Insolvenzrecht

Das Insolvenzverfahren – Hinweise für Schuldner

 Es passiert nicht selten, dass ein Betrieb zahlungsunfähig wird und seinen finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Nicht immer sind unternehmerische Fehlentscheidungen der Grund. Hat ein Unternehmen nur wenige oder gar nur einen Auftraggeber, der wegbricht, fehlt schnell das Geld für den Geschäftsbetrieb. Ein anderer Punkt, der oft zu Problemen führt, sind Investitionen. Betriebe müssen investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. In wirtschaftlich guten Zeiten sind Investitionen auf Kredit keine Gefahr. Das kann sich schnell ändern, wenn sich die Auftragslage verschlechtert oder die Wirtschaft unter Krisen und Rezession leidet.

1. Ziel des Insolvenzverfahrens

Ziel des Insolvenzverfahren ist, die Gläubiger in ihrer Gesamtheit bestmöglich und gleichmäßig zu befriedigen. Zu diesem Zweck erfolgt entweder eine Sanierung oder eine Zerschlagung des insolventen Unternehmens. Bei einer Sanierung werden aus den Erträgen die Gläubiger befriedigt. Wird eine Zerschlagung durchgeführt, wird das vorhandene Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös auf die Gläubiger verteilt.

2. Insolvenzgericht

Der Insolvenzantrag ist bei den für Insolvenzsachen zuständigen Amtsgerichten zu stellen. Örtlich zuständig ist das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk das Schuldnerunternehmen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Das ist in der Regel der Geschäftssitz.
Anschriften der Insolvenzgerichte in Schleswig- Holstein finden Sie unter www.insolvenzgerichte.de.

3. Wer ist insolvenzfähig?

Ein Insolvenzerfahren kann über das Vermögen jeder natürlichen und juristischen Person eröffnet werden. Insolvenzfähig sind daher unter anderem GmbH, UG (haftungsbeschränkt), AG, Genossenschaft, eingetragener Kaufmann (e.K.), OHG, KG, BGB- Gesellschaften (GbR), sowie die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung und Societas Europea (SE), und Gesellschaften aus dem europäischen Ausland, die ihren Verwaltungssitz und Betrieb in Deutschland haben.

4. Wer muss zwingend einen Insolvenzantrag stellen?

Kapitalgesellschaften wie die GmbH oder eine Aktiengesellschaft (AG) müssen bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag stellen (für die GmbH & Co. KG siehe das grüne Kästchen).
Für selbstständige Einzelunternehmer besteht in der Regel keine Insolvenzantragspflicht. Auch Personengesellschaften wie die OHG sind hierzu nicht verpflichtet.
Sofern der Einzelunternehmer die Möglichkeit auf Restschuldbefreiung in Anspruch nehmen möchte, ist eine selbst gestellter Insolvenzantrag erforderlich (mehr dazu unter Ziffer 13). Die Restschuldbefreiung setzt immer ein eröffnetes Insolvenzverfahren voraus. Der Antrag auf Restschuldbefreiung ist vom Schuldner mit oder unmittelbar (spätestens zwei Wochen) nach einem Insolvenzantrag zu stellen. Das Insolvenzverfahren geht dem Restschuldbefreiungsverfahren stets voraus. Der Schuldner muss also zunächst die Verwertung vorhandenen pfändbaren Vermögens und die Verteilung auf die Insolvenzgläubiger hinnehmen. Erst dann erhält er Gelegenheit, sich von seinen restlichen Schulden zu befreien.

Als Einzelunternehmer sollten Sie versuchen, sich zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens mit Ihren Gläubigern außergerichtlich einvernehmlich zu einigen.

