- oder Familienkreis.
Die Hälfte der beratenen Senior-Unternehmerinnen und Senior-Unternehmer strebt eine Nachfolgelösung innerhalb der Familie oder des Kreises der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an. Der Anteil der angestrebten Nachfolge innerhalb der Familie ist in den vergangenen drei Jahren jedoch deutlich gesunken – von 41 auf 33 Prozent. Auf der anderen Seite plant somit die Hälfte der Beratenen, das Unternehmen zu verkaufen. In vielen dieser Fälle findet sich etwa innerhalb der Familie und auch unter den Mitarbeitenden niemand, der das Unternehmen weiterführen will oder kann. Die IHKs raten jedenfalls den Senior-Unternehmer/innen, eine geplante Übergabe unter Familienmitgliedern und MitarbeiterInnen frühzeitig anzugehen und transparent zu kommunizieren.
Damit die Nachfolge gelingt – Unternehmen und Nachfolgekandidaten müssen Weichen richtig stellen
Ein gutes wirtschaftspolitisches und geschäftliches Umfeld sind notwendige Bedingungen für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge. Ebenso wichtig sind die Weichenstellungen, die Unternehmen und Nachfolgeinteressenten selbst vornehmen.
Hier sind beide Seiten gefragt, damit die Unternehmensnachfolge für sie zu einer Erfolgstory wird:
48 Prozent der Senior-Unternehmerinnen und Unternehmer haben zum Zeitpunkt der Beratung noch nicht die passende Nachfolge gefunden. Auf der anderen Seite geben 36 Prozent der Nachfolgeinteressierten an, zum Zeitpunkt der IHK-Beratung noch kein passendes Unternehmen im Blick zu haben. Mittlerweile kommen in der IHK-Beratung drei Unternehmen auf einen Nachfolgeinteressenten. Das bedeutet auch: Jedem an der Übernahme eines Unternehmens Interessierten stehen rein rechnerisch drei Unternehmensangebote gegenüber. Die Zeiten sind also besonders schwierig für diejenigen, die ihr Unternehmen in jüngere oder andere Hände geben wollen.
37 Prozent der beratenen Alt-Inhaberinnen und -Inhabern fordern den IHKs zufolge einen überhöhten Kaufpreis, 29 Prozent fällt es schwer, von ihrem Unternehmen emotional loszulassen. Diese beiden Sachverhalte bedingen sich häufig. Für die abgebenden Unternehmerinnen und Unternehmer geht es um ihr Lebenswerk, in das sie oft jahrzehntelange Mühen investiert haben. Diese Entbehrungen rechnen viele in den Kaufpreis mit ein. So warten 20 Prozent mit der Übertragung in der Hoffnung, später einen noch höheren Kaufpreis erzielen zu können.
41 Prozent der Alt-Inhaberinnen und Alt-Inhaber haben sich zum Zeitpunkt der IHK-Beratung nicht rechtzeitig auf die Unternehmensnachfolge vorbereitet. Viele schieben die emotional herausfordernde und steuerlich-rechtlich komplizierte Materie auf die "lange Bank“. Mehr als drei Viertel der Beratenen wenden sich erst zwei oder weniger Jahre vor der geplanten Übergabe an einen externen Akteur – laut IHK-Erfahrungen zu spät, um die Nachfolge ohne unnötigen Druck zu regeln. Bisweilen beobachten die IHKs, das Senior-Unternehmerinnen und Unternehmer einen ganz bestimmten Typus von einer Nachfolgepersönlichkeit für ihr Unternehmen suchen, diesen aber in der Realität nicht vorfinden. Manche Unternehmerinnen und Unternehmer zögern auch deshalb mit der Einholung externer Expertise, weil sie sich Wettbewerbern gegenüber nicht als Nachfolge-Suchende zu erkennen geben wollen.
Oft beobachten IHKs, dass Alt-Eigentümerinnen und -Eigentümer in Erwartung einer Übertragung Investitionen herunter fahren und Innovation- und Digitalisierungserfordernisse nicht (mehr) aktiv angehen, was die Attraktivität des Betriebes für potenzielle Nachfolgerinnen und Nachfolger senkt. Insbesondere in Handel und Gastronomie gibt es solche Konstellationen.
