Einfach machen: Die Werkshop-Story aus Kiel 

Zwei Kreative, eine Idee und ein FDP-Büro: Der Werkshop am Kieler Blücherplatz zeigt, wie mutig und unkompliziert Gründung in Kiel sein kann. Mit kleinem Budget, viel Herz und einem Konzept, das Shop und Erlebnis verbindet. 
„Viele sagen beim Reinkommen: 'Wow, es ist so bunt . Ich muss erstmal gucken!'“ Postkarten, Duftkerzen, Neonschriftzüge, Aufsteller, Schlüsselanhänger, wer den Werkshop an einem, der verregnet-grauen Herbsttage betritt, vergisst für einen kurzen Moment, das Schietwetter vor der Tür. Denn am Blücherplatz 1 haben Heike Koob und Arne Bötzow einen knallbunten Raum für Ideen und Kreativität geschaffen, an dem man einfach nicht vorbeigehen kann. 

Vom's Fachl zum eigenen Kreativraum 

Was als zufällige Begegnung im Concept Store s' Fachl im Kieler CITTI Park begann, entwickelte sich schnell zu einer kreativen Partnerschaft. „Es war sofort ein Match“, sind sich die beiden Gründer einig. Ihre gestalterischen Stile, ihre Haltung und ihr Humor passten einfach zusammen. Als sie später gemeinsam zwei Tage in der Weihnachtsbude des s' Fachls standen, wurde aus der spontanen Sympathie eine Freundschaft und der erste Gedanke daran, mehr aus dieser kreativen Energie zu machen. So entstand schließlich der Wunsch nach einem festen kreativen Arbeitsplatz außerhalb der eigenen Wohnungen. Über die kleinanzeigen.de GmbH fanden sie ihren ersten gemeinsamen Arbeitsraum: ein ehemaliges Tiefkühllager, umgebaut zu Kreativparzellen. „Wir hatten da endlich Platz für unser ganzes Material, aber ohne Wasser und ohne Toilette konnten wir dort keine Workshops anbieten“, erklärt Heike. Die Zeit diente dennoch als wichtige Testphase, um Abläufe, Sortiment und Stil zu entwickeln. 

Mut schlägt Perfektion 

Der entscheidende Moment kam bei einem Glas Wein im „Sotos“, als die beiden vor dem FDP-Büro standen und sich mehr Leben für diesen Ort wünschten. „Wir dachten: Es ist so schade, dass hier nichts Cooles drin ist“, erinnert sich Heike. Kurz darauf hing ein „Zu vermieten“-Schild im Fenster – Besichtigung, Entscheidung und Mietvertragsabschluss folgten innerhalb weniger Tage. „Das ging unfassbar schnell, wir hatten keine Zeit groß zu überlegen. Manchmal ist das besser“, sagt Arne und lacht. Für die Einrichtung legten die beiden direkt los: Regale fanden sie über Kleinanzeigen, wurden abgeschliffen, umlackiert und ins neue Konzept eingepasst. Schritt für Schritt wuchs ein Raum, der heute ihre Handschrift trägt: kreativ, liebevoll zusammengestellt und ohne großes Budget. Parallel gründeten Heike und Arne ihre Arne Bötzow, Heike Koob GbR, entwickelten Logo, Name und Website und verwandelten ihr früheres „Workroom“-Gefühl in eine klare, wiedererkennbare Marke. So wurde aus einem ehemaligen Büro ein Erlebnisort, der genau nach ihnen aussieht. „Unsere Sachen sind bunt, frech und manchmal derbe. Das spricht eine bestimmte Zielgruppe an. Und das ist völlig okay“, so Arne. Zielgruppe sind vor allem 30- bis 50-Jährige, die Spaß an Kreativität, norddeutschem Humor und kleinen Mitbringsel haben. Die größte Herausforderung für Heike und Arne ist die zeitliche Belastung. Der Aufbau des Geschäfts erfolgte parallel zu Teilzeitjobs und Familienleben. Finanzielle Risiken hielten die Gründer gering, da sie ohne Kredit starteten und Ausstattung kosteneffizient beschafften.
Unsere Sachen sind bunt, frech und manchmal derbe. Das spricht eine bestimmte Zielgruppe an. Und das ist völlig okay

Kreativraum statt klassischem Ladenkonzept 

Mit der Eröffnung war der wichtigste Schritt getan, doch erst ihr Konzept machte aus dem Werkshop mehr als einen Laden. „Wir haben einen Ort geschaffen, an dem man stöbern, staunen und sofort selbst loslegen möchte. Das Konzept folgt einer einfachen Idee: Menschen sollen nicht nur kaufen, sondern eigene Erlebnisse kreieren: Während im Erdgeschoss die farbenfrohe Produktwelt zum Stöbern einlädt, wird eine Treppe höher im Workshopraum gedippt, gedruckt, gegossen und gelacht. Shop und Workshop ergänzen sich dabei perfekt. „Hier entschleunigen die Leute – zwei Stunden einfach nichts denken, nur kreativ sein“, hebt Arne hervor. „Viele wollen einfach mal etwas ausprobieren, bevor sie zu Hause alles kaufen und merken, dass es doch nicht das Richtige ist.“, ergänzt Heike. Wer einen Kurs besucht stöbert anschließend durch den Laden und wer den Laden entdeckt, meldet sich spontan zu einem Workshop an. So tragen heute Shop und Workshops gleichermaßen zum Umsatz bei. Arne bringt seine Erfahrung aus Illustration, Papeterie und Duftkerzen mit und Heike ihr Faible für 3D-Druck, Kerzen und Workshops. Gemeinsam entwickeln sie Produkte, die bunt, überraschend und mit einem Augenzwinkern daherkommen – von derben Spruchkarten über maritime Designs bis hin zu handgedippten Kerzen Neonfarben. Neue Ideen für die Workshops testen Arne und Heike bei einem Gläschen Prosecco mit „ihren Mädels“, wie sie sagen. Genau diese Lässigkeit und Mischung macht den Werkshop zu einem Ort, der lebendig bleibt und immer wieder Neues hervorbringt. 
Hier entschleunigen die Leute – zwei Stunden einfach nichts denken, nur kreativ sein

Fünf Erkenntnisse, die jede Gründung leichter machen 

1. Einfach starten 
Nicht warten, bis alles perfekt ist. Denn: Perfektion blockiert. Momentum gewinnt. 
2. Klein anfangen spart Risiko und schafft Freiheit 
Der erste Raum war günstig, die Einrichtung kam über Kleinanzeigen, Kredite brauchten sie nicht. Ein schlanker Start sorgt dafür, dass man flexibel bleibst und Fehler nicht teuer werden. 
3. Shop und Erlebnis ist ein Erfolgsmodell 
Der Werkshop zeigt, wie stark erlebnisorientierter Einzelhandel funktioniert: 
Menschen wollen ausprobieren, machen, Zeit verbringen und kaufen danach viel bewusster. Denn: Erlebnisse schaffen Bindung. Produkte allein reichen oft nicht mehr. 
4. Zielgruppe klar definieren
Bunt, derb, frech: Die Gründer wissen genau, wen sie ansprechen. 
Denn: Eine klare Haltung zieht die richtigen Kunden an – und spart Energie. 
 5. Zeit ist die wahre Herausforderung 
Nicht Finanzierung, nicht Bürokratie, sondern die Kombination aus Job, Familie und Selbstständigkeit war die größte Belastung. 
Denn: Gründung bedeutet Priorisieren und ehrliches Ressourcenmanagement ist entscheidend für ein nachhaltiges Business.