In allen Fällen gilt: Holen Sie sich frühzeitig die Hilfe eines im Insolvenzrecht kundigen Rechtsanwalts! Er kann unter anderem dazu beraten, ob bereits Insolvenzreife eingetreten ist und ob ein Insolvenzantrag gestellt werden muss. Auch bei der Stellung des Insolvenzantrages muss man sehr sorgfältig vorgehen und die erforderlichen Unterlagen und Angaben vollständig bei Gericht einreichen. Auch hierbei wird zu einer fachkundigen Unterstützung geraten.
Insolvenzantragspflicht – Die Gefahr der Insolvenzverschleppung
Wird eine juristische Person (z.B. GmbH, AG, Genossenschaft) oder eine Personenhandelsgesellschaft, bei der der persönlich haftende Gesellschafter keine natürliche Person ist (GmbH & Co. KG), zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Geschäftsführer bzw. Vorstände ohne schuldhaftes Zögern die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 15 a InsO). Dies muss schnellstmöglich, jedoch spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung, geschehen.Vom 9. November 2022 bis zum 31. Dezember 2023 gilt im Rahmen der Überschuldung eine Höchstfrist von acht Wochen.
Gleiches gilt für vergleichbare Auslandsgesellschaften, die ihren Sitz im Inland haben. Ist die GmbH führungslos (d.h. ohne Geschäftsführer), ist auch jeder Gesellschafter, bei einer führungslosen AG oder Genossenschaft jedes Mitglied des Aufsichtsrats, zur Stellung des Insolvenzantrags verpflichtet.
Wird die Antragstellung schuldhaft verzögert, unterlassen oder fehlerhaft durchgeführt, machen sich die Antragspflichtigen strafbar. Außerdem droht eine Haftung mit dem Privatvermögen.
Neben der deliktischen Haftung wegen Insolvenzverschleppung droht dem antragspflichtigen Geschäftsleiter zudem eine Haftung aufgrund des insolvenzrechtlichen Zahlungsverbots (§ 15b InsO). Dies kann beinhalten, dass der Geschäftsleiter für alle Zahlungen, die zwischen Eintritt der Insolvenzreife und Stellung des Insolvenzantrags getätigt wurden, persönlich haftet.

5. Verbraucherinsolvenz

Vom Regelinsolvenzverfahren zu unterscheiden ist das Verbraucherinsolvenzverfahren, das bis auf wenige Ausnahmen nur natürlichen Personen ohne selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit offensteht (§ 304 InsO).
Auf Verbraucherinsolvenzverfahren finden dabei besondere Verfahrensvorschriften Anwendung. Allerdings ist sowohl für natürliche Personen mit selbstständiger wirtschaftlicher Tätigkeit (Regelinsolvenz) als auch für natürliche Personen mit selbstständiger wirtschaftlicher Tätigkeit (Regelinsolvenz) als auch für natürliche Personen ohne selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit (Verbraucherinsolvenz) grundsätzlich eine Restschuldbefreiung möglich.
Informationen zum Verbraucherinsolvenzverfahren für ehemalige Selbstständige siehe Ziffer 13.1.

6. Insolvenzantrag

Das Insolvenzverfahren wird nur auf Antrag eröffnet. Bei bestimmten Unternehmen gibt es eine Insolvenzantragspflicht (siehe dazu Ziff. 4 im Kasten). Der Antrag ist beim zuständigen Insolvenzgericht schriftlich zu stellen. Werden Formulare zur Verfügung gestellt, sind diese zu verwenden (siehe unten). Antragsberechtigt sind Gläubiger und der Schuldner selbst. Der Antrag kann zurückgenommen werden, solange das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet ist. Wird der Antrag zurückgenommen, werden die Verfahrenskosten dem Antragsteller auferlegt.

6.1. Gläubigerantrag (§ 14 InsO)

Informationen zum Gläubigerantrag entnehmen Sie bitte unserem Merkblatt „Das Insolvenzverfahren – Hinweise für Gläubiger“.

6.2. Schuldnerantrag (§ 15 InsO)

Bei juristischen Personen und Handelsgesellschaften ist jedes Mitglied des Vertretungsorgans bzw. jeder persönlich haftende Gesellschafter zur Stellung des Insolvenzantrags berechtigt. Wird der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans bzw. allen persönlich haftenden Gesellschaftern gestellt, muss der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Im Fall der so genannten Führungslosigkeit einer juristischen Person - wenn beispielsweise der Geschäftsführer abgetaucht ist - ist jeder Gesellschafter zur Antragstellung berechtigt. Bei einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist zudem jedes Mitglied des Aufsichtsrats antragsberechtigt.

6.3. Inhalt des Insolvenzantrags

Im Insolvenzantrag muss der Schuldner den Insolvenzgrund (siehe Ziffer 7) schlüssig und nachvollziehbar darlegen. Dem Insolvenzantrag des Schuldners ist zwingend ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen (sogenanntes Gläubigerverzeichnis).
Antragsvordrucke (mit Hinweisen auf die beizufügenden Unterlagen) finden Sie für

7. Insolvenzgründe

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt voraus, dass ein Eröffnungsgrund besteht. Die drei Eröffnungsgründe sind: Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und (lediglich bei juristischen Personen) Überschuldung. Sowohl bei eingetretener Zahlungsunfähigkeitals auch bei Überschuldung besteht bei juristischen Personen eine Antragspflicht (siehe Ziffer 4 Exkurs).