Gerade bei kleineren Unternehmen machen IHKs die Erfahrung, dass "Inhaberwissen“ mit dem Wechsel häufig verlorengeht, wenn nicht zuvor entsprechende Vorkehrungen getroffen wurden, um das Wissen auch der Nachfolgegeneration nutzbar zu machen. Der Übergabeprozess wird zudem bisweilen dadurch erschwert, dass Beharrungstendenzen der "alten Führungsriege“ den Übergang erschweren, Kompetenzen nicht klar zwischen abgebender und übernehmender Generation verteilt und dieses nicht transparent auch gegenüber den Mitarbeitenden kommuniziert wird. Dann besteht die Gefahr des “Hineinregierens”. Die Folge: Das Unternehmen wird langsamer in seinen Entscheidungen, die Verlässlichkeit gegenüber Kunden und Geschäftspartnern kann leiden.
Auf der anderen Seite des Verhandlungstisches – bei den Nachfolgeinteressierten – sehen die IHKs häufig Bedarf, sich die nötigen inhaltlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Weiterführung eines Unternehmens noch anzueignen: 29 Prozent unterschätzen die Anforderungen an die Übernahme eines bestehenden Betriebes und gehen zu sehr von einer "Gründung im gemachten Nest aus“, mit vorhanden Kunden- und Lieferantenstrukturen. 18 Prozent der Übernahmeinteressierten müssen bei ihrer Qualifikation den IHKs zufolge nacharbeiten. Dabei erfordert gerade die Übernahme eines vorhandenen Betriebes hohe unternehmerische Fähigkeiten und Führungsqualitäten.
Auch die zu erwartenden Belastungen mit Erbschaftsteuer stellen eine Hürde dar. Zwölf Prozent der Senior-Unternehmerinnen und Unternehmer sowie neun Prozent der Nachfolgeinteressenten nennen den IHKs dieses Hemmnis.
Countdown Unternehmensnachfolge – Das empfehlen die IHKs:
Vorbereitung ist alles. Etwa drei bis zehn Jahre vor der geplanten Übergabe sollte die Inhaberin/der Inhaber damit beginnen, das Unternehmen fit für die nächste Generation zu machen. Ist das Angebot zukunftsorientiert? Stimmen die Margen? Ist meine Produktion auf dem neuesten Stand? Muss ich neu investieren? Stimmt die Unternehmensorganisation? Habe ich die richtigen Zuliefer- und Finanzierungspartner? Hierfür bieten die IHKs zum Beispiel Checklisten (zum Beispiel IHK Rhein-Neckar).
Nachfolge finden. Spätestens drei Jahre vorher mit der Suche nach einer Übernehmerin/einem Übernehmer beginnen.
Unternehmen übergeben. Spätestens zwölf Monate vorher den Prozess der Übergabe beginnen.
"Stunde Null“. Nach Übergabe des Unternehmens muss das Spannungsfeld der Interessen von Inhaber/in, Familie, Nachfolger/in und Unternehmen gelöst sein. Die Vorkehrungen hierfür sind lange vorher zu treffen (siehe 1.).
68 Prozent der Senior-Unternehmer/innen, die sich von ihrer IHK beraten lassen, haben keinen "Notfallkoffer“ gepackt. Hier sind alle wichtigen Dokumente und Vollmachten übersichtlich für den "Fall der Fälle“ zusammengestellt. Mit dem IHK-Notfallhandbuch für Unternehmen bieten IHKs Unternehmen eine wichtige Hilfe, die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Ziel ist es, Unternehmer/innen Schritt für Schritt durch den Planungsprozess zu führen und sicherzustellen, dass nichts Wichtiges vergessen und ein störungsfreier Betrieb des Unternehmens gewährleistet wird. Informationen, interaktive Checklisten und Formulare helfen bei der Strukturierung und griffbereiten Ablage der Unterlagen. Viele IHKs bieten das Notfall-Handbuch mittlerweile zum Download an (zum Beispiel IHK Berlin).
