Potenziale von Wasserstoff

Vorreiterrolle des Nordens

Als universeller Energieträger der Zukunft ist Wasserstoff in aller Munde. Bund und Länder haben Strategien verabschiedet, und auch die IHK-Organisation hat sich bundesweit positioniert. Die nördlichen Bundesländer nehmen aus gutem Grund eine Vorreiterrolle ein.  
Die norddeutsche Wirtschaft bereitet sich verantwortungsbewusst mit mehr als 50 Projekten auf die Erschließung der Wasserstoffpotenziale vor. Das Spektrum reicht von der reinen Erzeugung durch Elektrolyseure und dem Wasserstoffeinsatz im Bereich der Mobilität über Power-to-X-Technologien zur Erzeugung von grünem Erdgas bis hin zum grünen Kerosin für den Flugverkehr.
Fast alle diese Projekte bewegen sich derzeit im vorindustriellen Maßstab oder im niederskaligen Bereich. Oft spricht man in diesem Zusammenhang von Reallaboren, in denen künftige Anwendungen von Wasserstofftechnologien getestet werden. Viele dieser Projekte werden mit öffentlichen Mitteln gefördert, denn ohne Förderung wäre eine Realisierung aufgrund mangelnder Rentabilität oft nicht möglich. Um die Wirtschaftlichkeit sicherzustellen, ist es daher notwendig, den regulatorischen  Rahmen anzupassen: Die Einführung einer CO2-Steuer zu Jahresbeginn und die EEG-Novelle mit der geplanten Befreiung der Wasserstoffproduktion mittels Elektrolyseuren von der EEGUmlage gehen in die richtige Richtung. Auch in Zukunft sollte der regulatorische Rahmen regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
Der Offshore-Bereich bietet große Potenziale für die künftige Erzeugung von Wasserstoff.
Neben der Wasserstoffproduktion an Land bietet der Offshore-Bereich große Potenziale für die künftige Erzeugung von Wasserstoff. Mit dem Windenergie-auf-See-Gesetz und den Flächenentwicklungs- und Raumordnungsplänen für die Außenwirtschaftszonen (AWZ) der Nord- und Ostsee hat der Gesetzgeber ambitionierte Ziele für den Ausbau der Offshore-Windenergie festgelegt: Bis 2030 sollen 20 Gigawatt Offshore-Windenergie in der Nord- und Ostsee installiert werden, bis 2040 sogar 40 Gigawatt. Für die Erzeugung von Wasserstoff auf See wurden in der Raumplanung sogenannte Sonderenergiegewinnungsbereiche ausgewiesen, die explizit für die Produktion von Wasserstoff vorgesehen sind. Offen ist noch, ob der in diesen Bereichen produzierte Wasserstoff über Pipelines an Land geleitet oder erst vor Ort verdichtet und danach mit dem Schiff abtransportiert wird - denn diese Technologien stehen nicht im industriellen Maßstab zur Verfügung und müssen erst erprobt werden.
Pionierprojekt auf Helgoland
Als emissionsfreie Alternative zu Erdöl ist grüner Wasserstoff zentral für die Energiewende. Das Leuchtturmprojekt AquaVentus auf Helgoland sieht vor, mit klimafreundlicher Wasserstofftechnologie weltweit Signale zu setzen. Das visionäre Vorhaben: zehn Gigawatt Erzeugungsleistung für grünen Wasserstoff aus Offshore-Windenergie bis 2035 und dessen Transport an Land. Über den Ausbau der erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung hinaus eröffnet AquaVentus Entwicklungschancen für die Energiewirtschaft, eine CO2-freie Industrie, den Anlagenbau, den maritimen Sektor sowie die Bereiche Chemie, Mobilität und Logistik. Getrieben wird das Pionierprojekt von einem starken Konsortium: Im Förderverein Aqua-Ventus engagieren sich Organisationen und Forschungseinrichtungen sowie international führende Unternehmen, die mit der Erzeugung von grünem Wasserstoff auf See ein neues Zeitalter klimafreundlicher Energie ausrufen.
Wasserstoff eröffnet Norddeutschland die große Chance, eine zentrale Rolle bei der Energiewende zu übernehmen. Mit dem Zugang zum Meer und den hohen Erzeugungspotenzialen von On- und Offshore-Windstrom kann Wasserstoff emissionsfrei produziert und damit die Grundlage für den Aufbau einer grünen Wasserstoffindustrie geschaffen werden. Jetzt kommt es darauf an, aus den zahlreichen Projekten zu lernen und diese dort, wo es wirtschaftlich sinnvoll ist, zu verstetigen und zu skalieren. Die Weichen für die Zukunft sind gestellt.  
Dr. Klaus Thoms
Veröffentlicht am 27. Januar 2021