7. 1. Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)

Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Maßgeblich für die Frage der Zahlungsunfähigkeit ist die Fälligkeit der Verbindlichkeiten. Gestundete Verbindlichkeiten sind nicht fällig. Ein ernsthaftes Einfordern ist allerdings nicht notwendig, um von der Fälligkeit auszugehen. Es muss also keine Mahnung vorliegen. Zahlungsunfähigkeit wird in der Regel vernutet, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.
Typische Indizien für eine Zahlungseinstellung sind unter anderem:
  • Nichtzahlung von Lieferanten
  • Nichtzahlung von Löhnen, Gehältern und Sozialversicherungsbeiträgen
  • Hingabe ungedeckter Schecks
  • Wechselproteste
  • Zwangsvollstreckungen / Vorliegen von Vollstreckungsanträgen
  • Anträge zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
  • Lastschriftrückläufer
Von der Zahlungsunfähigkeit abzugrenzen ist die bloß vorübergehende Zahlungsstockung. Eine bloße Zahlungsstockung ist anzunehmen, wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen. Dafür werden drei Wochen als erforderlich – aber auch ausreichend - angesehen.

7.2. Drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO)

Zahlungsunfähigkeit droht, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Dabei ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.
Von der Möglichkeit des Eigenantrags des Schuldners wegen drohender Zahlungsunfähigkeit sollte besonders dann Gebrauch gemacht werden, wenn Sanierungschancen für das angeschlagene Unternehmen bestehen, da diese umso höher sind, je früher ein Insolvenzantrag gestellt wird. Bei Vorliegen von drohender Zahlungsunfähigkeit besteht unter anderem die Möglichkeit einer Restrukturierung bzw. Sanierung nach dem Unternehmensstabilisierungs- und ‑restrukturierungsgesetz („StaRUG“) durchzuführen.

7.3. Überschuldung (§ 19 InsO)

Bei juristischen Personen (oder wenn bei Personengesellschaften keine natürlichen Personen als persönlich haftende Gesellschafter dahinter stehen) kann auch die Überschuldung Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren sein. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Neben der rechnerischen Überschuldung - wenn also das auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesene Vermögen kleiner ist als die auf der Passivseite ausgewiesenen Verbindlichkeiten - ist die Fortführungsprognose für die Beurteilung des Insolvenzgrundes der Überschuldung maßgeblich. Rechnerisch überschuldete Unternehmen können dann der Insolvenzantragspflicht entgehen, sofern sie eine positive Fortführungsprognose aufstellen und diese belegen können. Der Prognosezeitraum beträgt dabei 12 Monate.
Im Rahmen des Sanierungs- und insolvenzrechtlichen Krisenfolgenabmilderungsgesetzes („SanInsKG“) wurde der Prognosezeitraum vorübergehend (bis zum 31.12.2023) auf 4 Monate verkürzt.

8. Schutzschirmverfahren (§ 270 d InsO)

Das Schutzschirmverfahren ist ein Spezialfall der Eigenverwaltung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens und kann von einem Schuldner unter bestimmten Umständen gleichzeitig zum Insolvenzantrag beantragt werden. Es handelt sich dabei um ein Verfahren zur Vorbereitung einer Sanierung durch Insolvenzplan in Kombination mit Eigenverwaltung. Eigenverwaltung bedeutet die Fortführung des Unternehmens durch den Schuldner selbst unter Aufsicht eines Sachverwalters.
Voraussetzung für das Schutzschirmverfahren ist, dass mit dem Antrag eine mit Gründen versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers, Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorgelegt wird. Diese Bescheinigung muss den Inhalt haben, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber noch keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.
Das Gericht darf während des Schutzschirmverfahrens keinen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen und dem Schuldner auch die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen nicht entziehen. Dem Schuldner wird eine Frist von maximal drei Monaten zur Ausarbeitung eines Sanierungsplans gesetzt. Die Ausarbeitung des Plans geschieht in Eigenverwaltung unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters. Der Sanierungsplan kann im Anschluss als Insolvenzplan umgesetzt werden. Nach Ablauf der Frist oder nach gerichtlicher Aufhebung der Anordnung des Schutzschirmverfahrens entscheidet das Insolvenzgericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. In der Schutzschirmphase ist es typischerweise entscheidend, ob der Schuldner das Vertrauen der Vertragspartner und Gläubiger in die Möglichkeit einer Sanierung gewinnt oder nicht. Eine spätere Aufhebung des Schutzschirmverfahrens ist möglich, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss dies mit Kopfmehrheit beantragt.

9. Ablauf des Insolvenzverfahrens

Nach Eingang des Insolvenzantrags beginnt das Eröffnungsverfahren. Während dieser Phase werden die Verfahrensvoraussetzungen geprüft. Je nach Ausgang dieser Prüfung wird der Insolvenzantrag entweder abgelehnt oder das Insolvenzverfahren durch gerichtlichen Beschluss eröffnet. Erst mit dem Insolvenzeröffnungsbeschluss und der Bestellung eines Insolvenzverwalters beginnt das eigentliche Insolvenzverfahren.

