Investieren in Schleswig-Holstein

Weichen auf Wachstum

Wenn Unternehmen sich an einem neuen Standort ansiedeln oder ihre Betriebsstätten erweitern, entstehen Arbeitsplätze. Ohne Investitionen kann ein Standort langfristig nicht überleben. Drei Beispiele aus Schleswig-Holstein zeigen, wie erfolgreiche Investitionen die Wirtschaft des Landes voranbringen.
Seit knapp drei Jahren herrscht Hochspannung in Itzehoe. Bis zu sieben Meter hohe Transformatoren werden in einer komplett neu gebauten Fabrik produziert und getestet. Die gigantischen Transformatoren sind in der Lage, Stromspannungen von fast einer halben Million Volt punktgenau auf niedere Spannungswerte herunterzuwandeln.
Als der schweizerische Hersteller von Messwandlern Pfiffner mit dem Gedanken spielt, solche gasisolierten Messwandler für Höchstspannung als neue Typenreihe zu entwickeln und ins Portfolio aufzunehmen, reicht am Stammsitz der Platz für das Vorhaben nicht aus. Dr. Hans-Jürgen Voss, der zu dieser Zeit als Berater für Pfiffner tätig ist, schlägt gemeinsam mit seinem langjährigen Geschäftspartner Raimund Streland der Geschäftsführung den Aufbau einer Produktion in der Metropolregion Hamburg vor. Hier gibt es viele Hochspannungsspezialisten - das benötigte Fachpersonal.
"Die Wahl von Itzehoe war für uns goldrichtig", sagt Streland, heute Technischer Geschäftsführer der Pfiffner Deutschland GmbH. Zum einen liege die Stör-Stadt wie gewünscht in der Metropolregion Hamburg und die Verkehrsanbindung des rund 8.300 Quadratmeter großen Grundstücks über die Autobahn sei perfekt. Zum anderen sei der günstige Boden ein starkes Argument gewesen, ein neues Werk für ein neues Produkt auf der "grünen Wiese" zu erstellen. "Aber auch das wirklich außergewöhnliche Engagement der lokalen Politik und des Bürgermeisters, uns nach Itzehoe zu holen, war bemerkenswert", sagt Streland. Fördergelder durch die WTSH Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH sowie die Wirtschaftsförderung egeb Itzehoe bestätigen letztlich die Entscheidung.
In unmittelbarer Nachbarschaft zum heutigen Produktionsstandort bezogen Streland und Voss 2010 im Innovationszentrum Itzehoe (IZET) ein Büro, um in die Entwicklung des Produkts einzusteigen und den Baufortschritt der Anlage zu begleiten. Heute sind in der 2.000 Quadratmeter großen Produktionshalle und der 625 Quadratmeter großen und 20 Meter hohen Prüfhalle - dem modernsten Prüffeld Europas - 23 Personen beschäftigt.
Gutes Förderpaket
Auch bei der Kirchberg GmbH wurde der Platz am Stammsitz knapp. Der Lohnfertiger in der Metallverarbeitung hatte am bisherigen Standort in Hamburg-Lohbrügge Probleme, mit dem Wachstum der Kunden Schritt zu halten. Auch die Effizienz litt an den beengten Verhältnissen. Ein kompletter Umzug des Unternehmens stand an. In Hamburg hätte es jedoch keine Förderung gegeben, die Auswahl an Grundstücken war zudem äußerst gering. Die höchste Förderung hätte Kirchberg im Gewerbegebiet Lüttow-Valluhn direkt hinter der Landesgrenze nach Mecklenburg-Vorpommern an der A 24 bekommen. Doch das hätten vermutlich sowohl einige Kunden als auch das eigene Fachpersonal nicht mitgemacht. "Unser Geschäftsmodell basiert auf jahrelanger Kundenbindung", macht Geschäftsführer Jörg Kirchberg die Herausforderung deutlich, einen neuen, gut erreichbaren Standort zu finden. "In Reinbek passte letztlich das Gesamtpaket", sagt Kirchberg.
Gemeinsam mit der WTSH und der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) konnte ein Paket geschnürt werden, in dem rund 490.000 Euro der insgesamt 3,8 Millionen Euro Investitionssumme gefördert werden - vor allem die technische Gebäudeausstattung. Voraussetzung hierfür ist aber der Aufbau weiterer Arbeitsplätze: Kirchberg plant, die Mitarbeiterzahl von derzeit 35 auf 50 zu erhöhen.
Neue Arbeitsplätze
Dass in Hamburg die Gewerbeflächen knapp bemessen sind, weiß auch Hans-Joachim Wohlert, Geschäftsführer der Wohlert GmbH & Co. Kühl Logistik KG. Seit 1997 ist das Logistikunternehmen auch im Bereich der Kühllogistik aktiv. Als das Kühlhaus in Borgstedt bei Rendsburg zu klein für das expandierende, fast ausschließlich Fleisch transportierende Unternehmen wird, sucht Wohlert nach einem geeigneten Standort für ein weiteres, größeres Kühlhaus und wird letztlich nicht im zunächst favorisierten Hamburg, sondern am Hauptsitz in Bollingstedt bei Schleswig fündig.
7,5 Hektar zusätzlich zum Speditionsbetrieb, 12.000 Quadratmeter Lagerbetrieb, 27.000 Paletten-Stellplätze für gefrorenes Fleisch und acht Millionen Kilowattstunden Stromverbrauch im Jahr machen die Dimensionen deutlich. Nach wenigen Monaten Bauzeit wurde der Betrieb im Dezember 2011 gestartet. Die Investitionssumme beläuft sich auf rund 18 Millionen Euro. Wohlert hat 50 neue Arbeitsplätze geschaffen - für jeden erhielt er 45.000 Euro EU-Fördermittel. "Die Zusammenarbeit mit der regionalen Fördergesellschaft, der IB.SH, dem Kreis, den Behörden und dem Wirtschaftsministerium hat wirklich gut funktioniert", betont Wohlert.
"Bei solchen Summen ist unternehmerisches Risiko natürlich immer dabei. Aber wir haben einen super Ruf und gute Kunden", sagt Wohlert, der bereits in den Planungen für einen weiteren Ausbau steckt: Das Grundstück sei groß genug, um die Lagerkapazität sogar zu verdoppeln.
Jan Philipp Witt
Veröffentlicht am 2. Juli 2014