Schutz vor ungewollten Verträgen
Vorsicht Falle! Adressbuchschwindel
Achtung: Tausende von Unternehmen tappen jedes Jahr in die Falle. Sie unterschreiben versehentlich offiziell aussehende Formulare und schließen damit ungewollt teure Verträge. Auf welche Masche die Betroffenen reinfallen und wie man sich schützen kann lesen Sie hier.
Your German is not fluent and you received a dubious book publisher invoice? Do not pay immediately but have a look at the english explanatory note at the website of the IHK Berlin (Chamber of Commerce).
Ungewollte teure Registereintragungen sind ein ärgerliches Massenphänomen. Schon seit längerer Zeit erhalten Unternehmen in ganz Deutschland Schreiben von dubiosen Registerverlagen. Hierbei handelt es sich um private Firmen, die unaufgefordert eine kostenpflichtige Eintragung in beispielsweise "Handelsregister", "Gewerbezentralregister", "Industrie- und Handelsregister" oder Branchenverzeichnisse anbieten. Diese zweifelhaften Schreiben sind entweder behördenähnlich aufgemacht oder vermitteln den Eindruck, dass schon ein Geschäftskontakt bestehe und es sich nur um eine Aufforderung zur Korrektur handele. In beiden Fällen werden Unternehmer dazu gebracht, zu glauben, es bestehe eine Verpflichtung zur Eintragung beziehungsweise zur Korrektur, sodass sie die verschleierten Angebote unterschreiben und sich so ungewollt vertraglich zur Zahlung von bis zu 1.000 Euro pro Jahr für mehrere Jahre verpflichten. Denn erst dem versteckten Kleingedruckten oder der Rückseite ist zu entnehmen, dass es sich lediglich um eine Offerte für einen fremden Online-Adressbucheintrag handelt.
Wie Sie sich schützen können und was zu tun ist, wenn Sie versehentlich geantwortet haben, können sie folgend lesen.
Vorspiegelung einer Geschäftsbeziehung
Die Masche ist fast immer gleich. Es werden Briefe oder Faxe versandt, bei denen ein vermeintlicher “Auftrag” nur auf die Richtigkeit der Angaben zu prüfen sei. Die Aufmachung der Formulare suggeriert meist eine schon bestehende Geschäftsbeziehung oder Beauftragung, die tatsächlich jedoch nicht existiert. Einige der Schreiben sind sogar schon als Rechnung bezeichnet. Erst aus dem Kleingedruckten ergibt sich, dass es sich nur um eine Offerte zu einer Anzeigenschaltung in einem Branchenverzeichnis im Internet handelt. Wenn die “Daten” mit einer Unterschrift “bestätigt” worden sind, hat man meist einen Vertrag für mehrere Jahre und über mehrere hundert Euro unterzeichnet ohne Widerrufsmöglichkeit und Ausschluss einer vorzeitigen Kündigung. Aber es besteht noch die Möglichkeit der Anfechtung des Vertrages.
Handelsregister
Eine andere Variante besteht darin, dass durch den Absender der Eindruck einer öffentlichen Stelle erweckt wird. Der offizielle Anschein wird zum Beispiel durch die Verwendung von hoheitlichen Insignien und der Begriffe Register, Zentrale oder Verzeichnis in Verbindung mit Gewerbe oder Handel vermittelt. Die Variationen sind vielfältig. Die Daten stammen häufig aus dem öffentlichen Handelsregister, die automatisch abgeglichen werden. Solche Schreiben erreichen oft frisch in das Handelsregister eingetragene Unternehmen und Kaufleute und das gleich in mehrfacher Ausfertigung von vielen verschiedenen Adressbuchverlagen. Doch amtliche Rechnungen für gerichtliche Eintragungen in das Handelsregister dürfen nur staatliche Gerichtskassen versenden. Die Gerichte beauftragen auch keine privaten Inkassounternehmen.
Anzeigen
In anderen Fällen werden Formulare verwendet, die Anzeigentexte der Unternehmen beinhalten, die tatsächlich anderweitig schon einmal als Werbeanzeige veröffentlicht wurden. Der flüchtige Leser erkennt seine eigene Anzeige wieder und glaubt, nur einen Korrekturabzug zu unterzeichnen, tatsächlich gibt er aber eine neue Anzeige in Auftrag. Die Liste der Methoden kann noch weiter fortgeführt werden. So unterschiedlich die Aufmachungen und Varianten auch sind, eines haben sie gemeinsam: den Unternehmen entsteht durch den über mehrere Jahre dauernden ungewollten “Vertrag” ein wirtschaftlicher Schaden.
Genau hinsehen!
Es ist daher wichtig, dass Sie auch Ihre Mitarbeiter für dieses wichtige Thema sensibilisieren und genau prüfen, ob tatsächlich eine Anzeige in Auftrag gegeben wurde und wirklich eine solche Bestellung vorliegt oder ob ein Eintrag in diesem fremden Adressverzeichnis überhaupt gewollt ist.