9.1. Eröffnungsverfahren

Im Eröffnungsverfahren ermittelt das Gericht alle Umstände, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Zudem trifft das Gericht Maßnahmen, die erforderlich scheinen, um eine für die Gläubiger nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners zu verhindern. Das Gericht kann dafür insbesondere:
  • einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen,
  • dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind,
  • Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht in unbewegliches Vermögen vollstreckt wird,
  • eine vorläufige Postsperre anordnen
  • ein Verwertungs- bzw. Einziehungsverbot in Bezug auf Gegenstände anordnen.
Wird ein Insolvenzgutachter oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, so wird dieser zunächst prüfen, ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens decken wird. Sollte dies der Fall sein, wird er Maßnahmen treffen, um das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten. Ein vorläufiger Insolvenzverwalter hat das Unternehmen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen.
Wenn das Gericht seine Ermittlungen abgeschlossen hat, wird es entweder
  • den Insolvenzantrag mangels Eröffnungstatbestand (Zahlungsfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung) abweisen,
  • den Insolvenzantrag mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abweisen oder
  • das Insolvenzverfahren eröffnen.
Der Eröffnungsbeschluss bzw. der Abweisungsbeschluss wird öffentlich bekannt gegeben (www.insolvenzbekanntmachungen.de).
Wird der Insolvenzantrag mangels Eröffnungstatbestand abgewiesen, so trägt der Antragsteller die Kosten des Verfahrens. Weitere Konsequenzen für das Unternehmen gibt es nicht.
Die Antragsabweisung mangels Masse führt bei juristischen Personen zu deren Auflösung. Sie werden kraft Gesetzes aus dem Handelsregister gelöscht. Natürliche Personen (z.B. Einzelkaufmann, persönlich haftende Komplementäre) werden im Schuldnerverzeichnis eingetragen.
Die Abweisung kann zudem berufs- oder gewerberechtliche Folgen haben: Bei freien Berufen kann die Abweisung mangels Masse zum Widerruf der Zulassung führen; bei Gewerbetreibenden kann gegebenenfalls eine Gewerbeuntersagung erfolgen. Auch Maklern, Finanzanlagevermittlern, Versicherungsvermittlern, Bauträgern oder Baubetreuern kann die Erlaubnis entzogen werden. Außerdem kann ein Berufsverbot als Geschäftsführer die Folge sein. Unter Umständen kommen strafrechtliche Folgen in Betracht, wenn z.B. Insolvenzstraftaten, Bankrottdelikte begangen wurden.

9.2. Das eröffnete Insolvenzverfahren

9.2.1. Auswahl des Insolvenzverwalters

Der Schuldner oder ein Gläubiger können einen Verwalter vorschlagen. Das Gericht kann den Verwalter dann durch Beschluss bestellen oder ablehnen.
Durch den vorläufigen Gläubigerausschuss können - zumindest in wirtschaftlich bedeutenden Verfahren - die Gläubiger den Insolvenzverwalter aussuchen bzw. die Anforderungen an ihn festlegen. Einstimmige Vorschläge des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Verwalters sind für das Gericht bindend, außer wenn der Kandidat für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Als Insolvenzverwalter kann auch eine Person in Frage kommen, die von Gläubigern oder dem Schuldner vorgeschlagen wurde. Auch die Tatsache, dass die Person den Schuldner vor dem Insolvenzeröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf des Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat, schließt die Bestellung der Person als Verwalter nicht prinzipiell aus.

9.2.2. Inhalt des Eröffnungsbeschlusses

Im Eröffnungsbeschluss wird der Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens genau bezeichnet und ein Insolvenzverwalter bestimmt. Mit dem Eröffnungsbeschluss werden die Gläubiger aufgefordert, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist beim Insolvenzverwalter anzumelden. Die Gläubiger werden außerdem aufgefordert, dem Insolvenzverwalter etwaige Sicherungsrechte mitzuteilen. Schuldnern des insolventen Unternehmens wird mitgeteilt, dass sie nicht mehr an dieses, sondern nur noch an den Insolvenzverwalter leisten dürfen. Außerdem werden der sogenannte Berichtstermin und der Prüfungstermin bestimmt. Im Berichtstermin wird die Situation des Unternehmens dargestellt und entschieden, ob das Vermögen des Schuldners liquidiert wird oder ob Aussichten bestehen, das Unternehmen im Ganzen oder in Teilen zu erhalten. Im späteren Prüfungstermin werden die von den Gläubigern angemeldeten Forderungen nach ihrem Rang und Betrag geprüft. Berichts- und Prüfungstermin können bei einfach gelagerten Fällen verbunden werden.