Blick in die Branchen - Gastgewerbe und Handel besonders betroffen
Gastgewerbe und Handel besonders betroffen
In sämtlichen Branchen haben Unternehmerinnen und Unternehmer Schwierigkeiten, eine passende Nachfolge zu finden. Insgesamt suchten dreimal mehr abgabewillige Unternehmen die IHKs auf als Nachfolgeinteressenten. Sehr eng ist die Situation in den "klassischen” Nachfolgebranchen, in denen besonders viele Unternehmen zur Nachfolge anstehen: Im Gastgewerbe übersteigen die Angebote die Nachfragen um mehr als das fünffache, im Handel und in der Verkehrsbranche um das Vierfache.
In der IHK-Beratung befinden sich mehr als fünfmal so viele Hotel- und Gastronomie-Unternehmen, wie sich Nachfragende dafür finden würden. In der personalintensiven Gastronomie und Hotellerie wirkt sich der allseits spürbare Mangel an Fach- und Arbeitskräften besonders stark aus. Vor allem in ländlichen Regionen finden zum Beispiel Landgasthöfe nur schwer Personal. Das erschwert die Suche nach neuen Eigentümerinnen und Eigentümern. Die IHKs berichten auch von hohem Investitions- und Modernisierungsbedarf, den Nachfolgende stemmen müssen. Hinzu kommt vielfach eine "Kostenklemme“: Hohe Kosten für Mieten, Energie, Waren und Personal (auch durch gestiegene Mindestlöhne) treffen auf inflationsbedingt schmalere Budgets der Gäste. Die Gewinnmargen reichen häufig nicht aus, um Investitionsstaus aufzulösen. Auch die Anpassung bestehender Konzepte an (neue) Zielgruppen (Stichwort: Nachhaltigkeit, Zero Waste, Mehrwegpflicht für die Gastronomie, Chatbots für die Online-Kundeninteraktion, Online-Lieferservice-Portale etc.) ist ressourcenintensiv. Hinderlich ist den IHKs zufolge zudem, dass bei einer Nachfolge vielfach der Entschluss zum Kauf der Immobilie gefasst werden muss, was komplexe Bewertungen nach sich zieht. Ein Hemmnis sind auch hohe Berichts- und Dokumentationspflichten: Allergenkennzeichnung, Brandschutz, bauliche Genehmigungen, Neukonzessionierung bei der Übernahme und mehr. In der Branche besteht zudem laut IHKs oft eine starke Bindung der Alt-Inhaberinnen und Alt-Inhaber an ihr Lebenswerk, so dass bisweilen unrealistisch hohe Kaufpreis-/Pachtforderungen die Übergabeverhandlungen zusätzlich hemmen.
Die meisten von den IHKs beratenen Nachfolgeunternehmen stammen aus dem Handel, mit einem Branchenanteil von 24 Prozent. In der IHK-Beratung liegen gut viermal so viele Nachfolgewünsche von Handelsunternehmen vor, wie es potenzielle InteressentInnen gibt. Auch hier sind die Gründe vielfältig. So spüren auch viele Handelsunternehmen die "Kostenklemme“ - hoher Kosten- und Preisdruck führt zu Zurückhaltung bei den Kunden einerseits und andererseits zu steigenden Kosten des Betriebes etwa bei Wareneinkauf und
Mieten. In manchen Innenstädten drücken Leerstände die Kundenfrequenzen, was wiederum den Weiterbetrieb angestammter Betriebe erschwert. Oftmals erschweren hohe Lagerbestände und eine hohe Kapitalbindung die Suche.
Sich änderndes Kundenverhalten - etwa erhöhtes Interesse für E-Commerce oder Nutzung neuer Zahlungssysteme – sowie hohe Mitarbeiterfluktuation und Fachkräftemangel sind den IHKs zufolge vor allem für den eigentümergeführten Facheinzelhandel keine einfachen Rahmenbedingungen, um den Nachfolgeprozess erfolgreich anzugehen. Vielfach ist der Druck zu modernisieren und zu digitalisieren hoch (zum Beispiel Zahlungsdienste). Zudem stellt der Online-Handel den stationären Einzelhandel vor Herausforderungen – immer mehr Wettbewerber sind professionell auf den einschlägigen Plattformen tätig. Ländliche Regionen haben besonders mit Leerständen, sinkenden Kundenfrequenzen und schmelzenden Margen zu kämpfen. Mancherorts beobachten IHKs einen Trend zum eher großflächigen Einzelhandel, was die Nachfolgesuche für kleine Einzelhändler erschwert. Auch die mancherorts zu beobachtende Zurückdrängung von Kundenparkplätzen macht die Nachfolgesuche nicht einfacher.
