Kollaboration statt Konkurrenz
Gute Service- und Küchenkräfte sind Mangelware – das weiß Unternehmer Lars Bracker aus Kiel zu gut. Doch die Personalnot ist für viele Betriebe auch hausgemacht, meint er. Der Inhaber des Eventbüros Kiel macht vor, wie er trotzdem sinnvoll wirtschaftet.
Lars Bracker muss schmunzeln, während er von einem seiner Mitarbeiter erzählt: „Der sagt zu mir: ‚Chef, ich kann nicht arbeiten, wenn Holstein Kiel spielt. Ich bin halt Holstein-Fan!.' Na gut, dachte ich mir, dann tragen wir das halt im Dienstplan ein und informieren alle darüber.“ Auf die persönlichen Wünsche seines Teams einzugehen, ist tatsächlich das Erfolgsrezept des Unternehmers, der seit mehr als 30 Jahren beweist: Auch in einer der härtesten Branchen in Deutschland kann man mit Herz und Verstand erfolgreich wirtschaften.
„Leider sind gute Servicekräfte und Küchenhelfer in unserer Branche mittlerweile Mangelware“, berichtet Lars Bracker. „Und das ist teilweise hausgemacht. Gerade deswegen brauchen wir Wege, um unsere Mitarbeitenden zu stärken und zu halten.“ Die Statistik gibt dem Unternehmer recht: Bis 2035 werden in Schleswig-Holstein mehr als 326.000 Arbeitskräfte fehlen. Dabei trifft es die Eventbranche besonders drastisch, denn es gibt nur 18 verfügbare Ausbildungsplätze für Veranstaltungskaufleute landesweit.
Im Eventbüro Kiel beschäftigt Bracker 15 festangestellte Mitarbeitende: alleinerziehende Mütter, Menschen mit Beeinträchtigungen, Menschen mit Migrationshintergrund. Jede und jeder mit eigenen Bedürfnissen. „Der eine arbeitet nicht gut unter Druck, der andere pflegt ein krankes Familienmitglied und kann zum Beispiel montags nicht eingesetzt werden“, erklärt der Unternehmer. „Ich möchte ihnen so gerecht wie möglich werden.“ Das sei zwar nicht immer leicht, sorge jedoch für ein familiäres und wertschätzendes Betriebsklima – Werte, die gerade in der Eventwirtschaft zu kurz kommen würden.
Eine Herausforderung teilt der Kieler Betrieb mit der gesamten Eventbranche: extreme Saisonalität. Von Mai bis September und während der Weihnachtszeit erwirtschaftet der Unternehmer rund 70 Prozent des Jahresumsatzes. Das erfordert eine pragmatische Haltung: „Wir arbeiten mit Arbeitszeitkonten und etablieren neue Geschäftsfelder, um in den starken Monaten mehr Umsatz zu generieren – abseits davon kann ich schließlich keine Cateringaufträge erzwingen, der Markt wird nicht größer.“ Gleichzeitig versucht Bracker mit der Konkurrenz zu kooperieren, um der Lage Herr zu bleiben. Kleinere Aufträge, die nicht zum Konzept des Eventbüros passen, empfiehlt er an Kollegen weiter. Bei Großprojekten setzt er auf Verstärkung aus Konkurrenzbetrieben.
„Wenn wir alle vom selben Markt abhängig sind, können wir entweder gegeneinander oder miteinander arbeiten", erklärt er. „Und je mehr wir miteinander agieren, desto eher können wir alle weiter in dieser Branche aktiv sein." Ein Umdenken, das er sich in der gesamten Branche wünsche, denn Preiskämpfe würden niemandem helfen: „Wenn wir immer dem Preisdruck nachgeben, kommen wir nie zu einem Niveau, auf dem wir ordentlich zahlen können."
Nicht nur die Marktlage ist für den Unternehmer problematisch. Viele seiner Mitarbeitenden sind Menschen mit Migrationshintergrund und sind arbeitsrechtlich verpflichtet, einen langen Sprachkurs zu absolvieren, ehe sie tatsächlich arbeiten dürfen. „Meine Mitarbeitenden besuchen zwar ihre B1- und B2-Kurse, würden aber wesentlich schneller die Sprachkenntnisse erlangen, die sie in unserem Betrieb tatsächlich brauchen, wenn sie täglich in der Küche arbeiten“, meint Bracker. Sein Vorschlag: Sprachkurse parallel zur Arbeit. „Ideal wäre eine Mischung aus zwei Tagen Kurs und drei Tagen arbeiten“, so der Unternehmer. „Das ist für mich Integration durch Inklusion statt Isolation.“
Im Mittelpunkt der Zukunft seines Betriebs steht für Lars Bracker ein lang gehegter Traum: die Halle 400. „Die Halle hat 1.400 Quadratmeter, sechs verschiedene Raumgrößen, so viel Potenzial, die Kiel einfach fehlt. Als Ergänzung, nicht als Konkurrenz“, sagt er.
Der Traum kostet den Unternehmer. 700.000 Euro investiert er aktuell in die Fertigstellung des neuen Hallenkonzepts, davon allein 160.000 Euro für die Tonanlage und 60.000 Euro für neue LED-Wände. Trotzdem hält er daran fest. „Wir können neue Zielgruppen ansprechen und uns bundesweit mit den hier entstehenden Events sehen lassen“, ist er sich sicher.
Lars Bracker beweist mit seiner Zuversicht, dass auch im kleinen Mittelstand noch große Würfe sind – wenn die Prioritäten stimmen. „Ich denke, wer auf Menschen statt auf Zahlen setzt, Kooperationen eingeht und versteht, dass wir nur mit der entsprechenden Wertschätzung zu mehr Wirtschaftlichkeit gelangen, kann in unserer Eventwelt noch Großes schaffen.“
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