9.2.3. Allgemeine Wirkungen des Eröffnungsbeschlusses

Sobald das Insolvenzverfahren eröffnet ist, geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, grundsätzlich auf den Insolvenzverwalter über. Das Vermögen wird also in Beschlag genommen und der Insolvenzverwalter ist allein zur Geschäftsführung befugt.

9.2.4. Eigenverwaltung

Das Insolvenzgericht kann statt der Bestellung eines Insolvenzverwalters auch die Eigenverwaltung anordnen. In dem Fall führt der Schuldner sein Unternehmen selbst weiter, wird jedoch von einem Sachwalter begleitet. Der Schuldner kann die Insolvenzmasse selbst verwalten und über sie verfügen, während der Sachwalter die wirtschaftliche Lage prüft und die Geschäftsführung überwacht. Es bedarf seiner Zustimmung zu Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, und im Übrigen hat er ein Widerspruchsrecht gegen Handlungen des Schuldners.
Voraussetzung für die Eigenverwaltung ist ein Antrag des Schuldners. Zudem dürfen keine Umstände bekannt sein, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Vor der Entscheidung über den Antrag auf Eigenverwaltung ist einem etwaigen vorläufigen Gläubigerausschuss grundsätzlich Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Befürwortet der vorläufige Gläubigerausschuss die Eigenverwaltung einstimmig, ist das Gericht hieran gebunden. Auch eine vorläufige Eigenverwaltung vor Insolvenzeröffnung ist möglich (siehe dazu auch oben Ziffer 8 zum Schutzschirmverfahren).

9.2.5. Weitere Wirkungen und weiterer Ablauf des Insolvenzverfahrens

Zwangsvollstreckungen durch einzelne Gläubiger sind im eröffneten Verfahren grundsätzlich nicht mehr zulässig. Weder durch Verfügungen des Schuldners noch durch sonstige Rechtserwerbe können an Gegenständen der Insolvenzmasse Rechte erworben werden.
Die Tätigkeit des Insolvenzverwalters steht unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts. Im Mittelpunkt der Insolvenzverwaltung steht entweder die Sanierung des Unternehmens oder die Verwertung des Vermögens. Soweit keine Sanierung in Betracht kommt, verwertet der Insolvenzverwalter die Gegenstände des Schuldnervermögens mit dem Ziel, etwaige Überschüsse in Form von Zahlungen einer Quote nach an die Gläubiger zu verteilen. Zur Verwertung gehört neben der Veräußerung von Gegenständen auch das Eintreiben offener Forderungen des Schuldners. Es erfolgen sogenannte Insolvenzanfechtungen des Verwalters, durch die unter bestimmten Umständen in der Krise geleistete Zahlungen an Gläubiger wieder zurückgeholt werden können. Bei einer GmbH prüft der Verwalter meist Ansprüche gegen den Geschäftsführer und die Gesellschafter und macht sie ggf. geltend. Darüber hinaus hat der Insolvenzverwalter die Arbeitnehmer über die Insolvenzsituation zu unterrichten und laufende Verträge zu überprüfen und ggf. zu kündigen. Vertragsverhältnisse bleiben grundsätzlich trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen. Der Verwalter darf wählen, ob er mit Mitteln der Insolvenzmasse einen Vertrag erfüllen oder ihn nicht erfüllen will (§§ 103–107 InsO). Bestimmte langfristig angelegte Verträge (Miet- und Pachtverträge über Grundstücke und Räume, Dienst-/ Arbeitsverträge, Darlehensverträge, wenn der Schuldner Darlehensgeber ist) unterliegen nicht dem Wahlrecht, sondern geben dem Verwalter ein einseitiges Kündigungsrecht. Vom Schuldner erteilte Aufträge, Geschäftsbesorgungsverträge und Vollmachten erlöschen automatisch durch die Insolvenzeröffnung (§§ 115-117 InsO).
Der Insolvenzverwalter hat das Unternehmen regelmäßig bis zum Berichtstermin fortzuführen (siehe § 157, 158 InsO). Im Berichtstermin beschließt die Gläubigerversammlung, ob der Betrieb stillgelegt oder vorläufig fortgeführt wird.
Der insolvente Unternehmer ist berechtigt, über den Betrag zu verfügen, den der Insolvenzverwalter ihm und seiner Familie aus der Insolvenzmasse als notwendigen Unterhalt überlässt. Es handelt sich dabei meist um Beträge in Höhe des Pfändungsfreibetrages oder des Sozialhilfesatzes. Darüber hinaus ist eine Freigabe von Gegenständen aus der Insolvenzmasse möglich, die der Insolvenzverwalter ausdrücklich bestätigen sollte.

