Freihandelsabkommen

Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam (EVFTA)


Das gemeinsame Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und Vietnam ist zum 1. August 2020 in Kraft getreten. Das Abkommen ist insbesondere für deutsche Unternehmen interessant, da allein 33 Prozent aller EU-Exporte nach Vietnam aus Deutschland kommen.
Hinweis: EU-Exporteure müssen sich als REX registrieren, um exportseitig die Zollvorteile des EU-Vietnam-Abkommens vollständig nutzen zu können. Bereits bestehende REX-Registrierungen gelten automatisch auch für Vietnam.
Die REX-Registrierung kann über das elektronische Formular 0442 der Zollverwaltung durchgeführt werden.
Nachfolgend finden Sie Informationen zu den wichtigsten Änderungen bei den Präferenzen und Zöllen sowie zu den Übergangsregelungen.

1. Zollabbau

Durch das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam werden mehr als 99 Prozent der Zölle für Ursprungswaren abgebaut.
Die Zollabbauregelungen sind teilweise komplex. Bei Fragen können Sie uns wie gewohnt direkt ansprechen.

1.1 Zeitplan Vietnams für EU-Ursprungserzeugnisse

Vietnam verpflichtet sich bei Inkrafttreten des Abkommens für 65 Prozent der EU-Erzeugnisse den Zoll bei der Einfuhr sofort abzuschaffen. Im Laufe von zehn Jahren folgen, bis auf wenige Ausnahmen, alle weiteren Erzeugnisse.
Über die Market Access Database der Europäischen Kommission können die derzeit geltenden Zölle in Vietnam recherchiert werden.

1.2 Zollsenkungen nach Kapiteln (Quelle: DG Trade)

Kapitel
Zollsatz ohne Freihandelsabkommen
Zollsatz ab Inkrafttreten
Tiere, landwirtschaftliche Erzeugnisse (Kap. 1-24)
0-55 Prozent
Zollfreiheiheit je nach Produkt bei Inkrafttreten oder nach 5, 7, 10 oder 15 Jahren oder Kontingente
Chemie, Pharmazeutika (Kap. 25-38)
0-25 Prozent
bei einigen Kapiteln zollfrei ab Inkrafttreten, ansonsten nach 3, 5, 7 oder 10 Jahren
Kunststoffe, Leder- und Holzwaren (Kap. 39-49)
0-35 Prozent
Zollfreiheit nach 3, 5, 7 oder 10 Jahren
Textil, Bekleidung (Kap. 50-67)
0-30 Prozent
circa 70 Prozent zollfrei ab Inkrafttreten, für den Rest nach 3, 5 oder 7 Jahren
Steine, Keramik, Porzellan etc. (Kap. 68-83)
0-45 Prozent
Zollfreiheiheit je nach Produkt bei Inkrafttreten oder nach 5, 7, 10 Jahren
Maschinen, Elektronik (Kap. 84-85)
0-30 Prozent
Großteil bei Inkrafttreten zollfrei, für den Rest nach 5 oder 7 Jahren
Beförderungsmittel (Kap. 86-89)
0-78 Prozent
Zollfreiheit 10 Jahre nach Inkrafttreten
Instrumente, Messgeräte (Kap. 90-93)
0-25 Prozent
Großteil bei Inkrafttreten zollfrei
Möbel, Sonstiges (Kap. 94-97)
0-25 Prozent
Zollfreiheit nach 3 Jahren

1.3 Zeitplan der EU für vietnamesische Ursprungserzeugnisse

Die EU schafft den Zoll für 84 Prozent der vietnamesischen Ursprungswaren mit Inkrafttreten des Abkommens ab. Innerhalb von sieben Jahren werden die übrigen Zölle abgebaut sein.
Hinweis: Die EU gewährt Vietnam bereits seit Jahren Zollvergünstigungen über das APS (Schema des Allgemeinen Präferenzsystems für Entwicklungsländer). Das APS bleibt für 2 Jahre parallel in Kraft. Ab dem 01. August 2020 können daher ggf. zwei verschiedene vergünstigte Zollsätze (APS-Zollsatz und Präferenzzollsatz aus dem Abkommen) Anwendung finden.
Das Abkommen legt jedoch in Anhang 2-A Abschnitt A Nr. 3 fest, dass die über das Freihandelsabkommen festgelegten Präferenzzollsätze auf keinen Fall höher sein sollen als die vor In-Kraft-Treten angewendeten Zollsätze im Rahmen des APS. Das bedeutet: Im schlechtesten Fall bleibt der niedrigere APS-Zollsatz solange bestehen, bis der Präferenzzoll aus dem Handelsabkommen unter dem APS-Zollsatz liegt. EU-Importeure erfahren somit keine Verschlechterung.

