Alkoholsucht bei Mitarbeitern

Wege aus der Krankheit

Alkohol ist in der Arbeitswelt weiterhin das gebräuchlichste Suchtmittel, und Experten gehen davon aus, dass er jährlich einen volkswirtschaftlichen Schaden in Höhe von rund 26 Milliarden Euro verursacht. Betriebliche Suchtprävention nimmt daher an Bedeutung zu. In Kiel bietet die Ambulante Suchthilfe der Stadtmission Hilfe an.
Aktuelle Statistiken sprechen eine deutliche Sprache. Der Alkoholkonsum von mehr als 16 Prozent der Bevölkerung wird als riskant eingestuft, und das hat Auswirkungen auf Unternehmen. Jeder fünfte bis zehnte Mitarbeiter betreibe einen riskanten bis problematischen Alkoholkonsum. Das führe zu eingeschränkter Leistungsfähigkeit, Fehlzeiten und erhöhter Unfallgefahr; bei jedem fünften Arbeitsunfall spiele Alkohol eine Rolle. Diese Befunde gehen aus dem Gesundheitsreport der Barmer GEK und den Informationen der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. hervor.
Angesichts dessen lohnt es sich für Unternehmer und Führungskräfte, frühzeitig zu intervenieren und sich im Rahmen von Suchtprävention und betrieblicher Gesundheitsförderung mit dem möglicherweise starken Alkoholkonsum von Mitarbeitern zu befassen. Häufig brauchen Arbeitnehmer Hilfestellung, um den Weg aus dem Alkoholismus zu finden.
Menschen mit Alkoholproblemen und ihre Angehörigen können sich direkt an die Ambulante Suchthilfe der Stadtmission Kiel wenden. In der Beratungs- und Behandlungsstelle am Wall 38 erhalten sie eine ausführliche Beratung, um die Weichen für den Weg aus der Krankheit zu stellen. Für Berufstätige bietet sich eine berufsbegleitende Reha in den Abendstunden an.
Schulung für Führungskräfte
Der Betroffene nimmt zunächst an einer Therapievorbereitungsgruppe teil. Im Anschluss findet die ambulante von Psychologen und Psychotherapeuten begleitete Therapie statt. Ärztliche Untersuchungen und bei Bedarf Gespräche für Bezugspersonen flankieren die Maßnahmen. Die Reha umfasst 40 Sitzungen in sechs Monaten und kann bis zu zweimal verlängert werden. "Bereits während sowie nach der Maßnahme ist der Besuch einer Selbsthilfegruppe ratsam. Es gibt in Kiel und Umgebung verschiedene Gruppen, wir arbeiten eng mit dem Blauen Kreuz zusammen", sagt Diplom-Psychologin Gudrun Wamser, Leiterin der Ambulanten Suchthilfe.
Bereits 1952 hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Alkoholismus offiziell als Krankheit anerkannt. 1968 zog das Bundessozialgericht nach. Die Kosten der ambulanten oder stationären Therapie werden von der Kranken- oder Rentenversicherung übernommen. Bei der Antragstellung unterstützen die Mitarbeiter der Ambulanten Suchthilfe.
Die Suchthilfe arbeitet mit der Leitstelle Suchtgefahren am Arbeitsplatz (LSA) im Sozialministerium Schleswig-Holstein zusammen und bietet zudem Vorgesetztenschulungen an. "Personalchefs, Unternehmer und Führungskräfte lernen, suchtkranke Arbeitnehmer zu erkennen und richtig mit ihnen umzugehen. Und sie sehen, dass es sich lohnt. Trockene Alkoholiker gehören zu den motiviertesten und leistungsstärksten Mitarbeitern, die ihren Arbeitsplatz zu schätzen wissen", sagt Gudrun Wamser.
Hilke Ohrt
Veröffentlicht am 4. Juni 2013