10. Sanierungswege in der Insolvenz

Neben der Zerschlagung können in einem Insolvenzverfahren auch Sanierungswege (übertragende Sanierung und Insolvenzplanverfahren) in Betracht kommen. Voraussetzung ist eine Sanierungsfähigkeit.

10.1. Die übertragende Sanierung

Anstatt einer Zerschlagung des insolventen Betriebes kann im Wege der sogenannten übertragenden Sanierung der Betrieb oder ein Teilbetrieb an ein anders Unternehmen veräußert werden. Die Veräußerung erfolgt durch Verkauf der einzelnen Sachen, Rechte und sonstigen Vermögenswerte (sogenannter „Asset Deal“). Durch diese Konstruktion verbleiben die gesamten Verbindlichkeiten beim insolventen Unternehmen. Das insolvente Unternehmen durchläuft das Insolvenzverfahren und wird im Anschluss zerschlagen.

10.2. Der Insolvenzplan

Der Insolvenzplan soll die Möglichkeit eröffnen, eine Insolvenz einvernehmlich und durch den Schuldner/die Gläubiger gesteuert abzuwickeln (§§ 217 ff. InsO). Er kann vielfältige Ausgestaltungen haben, ermöglicht ein hohes Maß an Flexibilität und beteiligt die Gläubiger umfassend am Verfahren. Im Insolvenzplan kann auch eine Liquidation, eine übertragende Sanierung oder die Reorganisation des Unternehmens geregelt werden. Im Gegensatz zur übertragenden Sanierung bleibt der alte Unternehmensträger bei der Sanierung durch Insolvenzplan erhalten und wird fortgeführt.
Der Schuldner und der Insolvenzverwalter sind zur Erstellung und Vorlage eines Insolvenzplans berechtigt. Den Gläubigern steht kein eigenes Initiativrecht zu. Die Gläubigerversammlung kann aber den Insolvenzverwalter unter Vorgabe bestimmter Planziele beauftragen, einen Insolvenzplan auszuarbeiten und durch diese Vorgaben starken Einfluss auf die Ausgestaltung des Plans nehmen.
Der Insolvenzplan ist dem Insolvenzgericht vorzulegen, das ihn auf Formalia überprüft. Anschließend wird der Plan dem Gläubigerausschuss und dem Schuldner bzw. Insolvenzverwalter (je nachdem wer ihn vorgelegt hat), zur Stellungnahme übersandt. In einem Erörterungs- und Abstimmungstermin muss der Insolvenzplan durch einen Beschluss der Gläubiger angenommen werden. Die Gläubiger stimmen in festgelegten Gruppen ab. Auch die Zustimmung des Schuldners ist erforderlich. Abschließend muss der Plan vom Insolvenzgericht bestätigt werden.
Die Wirkungen eines rechtskräftig bestätigten Insolvenzplans treten für und gegen alle Beteiligten ein, also auch gegenüber Insolvenzgläubigern, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben und gegenüber Beteiligten, die dem Plan widersprochen haben. Gerät allerdings der Schuldner mit der Erfüllung des Plans gegenüber einem Gläubiger erheblich in Rückstand, werden für diesen Gläubiger im Plan vorgesehene Stundungen oder ein teil-weiser Erlass von Forderungen hinfällig. Die Gläubiger können aus dem Plan in Verbindung mit der Eintragung in die Tabelle wegen festgestellter Forderungen die Zwangsvollstreckung betreiben. Im Insolvenzplan kann vorgesehen werden, dass die Erfüllung des Plans durch den Insolvenzverwalter überwacht wird.

11. Sanierung ohne Insolvenz: Restrukturierungsverfahren

Unternehmen können ihren Betrieb seit dem 1. Januar 2021 auch mit einem Restrukturierungsverfahren nach dem Unternehmensstabilisierungs- und ‑restrukturierungsgesetz (kurz: „StaRUG“) sanieren. Voraussetzung ist, dass der Schuldner lediglich drohend zahlungsunfähig ist (§ 18 InsO) und weder Zahlungsunfähigkeit noch Überschuldung eingetreten ist (zur drohenden Zahlungsunfähigkeit unter 7.2.).
Kern des Restrukturierungsverfahrens ist in der Regel ein sog. „Restrukturierungsplan“. Im Rahmen des Restrukturierungsplans kann der Schuldner mit den Gläubigern eine Art Gesamtvergleich zur Schuldenbereinigung ausarbeiten. Dies kann dabei vollständig ohne Einbeziehung eines Gerichts erfolgen. Wird die Restrukturierungssache jedoch bei dem zuständigen Gericht angezeigt, stehen dem Schuldner neben der gerichtlichen Planabstimmung weitere Stabilisierungs- und Restrukturierungsmöglichkeiten zur Verfügung – darunter zum Beispiel vorübergehende Verwertungs- oder Vollstreckungssperren. Im Gegensatz zu einem etwaigen Insolvenzverfahren muss ein Restrukturierungsverfahren zudem nicht zwingend öffentlich bekannt gemacht werden.
Welche notwendigen Angaben der Restrukturierungsplan enthalten muss, finden Sie unter www.gesetze-im-internet.de.
Wegen der hohen Haftungsrisiken (zivil- und strafrechtlich) für Geschäftsführer und Vorstände ist eine frühzeitige anwaltliche Beratung dringend geboten.