Für wenige landwirtschaftliche Produkte wie Reis, Mais, Knoblauch, Champignons, Zucker und hoch zuckerhaltige Produkte, Maniokstärke, Surimi und Thunfischkonserven bleiben Kontingente bestehen.

2. Ursprungsregeln

Bedingung für eine zollfreie Einfuhr ist der Ursprung der Erzeugnisse in einer der beiden Volkswirtschaften. Die Ursprungsregeln sind zu finden im Abkommen ab Seite 1342 (Anhang II des Protokolls Nr. 1).
Auch die Datenbank WuP-online wurde um die Ursprungsregeln aktualisiert.
Meist wird ein Positionswechsel auf 4-steller Ebene für Vormaterialien ohne Ursprung oder alternativ je nach Ware eine Wertschöpfungsregel zwischen 40 und 70 Prozent verlangt. Für manche Warengruppen ist der 6-Steller ausschlaggebend.

Kumulierung

Das Freihandelsabkommen sieht zwei Kumulierungsmöglichkeiten vor:
  1. die bilaterale Kumulierung zwischen der EU und Vietnam sowie die
  2. ASEAN-Kumulierung.
Bereits im Abkommen der EU mit Singapur ist die Möglichkeit der ASEAN-Kumulierung vorgesehen. Ziel der EU ist es, einheitliche Regeln zur Kumulierung mit den zehn ASEAN (Association of Southeast Asian Nations)-Staaten (Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam) zu verhandeln. Das bedeutet, dass in Vietnam gefertigte Güter auch dann zollfrei wären, wenn ihre Teile aus anderen Staaten des ASEAN-Verbundes stammten, mit denen die EU ein Abkommen hat.
Weitere Verhandlungen mit Mitgliedern der ASEAN gibt es derzeit mit Indonesien. Das Freihandelsabkommen mit Singapur (EUSFTA) ist im November 2019 in Kraft getreten.

3. Ursprungsnachweise

3.1 Ursprungsnachweise für EU-Exporte nach Vietnam

Präferenznachweis für alle Warensendungen nach Vietnam ist die Erklärung zum Ursprung (EzU). Der Wortlaut kann der Seite 1378 des Abkommens (Anhang VI des Protokolls Nr. 1) entnommen werden. Ab einem Warenwert von 6.000 Euro darf nur ein Registrierter Ausführer (REX) die Erklärung ausstellen.
EU-Exporteure müssen sich also als REX registrieren, um exportseitig die Zollvorteile des EU-Vietnam-Abkommens vollständig nutzen zu können. Bereits bestehende REX-Registrierungen gelten automatisch auch für Vietnam.
Die REX-Registrierung kann über das elektronische Formular 0442 der Zollverwaltung durchgeführt werden.
Die Erklärung zum Ursprung kann gem. Art. 19 Abs. 3 des Protokolls Nr. 1 des Abkommens  auf der Rechnung, dem Lieferschein oder jedem anderen Handelspapier, in dem die Erzeugnisse so genau bezeichnet sind, dass die Feststellung der Nämlichkeit möglich ist, abgeben werden. Üblicherweise wird die Erklärung auf der Rechnung abgegeben.

Unterschrift: Nach Auskunft der Euorpäischen Kommission müssen EU-Exporteure die Erklärungen zum Ursprung nicht zwingend unterschreiben, soweit sie diese als Registrierter Ausführer (REX) abgeben.