Formular doch schon unterschrieben?
Für den Betroffenen besteht in solchen Fällen die Möglichkeit der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB. Neben der Anfechtungserklärung sollte vorsorglich die Kündigung des Vertragsverhältnisses erklärt werden. Eine solche Anfechtung mit vorsorglicher Kündigung sollte unbedingt schriftlich und zum Nachweis per Einschreiben erfolgen. Trotz der erfolgten Anfechtung besteht dennoch das Restrisiko einer Zahlungsklage. Bevor es jedoch zu einer Zahlungsklage kommt, werden Mahnschreiben versandt beziehungsweise Rechtsanwälte und Inkassobüros eingeschaltet, die den Betroffenen mit zweifelhaften Formulierungen zu einer Zahlung veranlassen sollen.
Wenn der Vertrag wirksam angefochten wurde, sollte man sich nicht von den Mahnschreiben einschüchtern lassen. Eine Zahlungsklage vor Gericht wird nur Erfolg haben, wenn diese auch begründet ist, also keine Täuschung bei Vertragsschluss vorlag. Erst wenn ein Mahnbescheid des Gerichts eintrifft muss man unbedingt aktiv werden und sofort Widerspruch einlegen, denn ein Mahnbescheid wird vom Gericht ungeprüft erlassen. Erst nach dem Widerspruch kann das Mahnverfahren in ein ordentliches gerichtliches Verfahren übergehen. Hier müsste dann das Bestehen der Forderung bewiesen werden. Daher wird in den meisten Fällen gar kein Mahnbescheid beantragt oder nach dem Einlegen des Widerspruchs das Verfahren von den Adressbuchverlagen nicht weiter betrieben.
Formulierungsvorschlag einer Anfechtungserklärung
(kursiv: Zusatztext, wenn Zahlung bereits erfolgt ist)
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich fechte hiermit meine Erklärung vom xxxx wegen arglistiger Täuschung an.
Mit Ihrem Formularschreiben vom xxxx haben Sie in wettbewerbswidriger Weise den Eindruck vermittelt, es handle sich um eine Rechnung mit Zahlungsverpflichtung und nicht lediglich um ein Angebot.
(Oder: Mit Ihrem Formularschreiben vom xxxx haben Sie in wettbewerbswidriger Weise den Eindruck vermittelt, es bestehe eine Geschäftsbeziehung und es handle sich um eine kostenfreie Korrektur in einem amtlichen Verzeichnis und nicht lediglich um ein Angebot.)
Der Angebotscharakter war nicht ohne weiteres ersichtlich.
Zu keinem Zeitpunkt hatte ich die Absicht einen Vertrag mit Ihnen zu schließen.
(unter dem Eindruck einer Zahlungsverpflichtung habe ich den Betrag von xxx EUR an Sie gezahlt. Ein wirksamer Vertragsschluss ist mit dieser Zahlung nicht zustande gekommen.)
(Ich fordere Sie daher auf, die von mir geleisteten Zahlungen unverzüglich, spätestens bis zum xxxx auf mein Konto xxxx zu erstatten.)
Höchst vorsorglich erkläre ich die Kündigung des Vertrages mit sofortiger Wirkung.
Rechtliche Schritte behalte ich mir ausdrücklich vor.
Mit freundlichen Grüßen
Xy
Nachfragen lohnt sich!
Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob es sich um ein offizielles Schreiben handelt oder um ein Angebot eines dubiosen Adressbuchverlages, fragen Sie gerne bei uns nach! Wir können Ihnen auch Auskünfte geben, ob der betreffende Adressbuchverlag schon gerichtsbekannt ist.
Schon gezahlt?
Falls schon im Glauben, eine Verbindlichkeit zu erfüllen, der Überweisungsauftrag ausgelöst wurde, sollte umgehend versucht werden, über die Hausbank diesen unverzüglich zu stoppen beziehungsweise zurückzuholen. Es ist aber auch sinnvoll, zusätzlich die Empfängerbank zu informieren. Wenn die Zahlung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, könnte ggf. mit anwaltlicher Hilfe der geleistete Betrag zurückgefordert werden. Auch hier ist unbedingt eine schriftliche (per Einschreiben) formulierte Anfechtungserklärung erforderlich.
Rechtsweg
Die Industrie- und Handelskammern arbeiten zur Bekämpfung von unseriösen Methoden mit dem Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e.V. (www.dsw-schutzverband.de) und dem DIHK eng zusammen. Uns vorgelegte Beschwerden werden wir mit Ihrem Einverständnis an den DSW weiterleiten, der weitere gerichtliche Schritte einleitet. Daneben sollten Sie selbst bei jeder Polizeidienststelle oder bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige erstatten.