12. Arbeitsrechtliche Folgen

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht automatisch zur Auflösung der Arbeitsverträge. Es gelten aber folgende Besonderheiten:

12.1. Verlust der Arbeitgeberstellung

Wird ein Insolvenzverwalter bestellt, so nimmt dieser sämtliche Arbeitgeberrechte und - pflichten wahr. Das Gleiche gilt auf Anordnung des Insolvenzgerichts für den vorläufigen Insolvenzverwalter.

12.2. Sozialversicherung des Arbeitnehmers

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers berührt nicht die Verpflichtung zur Beitragszahlung zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.
Sofern Arbeitnehmerbeiträge nicht fristgemäß an die Sozialversicherungsträger überwiesen werden, drohen strafrechtliche Folgen. Das gleiche gilt, wenn im Zusammenhang mit Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung falsche bzw. nicht vollständige Angaben gemacht wurden.

12.3. Kündigung

Grundsätzlich kann das Arbeitsverhältnis auch in der Insolvenz nur ordentlich gekündigt werden. In der Regel wird aus betriebsbedingten Gründen gekündigt. Der Insolvenzverwalter muss eine soziale Auswahl durchführen und den Betriebsrat anhören; bei Betriebsänderungen muss mit diesem ein Interessenausgleich angestrebt werden. Wenn nicht arbeitsvertraglich eine kürzere Kündigungsfrist festgelegt ist, beträgt diese im Insolvenzverfahren drei Monate zum Monatsende (§ 113 InsO). Diese verkürzte Kündigungsfrist setzt sich gegenüber sämtlichen längeren Kündigungsfristen, Befristungen oder Unkündbarkeitsregelungen durch. Dies geschieht unabhängig davon, ob diese auf Gesetz, Tarifvertrag oder Einzelarbeitsvertrag beruhen. Bei einer (teilweisen) Veräußerung des Geschäftsbetriebs kann unter Umständen die Regelung zum Betriebsübergang (§ 613 a BGB) gelten, wonach die Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber mit übergehen.

12.4. Insolvenzgeld

Zum Schutz der Arbeitnehmer vor Lohnausfall wird unter bestimmten Voraussetzungen von der Bundesagentur für Arbeit ein Insolvenzgeld ausgezahlt. Der vom Insolvenzgeld abgedeckte Zeitraum umfasst grundsätzlich die letzten drei Monate vor dem Gerichtsbeschluss über die Insolvenzeröffnung oder über die Abweisung mangels Masse.
Weitere Informationen zum Insolvenzgeld enthält ein Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit.
Antragsformulare befinden sich auf der Website der Bundesangetur für Arbeit.

