Gewerbliche Schutzrechte

"Die Schäden können immens sein"

Die beste Idee bringt nichts, wenn jemand anders sie bereits geschützt hat. Deshalb sollten Gründende nicht vergessen, Produkte, Design und Kennzeichen auf Schutzrechte zu prüfen, rät Patentanwalt Dr. Gerhard Vonnemann.
Erfindungen, Marken und Designs können geschützt werden. Was sind gerade bei Start-ups typische Fehler?
Gerhard Vonnemann: Sie sind so mit dem Markteintritt beschäftigt, dass sie vergessen, dass der Produktname und die Investitionen in Form von Design sowie technischem Knowhow nicht geschützt sind, solange dafür keine Sonderschutzrechte erworben wurden. Die Schäden können immens sein. Besonders wenn man sich selber die für den Schutz notwendige Neuheit bei technischen Schutzrechten durch voreiligen Vertrieb genommen hat.
Welche Aspekte einer Geschäftsidee sind überhaupt schutzfähig?
Vonnemann: Man hört immer wieder, dass Geschäftsideen schutzfähig seien. Als Beispiel werden Fälle aus dem US-Rechtsraum genannt. Für Europa gilt, dass Geschäftsideen nicht schutzfähig sind. Trotzdem lohnt sich das Gespräch mit einem Patentanwalt. Dieser wird die Geschäftsidee darauf prüfen, ob ihr ein bestimmtes Design, eine Datenbank, ein Verfahren oder ein Produkt zugrunde liegt, das beziehungsweise die so zu beschreiben ist, dass ein Schutz beantragt werden kann. Zu empfehlen ist, mindestens eine Marke anzumelden, unter der die Geschäftsidee realisiert wird, um die Investitionen in Werbung abzusichern. Der Begriff Schutz sollte nicht nur auf die Sonderschutzrechte wie Marke, Design, Gebrauchsmuster oder Patent beschränkt sein. Oft bietet auch eine geeignete Vertragsgestaltung wie bei Franchisesystemen und Lieferverträgen umfangreichen Schutz.
Wie erfahre ich, ob schon andere die gleiche technische Idee geschützt haben?
Vonnemann: Technische Ideen werden als Gebrauchsmuster und Patente geschützt. Das technische Wissen der Welt ist mittels der Internationale Patentklassifikation in Sachgruppen geordnet. Um herauszufinden, ob schon andere die gleiche Idee hatten, muss eine Sachrecherche in einem Server des Deutschen Patent- und Markenamtes oder des Europäischen Patentamtes durchgeführt werden. Hier hilft die IHK oder ein Patentanwalt. Wenn genügend Zeit ist, wird die technische Idee ohne Recherche als Patent angemeldet und gleichzeitig ein Prüfungsantrag gestellt. Das Patentamt führt die Recherche durch, die Patentanmeldung ist bereits formuliert. Die Recherche liegt leider erst nach circa neun Monaten vor. In jedem Fall sollte man zur Interpretation des Rechercheergebnisses seinen Patentanwalt hinzuziehen.
Und bei Marken und Designs?
Vonnemann: Bei der Markenrecherche gilt es, die Klasseneinteilung der Waren und Dienstleistungen zu berücksichtigen. Ich empfehle die Datenbank des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum. Ein Anfängerfehler ist die Beschränkung auf deutsche Marken. Dabei wird übersehen, dass auch internationale Marken Schutz in Deutschland entfalten können. Die Recherche nach einem kollidierenden Design kann aufwendig sein. Oft ist abzuwägen, ob bei guter Marktkenntnis eine Designrecherche notwendig ist. Die Recherchen sind jedoch erst in zweiter Linie für den Schutz des eigenen Produktes wichtig. Häufiger sollte am Anfang die Frage stehen: Darf das Produkt von mir überhaupt hergestellt werden? Mit der Verneinung ist möglicherweise die gesamte Geschäftsidee hinfällig.
Interview: Nathalie Klüver
Veröffentlicht am 4. Juli 2018