Mit 18 Prozent sind Industriebetriebe am zweithäufigsten in der IHK-Beratung vertreten. Unter den Nachfolgeinteressenten ist die Industrie am beliebtesten - 33 Prozent suchen einen Industriebetrieb. Der rein quantitative Überhang ist mit einem Faktor von 1,6 im Branchenvergleich noch moderat ausgeprägt.
Die Führung eines Industrieunternehmens erfordert allerdings oft deutlich mehr technisches Know-how als in anderen Branchen – beim Maschinenpark, beim Labor wie auch bei behördlichen Auflagen (zum Beispiel Normen, Produktkennzeichnungen, Emissionen, Qualitätssicherung, Beschaffung). Und: Teure Maschinen oder Labore machen oft hohe Kaufpreise erforderlich. Gleichzeitig steigen für Unternehmenskäufer die Finanzierungskosten. Hinzu kommen hohe Energiekosten, Fachkräftemangel, bisweilen schlechtes Infrastrukturumfeld (etwa bei maroden Verkehrswegen), Digitalisierungsdruck, steigende Nachhaltigkeits- und ESG-Anforderungen im Zuge der Transformation mit der
dazugehörigen Bürokratie sowie bestehende und anstehende Dokumentationspflichten etwa im Rahmen der Kontrolle der Lieferketten. Zudem machen oftmals hohe Investitions- und Modernisierungserfordernisse und damit einhergehender Kapitalbedarf die Nachfolgeverhandlungen nicht einfach. IHKs berichten zudem von bisweilen hohen Pensionsrückstellungen in den Bilanzen, die die Nachfolgenden nicht zu tragen bereit sind. Erschwert werden Nachfolgen auch wegen unsicherer Zukunftsaussichten als Folge wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen. So geben Industrieunternehmen dem hiesigen Wirtschaftsstandort schlechte Noten, v. a. mit Blick auf die aktuelle Wirtschaftspolitik, die Höhe der Energiekosten und die Energieversorgungssicherheit.
Bei kleineren Industriebetrieben sind die Strukturen häufig stark auf den alten Inhaber oder die alte Inhaberin ausgerichtet. Bisweilen gibt es in der Industrie auch eine hohe Abhängigkeit von wenigen Kunden.
Können Industriebetriebe aufgrund gescheiterter Nachfolge nicht weitergeführt werden, so kann dies gravierende Auswirkungen auf die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette haben, wenn sie spezialisierte Leistungen anbieten und in ihrer Nische einziger oder einer von wenigen Anbietern sind. Auch wertvolles technisches Know-how droht dann verloren zu gehen.
In der Logistikbranche suchen viermal mehr Unternehmen als potenzielle Nachfolger die IHKs auf. Der Wettbewerbsdruck bei Verkehr und Logistik ist hoch, die Margen sind oftmals gering. Steigende Personal-, Maut-, Fahrzeug-, Energie- und Treibstoffkosten, Engpässe und marode Verkehrswege, Digitalisierung, Dekarbonisierung, Green-Logistics-Anforderungen, Supply-Chain-Risiken und Unsicherheiten bei der Umsetzung der Antriebswende machen es den IHKs zufolge gerade kleinen und mittelständischen Betrieben oft schwer, dem Kosten-und Innovationsdruck standzuhalten, operative Abläufe zu verbessern und sich auf die Anforderungen des Marktes - etwa durch vernetzte Zusammenarbeit oder die komplette Abwicklung logistischer Gesamtaufgaben - auszurichten. Ein großes Hemmnis bleibt zudem der Mangel an Fahrerinnen und Fahrern, was ebenfalls die Weiterführung des Betriebes erschwert.