13. Restschuldbefreiung

Die Restschuldbefreiung ist vor allem dann für den Schuldner wichtig, wenn zu erwarten ist, dass er auch nach dem Insolvenzverfahren auf einem Schuldenberg sitzen bleiben wird. Nach einer sog. „Wohlverhaltensperiode“ kann einem redlichen Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt werden. Diese bewirkt, dass er von den restlichen (Alt-)Verbindlichkeiten gegenüber seinen Gläubigern befreit wird.
Der Antrag auf Restschuldbefreiung kann mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden. Voraussetzung ist, dass der Schuldner (ggf. neben einem Fremdantrag) selbst einen Insolvenzantrag gestellt hat. Dem Antrag auf Restschuldbefreiung hat der Schuldner eine Erklärung beifügen, dass er den pfändbaren Teil seines (Arbeits-)Einkommens für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen Treuhänder abtritt.
Der Antrag auf Restschuldbefreiung ist nach § 287a Abs. 2 InsO unzulässig, wenn:
  • dem Schuldner in den letzten elf Jahren vor dem Antrag auf Verfahrenseröffnung oder nach diesem Antrag Restschuldbefreiung erteilt oder in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Verfahrenseröffnung oder nach diesem Antrag wegen Insolvenzstraftaten versagt worden ist oder
  • dem Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Verfahrenseröffnung oder nach diesem Antrag Restschuldbefreiung wegen Versagungsgründen oder Verstoßes gegen Obliegenheiten versagt worden ist.
Der Schuldner hat dem Antrag auf Restschuldbefreiung eine entsprechende Erklärung beizufügen. Ist der Antrag auf Restschuldbefreiung zulässig, so stellt das Insolvenzgericht durch Beschluss fest, dass der Schuldner Restschuldbefreiung erlangt, wenn er seinen Obliegenheiten nach § 295 InsO nachkommt und die Voraussetzungen für eine Versagung nach den §§ 290, 297 - 298 InsO nicht vorliegen.
Versagungsgründe sind unter anderem:
  • die rechtskräftige Verurteilung des Schuldners wegen einer Insolvenzstraftat in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Verfahrenseröffnung oder nach diesem Antrag zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten,
  • Falsche Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse, um Kredite zu erhalten oder öffentliche Leistungen zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden (innerhalb der letzten drei Jahre vor Eröffnungsantrag oder danach) entsprechend §§ 290, 297a InsO,
  • Verletzung der Erklärungspflicht nach § 287 Abs.1 Satz 3 InsO,
  • schuldhafte Verletzung der Erwerbsobliegenheit nach § 287b InsO durch den Schuldner und die dadurch herbeigeführte Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger.
Mit dem Ende des Insolvenzverfahrens (Schlusstermin) beginnt die so genannte Wohlverhaltensphase. Restschuldbefreiung wird seit dem 1.Oktober 2020 nach drei Jahren erteilt.
Während der Wohlverhaltensphase ist der Schuldner verpflichtet:
  • den pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens an den vom Gericht bestellten Treuhänder abzuführen,
  • eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, oder, wenn er beschäftigungslos ist, sich intensiv um eine solche zu bemühen und jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen,
  • dem Treuhänder jeden Wohnort- und Arbeitsplatzwechsel mitzuteilen,
  • Auskünfte über seine Einkünfte und Erbschaften zu geben,
  • Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und
  • die Treuhändervergütung zu zahlen, sofern Verfahrenskosten nicht gestundet sind.
Wird gegen diese Pflichten verstoßen, kann das Gericht bereits während der Dauer der Wohlverhaltensphase die Restschuldbefreiung versagen. Der Gläubiger kann während des gesamten Verfahrens einen schriftlichen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung stellen. Ist dem Gläubiger der Versagungsgrund erst nachträglich bekannt geworden, kann er auch nach dem Schlusstermin innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Kenntnis der Gründe einen Versagungsantrag stellen. Die Versagung der Restschuldbefreiung wird im Schuldnerverzeichnis eingetragen.
Der Treuhänder verteilt die pfändbaren Einkommensanteile quotal an die Gläubiger, das heißt entsprechend ihrem Anteil an den Gesamtverbindlichkeiten.
Während der Wohlverhaltsphase sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger unzulässig. Pfändungen werden mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam. Nach erfolgreichem Abschluss der Wohlverhaltensphase ergeht seitens des Gerichts nach Anhörung von Schuldner, Gläubigern und Treuhändern ein förmlicher Beschluss, dass der Schuldner nunmehr schuldenfrei ist. Ausgenommen sind allerdings Schulden, die aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen, aus Geldstrafen, Geldbußen, Zwangs- und Ordnungsgeldern herrühren und neue Schulden, die während der Wohlverhaltensphase gemacht wurden. Der Beschluss wird öffentlich bekannt gemacht.
Die Restschuldbefreiung wird nach Ablauf der Abtretungsfrist erteilt (spätestens nach drei Jahren). Das Gericht kann auf Antrag des Schuldners auch vor Ablauf der drei Jahre über die Restschuldbefreiung entscheiden, wenn im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet oder alle Forderungen befriedigt worden sind und der Schuldner die Verfahrenskosten bezahlt hat.

13.1. Restschuldbefreiung - Verbraucherinsolvenzverfahren für ehemals Selbständige

Ehemals Selbstständigen ist wie natürlichen Personen das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet, sofern die Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Überschaubarkeit ist gegeben, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Eröffnung weniger als 20 Gläubiger hat. Zu Forderungen aus Arbeitsverhältnissen zählen neben Lohnforderungen von Angestellten insbesondere die Forderungen der Finanzämter (Lohnsteuer) und Sozialversicherungsträger (zum Beispiel Krankenkassenbeiträge für Angestellte, Knappschaftsbeiträge) und Berufsgenossenschaften.
Weitere Informationen zur Restschuldbefreiung erhalten Sie unter www.bmj.de.
Hinweis: Die Veröffentlichung von Merkblättern ist ein Service der IHK Flensburg und der IHK zu Lübeck für Ihre Mitgliedsunternehmen. Dabei handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung der rechtlichen Grundlagen, die nur erste Hinweise enthält und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Es kann eine anwaltliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Hinweis: Mit freundlicher Genehmigung der IHK München.