3.2 Ursprungsnachweise für EU-Importe aus Vietnam

Für vietnamesische Ausführer bzw. für Einfuhren aus Vietnam sind nach Auskunft der Zollverwaltung und gem. Art. 15 des Protokolls Nr. 1 als Präferenznachweise mit Inkrafttreten anwendbar:
  • eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1,
  • eine von jedem Ausführer ausgefertigte Ursprungserklärung für Sendungen, deren Gesamtwert in den nationalen Rechtsvorschriften Vietnams festzulegen ist und 6.000 Euro nicht übersteigt.
Der Nachweis der Direktbeförderung entfällt.
Weitere Infos enthält die ATLAS-Info 0067/20 vom 22. Juli 2020.
Soweit die Zollvergünstigungen aus dem APS (Allgemeinen Präferenzsystems für Entwicklungsländer) genutzt werden, sind die hierfür vorgesehenen Nachweise (Ursprungszeugnis Form A bzw. Erklärung zum Ursprung von Registrierten Ausführern oder Erklärung zum Ursprung von nicht Registrierten Ausführern bis zu einem Wert der enthaltenen Ursprungswaren von höchstens 6.000 Euro) vorzuhalten.
Bei der Einfuhr in die EU stellt sich gegebenenfalls die Frage, ob man die seit Jahren bestehenden einseitigen Zollvergünstigungen der EU im Rahmen des APS (Allgemeinen Präferenzsystems für Entwicklungsländer) oder die Zollvergünstigungen aus dem neuen Freihandelsabkommen nutzt: Die im Rahmen des des Freihandelsabkommens von der EU angewendeten Zollsätze sollen auf keinen Fall höher sein, als die vor In-Kraft-Treten von der EU unilateral gewährten Zollsätze im Rahmen des APS. Das bedeutet: Im schlechtesten Fall bleibt der niedrigere APS-Zollsatz solange bestehen, bis der Stufenabbau den FHA-Zollsatz unter den APS-Zollsatz drückt. EU-Importeure erfahren somit keine Verschlechterung, wenn sie die FHA-Präferenzen statt der APS-Präferenzen nutzen.
Nach den zurzeit vorliegenden Informationen arbeitet die EU-Kommission noch an einer Umprogrammierung im TARIC, um per automatischem Abgleich zu gewährleisten, dass tatsächlich der jeweils günstigere Zollsatz zum Tragen kommt, soweit bei der Einfuhr ein Präferenznachweis gemäß FHA (EUR.1, Erklärung auf der Rechnung) vorgelegt wird.
Bis zur Umsetzung eines automatisierten Abgleichs des FHA-Zollsatz mit dem APS-Zollsatz empfehlen wir, dass Unternehmen im Zweifel selbst prüfen, ob der APS-Zollsatz ggf. günstiger ist. In einem solchen Fall sollte bis zu Umstellung der zugehörige APS-Nachweis inklusive entsprechender Kodierung in der Zollanmeldung genutzt werden.

3.4 Vietnam auf Lieferantenerklärungen

Vietnam kann auf Lieferantenerklärungen genannt werden, da das Abkommen am 12. Juni 2020 im Amtsblatt der EU L186 veröffentlicht wurde.
Die Formularvordrucke der Lieferantenerklärungen mit Ausfüllhinweisen der IHK-Organisation wurden aktualisiert. Die Aktualisierung umfasst u.a. auch die Berücksichtigung des EU-Vietnam-Abkommens.

4. Weitere Informationen

Übergangsregelung: Die Zollvorteile aus dem Abkommen können für alle Ursprungswaren angewendet werden, die nach dem 1. August 2020 in den freien Verkehr überführt werden. Das ist auch für schwimmende Ware möglich oder für Ware, die sich bereits in Zolllagern befindet. Die erforderlichen Nachweise können nach dem Versand und nach dem Inkrafttreten des Abkommens erstellt werden.
  • Übersicht zu den aktuellen Präferenzregelungen der EU
  • Allgemeine Informationen, Verhandlungsdokumente und vieles mehr: Europäische Kommission
  • Vietnam schreibt eine Ursprungskennzeichnung für alle importierten Waren vor. Neben der üblichen, mitgliedsstaatsspezifischen Markierung (zum Beispiel „Made in Germany”) ist bei Ausfuhren nach Vietnam die Ursprungskennzeichnung „Made in EU” möglich. Jedoch nur für nichtlandwirtschaftliche Produkte (mit Ausnahme von Arzneimitteln).