Gerade viele personenbezogene Dienstleister spüren die inflationsbedingt hohe Kaufzurückhaltung ihrer Kunden. Eingeschränkte Renditeaussichten halten den IHKs zufolge viele Interessenten von einem Engagement ab. Zudem sind viele Dienstleister stark vom (abgebenden) Inhaber geprägt. Das macht den Einstieg umso schwerer. Der Fachkräftemangel dämpft Wachstumsaussichten und erschwert auch in dieser Branche die Nachfolgesuche. Die Kaufpreisermittlung gestaltet sich in dieser oft auf immateriellen Vermögensgegenständen beruhenden Branche häufig schwierig. Starre Arbeitszeitregeln und hohe Arbeitskosten erschweren insbesondere bei personalintensiven Dienstleistungen die Anpassung an Kundenbedürfnisse. Alles in allem verzeichnen die IHKs bei den personenbezogenen wie unternehmensbezogenen Dienstleistern etwa als das Dreifache an Unternehmen als Übernahme-Interessierte (Relation: 3,2 respektive 3,0).
Der Innovationsdruck in der Finanzbranche ist hoch. Entsprechen hoch sind auch die Anforderungen an die Qualifikation von Nachfolgerinnen und Nachfolgern, die schwer zu finden sind. In der IHK-Beratung melden sich dreimal mehr Unternehmen dieser Branche als Nachfragende.
Die Branche sucht händeringend Fachkräfte. Geprägt ist die Branche zudem von hohem Anpassungs- und Kostendruck, durch engmaschige Regulierung, sich wandelndes Kundenverhalten auch in Form steigenden Kostenbewusstseins, zunehmende digitale Transformation und Investitionen in neue Finanztechnologien wie KI, Bots, Robo-Advisors und Blockchain. Neue Marktteilnehmer stellen klassische Geschäftsmodelle vor erhebliche Herausforderungen und haben für das Nachfolgemanagement weitreichende Folgen. Diese Entwicklungen führen den IHKs zufolge vor allem in der Vermittlerbranche oft zu einer Überalterung und Schrumpfung der Zahl der Berufsangehörigen. Die IHKs berichten von schwierigen Situationen insbesondere dann, wenn weder in angestammten Sparten eine Steigerung der Stückzahlen erreicht wird noch eine Strategie für profitables Wachstum in neuen Feldern vorhanden ist.
Eine Rolle spielt häufig auch die hohe Bindung der Kunden an die ehemalige Inhaberschaft. Nachfolgerinnen und Nachfolger müssen dann oft besondere Anstrengungen unternehmen, von Kunden und Geschäftspartnern akzeptiert und anerkannt zu werden.
Der Digitalisierungsdruck in den Unternehmen ist hoch, Unternehmen müssen zudem immer stärker in ihre IT-Sicherheit investieren. Dies fördert die Renditeaussichten von IT-Dienstleistern. Doch selbst in der IT-Branche ist die Situation bei der Unternehmensnachfolge schwierig. Die IHKs melden mehr als doppelt so viele zur Übernahme anstehende IT-Betriebe wie Nachfolgeinteressenten (Relation: 2,3). Ein gewichtiger Grund: Auch in dieser Branche haben viele Betriebe mit einem Mangel an qualifizierten Fachkräften zu kämpfen.
Viele Betriebe weisen den IHKs zufolge eine kritische Unternehmensgröße auf. Sie sind oftmals stark durch die Inhaberin/den Inhaber und eine bisweilen starke Abhängigkeit von einzelnen Kunden geprägt. Zudem haben es nach IHK-Berichten solche Betriebe besonders
schwer, die über Projektverträge Individuallösungen für Einzelkunden entwickeln, vornehmlich während der Projektlaufzeit Einnahmen erzielen und daher stetig Neugeschäft akquirieren müssen. Überdies bereitet vielen Unternehmen auch die Bewertung von IT-Dienstleistern Schwierigkeiten - aufgrund fehlender Assets, hoher Kundenabhängigkeit mit entsprechendem Ausfallrisiko sowie Abhängigkeit von einzelnen Mitarbeitern.